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Dokument 1 - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

1. mit einer Zigarette ausgebrannt hat um das bisher unbearbeitete Glasauge fertig zu stellen und Rosa damit buchst blich die Augen zu ffnen Dieser Hervorhebung von Zuf llen auf der Handlungsebene steht die erz hlerische Vermittlung der Ereignisse in Form einer heterodiegetischen zwar h ufig intern fokalisierten jedoch vollkommen dialogfreien Erz hlweise diametral gegen ber die den Gang der Ereignisse in einem g nzlich anderen Licht erscheinen und Parallelen zur Aktenf hrung der beiden Anstaltsleiter erkennen l sst In zahlreichen direkten metafiktionalen Kommentaren weist die Erz hlinstanz die an anderer Stelle zun chst den Hang zur Dramatisiererei als folgenreichste aller menschlichen Eigenschaften bezeichnet 604 hat wiederholt auf den Zusammenhang zwischen dem Fortgang der Handlung und dem eigenen gestalterischen Willen hin Hier sei ein kurzer Einschub gestattet Es k nnte ja sein in einer anderen Geschichte dass sich der St rmetzger Jakob Zwiebelbuch und der Augenmacher Stauch in ihrem Leben nie begegnen Aber weil nun einmal Rosa Zwiebelbuch in absehbarer Zeit ihr ganz pers nliches Schicksal antreten muss und deshalb der Beihilfe nicht nur ihres Erzeugers sondern auch jener des Augenmachers Adolf Stauch bedarf m ssen sich die beiden begegnen ansonsten das Schicksal der Rosa Zwiebelbuch sich m glicherweise auf andere weit erfreulichere oder noch tristere Wege wer kennt schon die
2. Die Unsterblichkeit der Idee von einem omnipotenten unsterblichen Gott womit ausdr cklich nicht nur auf Zeus sondern auch auf die christliche Gottesvorstellung verwiesen wird verdankt sich also vornehmlich ihrer Jahrhunderte langen schriftlichen Fixierung und Tradierung und damit eines fortw hrenden Existenzbeweises der jeglicher materieller Grundlage entbehrt und sich somit im Sinne Christina von Brauns als Ausdruck 613 Mehr Zeus S 271 614 Mehr Zeus S 49 615 Mehr Zeus S 89 Das menschliche Gehirn war offenbar nicht f hig die wahre Gr sse des G ttlichen zu erfassen hiess es nun Zeus oder Gottvater wie sein Konkurrent der er ja auch war 148 projektiver Vorstellung lesen l sst die untrennbar mit der M glichkeit der Materialisierung von Abstraktem die das Medium Schrift erlaubt verbunden ist Mit der Schrift entsteht die projektive Vorstellung das hei t die Vorstellung da das Denken sich von der Realit t zu l sen und eine eigene Existenz zu f hren vermag Als solche vermittelt sie auch die Hoffnung da es eine Existenz ein Leben gibt das sinnlich nicht wahrnehmbar ist und das wie die Zeichen der Schrift nicht der Verg nglichkeit ausgesetzt sind Die Schrift barg gleichsam die Hoffnung der Mensch k nne unsterblich werden wenn er bereit sei selber zum Symbol zu werden seine Realit t von der sinnlich wahrnehmbaren zu l sen Die Vatergottheiten
3. Westhoff Karl und Marie Luise Kluck Psychologische Gutachten schreiben und beurteilen Berlin 1991 S 146 39 Mehr Angeklagt S 61 207 Erkl rungsans tze zitiert einen Erkl rungs berschuss produziert der sie vollkommen identit tslos und somit jenseits jeglicher Repr sentierbarkeit erscheinen l sst Ebenso wie in Brandzauber wird diese Dynamik in Angeklagt durch die erkl rte Wirklichkeitsreferenz des Textes verst rkt bzw berhaupt erst in diesem Ma e in Gang gesetzt da jeder Versuch der Selbstberuhigung sich in rein fiktiven Welten zu bewegen von der vermeintlichen Wirklichkeitsreferenz durchkreuzt wird Denn unleugbar bietet der Fall Caroline H ja den Beleg f r die Existenz einer tats chlich unmotiviert brutal und rein aus Lust mordenden Frau Die Verst rung und Ungl ubigkeit die dieser Fall in der ffentlichkeit ausl ste und die sich auch an der Medienberichterstattung ablesen l sst ist jedoch ebenso ein Beleg f r die ausgesprochene Seltenheit solcher Vorf lle die in einem extremen Gegensatz zu ihrer ausgepr gten Pr senz in fiktionalen Texten wie etwa Thomas Harris Hannibal Lecter Romanen aber auch zu dem diagnostischen juristischen und theoretischen Apparat steht mit dem die Gefahr die als von solchen Menschen ausgehend empfunden wird kKontrollierbar gemacht werden soll Ein Apparat der zudem zur Verselbst ndigung neigt so dass ganze Gruppen wie etwa die Jenischen Gegenstand
4. 14 Fordham Fear of Difference S 86 5 Fordham Fear of Difference S 77f Makarska Renata Das Leben in der Asymmetrie Bronis awa Wajs und Mariella Mehr In Frank Susi K et al Integration und Explosion Perspektiven auf die Kultursemiotik Jurij Lotmans Bielefeld 2012 S 307 323 hier S 319 17 Mergozzi Christine Literary Aurality and the Politics of Counter Literacy Spiritual Resistance in Morrisson Mehr Anzaldua and Silko Santa Cruz 1995 steinzeit ein eigenes Kapitel und wertet den Text hnlich wie Malcolm Pender als widerst ndige Antwort auf hegemoniale patriarchale Gesellschaftsstrukturen Gabi R th analysiert Mehrs Roman Angeklagt im Unterkapitel Feuer und Formen der Entgrenzung ihrer Dissertation Die Elemente und der Tod Literarische Deutungsverschiebungen in der Moderne Ebenfalls kaum mehr als einen berblick ber die Romane und Lyrikb nde Mehrs gibt Susan Tebbutt in Reisefertig die Heimat im Arm Mariella Mehr and her distinctive delight in words Die bisher einzige detaillierte Analyse von Mehrs Roman Brandzauber hat Herbert Uerlings unternommen die nach wie vor einzige Monographie zu den Werken Mehrs auf die im Folgenden noch zur ckzukommen sein wird liegt mit der Tesi di laurea von Filomena Iacovino Mariella Mehr Wie das Opfer zum T ter wird vor Dass Mehrs literarisches Schaffen kaum bzw nur ausschnitthaft zur Kenntnis genommen worden ist mag zum einen w
5. Butler Judith K rper von Gewicht Die diskursiven Grenzen des Geschlechts Frankfurt Main 1997 Butler Judith Das Unbehagen der Geschlechter Frankfurt Main 1991 Caduff Corina Die verlorene Herkunft in den Texten von Jenischen In Dies Hg Figuren des Fremden in der Schweizer Literatur Z rich 1997 S 175 191 Caduff Corina Hg Figuren des Fremden in der Schweizer Literatur Z rich 1997 Caduff Corina Wut ist Angst Ein Portr t der Schrifstellerin Mariella Mehr In Neue Z rcher Zeitung 19 20 November 1994 Caruth Cathy Trauma als historische Erfahrung die Vergangenheit einholen In Ulrich Baer Hrsg Niemand zeugt f r den Zeugen Erinnerungskultur und historische Verantwortung nach der Shoah Frankfurt Main 2000 227 Chamley Jo und Malcolm Pender Hgg Intellectual Emancipation Swiss Women and Education Bern 2001 Crowther Nigel B Sport in Ancient Times Westport 2007 D oebeli Pfeter Psychohygiene als Grundlage der Jugendhilfe In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 43 1959 S 3 4 Die Wunde der Trennung In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 40 1956 S 4 Doebeli Peter Hilft uns die angewandte Psychologie In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 41 1957 S 1 2 Erdmann Eva Rainer Forst Axel Honneth Hgg Ethos der Moderne Foucaults Kritik der Aufkl rung Frankfurt New York 1990
6. der Zuschreibung sie w rden eine vermeintlich nat rlich Norm verfehlen entfallen f r jene w re der Grund ihres Privilegs der Normalit t als durchsichtige Parteilichkeit entlarvt Die genealogische Geste ist darin parteiisch dass sie eine 100 Da die kritische Genealogie keine alternativen Wahrheits bzw Wirklichkeits Aussagen macht erscheint sie in den Augen Saars jedoch als selbst nicht ganz wahr sondern nur als eine polemische Gegenwahrheit H i O denn Aussagen die nicht eindeutig wahr und nicht eindeutig falsch sein k nnen fallen unter die Rhetorik Es w re zu fragen ob nicht auch ein Erfahrungsbuch denkbar ist das ebenfalls ohne alternative Wahrheits bzw Wirklichkeits Aussagen zu treffen nicht nur den Konstruktcharakter einer naturalisierten Norm offen legen und damit die Berechtigung der Norm selbst in Zweifel ziehen kann sondern das vielmehr in der Lage w re Anormalti tszuschreibungen als eindeutig unwahr zu entlarven und sie in ihrer eigentlichen Funktion n mlich als Unterwerfungsmechanismus bzw Motor subjektivierender Selbstausarbeitung in Bezug auf die Anormalen selbst zu decouvrieren und damit gleichzeitig unwirksam zu machen Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden zu zeigen unter welchen Bedingungen ein Roman also diejenige Form des schreibenden Erz hlens die sich im allgemeinen Verst ndnis durch ihren nicht wahr
7. Aussagen verschoben 30 Bhabha Homi K Von Mimikry und Menschen Die Ambivalenz des kolonialen Diskurses In Ders Die Verortung der Kultur T bingen 2000 S 125 136 89 genealogische Fiktionen die Aufl sung des Subjekts bzw von Subjektpositionen selbst und damit die Verunm glichung wiederholender subjektivierender Selbstpraktiken indem sie nicht auf die Re Inszenierung von Norm alit t an sich abzielen sondern darauf gleichsam fiktional die Geschichte zu fabrizieren die von der Frage nach den Beziehungen zwischen den Rationalit tsstrukturen des wahren Diskurses und den daran gekn pften Unterwerfungsmechanismen durchzogen ist F r Foucault sind dabei weniger die Norm bzw normative Moralcodes an sich als vielmehr die Art und Weise ihrer Problematisierung im Zuge subjektivierender Selbstpraktiken von Interesse was u a in Form der verschiedenen Unterwerfungsweisen sowie der diversen Auspr gungen der ethischen Arbeit oder Ausarbeitung deutlich wird die Foucault in Der Gebrauch der L ste etwa bez glich des normativen Moralcodes der ehelichen Treue differenziert Man kann beispielsweise die eheliche Treue praktizieren und sich der Vorschrift unterwerfen die sie verbindlich macht weil man sich als Teil der gesellschaftlichen Gruppe betrachtet die sie akzeptiert die sich lautstark auf sie beruft oder stillschweigend an ihr festh lt Man kann sie aber auch praktizieren w
8. Eulberg Rafaela Sprache ist mein Zuhause Interview mit der Romni Schriftstellerin Mariella Mehr In Schlangenbrut 82 2003 Ewald Francois und Bernhard Waldenfels Hgg Spiele der Wahrheit Michel Foucaults Denken Frankfurt Main 1991 Fiedler Peter Pers nlichkeitsst rungen Weinheim 2001 Fiedler Peter Dissoziative St rungen und Konversion Trauma und Traumabehandlung Weinheim 2001 Finnan Carmel From survival to subversion Strategies of self representation in selected works by Mariella Mehr In Nicholas Saul Susan Tebbutt Hgg The Role ofthe Romanies Images and Self Images of Gypsies Liverpool 2004 S 145 155 Fontana Benedict Nomadentum und Sesshaftigkeit als psychologische und psvchopathologische Verhaltensradikale Psychisches Erbgut oder Umweltspr gung In Psychiatria Clinica 6 1986 Vol 1 S 340 366 Fordham Kim Fear of Difference and ist Consequences in Selected Works of Mariella Mehr In Medina Rivera Antonio und Diana Orendi Hgg Crossing Over Redifining the Scope of Border Studies Newcastle 2007 Foucault Michel Der Gebrauch der L ste In Axel Honneth Martin Saar Hgg Michel Foucault Die Hauptwerke Frankfurt 2008 Foucault Michel Gespr ch mit Ducio Trombadori In Axel Honneth Martin Saar Hgg Michel Foucault Die Hauptwerke Frankfurt 2008 Foucault Michel Dits et Ecrits Schriften IV 1980 1988 Hg v Daniel Derfert und Francois Ewald unter Mitarbei
9. R se 330 und Lebensweisen zur ckzugeben In diesen Kontext ffentlicher bzw politischer Selbst Repr sentation als Angeh riger der jenischen Minderheit lassen sich diverse selbstethnisierende Aussagen Mehrs wie etwa ber einen jenischen Volkscharakter L die Etablierung der Jenischen als ein Stamm der Roma sowie ihr Ruf nach einer Roma Elite einordnen vorangestellt der das Theaterst ck im Kontext der Aufkl rungsarbeit ber die Praktiken und Folgen des Hilfswerkes situiert Vgl hierzu auch lacovino Wie das Opfer zum T ter wird S 49 62 Ebenfalls zum Theaterst ck vgl Caduff Corina Die verlorene Herkunft in den Texten von Jenischen In dies Hg Figuren des Fremden in der Schweizer Literatur Z rich 1997 S 175 191 32 Mehr Mariella R ckblitze Bern 1990 S 18 330 Mehr R ckblitze S 84 31 There is certainly a jenisch character a kind of Jenischness You can see it in the religion although there are very few Jenisch who will speak with you about religion that s rather a taboo subject You can also see it in the language and in the relationship the Jenisch have to property and the ability to let go of property Mehr Mariella Kinder der Landstrasse In New Mitya Hg Switzerland unwrapped Exposing the Myths London New York 1997 S 115 32 Huonker Thomas Fahrendes Volk verfolgt und verfemt Jenische Lebensl ufe Z rich 1987 S 17 33 Ich glaube dass es
10. Wie in den folgenden Kapiteln zu zeigen sein wird kombinieren die sich anschlie enden Romane der so genannten Gewalt Trilogie die in Zeus oder der Zwillingston erprobten Elemente metafiktionale Erz hlerkommentare unzuverl ssiges Erz hlen Hyperbolisierung von Wahrheits bzw Wirklichkeitsaussagen Verkn pfung von Fakt und Fiktion in wachsendem Ma mit identit tsrelevanten Fragen bzw mit dem Wahrheitsdiskurs ber Jenische Zum Spieleinsatz im Wahrheitsspiel werden so zunehmend die zuvor durch Entpathologisierung und Entkriminalisierung gewonnenen jenischen und weiblichen Subjektpositionen Zeichnet Daskind auf einer ganz allgemeinen Ebene nach welche subjektivierenden Mechanismen mit kriminalisierenden und pathologisierenden Zuschreibungen verkn pft sind ohne diese jedoch mit dem Wahrheitsdiskurs ber Jenische explizit in Verbindung zu bringen arbeitet Brandzauber vor allem mit einer Hyperbolisierung von Wahrheits bzw Wirklichkeitsaussagen ber Jenische die in Gestalt der Protagonistin fiktiv realisiert werden In Angeklagt schlie lich tritt der Wahrheitsdiskurs ber Jenische erneut in den Hintergrund ins Zentrum r ckt hingegen das Fortdauern vergleichbarer Wahrheitsaussagen im wissenschaftlichen Diskurs zur antisozialen Pers nlichkeitsst rung 158 VI 2 Daskind Der Roman Daskind der 1995 erschien und als Auftakt der Gewalt Trilogie gilt bernimmt eine hnliche Scharnierfunktion zwischen den Wahrheits u
11. berf llen ausdr ckt nicht bedingt durch die ausge bte T tigkeit Selbstverteidigung oder Verteidigung einer anderen Person einschlie lich Verpr geln der Ehefrau oder des Kindes 88 Sa Psychopathie S 37 4 Vgl Kapitel II 210 4 erf llt wiederholt nicht seine finanziellen Verpflichtungen kann z B seine Schulden nicht bezahlen oder Zahlungen f r das Kind oder andere abh ngige Personen nicht regelm ig leisten 5 kann nicht vorausschauend planen oder ist impulsiv angezeigt durch eines oder beide der folgenden Kriterien a reist planlos durch die Gegend ohne vorherige Arbeitsplanung und ohne eine klare Vorstellung ber die Dauer der Reise b hat mindestens einen Monat keine feste Adresse 6 hat kein Wahrheitsempfinden was gekennzeichnet ist durch wiederholtes L gen Ausfl chte oder Betr gen anderer Personen zum pers nlichen Vorteil oder Vergn gen 7 ist r cksichtslos gegen ber sich selbst und anderen was gekennzeichnet ist durch Trunkenheit am Steuer oder wiederholte Raserei 8 kann als Elternteil oder Erziehungsberechtigter nicht verantwortungsvoll handeln Eines oder mehrere der folgenden Kriterien m ssen hier erf llt sein a Unterern hrung des Kindes b Erkrankung des Kindes aufgrund mangelnder Hygiene c Unf higkeit bei einem ernsthaft erkrankten Kind f r medizinische Hilfe zu sorgen d Abh ngigkeit des Kindes von Nachbarn und weiter entfernt wohnenden Verwandten in
12. berschreitung der Grenzen zwischen Autobiographisch Dokumentarischem und Fiktivem auszeichnet ein Aspekt der in nahezu allen Besprechungen der Romane Erw hnung findet und bisweilen ber eine Kombination von Rezension und Autoreninterview noch verst rkt wird Den irritierenden Effekt der Mehr schen Verkn pfung von Fakt und Fiktion beschreibt u a Sibylle Birrer in einem Beitrag zu Mehrs Roman Angeklagt in der Neuen Z rcher Zeitung Manchmal holen Fakten die Fiktion ein und best tigen damit lediglich den Reiz der Literatur Sie birgt als Panoptikum des Denkens und Imaginierens die ganze menschliche Kombinatorik von Handlungs und Entwicklungsm glichkeiten Holt aber die Realit t die Fiktion von Mariella Mehr ein dann wird der Reiz zu einer Reizung die das Schmerzhafte der Imagination ganz unerbittlich zwischen den Zeilen hervorzwingt So genau wie die Autorin an den gesellschaftlichen R ndern die Nervenstr nge blosslegt so genau h tte man s eigentlich nicht wissen wollen Und ist dennoch lesend Zeuge einer literarischen Vivisektion die mit Mariella Mehrs neuestem Roman Angeklagt in ihre dritte und finale Versuchsanordnung bergegangen ist Folgt man den immer wieder paratextuell gemachten realistisch biographischen Deutungsangeboten bleibt tats chlich nur will man eine Kriminalisierung bzw 33 Eulberg Rafaela Sprache ist mein Zuhause Interview mit der Romni Schrifistellerin
13. die jetzt nicht mehr l chelte und es absch ttelte wie ein l stiges Insekt Ohnmacht f llt versto en glaubt und daraufhin in Die D rfler die in diesem Vorfall lediglich einen weiteren Beweis f r die Besessenheit des Kindes sehen verlangen daraufhin eine kirchliche Teufelsaustreibung die Daskind aus Furcht mit allen Mitteln zu verhindern sucht Nachts darauf steht Daskind auf dem Acker Das erlaubt kein Z gern wenn eine wie die blonde Keller Marie listig aber das darf Daskind nicht merken r t es vor dem Austreiben des Teufels durch Pater Laurentius doch noch mit frischem Kuhdung bei Vollmond zu versuchen Da schleicht sich Daskind aus dem Haus stolpert im wei en Hemd durch die Nacht und eilt dem Acker mit dem frischen Kuhdung in den Furchen zu Knie nieder herrscht die Keller Marie Daskind an das sofort gehorcht in die Knie geht und dem tig den Kopf senkt Greift mit den H nden in den dampfenden Mist verreibt ihn im Gesicht verstreicht ihn ber den Augen verstopft sich die Ohren damit Daskind st t sich jetzt die PI Mehr Daskind S 180 702 Mehr Daskind S 32f 7 Mehr Daskind S 121 704 Mehr Daskind S 126 705 Mehr Daskind S 126 171 Hand voll Mist mit einem gr lichen Geheul ins Maul und w rgt und kaut und kr mmt sich im Schmerz bis es erbricht Obwohl dieser Versuch des Kindes seinem inneren Teufel beizukommen die Sensationslust der Dorfbewoh
14. An was wollen Sie mich heranf hren Klingt nach Kuhhandel Sie haben mich an nichts und niemanden heranzuf hren Sie haben soviel ich wei nur die Pflicht mich nach den aktenkundigen Taten zu befragen und vor Gericht zu beweisen dass 2 Mehr Mariella Angeklagt Z rich 2002 S 8 195 ich sie bei vollem Bewusstsein ohne Zwang und ohne u ere Not begangen habe Sie sollen meine Zurechnungsf higkeit feststellen Auf die ich gro en Wert lege Gro en Wert deshalb weil mit der Frage nach der Zurechnungsf higkeit auch die Frage nach der Willensfreiheit und die nach der k nftigen Gef hrlichkeit der T terin verbunden sind was wiederum Auswirkungen auf Art und Dauer der Sanktion hat Inhaftierung oder Sicherungsverwahrung psychiatrischer Ma regelvollzug Ich wei du schreist dezent nat rlich nach einem Kn ller der den verqueren Vorstellungen des Gerichts folgend meine Unzurechnungsf higkeit auf immer beweist Die es wie du mittlerweile gemerkt haben d rftest nicht gibt Und dieser Aufwand nur um mich von einer Anstalt in eine andere zu verschieben Wozu Ich bin hier gut aufgehoben Mit der Frage nach Zurechnungsf higkeit und Legalprognose die hier von der Protagonistin selbst als im Zentrum der Befragung stehend ausgewiesen wird greift Mehr nicht nur erneut einen zentralen Aspekt auf der im Diskurs ber Jenische immer wieder 795 eine Rolle spielte etwa bei Lombroso und Waltisb hl und von Mehr u a
15. Au enseiterrolle hinaus gern das Etikett einer pathologischen Abweichung gegeben wird Hier wie dort bleibt kritisch zu pr fen ob die soziale Devianz eine Fundierung in psychischen Anomalien erkennen l sst Dabei kann die Neigung zu ungew hnlichen Verhaltensweisen allein nicht zum ausreichenden Beleg f r eine geistig seelische St rung werden vielmehr erscheint es notwendig da eine erkennbare Beziehung zum Erfahrungswissen ber psychopathologische Ver nderungen vorliegt Paradigmatisch f r dieses Problem steht die diagnostische Entit t einer antisozialen Pers nlichkeitsst rung die im neueren Schrifttum unter 4 Wobei anzumerken ist dass z B auch der psychoanalytische Ansatz von Rauchfleisch in einem depressiv narzisstiischen Kernkonflikt auf der Grundlage einer Borderline Organisation mit Strukturpathologie in Ich und ber Ich ein wesentliches Merkmal dissozialen Verhaltens sieht Rauchfleisch Udo Dissozial G ttingen 1981 842 Was seinerseits zun chst als grundlegende Neuorientierung in Bezug auf die Umsetzung einer weltweit akzeptablen Systematik angesehen wurde die auch von der Antipsychiatrie Bewegung und der Labeling Kritik in den 1960er und 1970er Jahren wichtige Impulse bezog Fiedler Pers nlichkeitsst rungen S 27 Hinsichtlich des St rungsbildes anti bzw dissoziale Pers nlichkeit fehlt jedoch auch im DSM III eine Differenzierung zwischen psychopathologischen Pers nlichkeitsmerkmalen und _disso
16. Axel Honneth Martin Saar Hgg Michel Foucault Die Hauptwerke Frankfurt 2008 S 1586 381 Foucault Trombadori 1587f 382 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV 1590 383 Menke Christoph Zweierlei bung Zum Verh ltnis sozialer Disziplinierung und sthetischer Existenz In Honneth Axel und Martin Saar Hg Michel Foucault Zwischenbilanz einer Rezeption Frankfurt M 2003 S 283 300 Hier S 285 384 Menke Zweierlei bung S 296f 385 Menke Zweierlei bung S 298 93 Entsubjektivierende sthetisch existentielle bungen zeichnen sich im Gegensatz zu disziplinierenden bungen nach Menke folglich dadurch aus dass es f r sie anders als in den bungen der Disziplin keine vorgegebenen Normen und anders als in den Akten der Selbstbestimmung keine selbstgegebenen Ziele gibt Abschlie end kommt Menke unter Verweis auf Foucault selbst zu dem Ergebnis dass einer kritischen Ontologie des Selbst keine Methode zugrunde liegen kann sondern dass letztlich nur die Haltung die sthetische Freiheit zur Selbst berschreitung ausschlaggebend f r den subjektivierenden oder entsubjektivierenden Effekt sein kann die wiederum in der Unabschlie barkeit des sthetisch existentiellen bens zum Ausdruck kommt Wenn sich die kritische Ontologie des Selbst jedoch weder als eine im weitesten Sinne allgemein anwendbare Theorie Foucault noch als eine Methode oder Anleitung Menke beschreiben
17. Es ging mir nicht darum Machtph nomene zu analysieren oder die Grundlage f r solch eine Analyse zu schaffen Vielmehr habe ich mich um eine Geschichte der verschiedenen Formen der Subjektivierung des Menschen in unserer Kultur bem ht Und zu diesem Zweck habe ich Objektivierungsformen untersucht die den Menschen zum Subjekt machen Als die von ihm untersuchten Objektivierungsformen nennt Foucault Diskurspraktiken Macht und Strafpraktiken sowie Selbstpraktiken Bestimmend f r die fr hen Analysen wie etwa Die Ordnung der Dinge oder Die Arch ologie des Wissens ist dabei zun chst die Foucault Michel Distance Aspect Origine In Critique 11 1963 S 939f Zit n Bellour Raymond Auf dem Weg zur Fiktion In Ewald Frangois und Bernhard Waldenfels Hgg Spiele der Wahrheit Michel Foucaults Denken Frankfurt Main 1991 S 124 136 hier S 125 3 Interessieren soll dabei weniger ob diese Einsch tzung gerechtfertigt und die Frage nach dem Zusammenhang von Subjekt und Macht tats chlich in Foucaults s mtlichen Untersuchungen nachweisbar ist Vielmehr ist nach den Perspektiven zu fragen die sich aus dieser Fragestellung in Verbindung mit Foucaults erkl rterma en heterogenem analytischen Instrumentarium ergeben Zutreffend scheint Martin Saars Beobachtung zu sein wonach Foucaults Gesamtwerk die ausgearbeiteten Bausteine einer mehrdimensionalen Genealogie des Subjekts ansammelt aber nicht integriert Die diversen Fokus u
18. Kurzum es geht darum dem Subjekt oder seinem Substitut seine Rolle als urspr ngliche Begr ndung zu nehmen und es als variable und komplexe Funktion des Diskurses zu analysieren Mit dem sp ter hinzutretenden Konzept des Dispositivs weitet sich die Analyse ber diskursive Ordnungen hinaus auf die Verkn pfung von Diskurs und Machtpraktiken und damit auf das Wechselverh ltnis zwischen Wahrheitsspielen und Machtwirkungen aus Die Wahrheit ist von dieser Welt in dieser wird sie aufgrund vielf ltiger Zw nge produziert verf gt sie ber geregelte Machtwirkungen Jede Gesellschaft hat ihre eigene Ordnung der Wahrheit ihr sic allgemeine Politik der Wahrheit d h sie akzeptiert bestimmte Diskurse die sie als wahre Diskurse funktionieren l sst es gibt Mechanismen und Instanzen die eine Unterscheidung von wahren und falschen Aussagen erm glichen und den Modus festlegen in dem die einen oder anderen sanktioniert werden es gibt bevorzugte Techniken und Verfahren zur Wahrheitsfindung es gibt einen Status f r jene die dar ber zu befinden haben was wahr ist und was nicht Im Zuge der Dispositivanalyse richtet sich Foucaults Augenmerk nun auch auf Institutionen und Akteure die den Wahrheitsdiskurs produzieren und in Umlauf bringen auf Erziehungs und Informations sowie politische und konomische Apparate Ziel der Dispositivanalyse ist dabei die Sichtbarmachung des Netzes zwischen Gesagtem und Ungesagtem zwi
19. M nchner Vorbild der Zigeunerzentrale stehen sollte Die Frage inwieweit in diesem Zusammenhang bereits Familien systematisch erfasst wurden die sp ter als Jenische in den Blick des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse kamen stellt f r Leimgruber Maier und Sablonier bisher noch weitgehend ein Forschungsdesiderat dar Der Umstand dass der langj hrige Leiter des Hilfswerkes Alfred Siegfried zum Teil gro e Anstrengungen unternehmen musste um m gliche M ndel ausfindig zu machen deutet allerdings darauf hin dass hierzu entweder kein umfassendes Informationssystem vorlag oder aber Siegfried keinen Zugang dazu hatte Siegfried begn gte sich bei seiner Arbeit nicht mit Hinweisen aus der Bev lkerung oder von Beh rden sondern suchte berall aktiv nach Fahrenden Als wesentliches Identifikationsmerkmal dienten ihm offensichtlich die Familiennamen Wo er etwas erfuhr schaltete er sofort die Beh rden und Polizeistationen ein um von diesen mehr Informationen zu erhalten oder um sie zum Handeln zu bewegen An einzelnen Kindern war er in der Regel wenig interessiert er wollte die ganze Familie mit m glichst allen Kindern erfassen Auch aus diesem Grunde wurden Stammb ume angefertigt und berall Daten gesammelt Aus Zeitungen wurden Meldungen ausgeschnitten die mit Fahrenden zusammenhingen Lasen Siegfried oder Reust von einem Gerichtsverfahren in das Fahrende involviert waren forderten sie die entsprechenden Akten an Bisw
20. Mehr Mariella Angeklagt Z rich 2002 Mehr Mariella Brandzauber Z rich 1998 Mehr Mariella Von M usen und Menschen Vortrag an der psychiatrischen Klinik St Urban LU 19 Dezember 1996 In Prodolliet Simone Hg Blickwechsel Die multikulturelle Schweiz an der Schwelle zum 21 Jahrhundert Luzern 1998 Mehr Mariella Daskind Berlin 1997 Mehr Mariella Kinder der Landstrasse In New Mitya Hrsg Switzerland unwrapped Exposing the Myths London New York 1997 Mehr Mariella Zeus oder der Zwillingston Z rich 1994 Mehr Mariella R ckblitze Bern 1990 Mehr Mariella Kinder der Landstrasse Ein Hilfswerk ein Theater und die Folgen Bern 1987 Mehr Mariella Das Licht der Frau Bern 1984 Mehr Mariella steinzeit Bern 1981 Mehr Mariella Geschichtliches In Scharotl 3 1975 Forschungsliteratur historische und theoretische Quellen Autobiographien Interviews Aichele Hermann Die Zigeunerfrage mit besonderer Ber cksichtigung W rttembergs Stuttgart 1911 Amelang Manfred Sozial abweichendes Verhalten Entstehung Verbreitung Verhinderung Berlin 1986 Ave Lallemant Friedrich Christian Benedict Das deutsche Gaunertum in seiner sozialpolitischen literarischen und linguistischen Ausbildung zu seinem heutigen Bestande Wiesbaden 1998 Nachdruck der Ausgabe M nchen Berlin 1914 Erstausgabe Leipzig 1858 1862 226 Bach Stefanie Sabine Die narrative und dramatische Vermittlung von
21. Minderheit auf bestehend aus im Familienverband umherziehenden Gruppen mit eigener Sprache eigenem Gewerbe eigener Kultur Aus dem kulturellen Merkmal der fahrenden Lebensweise leiteten sich entsprechende Forderungen nach der Schaffung von Halte und Standpl tzen nach einer Revision des Hausierergesetzes sowie einer eidgen ssischen Regelung der Beschulung von Kindern Fahrender ab die nach wie vor zu den wichtigsten Zielen verschiedener Interessenvertretungen z hlen In den Statuten der Radgenossenschaft wurde 1975 festgeschrieben dass diejenigen zum fahrenden Volk geh ren und mit allen Rechten der Radgenossenschaft ausgestattet werden sollten die nachweisen k nnen dass wenigstens eines ihrer Grosseltern von Zigeunern oder Jenischen abstammt sowie solchen die mit diesen verheiratet oder verschw gert sind Im Vordergrund stand nun folglich weniger der soziokulturelle Aspekt einer tats chlich praktizierten fahrenden Lebensweise als vielmehr der Nachweis einer entsprechenden Abstammung Inbegriffen waren zu diesem Zeitpunkt noch andere Gruppen wie etwa die tats chliche Arbeit der Radgenossenschaft bereits seit einiger Zeit dezidiert auf die Durchsetzung der Interessen Schweizer Fahrender w hrend die Kooperation mit internationalen Organisationen der Roma in den Hintergrund getreten ist 6 Leimgruber Walter Thomas Maier und Roger Sablonier Hgg Das Hilfswerk f r die Kinder der Landstrasse Bern
22. S 141 Ohne eine eigenth mliche aus seinem Vaterlande mitgebrachte Religion zu haben richtet sich dieses Volk blos nach der Religion des Landes in dem es lebt Wie aber diese Leute in der Wahl ihres Aufenthalts unbest ndig sind so sind sie es auch in Absicht ihrer Religion Kein Zigeuner wei von Ergebenheit an eine bestimmtes Glaubensbekenntni es f llt ihm eben so leicht mit jedem neuen Dorfe seine Religion zu ver ndern als anderen Menschen ein anderes Kleid anzuziehen 35 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 8 Manche Zero sind intellektuell schwach begabt die meisten leisteten in der Schule wenig Dies wohl auch wegen Mangel an gutem Willen weil ihnen die Schule als unn tiger Zwang erschien und sie seitens der Eltern geradezu zum Widerstand verleitet wurden Bei manchen glaubt man einseitige Begabung f r mechanische K nste und Handarbeiten beobachtet zu haben Grellmann Versuch S 194 brigens zeigt dieses Volk auch hier die hartn ckige Widerspenstigkeit d h bei verordnetem Schulbesuch durch Joseph II und str uben sich besonders Kinder und Eltern aus vollen Kr ften gegen die Besuchung der Schule 8 Grellmann Versuch S 75 S 40 Man darf ihn den Zigeuner nur von seiner Geburt an bis zum m nnlichen Alter beobachten so wird man hinl nglich berzeugt da seine Farbe nicht sowohl eine Folge seiner Abstammung als der unsauberen Pflege seines Leibes ist J rger Ps
23. S 55 861 Mehr Angeklagt S 14 213 gegen ber in der Streitigkeiten durchaus handgreiflich enden wenngleich nicht vor den Augen und Ohren der Nachbarn Mein Vater ohrfeigte meine Mutter die Mutter den Vater schlie lich trat Mutter den R ckzug ins Schlafzimmer an wohin ihr mein Vater folgte Streit geh rte zu unserem Alltag wie das t gliche Brot und die lautstarken Vers hnungen wenn sie betrunken ins Bett und bereinander herfielen Die doppelverglasten Fenster schlossen den L rm ein Er scheuchte keine Nachbarn auf In der D mmerung zog man die Vorh nge zu Man trug das Familienleben nicht auf die Stra e nicht ins Dorf Den Vater beschreibt Kari als promisk und als notorischen Fremdg nger der schlie lich aus dem gemeinsamen Haus aus und mit der Schwester von Karis Mutter zusammenzieht nachdem eine mehrj hrige menage a trois im Mansardenzimmer ihr Ende gefunden hat Nach der Trennung verwahrlost die Mutter unter Alkoholeinfluss zusehends vernachl ssigt Kari vollkommen und berl sst ihr alle Aufgaben des t glichen Lebens Mutter trank mehr als sonst aber sie verlie das Schlafzimmer nur wenn ich au er Haus war An den Spuren der Verw stung konnte ich ihren Zustand erkennen Lie sie die Schlafzimmert r einen Spaltbreit offen hatte ich einzutreten Jeden Morgen fand ich einen Einkaufszettel auf dem K chentisch Nach Schulschluss kaufte ich im Einkaufszentrum Schnaps und Zigare
24. Schweigen das offen l sst ob die Stimme geh rt wurde und das somit den Status der Bindung in der Schwebe h lt indem es sie nicht vollkommen verwirft das sich aber auch dem Ablegen von Rechenschaft entzieht und somit kein eindeutiges Hier bin ich formuliert sich folglich auch nicht v llig unterwirft Das Schweigen fungiert in Mehrs Roman ebenso wie das T ten auf das sp ter zur ckzukommen sein wird als berlebensstrategie des Kindes angesichts diverser Anrufungen die nicht nur in sich vollkommen widerspr chlich sind und folglich auch nur eine sehr ambivalente Identit t versprechen k nnen sondern die dar ber hinaus mit Schuldzuweisungen einhergehen die sich zu eigen zu machen f r Daskind ebenfalls existenzbedrohlich w re Hat keinen Namen Daskind Wird Daskind genannt Oder Kleinerbub obwohl es ein M dchen ist Wenn den Frauen im Dorf danach zumute ist wird es Kleinerbub genannt oder Kleinerfratz z rtlich Auch Frecherfratz wenn Daskind Bed rfnisse hat oder Saum dchen H rchen Dreckigerbalg Hat keinen Namen Daskind Darf nicht hei en Darf niemals hei en denn dann k nnte keine der Frauen im Dorf der danach zumute ist Daskind Kleinerbub nennen oder Frecherfratz z rtlich gierig Oder Saum dchen H rchen oder Dreckigerbalg wenn Daskind Bed rfnisse hat Wer sagt schon Saumarie Hurenvreni Dreckrosi Auf diese Anrufungen die es nicht nur von den Frauen im Dorf sondern auch von seinen Pflege
25. Sie wurden nicht nur von Alfred Siegfried sondern u a auch von Rudolf Waltisb hl rezipiert und zur St tzung der eigenen wissenschaftlichen bzw f rsorgerischen Arbeit herangezogen 13 Zitiert n Huonker moralisch defekt S 118 Wie Schmidt Degenhard nachzeichnet stellte der Aufenthalt an der Z rcher psychiatrischen Klinik f r Ritter in eine wichtige mentale Z sur dar Begegnet uns im idealistischen Schwarmgeist und p dagogischen Optimismus des jungen Ritters sic der voll ambitionierter Wissbegier die reformp dagogischen Visionen seiner Zeit in sich aufsaugt und deren praktische Experimentierfelder in den Pionierinstitutionen der Landerziehungsbewegung studiert noch das grunds tzliche anthropologische Credo eines Glaubens an die Kraft von empathischer und liebevoller Erziehung als dessen pathetische Programmschrift seine philosophische Dissertation gelesen werden kann mischen sich im forensischen Arbeitsalltag des Burgh lzli nun deutlich andere T ne mit ein Schmidt Degenhard Robert Ritter S 57 14 Als wie wenig trennscharf diese Definition von zeitgen ssischen Psychiatern empfunden wurde verdeutlicht ein Kommentar Wilmanns Die Begriffe Psychopathie Imbezillit t Debilit t Senilit t ja auch Schizophrenie und manisch depressives Irresein sind freilich keineswegs fest umschriebene die Ansichten der Psychiater dar ber sind bekanntlich sehr verschieden Wilmanns Karl Das Vagabundentum in Deutschland In
26. Unsterblichkeit In Zeus oder der Zwillingston geschieht dies auf der Handlungsebene in der Figur des vermeintlich omnipotenten unsterblichen Zeus der sich seiner Unsterblichkeit aber gerade entledigen will Zu k rperlicher Materie und damit per se sterblich geworden f llt er seinerseits dem gewaltt tigen Herrschaftsbestreben des Geistigen in Zeus oder der Zwillingston als Gro hirn bezeichnet allm chtig wie zu z 620 andern Zeiten nur G tter waren zum Opfer Die materialisierte Idee in Form eines sterblich gewordenen Zeus muss als fixe Idee als Geisteskrankheit stigmatisiert und bek mpft werden um im Gegenzug die Unsterblichkeitsidee unangetastet lassen zu k nnen 618 Mehr Zeus S 252 69 Mehr Zeus S 31 20 Mehr Zeus S 250 150 Folgt man dem Gedanken dass Schrift Vorstellungen von Grenzenlosigkeit und Unsterblichkeit n hren kann indem sie es erlaubt Ideen Mythen Deutungsmuster etc dauerhaft und ber das Leben einzelner Menschen Erz hler hinaus zu fixieren und bei Belieben darauf zur ckzugreifen um Kontrolle auszu ben und sich der Materie zum Zweck des eigenen Existenzbeweises zu bedienen so geschieht dies im Gro hirn Irrenanstalt mittels der Produktion von schriftlichen Dokumente und Datensammlungen die zugleich Ursache und Effekt der Kontrolle der K rper der als wahnsinnig Beschriebenen sind Das Grosshirn ist in welcher Gestalt auch immer in dies
27. Zimmer des neben ihr schlafenden Pflegebruders der etwa 17 Jahre z hlen mochte geschlichen war und in seinem Bett Schutz gesucht hatte Fast schlimmer als ihre Verfehlungen erschien mir bei der Befragung der unglaubliche Zynismus mit dem Isidora von ihren Erlebnissen erz hlte Presse und ffentlichkeitsarbeit des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse Siegfrieds bilanzierender R ckblick von 1964 bildet den zusammenfassenden Schlusspunkt der in Aufbau Inhalt und Argumentation stets gleichen Selbstdarstellung des Hilfswerkes Da sich die Einrichtung nicht zuletzt ber Spenden finanzierte dienten Siegfrieds Berichte sowohl der Werbung neuer Geldgeber bzw Paten als auch der Rechtfertigung der bisherigen Arbeit Bereits bei der Gr ndung des Hilfswerkes nutzte Siegfried die Neue Z rcher Zeitung um auf seine Arbeit aufmerksam zu machen und 2 Siegfried Kinder der Landstrasse S 66 26 Siegfried Kinder der Landstrasse S 89 266 Siegfried Kinder der Landstrasse S 110 267 Siegfried Kinder der Landstrasse S 117 air Siegfried Kinder der Landstrasse S 103 S 110 Siegfried Kinder der Landstrasse S 76 S 79ff S 113 27 ber sexuellen Missbrauch in der Pflegefamilie berichtet u a auch Mariella Mehr Der Nachweis dieser bergriffe gestaltet sich jedoch u erst schwierig da sich in den Akten hierzu keine Vermerke finden 7 Siegfried Kinder der Landstrasse S 79f 272 Abgesehen von einigen we
28. ber hinaus m glicherweise ber das Erbgut weitergegeben werden k nnte Das offensichtliche wissenschaftliche Desinteresse an einer psychiatrisch forensischen 884 Mehr Angeklagt S 43f 885 Mehr Angeklagt S 90 886 Mehr Angeklagt S 90 887 Mehr Angeklagt S 106 888 Ans tze zu solchen berlegungen wie sie sich etwa in Daniel Jonah Goldhagens Hitlers willige Vollstrecker finden gerieten sehr schnell als unwissenschaftlich in die Kritik 218 Ursachenforschung in Bezug auf tats chliche und in ihrem Ausma kaum berschaubare Serien bzw Massenmorde womit nicht zuletzt aus psychiatrischer Sicht die Infragestellung diverser Praktiken der eigenen Zunft einhergehen m sste sowie die auf gesamtgesellschaftlicher Ebene vorherrschende Akzeptanz bestimmter Verbrechen steht in diametralem Gegensatz zu den ausgepr gten Versuchen der Konstruktion eines angeborenen Verbrechertums etwa in Bezug auf die Jenischen das in Angeklagt nicht zuletzt durch das Aufzeigen dieser Diskrepanz wiederum als eigentliche Fiktion und damit als Unterwerfungsmechanismus in den Blick kommt und den Text auf diese Weise zu einem Erfahrungsbuch werden l sst 219 VIII Um welchen Preis sagt die Vernunft die Wahrheit Gerard Raulet Sie Michel Foucault zeigen dass jedesmal wenn sich ein Typ von Rationalit t behauptet es durch Abtrennung par decoupe geschieht das hei t durch Ausschlu oder Entfernung
29. berempfindlichen und ohnm chtig berreizten Ichgef hl ihre Reizbarkeit ist k rperlich wie affektiv gesteigert nicht selten ist Alkoholintoleranz oder Neigung zu pathologischen R uschen Als Asoziale bezeichnete Kronfeld u a Prostituierte gewohnheitsm ige Bettler Landstreicher Artisten niederen Stils sowie Bohemiens 1 Vgl hierzu genauer Kapitel VII 2 1 Kronfeld Arthur Asozialit t In A Elster und H Lingemann Hg Handw rterbuch der Kriminologie Berlin und Leipzig 1933 Bd I S 55 27 II 2 Robert Ritter Ein Menschenschlag 1937 Auch Robert Ritter der von 1931 bis 1932 als Volont rarzt an der Z rcher psychiatrischen Klinik Burgh lzli gearbeitet hatte wo er ihrer sozial psychiatrischen und eugenischen 113 suchte klassifizierte die von ihm untersuchten Vagantensippen und deren Nachkommen als asoziale Psychopathen Grundeinstellung wegen Weiterbildung Sein Bem hen scheint es jedoch zun chst gewesen zu sein f r den offenkundigen Widerspruch der in J rgers Ausf hrungen zur einerseits gro en Aufgewecktheit bei gleichzeitig attestierter Schwachsinnigkeit bzw Imbezillit t der untersuchten Familienmitglieder zutage trat und den auch Ritter selbst bei seinen Probanden zu konstatierten meinte eine wissenschaftliche Erkl rung zu finden und in Anschluss daran eine neue Subkategorie des Schwachsinns zu etablieren mithilfe derer der
30. dass ich es bin die dort wartet Nur Anna Sie wird sich mit einem Gru an mir vorbeidr cken wollen doch ich werde ihren Gru nicht erwidern sondern versuchen ihren Blick festzuhalten So starrt kein normaler Mensch einem anderen ins Gesicht Sie wird ihren rger nur m hsam unterdr cken k nnen Zigeuneraugen impertinent verschlagen wird sie denken und ihr rger wird sich noch verst rken weil sie sich bei einem Vorurteil ertappt hat Wie will ich wissen dass dies Zigeuneraugen sind wird sie sich fragen noch nichts von der Beschaffenheit des gesunden Erdreichs in das sie zu ihrem eigenen Besten verpflanzt werden sollte und nichts von der Mauer aus Paragraphen die auch in ihrer kriegsverschonten Heimat Minderwertige und Volksgesunde voneinander trennte Mehr Brandzauber S 51 78 Mariella Mehr 1947 in Z rich geboren wurde als Angeh rige des Volkes der Roma fr h von der Mutter getrennt und wuchs in Heimen bei Pflegeeltern in Erziehungsanstalten auf 176 Und warum sollten Zigeuneraugen verschlagener dreinschauen als andere Sie wird sich ihrer Gedanken sch men und sich insgeheim bei mir entschuldigen Diese berlegungen lassen sich auf einer metanarrativen Ebene geradezu als Teil des poetologischen Prinzips des Textes selbst lesen W hrend in Bezug auf Gertrud die Regeln dieses Vexierspiels jedoch offengelegt werden findet die Verstrickung des Rezipienten auf weit subtilere Weise statt Die Todeszei
31. die jedoch unvermeidlich am Wahrheitsdiskurs gerade auch im Versuch der Widerlegung zentraler Positionen dieses Diskurses orientiert bleiben muss Anstelle entpathologisierender entkriminalisierender Narrative und entsprechender Subjektpositionen werden in Brandzauber mittels der Figuren Franziska und Anna Formen extremer Subjektivierung aber auch m glicher Entsubjektivierung durchgespielt und vorgef hrt VII 1 Brandzauber Zu sp t merkte sie dass das scheinbar leblose Gebilde ihre Schritte lenkte Brandzauber erschien 1998 als zweiter Band der Gewalt Trilogie Erz hlt wird darin der Werdegang der Zigeunerin Anna Priska Kreuz die als Kind ihren Eltern weggenommen 714 Foucault Was ist Kritik S 26 75 Mehr Mariella Brandzauber Z rich 1998 S 7 174 und in verschiedenen Heimen Erziehungs und Strafanstalten untergebracht wird W hrend ihrer Heimkarriere trifft die als wiederholte Brandstifterin notorische L gnerin und gef hlskalte skrupellose M rderin entworfene Anna auf die J din Franziska zu der sich eine sado masochistische Liebesbeziehung entwickelt Eine Beziehung die schlie lich in der T tung Franziskas kulminiert sie stirbt als sie von Anna ans Kreuz geschlagen wird Wachgerufen und im R ckblick geschildert werden diese Ereignisse von der Protagonistin die mittlerweile in einem Sanatorium arbeitet und ihrer Leidenschaft f r fleischfressende Pflanzen nachgeht als eine neue Patientin eingeliefert
32. erungen oder Au enbilder In Jacqueline Giere Hg Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners Zur Genese eines Vorurteils Frankfurt New York 1996 S 46 86 186 denn als J din identifiziert Franziska sich weniger mit dem Vorwurf des Christusmordes warum das so ist soll noch gezeigt werden als vielmehr mit der Figur des leidenden gekreuzigten Judenk nigs des schuldlos schuldig Gesprochenen in dessen Leiden sie ein Sinnbild f r ihren eigenen Lebensauftrag zu finden glaubt Dass sie zum Leben verdammt war und dazu Stellvertreterin zu sein f r die Toten ihres Volkes f r die Ermordeten und die Ungeborenen f r jene die auf der Flucht umgekommen und in den Lagern verreckt waren Sie habe Anfang und Ende zu sein Ein Alptraum dem mit keiner Selbstbestrafung beizukommen sei Sie m ge noch so oft zu Kreuze kriechen und in hiobscher Haltung annehmen was das Leben an Grauen zu bieten habe Sie geh re nicht sich nicht diesem geschundenen K rper der immer wieder ber sich hinauswachsen m sse um dem einen Auftrag zu gen gen Dieser Auftrag kann folgerichtig erst mit ihrer Kreuzigung angemessen erf llt werden und die Zigeunerin Anna wird nicht nur zum Judas zur heimt ckischen verr terischen Freundin sie spendet nicht nur das Kreuz und den Nagel dazu sondern kreuzigt gleich selbst Dass Franziska ebenso wie Anna Produkte diverser in das eigene Selbstbild integrierter Narrative und Diskurse
33. gro en Ausnahmen auch in der Konsequenz und der Tragweite ihrer Entdeckung Miller Alice Du sollst nicht merken Variationen ber das Paradies Thema Frankfurt Main 1983 S 386 3 Jacovino Wie das Opfer zum T ter wird S 220 Damit w rdigt lacovino zwar einerseits ein explizites Anliegen Mehrs Frauen nicht mehr lediglich in der Rolle des weiblichen Opfers darstellen zu wollen Aus meiner Geschichte heraus habe ich begonnen mich mit Gewalt zu besch ftigen Ich habe mich damit besch ftigt was w re wenn eine andere Reaktion der Frau auf Gewalt erfolgte als die passive Leidensrolle Ich vermisse da so wenig ber Gegengewalt von Frauen geschrieben und diskutiert wird was f r Frauen ein Thema sein m te Es scheint ein Tabuthema der Frauen selbst zu sein weil es nat rlich einfacher ist die weibliche Opferrolle beizubehalten Das zur T terin gewordene vormalige Gewaltopfer Frau wird in der Lesart Iacovinos jedoch in ein Opfer geradezu schicksalhafter gesellschaftlicher Verh ltnisse umgem nzt und die Analysen entwickeln eine deterministische Sicht wie sie vor allem die Texte der Gewalt Trilogie gerade auf innovative Weise unterwandern k nnen Die Versuche die Gewaltexzesse der Mehr schen Protagonistinnen zu rationalisieren und als Reaktionsschema auf erlittene Gewalt nachvollziehbar zu machen d rften nicht zuletzt Mehrs Schreibverfahren geschuldet sein das sich durch eine permanente und gezielte
34. hrend in den Scharotl Artikeln der 70er Jahre stets die Solidarit t aller Fahrenden untereinander ber Landesgrenzen hinweg sowie die gemeinsamen Interessen im Vordergrund gestanden hatten und auch bei der Gr ndung der Radgenossenschaft von 303 Mehr Mariella Kinder der Landstrasse In New Mitya Hg Switzerland unwrapped Exposing the Myths London New York 1997 S 115 304 Die Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende wurde 1997 auf eine parlamentarische Initiative aus dem Jahr 1991 hin vom Bund gegr ndet um die Lebensbedingungen der fahrenden Bev lkerung in der Schweiz zu sichern und zu verbessern und einen Beitrag zur Wahrung ihres kulturellen Selbstverst ndnisses zu leisten Der Stiftungsrat besteht aus 11 Mitgliedern wovon f nf der fahrenden Bev lkerung der Schweiz angeh ren sollen Je zwei Mitglieder vertreten Bund Kantone und Gemeinden Zur Rolle der Radgenossenschaft hei t es in der entsprechenden Botschaft des Schweizerischen Bundesrates Die Radgenossenschaft die vom Bund seit 1986 durch j hrliche Beitr ge unterst tzt wird leistet Direkt und Soforthilfe f r die Fahrenden bei deren Alltagsproblemen Im Unterschied dazu vermittelt die Stiftung zwischen Fahrenden und den Beh rden und tr gt durch fachliche und rechtliche Beratung durch Gedanken und Erfahrungsaustausch unter allen interessierten Kreisen und durch politische Einflussnahme dazu bei die Lebensbedingungen der Fahrenden zu verbessern und l
35. ich schenkte ihr meinen letzten rest lachen sie war ein gott dem ich mich opferte Mehr steinzeit S 25 113 f uste schl ge Als auch Silvio Opfer einer Vergewaltigung wird werden dieser m nnliche Pers nlichkeitsanteil und die Erinnerung daran im Zuge der Gewalterfahrung die Kotze zwischen uns sein schwanz in meinem bauch er zerreisst silvio er t tet silvio ebenfalls dissoziiert durch eine anschlie ende Elektroschocktherapie v llig aus dem Ged chtnis gel scht und erst neun Jahre sp ter durch die Begegnung mit einer damaligen Mitpatienten wieder in Erinnerung gerufen wei t du noch silvio damals wie sie dich hinausgeschoben haben im weissen bett und wie du dann im wachsaal erwacht bist kannst du dich erinnern Du silvio Oder ist es wie bei mir dass dort wo die erinnerung sein sollte nichts ist als grosse weisse leere monika nein bitte nichts ist geschehen in jener klinik nichts ich will nichts wissen h rst du ich will keine erinnerung Zwar werden die verschiedenen Pers nlichkeitsanteile im Laufe der Therapie und die mit ihnen verbundenen Erlebnisse wiedererinnert dieser Prozess wird jedoch auch als eine hoch belastende Desintegration des Schutzmechanismus den die Identit tsdissoziation darstellt formuliert so dass nur Selbstverletzung als Antidissoziativum bleibt 8 Die Einsicht in die Notwendigkeit der Integration der Erinnerungs und Pers nlichkeitsf
36. in Zusammenhang mit dem Deubelbeiss Fall kommentiert worden war sondern thematisiert damit zugleich die bis in die Gegenwart hinein aktuelle Diskussion um einen ad quaten Schutz der Gesellschaft vor gemeingef hrlichen a nti sozialen 797 Individuen Die Beurteilung der Schuld bzw Zurechnungsf higkeit ebenso wie die Gef hrlichkeitsprognose bilden dabei den schwierigsten und einen durchaus nicht unumstrittenen Aufgabenbereich der forensischen Psychiatrie denn e iner festen skalierbaren Regelung muss sich die Beurteilung der Schuldf higkeit bei Pers nlichkeitsst rungen wegen der flie enden berg nge zwischen Normalit t sowie allen Schweregraden und Konstellationen abnormer Pers nlichkeit auch weiterhin 798 entziehen Dies gilt in besonderem Ma e f r die antisoziale bzw dissoziale Pers nlichkeitsst rung die bei Kari vorzuliegen scheint bei der sich seit Beginn der Konzeptentwicklung Psychopathie Soziopathie eine Kontamination der psychiatrischen Funktion der Diagnosestellung mit juristischen und kriminologischen Funktionen der 3 Mehr Angeklagt S 13 4 Mehr Angeklagt S 106 75 Vgl Kapitel II 6 Vgl Kapitel II 7 Vgl zuletzt etwa die generellen Debatten um die Sicherungsverwahrung im Jahr 2010 nachdem der Europ ische Gerichtshof f r Menschenrechte in Stra burg im Dezember 2009 die in Deutschland praktizierte nachtr gliche Sicherungsverwahrung als Versto
37. rfnissen der sesshaft oder mehrheitlich sesshaft lebenden Jenischen Sinti und Roma keine Rechnung trage Der Sprachgebrauch des Bundes ist stark gepr gt von der Dwualit t Fahrende Sesshafte Erstens reduziert diese Begrifflichkeit die jeweils gemeinten Menschen auf eine einzelne ihrer Wesensarten und zweitens ist sie h chst unpr zis W hrend von den so genannt Fahrenden h chstens 10 in einem auch heute noch als fahrend nomadisch zu nennenden engeren Kontext leben fahren Sesshafte im Zeitalter der Mobilit t fter und mehr durch die Welt als das Nomaden jemals taten allgemein den Sammelband von Lutz Helma und Norbert Wienning Hgg Unterschiedlich verschieden Differenz in der Erziehungswissenschaft Opladen 2001 317 Vgl zu diesem Prozess seit dem Jahr 1987 Huonker Die ersten sieben Jahre der Radgenossenschaft 1975 1982 Das Wirken von immer mehr Organisationen Stiftung Naschet Jenische Verein Kinder der Landstrasse Fahrendes Zigeuner Kulturzentrum Mission Tzigane Pro Tzigania neben der Radgenossenschaft brachte einige Turbulenzen und teilweise scharf ausgetragene Uneinigkeiten mit sich 318 Stellungnahme des Vereins Schinagel im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Berichtes des Bundesrats ber die Situation der Fahrenden in der Schweiz Juli 2005 http home balcab ch venanz nobel qwant vernehmlassungschinagel html Letzter Zugriff 20 05 2010 31 Stellungnahme des Vereins Sch f
38. sich ihr Werdegang geradezu wie eine J rger sche bzw Fontana sche biographische Skizze liest Denn selbst ein Erkl rungsmodell das den Ursprung f r Annas Mordlust in traumatischen Kindheits Erlebnissen sucht f hrt keineswegs nur auf die Wegnahme von den Eltern durch das Schweizer Hilfswerk sondern ebenso auf das alkohol und gewaltbestimmte famili re Umfeld Annas zur ck Vater packte Mama an den Schultern und zog sie hoch Anna sah dass ihre Mutter kaum stehen konnte Vaters Schl ge fielen pr zise bedacht Obwohl Mama nicht mehr schrie schlug er weiter ein kaltes Feuer war in seine H nde gefahren das er nicht mehr kontrollieren konnte Vater schlug und schlug bis er erm det innehalten musste Nicht zuletzt ist es aus Annas eigener Sicht der Alkoholismus ihrer Mutter der sie mit einer Annas Verhalten hnlichen Gef hlsk lte und Tatenlosigkeit zusehen l sst als ihre 4 78 Tochter von den Beh rden abgeholt wir Kurz alles scheint den Wahrheitsdiskurs zu best tigen 725 Mehr Brandzauber S 101 76 Vgl hierzu Kapitel II 77 Mehr Brandzauber S 181 78 Mehr Brandzauber S 72 179 Deutungsangebote und Leerstellen Naturalisierung der Mordlust Traumatisierung Identit tsverweigerung Die einleitende Passage des Romans schildert die T tung einer Ameise durch eine Karnivore aus Sicht des Beuteopfers und f hrt auf diese Weise das Thema ein das den gesamten Text struk
39. statistischen Verarbeitung und Signifikanzkontrolle zu gering sei Die angef hrten Kurzbiographien st tzen diese Beobachtung jedoch kaum denn auch nahezu alle missratenen Kinder wurden w hrend dieser Altersspanne von ihren Eltern getrennt und in Erziehungsheime oder zu Pflegeeltern gegeben 20 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 341 21 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 347 2 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 359 23 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 359 50 Die Frage wie sich aus einer sesshaften Sippe ein unsesshafter Zweig abspalten kann beantwortet Fontana ebenso wie J rger und Ritter mit der Rolle der in ein Bauerngeschlecht einheiratenden Frau Zwar ist es ihm nicht m glich die Heredit t der fraglichen Stammmutter der Sippe Xenos genau abzukl ren die scheinbar unbelastete Frau habe sich jedoch bald nach der Heirat dem Trunke ergeben und den Haushalt vernachl ssigt sei hausieren gegangen und so in Kontakt mit Jenischen gekommen mit denen sich dann auch ihre T chter verheiratet h tten so dass man es von 6225 diesem Zeitpunkt an mit einem ausgesprochenen Vagantenstamm dieser Sippe zu tun habe Fontanas Fazit lautet entsprechend Die von J RGER 1919 und ARNOLD 1958 gemachte Feststellung dass ber die Frau das Vagantentum in sesshafte Sippen eingeschleppt werden kann zeigt sich auch hier Die vorliegende
40. unsicher 25 2 0 schlecht geraten en Sofern die Anpassung nicht oder nur schlecht gelungen ist sieht Siegfried als Hauptursache hierf r zum einen die nach wie vor bestehende Verachtung der Fahrenden durch die Mehrheitsgesellschaf zum anderen die Schwachsinnigkeit und 253 Siegfried Kinder der Landstrasse S 39 4 Siegfried Kinder der Landstrasse S 43 5 Siegfried Kinder der Landstrasse S 51 0 Siegfried Kinder der Landstrasse S 54 57 Minderbegabung zahlreicher M ndel Insbesondere f r die Gruppe der Debilen Schwachsinnigen und Psychopathen legt auch Siegfried wenngleich indirekt lebenslange Bevormundung Eheverbote und Verwahrung vor allem der M dchen und Frauen in entsprechenden Anstalten nahe da diese sonst wenige Jahre nach dem Ende ihrer M ndelzeit wiederum mit einer Schar von schwachsinnigen oder sonst wie anormalen Kindern die Armenkasse in Anspruch nehmen w rden Wie diese Passage verdeutlicht ist das Argumentationsmuster des erblichen Schwachsinns gegen das sich Siegfried zugunsten der Erziehbarkeit der Jenischen an mehreren Stellen ausspricht nach wie vor virulent ebenso wie die Forderung nach einer Verhinderung erbkranken Nachwuchses die zwar nicht durch Sterilisationen die Siegfried aus religi sen Gr nden ablehnt sondern durch eine generelle Verhinderung sexueller Kontakte in Form einer nach Geschlechtern getrennten Internierung er
41. 1998 S 185f 7 Mehr Mariella Geschichtliches In Scharotl 3 1975 S 3 28 Mehr Geschichtliches S 7 9 Abgedruckt in Scharotl 1 1977 S 2 67 Sinti oder Roma w hrend die Radgenossenschaft sp ter ihren vornehmlichen Vertretungsanspruch f r Schweizer Fahrende Jenische hervorheben sollte Bereits in der folgenden Ausgabe zeigte ein Leserbrief die Schwierigkeiten auf die mit der Einforderung eines solchen Abstammungsnachweises verbunden waren Liebes Scharotl Meine Grosseltern waren noch beide Fahrende Mein Vater heiratete eine Sesshafte Und da habe ich nun eine Frage wie kann ich Ihnen beweisen dass das stimmt denn ich m chte gerne Mitglied der Radgenossenschaft werden Den einzigen Beweis k nnte ich Ihnen geben mit einer Best tigung mit der Unterschrift meines Vaters da meine Grosseltern beide nicht mehr leben Ebenso problematisch gestaltete sich jedoch das Argument von der fahrenden Lebensweise als ausschlaggebendem Gruppenmerkmal da zahlreiche Jenische sei es aufgrund der Ma nahmen des Hilfswerkes oder anderer Entwicklungen sesshaft waren und zum Teil auch keine fahrende Lebensweise anstrebten Aus hnlichen Gr nden konnten auch Sprache und Kultur nur noch eingeschr nkt als gruppenkonstituierende Merkmale ins Feld gef hrt werden Es mag dies ein Grund daf r sein warum das Fahren von Vertretern der Radgenossenschaft zunehmend weniger als ein weitgehend der Vergangenheit angeh r
42. Aktenmaterial das der langj hrige Vormund des M rders G H zur Verf gung stellte Wenngleich ein m glichst drastisches Bild der Jugendjahre des T ters bei den vernachl ssigenden Eltern gezeichnet und als Ursache f r dessen weitere Entwicklung angef hrt wird sprechen die Ausz ge aus den Dokumenten f r sich Der Gef hlsarmut und Unzug nglichkeit welche die Erzieher als charakteristisches Merkmal Gottliebs hervorheben stehen Wutausbr che und t tliche bergriffe gegen ber die in direktem Zusammenhang mit der Wegnahme von den Eltern stehen Zuletzt gelang es dann ihm das Messer zu entwinden und ihn ins Bett zu bringen wo er dann unter Schluchzen immer wieder sagte es sei ein Unrecht dass man ihn seiner Mutter weggenommen habe Aufgrund wiederholter Erziehungsschwierigkeiten die sich vor allem darin u ern dass der Junge h ufig wegl uft folgt die Unterbringung in verschiedenen Heimen schlie lich in einer Arbeitserziehungsanstalt Als Gottlieb schlie lich selbst zwei Kinder hat werden diese ebenfalls durch das Hilfswerk fremdplatziert und als er einmal wieder bei seinem fr heren Vormund vorspricht droht er er werde den welcher sein j ngstes Kind anr hre ber den Haufen schie en Der Bericht endet mit einem Appell an potentielle Pflegem tter und Pflegev ter W re nicht alles anders gekommen wenn dieser schm chtige blutarme verwahrloste Bub Sie liebe Leserin als Mu
43. Annas und das Erz hlen rein monoperspektivisch Denn die Psychologin ist weder als eigenst ndige Figur ausgearbeitet noch kommt sie selbst zu Wort sondern bietet lediglich die Impulse f r Karis Ausf hrungen und durch das Tragen roter Schuhe schlie lich den Anlass f r ihre eigene T tung Die erz hlerische Unzuverl ssigkeit f r die im Falle Annas in Brandzauber nur indirekte Hinweise in Form der Diskrepanzen zwischen Figurenperspektive n und Handlungsebene vorlagen reklamiert Kari ausdr cklich f r sich noch ehe das Gespr ch berhaupt richtig begonnen hat Bringen wir es hinter uns f r welche Variante ich mich auch entscheiden werde Ihre scheint klar zu sein Ich sage das nicht weil ich die Absicht habe Sie zu bel gen Aber ein bisschen Spiel sei mir erlaubt und Erinnerungen das wissen Sie sind unberechenbar Bereits mit diesem Hinweis konterkariert Kari den eigentlichen Zweck des Interviews und somit jeden Versuch der Psychologin ihr einen authentischen wahrhaftigen Bericht ihrer Lebensgeschichte abzuringen der sich dann mithilfe eines Diagnosemanuals auswerten lie e Vielmehr reagiert Kari auf die ihr gestellten und durchaus zielgerichteten Fragen virtuos mit Konzepten Kriterien und Erkl rungsans tzen verschiedener psychischer St rungen und beweist mit diesem Spiel mit dem bewussten strategischen Einsatz diverser Erkl rungsmodelle hnlich wie die Patienten in Zeus oder der Zwillingston in dem Ma
44. Aufenthaltsort bevorzugten Bergregionen sowie der Struktur der den Probanden eigenen Geopsychologie in e581 582 Korrelation zu dieser Region und dem Aufbau eines rassenhygienischen Archivs einen Namen gemacht Auch im Fall Abderhaldens dessen eigener Gang sich durch etwas W lzende s Schleifende s auszeichnet wird die Pathologisierung der von ihm 57 Mehr Zeus S 20 577 Mehr Zeus S 22f 78 Mehr Zeus S 24 57 Mehr Zeus S 77 580 Mehr Zeus S 133 581 Mehr Zeus S 32 582 Mehr Zeus S 155 5 Mehr Zeus S 103f 584 Mehr Zeus S 35 141 585 l untersuchten Patienten als Projektion selbstempfundener M ngel und sein Engagement in der Irrenanstalt vor allem in Form freiwilliger Nachtdienste als blo er Ausdruck eines sinnentleerten Daseins und einer Angst vor dem Alleinsein entworfen Zahlreiche Unterkapitel haben die schriftlichen Produkte der Besch ftigung mit der degenerierten Ware und damit verbunden die Bildung von wissenschaftlichen Netzwerken Einstellungspraktiken sowie die Popularisierung der jeweiligen Argumentations und Deutungsmuster zum Thema die ihrerseits als Produkte einer Anbiederung an den Zeitgeist ausgewiesen werden Aufs tze hnlichen Inhalts waren damals als Gottlob Abderhalden seinen verfasste durchaus in Mode Kein anst ndiger Philanthrop und zu dieser seltenen Sorte z hlte sich auch der Hobbyanthropologe Abderhalden konnte sich d
45. Bezug auf Nahrung und Unterkunft e Unf higkeit einen Babysitter f r ein Kleinkind zu finden wenn der Elternteil nicht zu Hause ist f wiederholte Verschwendung des Haushaltsgeldes f r pers nliche Zwecke 9 Hatte nie l nger als ein Jahr eine monogame Beziehung 10 Versp rt keine Gewissensbisse Kr nkungen Misshandlungen oder Diebst hle werden als gerechtfertigt angesehen D Das antisoziale Verhalten tritt nicht ausschlie lich im Verlauf einer Schizophrenie oder von manischen Episoden auf H v m Die Kriterien Vernachl ssigung elterlicher Pflichten und der Aspekt des planlosen Reisens wurden im nachfolgenden DSM IV gestrichen insgesamt weist die neue Kriterienliste jedoch eine weitere Akzentsetzung in Richtung gewohnheitsm iger Delinquenz auf Auch die Erkl rungsmodelle f r die Entstehung der antisozialen Pers nlichkeitsst rung und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen lassen nach wie vor Spuren u a der Positionen Lombrosos erkennen So erscheint die Forschung zum Einfluss heredit rer Faktoren die vor allem im deutschsprachigen Raum nach 1945 aufgrund ihrer Verquickung mit Kriminalbiologie und Rassentheorie im Nationalsozialismus zugunsten soziogenetischer Theorien zun chst aufgegeben in den 60er Jahren aber wieder aufgenommen wurde weiterhin motiviert von kriminalpr ventiven berlegungen Denn der praktische Nutzen eines Nachweises der Erblichkeit antisozialer Pers nlichkei
46. Diagnose zwischen Abderhalden und Wasserfallen regelm ig zum Streit 610 kommt Besiegelt wird mit diesen Schriftst cken im Sinne einer sich selbst erf llenden Prophezeiung jedoch nicht nur das Schicksal der Beschriebenen sondern der Akt der Verschriftlichung ist vielmehr unabdingbare Voraussetzung f r die Verbreitung und Institutionalisierung des Wahrheitsdiskurses selbst Die Gemeinsame so w rde Wasserfallen einem Laien erkl ren ist dem Irrenarzt was dem Mathematiker ein mathematische Gr e sie zu finden ein sakraler Akt Einmal geboren ist sie nicht mehr aus der Welt zu schaffen kalt in einsamer Gleichg ltigkeit f llt sie das Papier Magd alles Erdachten und Erfundenen nimmt sie auf sch tzt vor dem Vergehen und wenn dann das Papier weitergereicht 607 Mehr Zeus S 253 608 Mehr Zeus S 161 6 Mehr Zeus S 1208 610 Wasserfallen betrachtete das Gesicht des Konkurrenten Abderhalden mit einigem Widerwillen man w rde sich wohl einmal mehr um die Autorschaft des zu schreibenden Krankenberichts streiten Wasserfallen hasste diese ewigen Auseinandersetzungen er war im Grunde seines Herzens ein friedliebender Mensch wenn man ihm nur selbstverst ndlich und m glichst wortlos das Berichteschreiben berliesse die Autorschaft also ber das t gliche Geschehen in seiner Anstalt Mehr Zeus S 257 146 herumgeboten in der Universit tsbibliothek aufbewahrt vom Computer abgerufen in Schulb
47. Die sp teren Zero sind also Nachkommen einer interessanten Verbindung des deutschen Walsers oder Gebirgsbewohners mit den italienischen Ke lern und den Heimatlosen wobei der v terliche Charakter und das v terliche Gewerbe im zugeheirateten m tterlichen untergingen Die Folgen dieser unheilvollen Verbindung die J rger als Bastardierung von Bauer und Vagantin beschreibt werden bereits anhand der n chsten Generation in aller Drastik geschildert Das Stammelternpaar bekommt zwei Kinder Elsa und Paul Jos Elsa kann ihrem genetisch vorbestimmten Schicksal durch Verschickung ins Schwabenland entgehen Die Auswanderung in fr her Jugend wodurch sie dem verderblichen Einflu der Verwandten entzogen wurde war ihr Gl ck und rettete ihr den ehrlichen Namen Sie ist die wei e Taube unter lauter grauen und schwarzen V geln dieser Tabelle Der bei vagabundierenden Verwandten aufgewachsene Bruder hingegen verschlechtert die Erbmasse sowohl durch Schnapsgenu als auch durch die Heirat mit einem unheilvolle n Weib Die Schilderung von Paul Jos Frau Nana offenbart neben einer immer wieder im Text greifbaren Misogynie die Rezeption weiterer Zigeuner Zuschreibungen Das Triebrad dieser Familie war die Frau Nana eine Analphabetin aus dem Vagabundengeschlechte Elster ein freches brutales verrufenes aber gescheites Weib Sie galt als ausgemachte Hexe der man aus Furcht vor d
48. Diskursgeschichten Schweizer Jenische in kriminalisierenden und pathologisierenden Diskursen zwischen 1900 und 1970 uueensensensessnesnennnenne II 1 Josef J rger Psychiatrische Familiengeschichten 1905 1911 nn een 11 2 Robert Ritter Ein Menschenschlag 1937 ereneeeseeesnessnnssnnennnnennnensnnnsnnennnennnnnn II 3 Rudolf Waltisb hl Die Bek mpfung des Landstreicher und Landfahrertums in der Schweiz 1944 uusessseesssessseesnseenneensnensnnnnnnnnennsnnnnnnnseennnnn II 4 Benedict Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit als psychologische und psychopathologische Verhaltensradikale 1968 nennen 11 5 Schriften Alfred Siegfrieds und Publikationen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 1926 1964 2022232 su iin Politische Selbstrepr sentation Jenischer in der Schweiz im Anschluss an die Aufl sung des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse Wahrheits und Erfahrungsb cher Foucault sche Subjektkonzeptionen zwischen Subjektivierung und Entsubjektivierung cesssessssssensnessnnnsnnennnennnnennnnnnnennannnn Wahrheitsb cher Ausarbeitungen jenischer und weiblicher Subjektpositionen in fr hen literarischen Texten Mehrs ne sense VlsSteInzeitn er ae ae As aa rise we re V2 Das Lichtderi Brauer energie Vom Wahrheits zum Erfahr ngsb ch u ee nsige VII Zeus oder der Zwillingston usa ae kr neDiea V1 2 Daskind u ansehe Een uote nie
49. Eigentum nicht durch Brandstiftung 9 legte Feuer 10 log h ufig au er zur Verhinderung k rperlicher Misshandlung oder sexuellen Missbrauchs 11 hat mehr als einmal gestohlen ohne dem Bestohlenen gegen berzustehen einschlie lich F lschung 12 hat in Gegenwart des Bestohlenen gestohlen z B berfall Taschendiebstahl Erpressung bewaffneter berfall C Ein Muster von verantwortungslosem und antisozialem Verhalten seit dem 15 Lebensjahr Mindestens vier der folgenden Kriterien m ssen hierbei erf llt sein Der Betroffene 1 Ist unf hig eine dauerhafte T tigkeit auszu ben angezeigt durch eines der folgenden Merkmale mit hnlichen Verhaltensweisen in einem akademischen Umfeld im Fall von Studenten a war innerhalb eines Zeitraums von f nf Jahren sechs Monate oder l nger arbeitslos obwohl er arbeitsf hig war und Arbeit verf gbar war b fehlte wiederholt am Arbeitsplatz ohne dass dies durch eigene Krankheit oder durch Krankheit in der Familie begr ndet war c l ste mehrere Arbeitsverh ltnisse auf ohne eine neue Arbeit im Auge zu haben 2 kann sich nicht an rechtliche Normen der Gesellschaft anpassen begeht wiederholt antisoziale Handlungen die einen Grund f r eine Festnahme darstellen egal ob mit oder ohne Festnahme z B Zerst rung fremden Eigentums Bel stigung anderer Personen Diebstahl oder Aus ben einer illegalen T tigkeit 3 ist reizbar und aggressiv was sich in wiederholten Schl gereien oder
50. Erz hlinstanz abwechselnd als Daskind Kleinerbub Frecherfratz 653 d 6 gt Saum dchen H rchen Dreckigerbalg oder auch S ndenkin adressiert Von Frieda und ihrem Mann Kari Kenel einem aus Amerika in sein schweizerisches Heimatdorf wider Willen zur ckgekehrten Au enseiter aus dem Kinderheim aufgenommen wird Daskind das sich selbst weigert zu sprechen f r die D rfler zur willkommenen Projektionsfl che f r verbale und k rperliche Attacken die vor allem Ausdruck einer Unzufriedenheit mit der eigenen bigotten k rperfeindlichen und freudlosen Existenz sind und von der die Familie selbst in hohem Ma e betroffen ist Der 65 Mehr Mariella Daskind Berlin 1997 S 89ff 65 Butler Judith Psyche der Macht Das Subjekt der Unterwerfung Frankfurt Main 2001 S 101 Ursula Baer w hlt in ihrem 2009 publizierten Aufsatz Violent Naming Power Relations and Cultural Identities in Representations of Family less Children in Modern German Language Literatures einen ebenfalls an Butler orientierten Ansatz indem sie deren Performativit tstheorie mit Assmanns Konzept des kulturellen Ged chtnisses verbindet um zu einer Verschiebung der stigmatisierenden Zuschreibung der Familienlosigkeit zu gelangen By considering and naming family less characters in Mehr Daskind and Ebner Eschenbach Das Gemeindekind through the lens of Butler s speech act theory I have traced potential si
51. Gesellschaftsschutzes tritt so in Angeklagt ins Zentrum und wird aktualisiert indem eine gegenw rtige juristisch psychiatrische Praxis in den Blick kommt die nicht mehr nur auf Zigeuner bzw Jenische als geborene Verbrecher Anwendung findet die aber gleichwohl mit Zigeuner Diskursen und insbesondere Diskursen ber den moralischen Schwachsinn Jenischer in engem Zusammenhang steht T ten und Erz hlen Die Antwort auf die Frage ob Kari als zurechnungsf hig oder als nicht zurechnungsf hig und m glicherweise psychisch abnorm anzusehen ist wird von der Psychologin in Karis Lebensgeschichte gesucht Herangef hrt werden soll sie im Rahmen der Exploration an fr hkindliche Erinnerungen wohl um Aufschluss dar ber zu erhalten seit wann Karis offensichtliche Gef hlsarmut bereits besteht Denn eine St rung des Sozialverhaltens im Kindes und Jugendalter gilt nicht nur als wichtiges Indiz f r das Vorliegen einer Pers nlichkeitsst rung sondern wird ebenso als Kriterium f r die Legalprognose herangezogen hnlich wie Anna Priska Kreuz in Brandzauber zeichnet sich auch Kari Selb in Angeklagt durch Emotionslosigkeit und die Abwesenheit jeglichen Schuldempfindens aus W hrend jedoch Anna der neuen Patientin in der Pflegeanstalt die sie an Franziska und deren Kreuzigung erinnert kein Haar kr mmt die Lust am T ten am Ende des Romans also kein Thema mehr zu sein scheint gipfelt Angeklagt in der Ermordung der Gericht
52. Haut von dunkle r Farbe In meinem B cherregal steht eine gerahmte Fotografie Zwei halbw chsige M dchen schauen einem unsichtbaren Eindringling entgegen Ihre Blicke pfeilen trotzig aus dem Bild halten als w ren ihre Augen mit Sperrborsten ausgestattet das Betrachterauge fest Ohne Kenntnis der Venusfliegenfalle bleiben dem Betrachter die Augen des rechts stehenden M dchens fremd die Lider zwei Blatth lften die jeden Augenblick zuschnappen zerquetschen und mit ihren Sekreten zersetzen k nnen Wie bei der weiter oben zitierten Begegnung Annas mit Gertrud soll auch der Blickwechsel mit dem Fotografen nichts von Anna offenbaren was der Betrachter nicht selbst an ihr abzubilden versucht soll ihr Blick zudem diese Projektionen an der Oberfl che abprallen lassen und auf den Betrachter zur ckwerfen ihn gar zerst ren Der Fotograf voyeuristisch unter einem schwarzen Tuch und hinter dem Kameraauge versteckt erh lt weder ein expressionistisch inspiriertes Foto zweier exotischer dunkler M dchen deren imaginierte Wildheit im Kontrast zur Anstaltsuniform nur noch gr er wirken muss noch l sst sich die Phantasie eines lesbischen M dchenpaars zufriedenstellend ins Bild setzen denn das L cheln als stillschweigende Zustimmung zur intendierten Bildaussage und von Anna als Komplizenschaft gewertet wird von den M dchen verweigert Auch Annas Sexualit t orientiert sich am Karnivorenbild verbunden mi
53. Kreuz ist allgegenw rtig und h ngt auch im Chalet Idaho der Kenels als ewige Mahnung ber dem Sofa ber dem Scheitel des Kindes der leidende Christus am Kreuz Silbern leuchtend auf dunklem Holz Das lange Silberhaar um den silbernen Kopf und einrahmend das silberne L cheln den silbernen Tod Silberblut quillt aus dem silbernen Herzen Silberherz stirbt stirbt immerzu Daskind will wissen da es schuldig ist ein Silberleben lang Weshalb sonst st rbe der andere der Silberleib am dunklen Holz seinen Silbertod imnmerzu Die Schuld des Kindes nach der es fragt um sich die ihm wiederfahrende Behandlung erkl ren zu k nnen ist eine unausweichliche und keine die es je s hnen oder tilgen k nnte da sie ererbt ist Denn wie erst gegen Ende des Romans deutlich wird entspringt Daskind einer inzestu sen Geschwisterliebe der Pflegevater Kari Kenel ist sein leiblicher Vater seine leibliche Mutter ist dessen Schwester Leni die als Waldfrau in einer abgelegenen Waldh tte lebt und den Kontakt zu den D rflern meidet Die Beziehung des Vaters zum Kind ist gepr gt von schlechtem Gewissen und Angst vor Entdeckung der eigentlichen Herkunft des Kindes ber die au er ihm nur der Sigrist des Dorfes Jakob B 656 k R E F Gingg im Bilde ist ein Wissen um ein Geheimnis das ihn Kari Kenel zur 657 Freundschaft mit dem Alten verdammt und das dieser zu nutzen wei u
54. Mariella Mehr In Schlangenbrut 82 2003 S 25 4 Vgl in diesem Zusammenhang etwa den Beitrag von Alexandra Kedve f r den Deutschlandfunk bzw Deutschlandradio Kultur Kedves Alexandra Mariella Mehr Brandzauber http www dradio de cgi bin es neu lit buch 2171 html Letzter Zugriff 23 01 2007 3 Birrer Sibylle Die Logik des T tens In Neue Z rcher Zeitung Online 6 Juni 2002 http www nzz ch 2002 06 06 fe page article86816 html Letzter Zugriff 6 Juni 2002 Pathologisierung der als gewissenlos gewaltt tig und monstr s sadistisch dargestellten Protagonistinnen vermeiden und dies scheinen die selbsterkl rte N he der Autorin zu ihren literarischen Figuren und Mehrs eigene Erfahrungen mit Inhaftierung und Psychiatrisierung geradezu zu verbieten der R ckgriff auf ein problematisches Konzept einer nur ber Gegen Gewalt m glichen Emanzipation Eine so verfahrende Lekt re des autobiographischen bzw dokumentarischen Subtextes bersieht jedoch nicht nur die zahlreichen Leerstellen und Paradoxien die gerade die sp ten Texte auszeichnen sondern m ndet auch in eine gewisse interpretatorische bzw analytische Hilflosigkeit die sich etwa an den umf nglichen mit den weiteren Ausf hrungen in kaum erkennbarem Zusammenhang stehenden Darstellungen biographischer Daten oder der Hervorhebung von Mehrs Sprachgewalt ablesen l sst die nahezu jeder bisher erschienenen Abhandlung zu Mehrs Arbeiten vorausgeschic
55. Resultat einer permanenten Verleugnung des eigenen Begehrens entworfen wird Nachdem sie ihre freudlose Jugend als Magd und Kinderm dchen auf dem Hof der eigenen Eltern verbracht und Kontakte zu M nnern aus Angst vor den Folgen einer au erehelichen Beziehung strikt gemieden hat heiratet sie schlie lich als sie bereits weit ber das als heiratsf hig geltende Alter hinaus ist den aus Amerika zur ckgekehrten Kari Kenel der eine Frau brauchte die ihm die Hemden wusch und das Essen kochte denn z Jum Gesp tt wird einer ohne Frau und einer dem das Bettuch kalt bleibt Drum kocht und w scht die Frieda weiter wie sie es von Kindesbeinen 680 gelernt hat Der Preis den das Aufbegehren gegen diese Form der unterwerfenden Selbstausarbeitung fordert wird am Beispiel von Karis Schwester Leni verdeutlicht die den elterlichen Hof verl sst um im Wald zu leben Die Eltern starben kurz nach seiner Karis Heirat gramgebeugt wu ten die D rfler weil ihnen die Tochter die geschuldete Treue verweigerte Das hatte es im Dorf noch nie gegeben da eine unverheiratete Tochter Haus und Herd verlie um allein in einer alten Holzerh tte zu leben Doch die Waldfrau die Leni habe ja vom Schaffen nie viel gehalten Oft habe man sie am Waldrand sitzen sehen gefaulenzt habe sie obwohl das Gras hochgestanden sei und die S ue in den Koben vor Hunger schrien Um so mehr h tten die betagten Eltern zugepackt auf den Sohn sei ja au
56. Sich selbst zum Spieleinsatz machen Erfahrungsb cher eenee VII Brandzauber au elta enter VEZ Angekla ot zre a ei aeg Um welchen Preis sagt die Vernunft die Wahrheit ennnnnsnenennn Biteratur Onellen ae n e E R a o 220 I Einleitung Die Repr sentation ethnischer Minderheiten und gesellschaftlich randst ndiger Gruppen sowie deren damit eng verkn pfte gesellschaftliche Inklusion und Exklusion sind seit l ngerem ein zentrales Feld wissenschaftlicher Untersuchungen Hinsichtlich der Repr sentationsmuster von Zigeunem bzw Fahrenden Jenischen in der Schweiz ist dabei jedoch ein Hiatus zwischen historischen bzw empirisch sozialgeschichtlichen und kunst bzw literaturwissenschaftlichen Fragestellungen zu beobachten Hinzukommt dass sich die Forschung bis in die sp ten 1970er Jahre hinein fast ausschlie lich mit Fremdrepr sentationen befassen konnte da Selbstrepr sentationen etwa in Form von Autobiographien Belletristik oder publizistischen Texten kaum vorlagen Mit der zunehmenden politischen Organisation und Bildung von Interessenverb nden seit Ende der 1970er Jahre nicht zuletzt im Zuge der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Zigeunerverfolgung und der Zwangsassimilierungspraxis des Schweizer Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse beginnt sich diese Situation zu ver ndern Die zuvor als Zigeuner und asozial Stigmatisierten und Ver
57. Streitereien welche innerhalb der Sippe ausgetragen werden Zu Verletzungen komme es vor allem deshalb weil selbst Frauen und Kinder bewaffnet seien Es seien jedoch Affekt und Kurzschlusshandlungen keine kaltbl tigen Morde Zur K rperverletzung z hlt Waltisb hl 4 Waltisb hl Bek mpfung S 112 5 Waltisb hl Bek mpfung S 113 1 Waltisb hl Bek mpfung S 114 197 Waltisb hl Bek mpfung S 114 43 auch die Misshandlung und Vernachl ssigung der Kinder wozu es in diesen Familien h ufig komme Lediglich die Brandstiftung stuft Waltisb hl als gemeingef hrliches Delikt ein sie sei oft ein typische r Racheakt Die geringe Zahl der Brandstiftungen erkl rt Waltisb hl damit dass den Jenischen aufgrund der polizeilichen Ma nahmen die Gelegenheit genommen sei sich zu organisieren und Br nde zu legen Dennoch sei weiterhin die Brandstiftung in Form der Rache irgendwie im Unbewussten dieser Leute lebendig als Beispiel f hrt Waltisb hl einen Abk mmling der gro en Vagantensippe Plur an der aus Rache den Hof seiner Pflegeeltern angez ndet habe und laut psychiatrische r Prognose auch weiterhin eine Gefahr f r die Gesellschaft darstelle da es sich um eine psychisch defekte Pers nlichkeit handele Aufgrund der h ufigen Wiederholung der Straftaten stuft Waltisb hl die Jenischen als Gewohnheitsverbrecher ein und nimmt dieses Fazit zum Anlass die Frage nac
58. Tod Literarische Deutungsverschiebungen in der Moderne Hagen 2008 S 155f 3 Die einzige vergleichbare Untersuchung die Foucaults Konzept des Erfahrungsbuches f r die Literaturwissenschaft fruchtbar zu machen sucht liegt mit Timothy O Learys Foucault and Fiction The Experience Book London New York 2009 vor O Leary bem ht sich zwar ebenso darum literarische Texte als Erfahrungsb cher zu profilieren bleibt dabei jedoch recht allgemein und folgt vornehmlich dem Literaturverst ndnis wie es der fr he Foucault noch im Rahmen eines dualistischen Diskursmodells entworfen hatte innerhalb welchem Literatur recht global ein subversives Potential zugebilligt worden war l iterature can contribute to this process of transformation through its fictive nature in so far as it resonates with the productive creative nature of all experience and introduces something that can function as an outside in relation to the everyday experience of a reader S 90 Auch Monica Fr hlich beruft sich in ihrer Dissertation Literarische Strategien der Entsubjektivierung Das Verschwinden des Subjekts als Provokation 9 Foucaults Kritik Begriff der insbesondere in Martin Saars Genealogie als Kritik Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault an Sch rfe gewinnt soll gezeigt werden dass just die Verkn pfung von Wahrheit und Fiktion bzw die fiktive Realisierung von Elementen des Wahrheitsdiskurses ber Jenische
59. Tr gheit nach welchem es den Zimmerwechsel nicht liebt und die neuen Gesichter nicht sehen mag denn unser Geist leidet unter jedem neuen starken Eindruck w hrend er bei den alten und weniger starken sich behaglich f hlt Einen Gegensatz hierzu aber durchaus keinen Widerspruch bildet die Sucht der Kinder nach fortw hrendem Ortswechsel nach neuen Spielzeugen das Verlangen nach der Gesellschaft zahlreicher Spielgenossen die sie trotz der geringen gegenseitigen 24 Die Fallbeschreibungen decken sich inhaltlich weitgehend mit denjenigen zur Familie Zero mit einem wichtigen Unterschied hatte J rger im Rahmen der Untersuchung zur Familie Zero der Darstellung des Lebenslaufes der beiden Kindsm rderinnen breiten Raum gegeben um seine Thesen zu illustrieren sind es bei der Familie Markus zwei Jungen Luzius und Anton denen J rger mehrere Seiten widmet um die Gemeingef hrlichkeit einzelner Mitglieder wie auch der Familie insgesamt besonders hervorzuheben die nun schon bei den Kindern offen zutage trete Weil Luzius in seinem geistigen Wesen der ausgepr gteste Vertreter eines Markuskindes sein wird mu ich bei ihm l nger 100 verweilen Der achtj hrige Luzius und sein f nfj hriger Bruder Anton beide Armenhausz glinge seien bekannt als unwahre Gesellen die sich gerne Z ndh lzer 7 101 f R aneigneten speziell ber Luzius hei t es Ernsthafte besonnene und unerschrockene Leute warnen vor
60. Tr mmer doch da war kein fruchtbares Land Ich kehrte in das Land zur ck das zu verlassen ich im Begriff war Mit einem grossen Gel chter setzte sich der Zweigesichtige wieder und sagte du hast dich einmal mehr t uschen lassen es ist immer ein und dasselbe An dir liegt es verschieden zu sehen H i O Am Ende der Reise steht die Einsicht dass ein Klausenl uten im Berner Hinterland mehr Kultgehalt und sakrale W rde hat als eine Corrida H i O Was zun chst als erweiterte differenziertere Perspektive auf die Kulturformen der beiden L nder und eine ansatzweise Aufl sung bin rer Oppositionen erscheint ist jedoch kaum mehr als eine weitere Pointierung des Negativurteils ber Stierk mpfe und insbesondere Stierk mpferinnen Und nicht zuletzt an dieser unverr ckbaren und schon vor Reiseantritt gefassten berzeugung liegt es dass das Erz hlprojekt einer Chronik ber weibliche Gewalt aus dem sich der Nachweis eines gewaltfreien weiblichen Prinzips ergeben sollte scheitern muss Denn die beiden Stierk mpferinnen geben keine dramatische Pointe ab 557 Mehr Licht S 125 58 Mehr Licht S 11 5 Mehr Licht S 13 Wie kritisch Mehr letztlich selbst derartige Idealisierungen betrachtet l sst sich am 1995 folgenden Roman Daskind ablesen Dort wird das von der gef hlskalten und abgestumpften Pflegemutter gesungene Lied Fernims ddassch nespanien zum Inbegriff einer Form von E
61. Vgl u a Huonker Thomas Die ersten sieben Jahre der Radgenossenschaft 1975 1982 http www radgenossenschaft ch die_ersten_sieben_jahre htm Letzter Zugriff 21 05 2010 Zentral f r die Arbeit der Radgenossenschaft war von Beginn an auch die R ckbesinnung auf die eigenen Wurzeln und berlieferungen der Fahrenden wie auf die jenische Sprache auf die Geschichte die Zeichen und Symbole der Fahrenden sowie die Verbundenheit mit den anderen St mmen der Roma 1978 fand der zweite Romano Kongress nach dem ersten 1971 in London in Genf statt Die Organisation lag in den H nden von Dr Jan Cibula der anl sslich dieses Treffens die Internationale Romani Union gr ndete Damals anerkannten die Roma die Jenischen als einen Stamm ihres Volkes 5 So distanzierten sich die Union der Jenischen Minderheit in Europa U J M E der Jenische Kulturverband sterreich e V sowie der Jenische Bund in Deutschland e V in einer gemeinsamen Presseerkl rung vom 22 02 2007 ausdr cklich von einem solchen Zusammenschluss Wenn die Radgenossenschaft in der Schweiz einen Vorteil aus diesem Beitritt zieht so liegt dies ganz alleine in deren Ermessen und wird von uns auf das sch rfste verurteilt JENISCHE sind einfach keine Roma und wir lassen uns auch nicht von der Radgenossenschaft in die ROMANI UNION und damit in eine international akzeptierte Definierung der JENISCHEN als Stamm der Roma dr ngen Wir sind JENISCHE Und JENISC
62. Zigeunerfiguren in der deutschsprachigen Literatur Strathclyde 2005 Bachofen Johann Jakob Das Mutterrecht Eine Untersuchung ber die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religi sen und rechtlichen Natur 1861 Baer Ulrich Hrsg Niemand zeugt f r den Zeugen Erinnerungskultur und historische Verantwortung nach der Shoah Frankfurt Main 2000 Baer Ursula Violent Naming Power Relations and Cultural Identities in Representations of Family less Children in Mariella Mehr s Daskind and Marie von Ebner Eschenbach s Das Gemeindekind In Crossroads IIV2 2009 S 5 11 Bell Michele Ricci Lyrical Redefinitions of Heimat in Mariella Mehr s Nachrichten aus dem Exil and Widerwelten In The German Quarterly 83 2 2010 S 189 211 Bellour Raymond Auf dem Weg zur Fiktion In Ewald Frangois und Bernhard Waldenfels Hgg Spiele der Wahrheit Michel Foucaults Denken Frankfurt Main 1991 S 124 136 Bhabha Homi K Von Mimikry und Menschen Die Ambivalenz des kolonialen Diskurses In Ders Die Verortung der Kultur T bingen 2000 Braun Christina von NICHT ICH Logik L ge Libido Frankfurt Main 1999 Bundesamt f r Kultur BAK Wie Fahrende heute leben Journal 4 2001 Butler Judith Kritik der ethischen Gewalt Frankfurt M 2007 Butler Judith Ha spricht Zur Politik des Performativen Frankfurt Main 2006 Butler Judith Psyche der Macht Das Subjekt der Unterwerfung Frankfurt Main 2001
63. als Kesselflicker Spengler Korbflechter Kaminfeger Die Kinder liefen barhaupt und barfu Das t tige Element im Hausieren und Betteln war die Frau unter Mithilfe der Kinder Der Mann sa w hrend alldem im beschaulichen Schatten des Zeltdachs am Karren beim Flicken oder heimlicherweise beim Schnaps w hrend Frau und Kinder die Gegend abgrasten Eine weitere Parallele bildet die These von der M glichkeit einer Regeneration bzw des sozialen Aufstiegs durch Heirat b rgerlicher sesshafter Partner auch bei Ritter wird dabei die Rolle der Frauen besonders hervorgehoben Eine Frau aus einem h heren Stand bringt aber und das ist letzten Endes das Ausschlaggebende wieder Anlagen mit die der n chsten Generation einen weiteren Aufstieg erm glichen Ritter Menschenschlag S 55 Vgl J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 38 S 11 Ebenfalls zu nennen ist das Argument der Endogamie das die These eines gemeinsamen Erbwerts berhaupt erst erm glicht Eines ist klar geworden Die Gaunerart mu te sich erhalten denn durch den steten Zusammenflu gleichartigen Erbguts konnte eine wesentliche Art nderung berhaupt nicht zustande kommen Ritter Menschenschlag S 61 Vgl J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 2 Ritter Menschenschlag S 10 29 120 besonderer Ber cksichtigung W rttembergs oder auch die Publikationen Wilmanns 121 x 2 5 ER werde
64. als die sich die gewaltt tigen und gewissenlos mordenden Protagonistinnen vor allem in Brandzauber und Angeklagt lesen lassen denen ein entsubjektivierendes Potential zugeschrieben werden kann Die Texte entgehen so nicht nur einer rein ethnisch kulturellen Auslegung sondern entziehen sich zugleich den Paradoxien und Dilemmata die mit der unl sbaren Verquickung von Fremd und Selbstrepr sentation einhergehen und bei der politischen Selbstrepr sentation der Jenischen in der Schweiz deutlich zutage treten Das wie zu zeigen sein wird f r ein Erfahrungsbuch essentielle Zusammenspiel von Wahrheit und Fiktion bringt es mit sich dass bei der Untersuchung Mehrs Romane im Vordergrund stehen Denn wie etwa Ansgar N nning hervorhebt bewegt sich der Roman bereits in seinen fr hesten Auspr gungen auf der Grenze zwischen Fakt und Fiktion Vor diesem Hintergrund versucht die vorliegende Arbeit auch einen Beitrag zu den von N nning eingeforderten more theoretically ambitious considerations of the problematical status of such concepts as fact fiction reference representation narrative fictivity and 40 textuality und zu der von Martin Saar angeregten Erhellung des materiale n oder Al ontologische n Proze sses der Subjektkonstitution selbst zu leisten des Lesers in Christoph Ransmayrs Erz hlwerk W rzburg 2001 zwar auf Foucault Entsubjektivierung bezeichnet im Rahmen ihrer Unters
65. an der Zeit ist dass auch die Roma eine Elite innerhalb ihrer Gruppe bilden die sich selbstbewusst an Kunst Wissenschaft und Politik beteiligt und sich in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens aktiv bet tigt Nur so kann sie als Vorbild dienen und anderen Roma Mut machen Eulberg Rafaela Sprache ist mein Zuhause Interview mit der Romni Schriftstellerin Mariella Mehr In Schlangenbrut 82 2003 S 21 25 hier S 25 Mehr war u a Vizepr sidentin der 2002 gegr ndeten Romani Writers Union 79 In ihren gesellschaftskritischen Artikeln thematisiert Mehr neben der Arbeit des Hilfswerkes immer wieder auch diejenigen staatlichen bzw juristischen Instrumentarien und Verfahren die eine Zwangsassimilation Psychiatrisierung Inhaftierung und Sterilisation erst erm glicht hatten So kritisiert sie etwa die Praxis der administrativen Versorgung von der wie sie hervorhebt nicht nur Jenische sondern auch andere gesellschaftlich nicht akzeptierte randst ndige Gruppen nach wie vor betroffen seien Angesichts der Ablehnung eines Gesuchs um Halbfreiheit des 1953 zu lebenslanger Haft verurteilten Ernst Deubelbeiss spricht sie sich in einer Kolumne der TAT vom 30 April 1977 gegen die kriminalpr ventive Inhaftierung eines als gemeingef hrlich eingestuften Straft ters aus Grund f r die Ablehnung des Gesuchs waren zwei psychiatrische Gutachten die den wohl bekanntesten Raubm rder der Schweizer Nachkriegszeit als nicht re
66. auf Befehl der Kaiserinn Theresia wirklich gemacht hat Oft schien eine Knabe denn am Kinde mu man anfangen nicht an dem alten Stamme bey dem keine M hle mehr anschl gt bereits auf dem besten Wege zur Menschwerdung zu seyn und pl tzlich brach die rohe Natur wieder hervor er gerieth in den R ckfall und wurde wieder von Fu bis Scheitel Zigeuner Aber darum ist die Sache nicht unm glich Grellmann Versuch S 14f 5 Vgl J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 14 Die Erbschaftsmasse ist also ziemlich gleichwertig womit die Ansicht diese Gleichartigkeit wirke besonders sch dlich auch hier eine gewisse Best tigung findet Zur H lfte anders lauten die Tafeln der durch bessere Heirat Regenerierten woraus ein Grund der Regeneration direkt ersichtlich ist 16 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 15f 20 geographische Isolation die eine weitgehende Endogamie innerhalb der Gruppe zur Folge gehabt habe Dieses Stammelternpaar Zero besteht aus einem Mann aus braver geachteter d h eigentlich sesshafter Familie in der sich jedoch eine Geisteskranke vorfindet und einer 78 Frau die mit ihren Eltern und Br dern im Lande herumzog Trotz der guten Herkunft entwickelt sich der Mann Primo Zero zum Trinker Die alkoholbedingte Keimverderbnis des Mannes bildet in Kombination mit der vagierenden Lebensweise der Frau somit den Ursprung der ung nstigen Erbmasse
67. ausf hrlich diskutierten Beispiele zweier jenischer Kindsm rderinnen als Nachweis der pervertierten M tterlichkeit jenischer Frauen allgemein sowie ihrer besonderen 53 Mehr Licht S 62 Es ist anzumerken dass es sich hierbei um eine Verk rzung handelt denn die minoischen Fresken die das Stierspiel darstellen zeigen nach arch ologischem Verst ndnis sowohl M nner als auch Frauen als Athleten gekennzeichnet durch helle und dunkle Hautfarbe The leapers who performed these acrobatic activities consisted of both young men and women perhaps of noble birth Crowther Nigel B Sport in Ancient Times Westport 2007 S 35 54 Vgl u a Laugsch Helga Der Matriarchats Diskurs in der Zweiten Deutschen Frauenbewegung Die Wider Rede von der anderen Gesellschaft und vom anderen Geschlecht M nchen 1995 124 Gef hlsarmut und Gewaltbereitschaft Und auch bei Siegfried erscheinen jenische Frauen als Erbtr gerinnen der Vagantit t und damit der jenischen Minderwertigkeit nach wie vor als eigentliche Ursache jenischer Asozialit t Die Vagantit t wird wie gewisse besonders gef hrliche Erbkrankheiten in der Hauptsache durch die Frauen weitergegeben Ganze St mme lassen sich auf eine Stamm Mutter zur ckf hren und f r einzelne Familien welche in dieser Art von Ablegern entstanden sind bringt J rger mehrere Beispiele Nicht zuletzt im Rahmen der Kindswegnahmen die dur
68. bares Martyrium ihrer Kindheit und Jugend und die ganze verborgene Kette von Verfolgungen und Vergewaltigungen mit Hilfe der in voller Intensit t erlebten Schmerzen und anderer Gef hle zu entdecken und damit auch ihr Selbst zu finden Der Weg von dem 70 Mehr steinzeit S 132 du bist wie deine mutter silvia du bist verr ckt ver r ckt wie jenes monstrum das dich geboren hat du bist ver r ckt silvia verloren in einer ver r cktheit die du selbst nicht verstehst glaube es endlich silvia glaube ihnen Du bist schuldig silvia schuldig verr ckt zu sein wie deine mutter 7 Mehr steinzeit S 19 472 Stettbacher J Konrad Wenn Leiden einen Sinn haben soll Die heilende Begegnung mit der eigenen Geschichte Hamburg 1990 S 115 73 Mehr steinzeit S 187 44 Dort hei t es Das Erscheinen dieses Buches ist eine gewaltige Herausforderung an alle bestehenden therapeutischen Schulen Denn J Konrad Stettbachers Therapie erbringt den Nachweis da es m glich ist die Verdr ngung der Kindheit in einer nicht gef hrlichen und nicht verwirrenden Weise aufzuheben etwas das von den angesehendsten Schulen immer bestritten wurde Die Verdr ngung der ersten Erfahrungen die dem Kind zum berleben verholfen hat pr sentiert nun dem Erwachsenen ihre Rechnung in Form des Gebots Du sollst nicht merken das er streng befolgt Doch wir brauchen diese Rechnung nicht l nger zu bezahlen wenn wir wissen da es ein
69. betont ist es nicht der tiersch tzerische Gedanke der mich die Corrida verachten l sst Es ist die Banalit t die hinter dem Begriff den Tod austeilen steht dieses dem andern den Tod zuf gen aus feiger Angst vor dem eigenen pers nlichen Tod den wir l ngst aus unserem Bewusstsein verbannt haben Das m nnliche T ten in der Arena wird zwar als ebenso grausam aber gleichzeitig auch als weniger befremdlich da per se zum m nnlichen Prinzip zugeh rig ausgewiesen als mJ nnlich heldische Todessehnsucht arrogant aber im Zerst rungswillen konsequent Der Verweis auf die Perversion eines vormals gewaltlosen weiblichen Rituals des minoischen Stierspieles dient vielmehr der Re Konstruktion bzw dem Nachweis einer ebenso urspr nglich gewaltfreien Weiblichkeit von der sich die Stierk mpferinnen gerade entfernt haben Die Dringlichkeit dieses Nachweises der in der Herausarbeitung der Perversion des weiblichen Prinzips durch Stiert terinnen liegen soll ergibt sich dabei hnlich wie in steinzeit aus einer selbstempfundenen und als ebenso befremdlich angesehenen Disposition zur Gewalt Die Auseinandersetzung mit diesem Gewaltpotential und dessen berwindung zugunsten einer weiblichen Friedfertigkeit wird dabei als eigentliche Emanzipation verstanden Wenn ich von t tenden Frauen rede rede ich auch von mir selbst ihre Gewalt und die M glichkeit zur Ge
70. biologischen sozialen oder kulturellen Erkl rungsmodellen wird in dem Ma e verst rkt und die entsprechenden Diskurse zu Devianz und Entartung auf den Plan gerufen in welchem Kari ihre Taten einerseits als irrationale Akte reiner Willk r ausgibt und andererseits durch ihre Selbstrepr sentation die auf einer Vielzahl von widerspr chlichen Deutungsmustern beruht und alle erdenklichen 4 Foucault Michel Raymond Roussel Frankfurt Main 1989 S 9 835 Mehr Angeklagt S 32 36 Mehr Angeklagt S 83 37 Der Untersuchungsrichter und ich hatten schon viel Zeit miteinander verbracht Wir kannten uns und ich bte mich in Geduld wenn er mit einer L ge bezichtigte nur weil ihm eine Aussage nicht gefiel Das geschah immer fters Ich brauchte also immer mehr Geduld Mehr Angeklagt S 54 838 Ein Bed rfnis das als gravierende Fehlerquelle bei der Erstellung von Gutachten bekannt ist Relativ oft ist in Gutachten zu beobachten dass eine Neigung besteht ein m glichst konsistentes Bild vom Verhalten eines Probanden zu entwerfen obwohl im Untersuchungsbericht widerspr chliche Informationen zu finden sind Man kann darin einen Spezialfall der Tendenz zur guten Gestalt sehen Das ist die Neigung Fehlendes an einem Bild zu erg nzen oder St rendes zu bersehen Diese Tendenz zum konsistenten Bild kann sich besonders in Gutachten bemerkbar machen die ein Pers nlichkeitsbild des Probanden erstellen wollen
71. bt Daskind den Kopf im Kissen reibt sich am Bettzeug die blutigen H nde sauber Ha erf lltes Begehren Moral Gewissen Schuld Das allgegenw rtige Gef hl des Schuldigseins oder m glichen Schuldigwerdens das die Mehrzahl der Dorfbewohner selbst in subjektivierende Selbstausarbeitungen verstrickt wird in Daskind in direkten Zusammenhang mit christlicher Pflichtethik und Sexual Moral gebracht die jede Form von Lebens Lust stillzulegen vermag indem sie sie als teuflisch und somit die g ttliche Gnade aufs Spiel setzend ausweist Das Gef hl der S ndhaftigkeit des eigenen Begehrens und die Angst vor den m glichen Folgen werden so als Motor einer Selbstausarbeitung erkennbar die sich best ndig der eigenen Rechtschaffenheit und moralischen berlegenheit versichern muss Eine Selbstausarbeitung die zwar einerseits die Anerkennung in der d rflichen Gemeinschaft sichert die aber andererseits um einen hohen Preis erkauft wird denn der Erfolg der Selbstausarbeitung als gottgef lliges Subjekt steht in direktem Zusammenhang mit der Konstruktion und Abwertung s ndhafter Anderer die die eigene Position stabilisieren m ssen Toleriert werden diese Anderen sofern sie nicht Teil der Dorfgemeinschaft sind und auch keinen Platz in ihrer Mitte beanspruchen sondern die allgegenw rtige Aggression die ebenso eine Folge dieser Selbstausarbeitung ist und ihrerseits die d rfliche 672 Mehr Daskin
72. chern nachgelesen von Lehrkr ften wiedergek ut oder den angehenden Doktoranden nach Strich und Faden eingebl ut werden kann ist der Sch pfer dieser Papiere ein Held selbst eine Gr sse was Irren rzte betrifft Die alleinregierende Autorschaft um die Wasserfallen und Abderhalden hinsichtlich der Aktenf hrung ringen hat die Erz hlinstanz bereits inne sie ist alleinregierend und konkurrenzlos und macht von diesem Status nach Belieben Gebrauch Durch die Parallelf hrung der vollkommen dialogfreien heterodiegetischen Erz hlhaltung mit dem hegemonialen Erz hlgestus Wasserfallens und Abderhaldens wird das Gewaltmoment sowohl psychiatrischer Aktenf hrung als auch dasjenige sthetischer Imagination inszeniert und kommentiert Kontingentes wird eingeebnet Erz hlinstanz und Psychiater f gen willk rlich selektierte und interpretierte Informationen ber Patienten bzw Protagonisten zu einem Narrativ zusammen schaffen einmal auf der Folie eines selbst entworfenen Krankheitsbildes einmal auf der Folie der griechischen Mythen um Zeus Kausalzusammenh nge die das Krankheitsbild in einem Zirkelschluss best tigen bzw eine erz hlerische dramatische Pointe verfolgen Mythos Logos Schrift Ein Element des antiken Mythos um Zeus und Thetis bildet die Handlungsgrundlage des Romans bzw fungiert als Handlungsmovens des Hauptstranges der Erz hlung Der Bezug zum Mythos ist in demjenigen berlieferungszweig zu sehen d
73. criminologists scriptwriters and authors the serial killer functions as a figure of the Real soliciting explanations and defying or deflecting them And yet his own paradoxical and tormented subjectivity is delineated precisely by those narratives of violence whose perpetual renewal is the result of their pereptual failure to contain their subjects Der Mord an der Gerichtspsychologin der den Roman beschlie t wird so einerseits zum ultimativen Mittel Karis sich einer totalisierenden Repr sentation zu entziehen zum anderen wird die Projektion von Angstphantasien und der zur Kontrolle dieser Phantasien entwickelte Erkl rungsapparat als eigentliche Brandursache ausgewiesen Dass eine wie du mit dem Reden ein Feuer entfacht einen Brand von der Gr e deiner Angst und des Schmerzes den du gleich sp ren wirst habe ich Recht und nun werde ich genau hinsehen jedenfalls nichts bersehen w re doch gef hrlich wenn ich ausgerechnet dieses eine Mal versagen wom glich st rbest du nicht oder zu rasch oder zu langsam will alles geplant sein nur nichts dem Zufall berlassen psychotherapeutische Behandlung in diesen F llen kontraindiziert Kernberg Otto F Schwere Pers nlichkeitsst rungen Theorie Diagnose Behandlungsstrategien Stuttgart 1991 S 400 13 Mehr Angeklagt S 8 14 Mehr Angeklagt S 7 15 Mehr Angeklagt S 68 816 Gomel Elana Bloodscripts Writing the Violent Subject Ohio 2003 S 36 817 Meh
74. das literarische nie vom politischen sic getrennt Ellenberger Mehr GermanistInnen 26 Diese Initiative geht wie ausdr cklich vermerkt wird vom Webmaster der Homepage und Lebenspartner Mehrs H U Ellenberger Mehr aus Ellenberger Mehr GermanistInnen 7 Ellenberger Mehr GermanistInnen i Diesbez gliche Vorbehalte scheinen bereits formuliert worden zu sein wie aus folgender Passage deutlich wird Dieser Text richtet sich ausdr cklich nicht an Banausen die Mariella empfehlen diese Seite entfernen zu lassen weil sie den Eindruck haben sie sei berheblich und arrogant Dieser Eindruck ist gem ss Urteilen von GermanistInnen falsch Ellenberger Mehr GermanistInnen Funktionen der Literatur Ein Interview mit Michel Foucault In Erdmann Eva et al Hgg Ethos der Moderne Foucaults Kritik der Aufkl rung Frankfurt New York 1990 S 230f 3 Der Schweizer Historiker Thomas Huonker etwa w rdigt Mariella Mehrs Deb troman steinzeit als kunstvolle Belletristik die zus tzlich medizingeschichtliche s Dokument und politische Urkunde sei So verlangt Mariella Mehr das Wort f r die die nichts zu sagen haben sollen f r jene denen das Wort nicht erteilt wird Mariella Mehr schreibt f r die Schriftenlosen Sie politisiert f r die Opfer der Politiker Sie 6 antipsychiatrische Lekt re bzw beeindruckendes Zeugnis einer gelungenen Trauma Bew ltigung empfohlen fehlt eine entsprechende W
75. dem ersten Zusammentreffen zwischen Rosa und Zeus in der Klinik brennt Rosa sich ein Auge aus und verlangt vom Anstaltsleiter das Auge der Thetis zur ck ein Glasauge das sie von Stauch der in seiner Freizeit Vergewaltigungsszenen aus der griechischen Mythologie um den G ttervater Zeus in Glasaugen eingraviert und ihnen die Namen der jeweils Vergewaltigten gibt zu ihrem Einstand bekommen hatte Das Auge der Thetis zum Zeitpunkt der bergabe an Rosa noch unbearbeitet wird fertig gestellt als Stauch berraschend Rosa in der Klinik aufsucht da er seit ihrer Vergewaltigung in seinem Atelier in eine Schaffenskrise geraten ist und sich von der 56 Foucault Michel Die Heterotopien Der utopische K rper Zwei Radiovortr ge Frankfurt Main 2005 S 12 507 Mehr Zeus S 52 568 Mehr Zeus S 30 5 Mehr Zeus S 112f 57 Mehr Zeus S 266f 57 Mehr Zeus S 8 572 Mehr Zeus S 49 139 Vollendung des Auges eine Wiedergewinnung seiner Kreativit t verspricht Kurz nach der Fertigstellung des Auges t tet Thetis alias Rosa Zeus durch einen Biss in den Hals Schrift und Kontingenz Die zunehmende institutionelle Verfestigung und Verbreitung des pathologisierenden psychiatrischen Diskurses ber Jenische wird in Zeus oder der Zwillingston zum einen als Effekt einer weitgehend unkontrollierten und von Profilierungssucht motivierten wissenschaftlichen Praxis der beiden Anstaltsleiter Wasserfallen und Ab
76. die per se nicht therapierbar sind Die Nicht Therapierbarkeit bedingt jedoch wiederum eine ung nstige Prognose was in einen Zirkelschluss f hrt 7 Fiedler Peter Pers nlichkeitsst rungen Weinheim 2001 S 210 80 Sa hat eine Reihe von Kriterien zur Beurteilung der Schuldf higkeit antisozialer Pers nlichkeiten zusammengestellt F r eine Beeintr chtigung der Schuldf higkeit sprechen ihm zufolge u a eine psychopathologische Disposition der Pers nlichkeit chronische konstellative Faktoren Abusus deprivierende Lebensumst nde eine Schw che der Abwehr und Realit tspr fungsmechanismen eine emotionale Labilisierung in der Zeit vor dem Delikt sowie aktuelle konstellative Faktoren Alkohol Erm dung affektive Erregung Gegen eine Beeintr chtigung der Schuldf higkeit sprechen u a eine Tatvorbereitung planm iges Vorgehen die F higkeit zu warten ein lang hingezogenes Tatgeschehen und ein komplexer Handlungsablauf in Etappen eine Vorsorge gegen Entdeckung die M glichkeit eines anderen Verhaltens unter vergleichbaren Umst nden sowie ein Hervorgehen des Deliktes aus dissozialen Charakterz gen Vgl Sa Psychopathie S 119a In Angeklagt heben sich die jeweiligen Kriterien in etwa gegeneinander auf 0 Vgl u a die Kriterienliste der Schweizer Fachkommission des Strafvollzugskonkordats der Nordwest und Innerschweiz 2000 Punkt 3 S Jeit Kindheit oder Jugend bestehende bleibende Pers nlichkeits und Ver
77. durch Markierung einer Grenze zwischen sich und einem anderen Als ehemaliges M ndel des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstra e der Schweizer Organisation Pro Juventute hatte Mariella Mehr entscheidenden Anteil an der Aufdeckung der Zwangsassimilierungspraktiken des Hilfswerkes und einer zunehmenden ffentlichen Diskussion die durch Berichte Betroffener im Schweizerischen Beobachter und Mehrs Engagement angesto en wurde Bereits ihre fr hen publizistischen Texte zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsdiskurs der Wissensproduktion ber Jenische Fahrende auf die das Hilfswerk zur Rechtfertigung der eigenen Praktiken stets verwiesen hatte Vgl Kapitel ID Dass trotz der ffentlichen Diskussion der Publikmachung der Zwangsmassnahmen und der Anerkennung ihrer Unrechtm igkeit der Erfolge der neu gegr ndeten Interessenvertretung der Jenischen der Radgenossenschaft der Landstrasse sowie dem Eingest ndnis der Unwissenschaftlichkeit der Untersuchungen zu Jenischen Fahrenden der Wahrheitsdiskurs seine Wirkm chtigkeit vor allem hinsichtlich seiner identit tsrelevanten subjektivierenden Effekte behielt bzw in der nun folgenden Auseinandersetzung damit erst zeitigte zeigen die fr hen literarischen Texte Mehrs ebenso wie die Positionen der Radgenossenschaft der nach wie vor politisch erfolgreichsten Organisation der Fahrenden in der Schweiz Nicht nur erweist sich der Wahrheitsdiskurs und die in ihm kolpor
78. e ihre geistige Klarheit und Zurechnungsf higkeit wie die Erf llung der jeweiligen Diagnosekriterien sie in Frage zu stellen scheint 10 Mehr Angeklagt S 137f 11 Mehr Angeklagt S 8 1 Diese paradoxe Situation wird hinsichtlich der antisozialen Pers nlichkeitsst rung in der Fachliteratur durchaus thematisiert wobei mit der F higkeit des strategischen L gens in diesem Zusammenhang allerdings bezogen auf das Vort uschen einer Akzeptanz gesellschaftlicher Normen vor allem von psychoanalytischer Seite die prinzipielle Nicht Therapierbarkeit der entsprechenden Patienten begr ndet wird Die antisozialen Patienten bel gen den Therapeuten wobei ihnen voll bewusst ist dass sie l gen Sie verstehen die moralischen Forderungen der u eren Realit t denen sie Lippendienst erweisen m ssen aber sie verstehen nicht dass diese Forderungen ein authentisches Moralsystem repr sentieren das andere internalisiert haben In ihrer F higkeit wirkungsvoll zu l gen spiegelt sich eine gewisse Integration des Selbst aber diese Integration basiert auf dem pathologischen Gr en Selbst der narzisstischen Pers nlichkeit und folgt ausschlie lich dem Lustprinzip Bestehen keine au ergew hnlichen Umst nde dann ist eine 200 Was f r Kari bei diesem Gespr ch auf dem Spiel steht hat sie kurz zuvor selbst benannt Wenn Sie w ssten was ich zu verlieren habe Eine Geschichte Meine Geschichte Mein ganz
79. eigener sthetisch berformter Gewaltphantasie und tats chlicher Gewaltanwendung den Stauch nur durch Ged chtnisl cken ignorieren kann ahnt er jedoch auch angesichts der Vergewaltigung Rosas nicht obwohl seine Schaffenskraft mit diesem Ereignis gebrochen scheint Das Zerst ren seiner Glasaugensammlung durch Rosa begreift er weniger als Versuch die sthetisch berh hte Folie des Geschehens zu zerschlagen zu hehr schien ihm die Welt der G tter deren 643 Liebesabenteuer er zu malen versuchte denn als stellvertretenden Racheakt an ihrem 64 Mehr Zeus S 67 64 Mehr Zeus S 232 Dass es mit dieser Toleranz nicht weit her sein kann l sst sich nicht zuletzt an Stauchs Vornamen Adolf ablesen der eine nationalsozialistische Gesinnung des Vaters nahe legt 6 Mehr Zeus S 98 68 Mehr Zeus S 236 154 Vergewaltiger Jedoch sind es ebenso die Augen wie ihr Vergewaltiger selbst die Rosa verfolgen Im Zimmer 21 schritt die Rosa den Raum ab sie wollte der Augen habhaft werden die in ihr tobten und h hnten dieser Kunstaugen aus Glas in den zierlichen Silberschalen mit den fremden exotischen Namen Auf der Frauen C schritt die Rosa zertrat Auge um Auge auf knappstem Raum Doch sie kamen wieder hundertmal zertreten erstanden sie neu und tobten und h hnten weil da eine ihr Schicksal noch einmal abwenden wollte nach so langer Zeit und dem Leiden Rosas bereits zu Anfang von der Erz hlinsta
80. einhergehen Diversit t wird gleicherma en nivelliert und homogenisiert und das neue Kollektivsubjekt stabilisiert sich seinerseits durch Exklusionsprozesse Dieser Verlauf l sst sich auch f r die in den 1970er Jahren einsetzende Interessenvertretung und Selbst Repr sentation von Jenischen Fahrenden in der Schweiz nachzeichnen Mit der Forderung nach politischer Anerkennung einher geht das Streben nach Erhalt bzw Wiederbelebung der eigenen marginalisierten Kultur Sprache und Tradition sowie nach Anerkennung des erlittenen Verfolgungs und Diskriminierungsschicksals Als wichtiger Ort der anvisierten Vermittlung zwischen subalternen und mehrheitsgesellschaftlichen Erfahrungshorizonten bzw interkultureller Verst ndigung erweist sich dabei neben Medien wie Presse und Film Fernsehen das Medium Literatur Auch in der Schweiz erschienen nach der Aufl sung des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 1973 und im Zuge der Selbstorganisation Jenischer Fahrender vermehrt vor allem autobiographische Texte die von den Auswirkungen der Zwangsassimilierung und den Folgen der gesellschaftlichen Diskriminierung berichteten Mit dieser meist paratextuell als solcher ausgewiesenen Minderheitenliteratur und der in ihr angelegten Verkn pfung 287 Hall Stuart Rassismus und kulturelle Identit t Ausgew hlte Schriften 2 Hamburg 1994 S 78 88 Vol Hall Rassismus S 82f 29 Vgl u a den Bildband und Katalog zur glei
81. entstehen mit der projektiven Vorstellung und den projektiven Mythologien die ihrerseits eng mit der Einf hrung der Schrift zusammenh ngen Der kretische Zeus zum Beispiel ist im Gegensatz zum Zeus der Griechen ein junger und sterblicher Gott der jedes Jahr feierlich begraben wird und wieder aufersteht Folgt man Christina von Braun weiter bem chtigt sich der Logos der Schrift um mit der durch sie erm glichten Materialisierung von Abstraktem seine Herrschaft ber die Materie anzutreten Das Primat des Geistigen hat nicht nur die Trennung von Geist und Materie herbeigef hrt es hat auch die gewaltt tige Herrschaft des Geistigen erforderlich gemacht Die Notwendigkeit des Geistes seine Macht ber die Materie sichtbar zu machen ist der Ursprung jeder kolonialen Eroberung und Aneignung Der Grund f r diesen missionarischen Eroberungsdrang und auch f r die Gewalt die das Abendland in seinem Eifer entfaltete liegt in der Abstraktion der Schrift die in keiner Kultur so weit vorangetrieben wurde und auch in keiner anderen Kultur zu einer solchen Abstraktion des Denkens von der sinnlich wahrnehmbaren Realit t gef hrt hat Ein solches Denken bedarf notwendigerweise der Materie der sinnlich wahrnehmbaren Realit t um sich darzustellen Daher der Eroberungsdrang der in Wirklichkeit dem Wunsch entspringt sich der Materie als Mittel des Existenzbeweises zu bedienen und des Fremden als des Ge
82. erstaunt zun chst erkl rt sich jedoch bei genauerer Kenntnis von Stettbachers Therapiekonzept Das erfolgreiche Durchlaufen der Therapie das mit der L uterung von gewaltt tigen psychopathischen Pers nlichkeitsanteilen verbunden wird bietet so nicht zuletzt die Aussicht auf den Nachweis der Unhaltbarkeit der Diagnose einer heredit ren therapieresistenten Psychopathie wie sie der Wahrheitsdiskurs ber Jenische kolportiert hatte und somit auch die Aussicht darauf das damit verbundene Wahrheitsspiel gewinnen zu k nnen ein Anliegen das Mehr in einem Vortrag aus dem Jahr 1996 wie folgt formuliert Vor Ihnen steht eine verstimmbare haltlose impulsive und geltungsbed rftige Psychopathin mit neurotischen Mechanismen und einem starken Hang zur Selbst bersch tzung was ihr Wunsch Schriftstellerin zu werden beweist In Erw gung ihrer heredit ren Belastung die Probandin geh rt zur vierten Generation einer degenerierten Vagantenfamilie kann eine dauernde Einweisung in eine Psychiatrische Klinik nicht ausgeschlossen werden Status nach Suizidversuch 1963 bzw Wort f r Wort abgeschrieben nach einem weiteren Suizidversuch 1974 Hier steh ich nun und kann nicht anders Verstimmbar wenn ich solche Ungeheuerlichkeiten wiederlesen mu haltlos in meinem Zorn und in meiner Trauer dar ber impulsiv im steten Bem hen mich von der Unhaltbarkeit dieser Diagnose zu berzeugen selbst bersch tzend im Glauben da
83. erzeugen d h f r das was nur ist weil eine bestimmte Macht wirkt Der kritische Einsatz der Genealogie besteht nicht darin neue und neutrale Normen zu generieren sondern in die genetischen Beschreibungen der vorhandenen Normen entwertendes delegitimierendes Vokabular einzubauen 386 Menke Zweierlei bung S 298 387 Menke Zweierlei bung S 299 388 Saar Genealogie und Subjektivit t S 170 94 Offen bleibt allerdings auch bei Saar die Frage nach der genauen Gestalt dieses delegitimierenden Vokabulars bzw danach wie sich konkrete genealogische Kritiken entfalten k nnen Saar bezweifelt letztendlich dass Foucault selbst im Rahmen seiner Theorie gen gend Mittel zu ihrer Einl sung d i seiner Thesen zur Verf gung standen und erw gt zumindest im Kontext poststrukturalistischer Fragestellungen eine Erweiterung um etwa psychoanalytische oder ontologische Zusatztheoreme Im Folgenden sollen Foucaults eigene berlegungen zu den Pr missen und Effekten einer entsubjektivierenden Schreib Praxis noch einmal rekapituliert werden um im Anschluss daran unter Zuhilfenahme literaturtheoretischer Analyse und Beschreibungsinstrumente die Frage nach m glichen Konstruktionsprinzipien und Effekten von Erfahrungsb chern noch etwas weiter zu treiben Der an sthesierende Effekt Ein erster Aspekt der Erfahrungsb cher d h mit den gesetzten Grenzen experimentierende Schreibprojekte von Beweis b
84. ethnisch kulturellen Autorposition der fr hen Texte verbunden sind in den sp teren Erfahrungsb chern ins Spiel kommen um just diese Rezeptionskategorien zu subvertieren bzw die mit der ethnisch kulturellen Autorposition verkn pften rezeptions und wahrheits regulierenden Prozesse aufzuzeigen Die folgenden Kapitel widmen sich der Analyse der literarischen Texte Mariella Mehrs Dabei soll zun chst gezeigt werden inwiefern sich die fr hen dezidiert autobiographisch markierten Texte im Licht der obigen Ausf hrungen als Wahrheitsb cher lesen lassen anhand derer sich zudem die Bewegung einer am Wahrheitsdiskurs orientierten subjektivierenden Selbstausarbeitung nachzeichnen l sst Die daran anschlie ende Analyse der sp teren Romane zielt entsprechend auf die Herausarbeitung der Poetik der 8 Foucault Michel Schriften zur Literatur Frankfurt Main 1988 S 20 4 Foucault Schriften zur Literatur S 21 420 Spoerhase Autorschaft S 55 104 Mehr schen Erfahrungsb cher des Zusammenspiels hetero und autoreferentieller Erz hlverfahren und die damit verbundenen entsubjektivierenden Effekte ab 105 V Wahrheitsb cher Ausarbeitungen jenischer und weiblicher Subjektpositionen in fr hen literarischen Texten Mehrs Anders als ein Erfahrungsbuch zeichnet sich ein Wahrheits bzw Beweisbuch nach Foucault schem Verst ndnis dadurch aus dass die darin gemachten Aussagen als Wirklichkeitsaussagen e
85. fahrenden Volkes sind alle einschl gigen Schriften von J rger ber Ritter bis hin zu Waltisb hl aufgef hrt die jedoch wie es im Vorwort hei t ausser der immer 230 nicht benutzt worden seien Vielmehr noch grundlegenden Darstellung von J rger autorisiert Siegfried seine zugegebenerma en laienhaften Ausf hrungen wie dies ja letztlich auch J rger Ritter usw getan hatten durch seinen eigenen praktischen Erfahrungsschatz sowie durch Akten Einzelgutachten und F hrungsberichte Bilanzierender R ckblick 1964 Wenn im Folgenden neben den Publikationsorganen des Hilfswerkes den Mitteilungen und Jahresberichten der genannten Bilanzierung von 1964 ein Hauptaugenmerk gilt so vor allem um zu zeigen wie sehr sich die Argumentationsmuster der fast ein halbes Jahrhundert auseinanderliegenden Schriften J rgers und Siegfrieds trotz der kritischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus und seiner Theorien sowie einer seit den 1960er 22 Die bibliographische Angabe zu Ritter ist jedoch fehlerhaft denn Ritter wird bei Siegfried als Autor des Sammelbandes Der nichtsesshafte Mensch genannt zu dem Ritter jedoch lediglich einen Beitrag geliefert hatte Vgl Siegfried Alfred Kinder der Landstrasse Ein Versuch zur Sesshaftmachung von Kindern des fahrenden Volkes Z rich 1964 S 118 0 Siegfried Kinder der Landstrasse S 5 3I F r eine streng wissenschaftliche Darstellung bed rfe es eines Teams von Fach
86. fest wenngleich er sich hinsichtlich der Ursache nicht festlegen will obwohl er an anderer Stelle von kaum 244 zu bestreitenden erbbiologischen Komponenten spricht Dass ein erheblicher Teil der Fahrenden als schwachsinnig bezeichnet werden muss steht nach unsern Erfahrungen ausser Zweifel Inwieweit dieser Schwachsinn durch fortgesetzte Inzucht und durch den von Generation zu Generation weitergegebenen Alkoholismus bedingt ist und in welchem Masse die unglaubliche pflegerische und erzieherische Vernachl ssigung im fr hen Kindesalter f r diese Benachteiligung haftbar gemacht werden muss ist im einzelnen Fall schwer zu entscheiden Des weiteren attestiert Siegfried seinen M ndeln eine Primitivit t des Gewissens die ihnen L ge und Diebstahl als harmlos erscheinen lasse dar ber hinaus die vor allem von Ritter konstatierte Verstellungskunst sowie Flatterhaftigkeit und Beziehungslosigkeit 38 Siegfried Kinder der Landstrasse S 11 9 Siegfried Kinder der Landstrasse S 13 gt Siegfried Kinder der Landstrasse S 14 l Siegfried Kinder der Landstrasse S 17 242 Hundefleisch wird keineswegs verschm ht ergibt es doch nicht bloss schmackhafte Suppe und saftigen Braten sondern f rdert auch die Heilung von Krankheiten insbesondere der Schwindsucht Ein besonderer Leckerbissen ist der Igel Stacherlig und wer das Gl ck hat seinen Kopf zu erwischen saugt ihm mit Wollust das Gehirn aus
87. gegen das R ckwirkungsverbot verurteilt und deren Aufhebung angemahnt hatte woraufhin zahlreiche als gef hrlich eingestufte Straft ter in die Freiheit entlassen wurden 8 SaB Henning Psychopathie Soziopathie Dissozialit t Zur Differentialtypologie der Pers nlichkeitsst rungen Berlin 1987 S 118 196 Urteilsbildung nachzeichnen l sst Hinsichtlich der Gef hrlichkeitsprognose gilt die Diagnose antisoziale Pers nlichkeitsst rung als Indiz f r ein verst rktes R ckfallrisiko Die Folgen des Gutachtens zu Schuldf higkeit und prognostizierter Gef hrlichkeit sind weitreichend die Art der Sanktion Strafe gem Schuld oder Sicherungsverwahrung psychiatrischer Ma regelvollzug ist unmittelbar mit dem gutachterlichen Befund verkn pft Neben Schwachpunkten der Begutachtungs und Diagnoseverfahren selbst und der generellen Frage nach der Verfassungsgem heit der Sicherungsverwahrung stellen die so genannten false positives ein Hauptargument gegen Gef hrlichkeitsprognosen und die damit gerechtfertigte Verwahrung dar Inhaftierte die sich im Nachhinein als tats chlich ungef hrlich herausgestellt haben Das Dilemma besteht darin dass sicherungsverwahrte Menschen jeglicher M glichkeit beraubt sind ihre Ungef hrlichkeit f r die Gesellschaft unter Beweis zu stellen Hinzukommt dass zahlreiche internationale Prognose Checklisten vorwiegend statische historische Variablen zugrunde legen
88. hl Bek mpfung S 153 46 sei Die Notwendigkeit einer Verwahrung leitet Waltisb hl vielmehr aus der kriminellen Neigung der Jenischen ab auch wenn diese noch nicht zutage getreten sei Da man jedoch wei dass es sich bei diesen Personen um geborene Diebe und Einbrecher handelt d rfe man vor einer Verwahrung auch j ngerer Individuen nicht zur ckschrecken falls man die Gesellschaft wirklich vor ihren Diebereien sch tzen will Zu bedenken gibt Waltisb hl jedoch auch hier wie bereits an anderer Stelle die fatalen Auswirkungen die ein dauernder Freiheitsentzug auf die Jenischen haben k nnte es k nne letztendlich zu echten Psychosen kommen wenn die berm ige Triebhaftigkeit dieser Individuen durch ihr Abenteuer und Wanderleben nicht abreagiert werden k nnte Die Anwendung des Art 43 STGB der eine Erziehung Liederlicher und Arbeitsscheuer zur Arbeit vorsieht h lt Waltisb hl f r wenig aussichtsreich da die meisten Landfahrerj nglinge psychisch defekte Personen und unerziehbar H i O seien Sie w rden vielmehr die Erziehung der anderen Z glinge zus tzlich erschweren Dies bringt Waltisb hl zur Forderung der Einrichtung von Spezialpflegeanstalten einer 211 Kombination aus Irrenpflegeanstalt und Arbeitshaus um den Jenischen gerecht werden zu k nnen denn Vergessen wir nie Es geht im Grunde um hilflose und getriebene Menschen denen jahrhundertelang kein
89. hohen Preis Mari Jose f r die Freiheit wie ein Mann zu leben Oft f hle ich ihre Bitterkeit fast k rperlich Keine Frau vernachl ssigt ihre weiblichen Pflichten ungestraft auch heute noch nicht H i O Mehr Licht S 105 553 Mehr Licht S 90f 554 Mehr Licht S 83 555 Mehr Licht S 31 556 Mehr Licht S 39 133 Dramatische Pointen 557 und sich somit Die Ausgangsfrage wie es kommt dass Frauen Stiere t ten wollen vom weiblichen Prinzip der Gewaltfreiheit abwenden bringt es mit sich dass essentialisierende Binarismen den Text in hohem Ma e strukturieren So findet sich nicht nur die Oppositionen m nnlich weiblich Tod Leben Sonne Mond sondern etwa auch eine Gegen berstellung von Mehrs Herkunftsland der Schweiz die als locus horribilis als Land wo alles seine fatale Ordnung hat entworfen wird mit dem s dlichen Spanien das Mehr trotz der Stierk mpfe zun chst als Synonym f r Lebensfreude und kreative Unordnung gilt Das Wissen darum dass es sich hierbei um eine romantisierende Idealisierung handelt deutet jedoch bereits zu Beginn der Reise ein Traum an den Mehr ihrem Lebensgef hrten in einem Brief mitteilt Wir fuhren einer Mauer entgegen hinter der ich fruchtbares Land vermutete Als der Zug hielt stieg der Zweigesichtige aus und schlug an die Mauer so dass seine Faust wie eine reife Tomate zerplatzte und das Hindernis mit Blut verschmierte Ich schaute ber die
90. ihm wie vor etwas D monischem Beide Jungen stellt J rger als gewissenlose Brandstifter dar Luzius zus tzlich als skrupellosen L gner der seinen eigenen Vater der Tat bezichtigt um selbst straffrei davon 104 zu kommen Unrechtsbewusstsein und F higkeit zur Reue fehle ihm v llig So hat ihm z B das berfahren eines Mannes mit dem Velo statt Bedauern eine unb ndige Belustigung gebracht Beim Erz hlen der Brandstiftung h lt er einen Ton fest als ob er eine Heldentat verrichtet h tte Lachend f hrt er auf Ja mein Bruder hat noch ganz anderes getan er hat einen Mann get tet Von anderer Teilnahme von Bedauern ber das verursachte Ungl ck von Reue von einem Verwerfungsurteil ber solches Tun ist bei ihm nicht die Spur zu finden Zuneigung aufsuchen Auch jene hochgradige Eitelkeit und der Eigend nkel die den Grundzug des Gr enwahnes und des erblichen Verbrecherthums bilden sind bei Kindern sehr ausgesprochen Lombroso Cesare Der Verbrecher in anthropologischer rztlicher und juristischer Beziehung Hamburg 1887 S 102 ff Wenngleich Lombrosos Ausf hrungen nahe legen dass es sich bei diesem Durchgangsstadium um eine anthropologische Konstante handelt lie en sich Zigeuner bzw Fahrende Vagabunden Nomaden aufgrund des ihnen zugeschriebenen Verharrens in einem fr heren kindlichen Stadium menschheitsgeschichtlicher Entwicklung leicht in toto als moralisch irr un
91. immer wieder erz hlt Vgl z B Siegfrieds R ckblick auf 10 Jahre F rsorgearbeit von 1936 Siegfried Alfred Kinder der Landstrasse Zehn Jahre F rsorgearbeit unter dem fahrenden Volk Z rich 1936 S 13f 7 Siegfried Kinder der Landstrasse S 29 54 ber die eigentliche Herkunft auszusagen denn Belege f r eine allgemein g ltige Erkl rung habe die Forschung bisher nicht erbringen k nnen Als gesichert sieht Siegfried jedoch J rgers Annahme an die Vagantit t sei meistens durch Heirat mit liederlichen Weibern in b uerliche Familien hineingekommen und werde wie gewisse besonders gef hrliche Erbkrankheiten in der Hauptsache durch die Frauen 239 weitergegeben Dennoch muss auch Siegfried zugestehen dass sich die Familiennamen welche die uns bekannten Fahrenden f hren nur ganz selten in den kantonalen Verzeichnissen nicht geduldeter oder gar gef hrlicher Heimatloser finden was einen deutlichen Widerspruch zu der auch von Siegfried wiederholt entworfenen Drohkulisse bildet Wie schon J rger entwirft Siegfried als distinktive kulturelle Merkmale der Gruppe deren Kulturlosigkeit bzw Primitivit t die im Fehlen jeglichen 1 Kunstsinns im Verzehr von Hunde und Igelfleisch der Trunksucht sowie der gef hrliche n Triebhaftigkeit vieler M dchen zum Ausdruck komme Dass es sich bei den Jenischen meist um Schwachsinnige handelt steht f r ihn ebenso
92. in seiner tragweite nicht erfassen muss sich abschirmen gegen die t dliche wahrheit T dlich ist diese Wahrheit nicht nur wegen der Auto und Fremdaggression die sie ausl st sondern auch weil sie auf fatale Weise der Vorstellung Nahrung gibt tats chlich 468 lt zu sein als die der Leiter des das Kind einer arme n versoffene n schlampe karitativen Hilfswerkes die Mutter auf Nachfrage der Elfj hrigen beschreibt Wie stark die Angst ist die Lieblosigkeit und Gef hlsk lte der eigenen Mutter etwas von ihrer 462 Mehr steinzeit S 100 463 Mehr steinzeit S 133 bruno weshalb haben wir das alles ausgegraben warum silvia hat genug davon ein tapferes kleines m dchen zu sein 464 Mehr steinzeit S 9 465 Mehr steinzeit S 21 466 Mehr steinzeit S 26 47 Mehr steinzeit S 152 468 Mehr steinzeit S 10 4 Aus meiner Sicht bleibt offen ob der T tungsversuch des Kindes durch die Mutter tats chlich stattgefunden hat oder ob es sich um ein besonders drastisches Bild handelt das zum einen die Wirkm chtigkeit der stigmatisierenden Zuschreibungen zum anderen das Verlassenheitsgef hl zum Ausdruck bringen soll Mergozzi hingegen wertet den versuchten Infantizid als Abbild eines realen Geschehens I think an argument can be made that on a deep level Mehr s mother tried to protect her child from the agony she knew would be perpetrated on this child Mergozzi Literar
93. l sst stellt sich die Frage inwiefern sie strategisch genannt werden kann ohne dabei im eigentlichen Sinne zielgerichtet zu sein Wie Martin Saar berzeugend darstellt findet sich das strategische Moment kritischer Genealogien bzw Ontologien des Selbst nicht zuletzt in den Ansatzpunkten und Verfahrensweisen entsubjektivierender Schreib bungen die sich aus Foucaults eigenen genealogischen Arbeiten und diesbez glichen berlegungen ableiten lassen und R ckschl sse auf ein entsubjektivierendes Erz hlmuster einen genealogische n Imperativ bzw eine Bedienungsanleitung f r das Verfassen von effektiven Genealogien bzw entsubjektivierende bungen erlauben Erz hle mir die Geschichte der Genese meines Selbstverst ndnisses unter Verwendung des Wortes Macht oder verwandter W rter wie Strategie Dispositiv oder Interessen Unterwerfung Ausbeutung Nutzen auf eine solche Weise dass ich beim Zuh ren so wie ich glaube unwiderruflich zu sein nicht mehr sein will und beim Zuh ren selbst begreife dass ich so auch nicht sein muss In klassischeren philosophischen Begriffen formuliert der genealogische Darstellungsweg verl uft von Notwendigkeit ber Kontingenz zu relativer oder hypothetischer Freiheit als M glichkeit f r diese ist eine durch M glichkeitssinn Musil freiger umte Fl che n tig die von Genealogien er ffnet wird Kritik hei t so einen Sinn f r das Nichtnotwendige zu
94. l sst sich so in Bezug auf steinzeit vor allem als ein Akt der Selbstvergewisserung und der Subjektbildung lesen der Erinnerungsfragmente zu einem koh renten Narrativ zusammenf hrt das den Auswirkungen der Traumatisierung durch die eigene Mutter und durch das Hilfswerk f r die Kinder der Landstrasse bzw durch die mit diesem Hilfswerk assoziierten Personen Ausdruck verleiht Vor diesem Hintergrund soll von steinzeit als von einem Wahrheits bzw Beweisbuch gesprochen werden anhand dessen sich identit tsbildende subjektivierende Effekte aufzeigen lassen Wanderung zu mir selbst Jenische und weibliche Subjektpositionen Der Beginn der Therapie ist gekennzeichnet von einer m nnlichen Selbstwahrnehmung die als zutiefst irreal ich dyston und maskenhaft empfunden wird und in ein Derealisationserlebnis m ndet 486 Zum Aufbauen der Selbsthilfe ist die schriftliche Therapie ein bew hrtes Mittel Die Situation die Befindlichkeiten die Gef hle und Folgerungen die Fragestellungen und der Bed rfnisanspruch k nnen in der schriftlichen Darstellung sehr genau formuliert werden Stettbacher Wenn Leiden einen Sinn haben soll S 93 Auch Alice Miller berichtet von dem selbstvergewissernden und gar selbsterhaltenden Effekt des Schreibens angesichts der als lebensbedrohlich empfundenen kompletten Regression w hrend der Therapie Um aus dieser Falle herauszukommen versuchte ich im Schreiben mit dem mir von S
95. lebendes sprechendes und arbeitendes Wesen reflektiert wenn er sich als Kriminellen beurteilt und bestraft Wer als kriminell wahnsinnig oder eben auch als jenisch was aufgrund der Kriminalisierung und Pathologisierung von Nichtsesshaftigkeit beides umfasst e zu gelten hat ist zwar zum einen durch Diskurse vorstrukturiert und von Macht bzw Strafpraktiken bestimmt im Fall der nichtsesshaften Jenischen durch eine entsprechende Wissensproduktion und daran anschlie ende Disziplinierung in Haftanstalten Psychiatrien etc dar ber hinaus muss sich das entsprechende Subjekt jedoch selbst als solches ausarbeiten indem es ber Selbsttechniken wie Gewissenspr fung gt 23 Foucault definiert als Selbstpraktiken bzw Techniken des Selbst die in allen Kulturen anzutreffenden Verfahren zur Beherrschung oder Erkenntnis seiner selbst mit denen der Einzelne seine Identit t festlegen aufrechterhalten oder im Blick auf bestimmte Ziele ver ndern kann oder soll Foucault Michel Dits et Ecrits Schriften IV 1980 1988 Hg v Daniel Derfert und Frangois Ewald unter Mitarbeit von Jacques Larange Frankfurt Main 2005 S 259 324 Foucault Michel Der Gebrauch der L ste In Axel Honneth Martin Saar Hgg Michel Foucault Die Hauptwerke Frankfurt 2008 S 1159f 75 Selbstbefragung kurz Identit tsarbeit zu den jeweiligen Vorgaben Stellung bezieht entsprechend auf sich einwirkt sich im Geflecht der Machtbezieh
96. lkerungsgruppen welche eine nicht bzw teilweise nicht sesshafte Lebensweise pflegen und deren Erwerbsleben und Kultur auf dieser 315 Lebensweise basiert Das Gutachten wies jedoch ausdr cklich darauf hin dass Herkunft Abstammung und Sprache bei einer solchen Begriffsdefinition nicht als Abgrenzungskriterien fungieren konnten ebenso wenig wie die Staatsangeh rigkeit Bereits die Definitionen der zu sch tzenden Minderheit zeigen so die m glichen bipolaren Demarkationslinien von In und Exklusionsprozessen bei der Konstituierung der verschiedenen Interessengruppen auf 313 Schweizerisches Bundesamt f r Justiz Gutachten zur Rechtsstellung der Fahrenden in ihrer Eigenschaft als anerkannte nationale Minderheit 27 M rz 2002 S 4 314 Schweizerisches Bundesamt f r Justiz Gutachten zur Rechtsstellung der Fahrenden in ihrer Eigenschaft als anerkannte nationale Minderheit 27 M rz 2002 S 5 313 Schweizerisches Bundesamt f r Justiz Gutachten zur Rechtsstellung der Fahrenden in ihrer Eigenschaft als anerkannte nationale Minderheit 27 M rz 2002 S 9 31 Wie etwa ethnisch nicht ethnisch fahrend nicht fahrend Jenisch sprechend nicht Jenisch sprechend schweizerischer Staatsangeh rigkeit nicht schweizerischer Staatsangeh rigkeit von der Aktion Kinder der Landstrasse betroffen nicht betroffen u dergl Zur Funktion bipolarer hierarchischer Differenzlinien vgl 72 Die sowohl von der Radgenossenschaft al
97. llenden Prophezeiung schlie lich bewahrheiten Diese fiktive Versuchsanordnung f hrt die Folgen einer Umsetzung der zugeschriebenen pathologisierenden und kriminalisierenden Eigenschaften in actu drastisch vor Augen Dabei wird jedoch mehr als deutlich dass die Aus bung von k rperlicher und seelischer Gegen Gewalt hnlich wie dies bereits f r den Kindsmord in Mehrs Theaterst ck Kinder der Landstrasse galt keinen emanzipatorischen Charakter haben kann Wenn lacovino folglich dahingehend zuzustimmen ist dass in Daskind tats chlich die Frage verhandelt wird wie das Opfer zum T ter werden kann so zeigt der Roman auch dass die Verstrickung in einen kriminalisierenden und pathologisierenden Wahrheitsdiskurs durch aff rmative Handlungen nicht aufgel st werden kann Wenn die Existenz eines l chelnden T ters f r die sich Daskind schlie lich entscheidet indem es 113 im Roman ohne Alternative bleiben muss so nicht den Sigristen dem Stein zuf hrt zuletzt deshalb weil der Protagonistin keinerlei M glichkeit zu einer Arch ologie des Wissens bzw zu einer kritischen Genealogie der eigenen Subjektposition gegeben ist die zur Einsicht in deren Kontingenz bzw Nicht Notwendigkeit und damit zu deren Aufl sung f hren k nnte Dass dies jedoch nicht die letzte Antwort auf die Frage nach m glichen Reaktionen auf subjektivierende Machtwirkungen und stigmatisierende Zuschreibungen ist sollen die folgen
98. meine sicherheit ein wie ein wolf ich ducke mich wie ich sie hasse ich hasse sie mit dem herzen eines wundgepr gelten hundes und doch habe ich die schuld f r ihre lieblosigkeiten immer bei mir gesucht ich habe diese schuld mit mir herumgeschleppt sp ter in den heimen in den anstalten im gef ngnis am ende haben sie doch alle recht ich bin es die b se h ssliche zerst rerische silvia ich habe kein recht zu leben Sexuelle gewaltt tige bergriffe und auch eine Vorwegnahme der sp teren Elektroschock Erlebnisse finden bereits im Alter von zwei Jahren statt Im st dtischen S uglingsheim wird Silvia von einem G rtnergehilfen in der W scherei vergewaltigt und von einer S uglingsschwester in einen Elektrozaun geworfen mit einem einzigen ruck zieht die schwester an den enden der rosadecke und silvia rollt in den zaun durch dessen dr hte elektrizit t tick silvias pullover verf ngt sich am unersten draht der mit stacheln versehen ist der strom tickt durch silvias hilflosen k rper eine unsichtbare faust sch ttelt ihn silvia schreit bittet schwester nimm mich weg vom zaun ich will es nicht mehr tun d i die Windel verschmutzen ich will mir m he geben will lieb sein lieb sein liebseinliebsein silvia wird sterben wenn das nicht aufh rt nimm silvia vom zaun weg bitte silvia will lieb sein 6 Mehr steinzeit S 15 7 Mehr steinzeit S 148 8 Mehr steinzeit S 160 112 Auch hi
99. mit lyrischen Texten hergestellt werden Dabei soll bei beidem die Grundfrage identisch sein wie kommt es dass Frauen Stiere t ten wollen wo liegt der Bruch zwischen dem spielerischen Umgang der minoischen Priesterinnen mit dem heiligen Fruchtbarkeitssymbol dem Stier und den t tenden mujeres toreras von heute Diese berlegungen situieren Filmprojekt und Buch im Kontext der so genannten zweiten Frauenbewegung die ihre Positionen zu einem gro en Teil aus der Matriarchatsforschung vor allem der Forschung zur fr hminoischen Kultur auf Kreta bezog Die mit dieser Forschungsrichtung verbundene Hoffnung auf Wiederentdeckung einer alternativen frauenbestimmten und gewaltfreien Gesellschaftsordnung aber auch einer ganzheitlichen matriarchalen sthetik einer berwindung der Grenzen zwischen Kunst und Leben wie 9 Mehr Mariella Das Licht der Frau Bern 1984 S 39f 50 Mehr Licht S 125 50 Mehr Licht S 112 502 Mehr Licht S 125 123 sie etwa Heide G ttner Abendroth in ihrer erstmals 1982 erschienenen Essay Sammlung Die tanzende G ttin formulierte bestimmt auch den Text Mehrs Das fr he minoische Kreta hatte vermutlich eine matristische Gesellschaftsordnung Wie in andern matristischen Kulturen spielten dabei die Kuh und der Stier eine gro e Rolle Beide waren der Erdmutter geweiht Ihr zu Ehren wurden Stierspiele veranstaltet In ihnen massen sich die Kraft und Geschmeidigkeit des Stieres mit der Kra
100. nach M ndeln Ausschau halten musste konnte er Josef J rgers Psychiatrischen Familiengeschichten entnehmen aus denen das Hilfswerk auch die Decknamen der Familien bernahm Auch bei J rger ist die Gruppendefinition jedoch keineswegs eindeutig sondern umfasst sowohl soziokulturelle als auch erbbiologische Aspekte Die Zero geh ren nicht zu den Feckern ebensowenig stehen sie in irgendeinem Zusammenhang mit den Zigeunern Sie haben nichts Orientalisches an sich ihre Musik z B hat nichts Fremdartiges keine echte Poesie ihre Geheimsprache wovon sp ter ist nicht die Zigeunersprache und auch nicht die Feckersprache der heimatlosen Lony Sie ist aber identisch mit dem Jennischen oder ein Reis desselben das die Zero offenbar durch ihre Heiraten Markus Golder aus dem Deutschen Reich herbezogen haben In der Sprache des Hanikel sic finde ich gleiche Ausdr cke wie bei den Zero Waltisb hl Rudolf Die Bek mpfung des Landstreicher und Landfahrertums in der Schweiz Aarau 1944 S 88 6 Waltisb hl Bek mpfung S 88 61 Leimgruber Maier Sablonier Hilfswerk S 60 62 J rger Josef Psychiatrische Familiengeschichten Berlin 1919 S 3 16 Wenngleich J rger die von ihm als gesellschaftsgef hrdend dargestellte Gruppe nicht als Zigeuner gemeint sind damit wohl Sinti bzw Roma bezeichnen will bedient er sich dennoch zahlreicher Zuschreibungen die seit langem mit dieser Bezeichnung verkn pft und bereits von Grell
101. nichts mehr davon blieb als zerfressene konturen felsen und schluchten in denen das schwarze gel chter haust Schlie lich kommen Zweifel am generellen Sinn der Therapie auff die zwar einen Zugang zu den traumatischen Erlebnissen er ffnet die dadurch aufgeworfenen Konflikte jedoch keinesfalls l sen kann wie etwa die schwierige Beziehung zur selbst in psychiatrischer Behandlung befindlichen Mutter zu der Ich zu Beginn der Therapie als 464 Ausgangspunkt der wanderung zu mir selbst Kontakt aufnimmt Diese Wanderung f hrt jedoch letztlich in eine unaufl sliche Verstrickung _simultaner Verschmelzungsw nsche und Hassgef hle da die Mutter nach wie vor nicht in der Lage ist das Liebesbed rfnis ihrer Tochter zu stillen Dar ber hinaus weisen mehrere der im Rahmen der Therapie evozierten Erinnerungsbilder auf eine versuchte T tung des neugeborenen Kindes durch die eigene Mutter hin mutter erz hlt die geschichte jenes babys das sie draussen im korridor des krankenhauses unter w tendem schreien ausstiess erz hlt die geschichte jenes babys das sie blind vor verzweiflung mit der eigenen nabelschnur erw rgen wollte silvana schaut in das von schnaps und psychopharmaka verw stete gesicht in die toten gl sernen augen schaut die h nde an die silvia im weissen korridor des krankenhauses erw rgen und sp ter im fluss ertr nken wollten etwas in silvana bleibt kalt stumm silvana darf das unglaubliche
102. nlichkeitsst rung auf ein St rungsbild das bis in die Gegenwart hinein vor allem im Kontext der forensischen Psychiatrie gro e Bedeutung besitzt und daher anders als vielleicht der Wahrheitsdiskurs ber Jenische nicht als berholt gelten kann und das sich in zahlreichen Punkten auf das Konzept des moralischen Schwachsinns zur ckf hren l sst Die Monstrosit t die beide Figuren in ihrer am Wahrheitsdiskurs orientierten Ausarbeitung entfalten entlarvt jedoch die eigentliche Gegenstandslosigkeit der kriminalisierenden und pathologisierenden Zuschreibungen denn Mehrs fiktive Entw rfe krimineller asozialer Psychopathinnen entbehren jeglicher lebensweltlicher 224 Entsprechung Damit r ckt jedoch zugleich der eigentliche Effekt einer solchen Kriminalisierung und Pathologisierung in den Blick und l sst den Wahrheitsdiskurs in seiner Funktion als subjektkonstituierende Grenzziehung deutlich werden Sind die kriminalisierenden und pathologisierenden Wahrheitsaussagen auf diese Weise jedoch als unwahr als reine Unterwerfungsmechanismen erfahrbar geworden verlieren sie gleichzeitig f r die solcherart Adressierten ihr unterwerfendes Moment bzw ihre Identit tsrelevanz Effekte die vor allem die letzten beiden Texte der Gewalt Trilogie als Erfahrungsb cher im Sinne Foucaults auszeichnen vgl Kapitel VII Es wurde gezeigt dass nur die symbolische nicht aber die tats chliche Wiederholung der unterwerfen
103. rdigung der sp teren Arbeiten insbesondere der so genannten Gewalt Trilogie bisher Ein weiterer und vielleicht schwerwiegenderer Grund hierf r mag nicht zuletzt im g nzlich anderen Umgang Mehrs mit physischer und psychischer Gewalt in ihren sp ten Texten zu suchen sein der sich in thematischen Tabubr chen wie etwa lustvolles kindliches weibliches T ten Morden einer oft distanzierten Erz hlhaltung und einem Verzicht auf eine eindeutige Parteinahme und Bewertung der Gewaltexzesse der Protagonistinnen durch Erz hler Figuren oder Textperspektive u ert und kaum zu Mehrs fr heren Texten passen will Denn die explizit positive Bewertung weiblicher Gewalt nicht nur aus Figurensicht sondern auch mittels entsprechender Paratexte oder Interview Aussagen Mehrs scheint in eklatantem Widerspruch zu den fr hen Arbeiten der Autorin zu stehen die jegliche Form von Gewaltanwendung als zerst rerisch traumatisierend und sogar unweiblich kritisiert und abgelehnt hatten So ist Gewalt in den Romanen steinzeit oder Das Licht der Frau vornehmlich ein m nnliches Ph nomen und ausschlie lich negativ besetzt w hrend brutal mordende Frauen M dchen in Daskind Brandzauber oder Angeklagt positiv markiert sind Diese offensichtliche Verschiebung in Mehrs literarischem Umgang mit Gewalt in ihren verschiedenen Auspr gungen wird in der bisher erschienenen Forschungsliteratur jedoch wie eingangs kurz dargelegt entweder bergangen oder psychol
104. rt J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 1 Das Vagantenproblem wie es J rger in seiner Abhandlung schildert ist also glaubt man diesen Zeilen eigentlich bereits keines mehr Vgl J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 17 Als Gegenillustration ist andererseits hervorzuheben dass alle Regenerationen auch von relativer Enthaltsamkeit von Giften begleitet sind Letzteres ist gewi ein weiterer Grund f r das Zustandekommen einer besseren Nachkommenschaft 19 unbescholten geblieben sind w hrend die Heimgekehrten entgleisten Man kann also eher behaupten da das Schwabenland einigen die Rettung war Mit diesem Argumentationsmuster bereitete J rger sowohl den Weg f r eugenische Ma nahmen wie Sterilisationen von Fahrenden mit irreversibler Keimverderbnis als auch f r das Assimilationsprogramm des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstra e das als Hauptargument die Besserungsf higkeit durch einen Wechsel des sozialen Milieus bzw Erdreiches bernahm Dar ber hinaus bot diese Argumentation eine Absicherung gegen ber dem Vorwurf des Misserfolgs der Kindswegnahmen gerieten die Kinder konnte das Hilfswerk dies als Erfolg der eigenen Arbeit der rechtzeitigen Verpflanzung in gesundes Erdreich verbuchen gelang die Umerziehung nicht konnten die unab nderlichen Erbfaktoren als Ursache angef hrt werden So selbstbewusst J rger seine Thesen formuliert
105. rungen und Konversion Trauma und Traumabehandlung Weinheim 2001 S 186 Vgl hierzu die diagnostischen Kriterien der Depersonalisationsst rung gem DSM IV A Andauernde oder wiederkehrende Erfahrungen sich von den eigenen geistigen Prozessen oder vom eigenen K rper losgel st oder sich wie eine au en stehender Beobachter der eigenen geistigen Prozesse oder des eigenen K rpers zu f hlen z B sich f hlen als sei man in einem Traum B W hrend der Depersonalisationserfahrung bleibt die Realit tspr fung intakt C Die Depersonalisation verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeintr chtigungen in sozialen beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen Zit n Fiedler Dissoziative St rungen S 267 4 Vgl Fiedler Dissoziative St rungen S 262 Gef hle dieser Art umfassen eine ganze Spannbreite von subjektiv fremdartig anmutenden Erlebnissen Diese k nnen vom Nichterleben eines Schmerzempfindens bis hin zum dissoziativen Erleben einer die eigenen Traumaerfahrungen beobachtenden Identit t reichen die neben sich tretend vermeintlich seelenruhig und wie von au en her dem Traumageschehen zuschaut 0 Vgl Fiedler Dissoziative St rungen S 280 Somatisierung steht f r k rperliche Symptome ohne organmedizinische Ursache die in wesentlichen Anteilen auf psychosoziale Belastungen zur ckgef hrt werden k nnen Der Begriff wird in psychoanalytischer Traditi
106. schen andere anonymisieren da nun neuerdings das Patientenrecht auch die Einsicht in pers nliche Krankenakten vorsehe und viele Eintr ge nicht geeignet seien die Betroffenen besonders zu erfreuen Es handle sich bei den Personen zudem nicht selten um solche mit schwersten heredit ren Belastungen und unterdurchschnittlicher Intelligenz was Vereinfachungen in den Krankenakten zumindest menschlich gebiete und rechtfertige Bevorzugt werden ganze Sippen psychiatrisch begutachtet um den Nachweis der Heredit t der konstruierten Geisteskrankheit zu f hren Die praktischen Folgen dieses wissenschaftlichen Interesses das die Internierten vor allem als Forschungsvorrat 596 begreift sind neben der Gabe von Psychopharmaka auch Elektroschocks und Lobotomien Ma nahmen die h ufig selbst als Ursache der auff lligen Verhaltensweisen der Patienten in den Blick kommen und die nicht zuletzt zur Disziplinierung eingesetzt werden wie auch im Falle Rosas Schliesslich sei zu ihrem Rosas eigenem Besten als Heilungsversuch nur noch die Gehirnoperation in Frage gekommen und die habe sein Kollege Doktor Belo Gutschwanger fachgerecht durchgef hrt Eine K nstlerarbeit Aber die Zwiebelbuch kaum aus dem Tiefschlaf erwacht habe sich den Verband vom Kopf gerissen sei aus dem Bett gest rmt und es sei gespenstisch gewesen ein Gel chter habe sie gesch ttelt ein Gel chter versuchte Wasserfallen den Herren mitzuteilen
107. so widerspr chlich und willk rlich ist seine Argumentation Das ausdr cklich als positiv da gesundheitsf rdernd bewertete robuste Leben in freier Natur das mit dem Vagieren in direktem Zusammenhang steht wird z B keineswegs als m glicher regenerativer Faktor gewertet hinsichtlich der Bewertung der Erbfaktoren wechseln Pauschalurteile und relativierende Passagen einander ab sofern sich das untersuchte Material als unvereinbar mit der aufgestellten These erweist Die Ahnentafel der besseren Else ist also auch die bessere als die des Paul womit ich aber keineswegs behaupten oder auch nur als wahrscheinlich hinstellen m chte dass mit dieser Bruchrechnung der Unterschied erkl rt w re denn die Vorg nge der Zeugung sind viel zu dunkel f r die lichte Arithmetik das Gewicht eines Belastungsmomentes ist schwer zu w gen bei der Elsa gen gt der einzige trunks chtige luetische Gro vater um den sch nsten Kranz gl nzender Ahnen zu blamieren Das Argument von der gemeinsamen und sich ber die Generationen hinweg negativ potenzierenden Erbmasse st tzt J rger durch eine R ckf hrung der von ihm beschriebenen Gruppe auf ein Stammelternpaar und mittels eines Verweises auf die P J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 10f Auch diese berlegungen werden bereits von Grellmann angestellt Es h lt zwar mit ihrer Besserung schwer wie die Versuche zeigen die man einzeln
108. staatlichen Eingreifen und erzieherischen Ma nahmen vor allem aber in der Zerschlagung der Familienverb nde den Schl ssel zur L sung des Degenerationsproblems sah zielt Ritters Argumentation sehr subtil auf die Unausweichlichkeit eugenischer Ma nahmen ab Die ber mehrere Jahrhunderte hin aufgezeigte Gleichf rmigkeit der Lebensl ufe f hrt Ritter zu der Frage warum das Vagantentum zwar immer wieder als Problem erkannt worden sei und auch verschiedene Ma nahmen zu seiner L sung in die Wege geleitet wurden diese jedoch allesamt nur einen geringen Erfolg gezeitigt hatten Weder Rad noch Galgen noch Schwert weder Rute noch Brandmarkung weder Verschubung noch Landesverweisung weder Zucht noch Arbeitsh user weder Kinderheime noch Erziehungsanstalten weder Kirche noch Schule haben diese Menschenschlag zu ndern vermocht Die Erkl rung f r das Scheitern dieser Ma nahmen findet Ritter wiederum im Konzept des getarnten Schwachsinns Die einzelnen Mitglieder der Gaunersippschaften seien zwar stets durch kriminelles und asoziales Verhalten aufgefallen dieses Verhalten habe jedoch nicht zuletzt aufgrund der gro en Redegewandtheit und Verstellungskunst mithilfe derer sie ihr wahres Wesen und ihre Herkunft zu tarnen und den Richter im 157 158 Verh r zu t uschen wussten gt und aufgrund des F hrens unverd chtige r Namen nie als berzeitliches Ph nom
109. stellten Mehrs Brandzauber in der Sendung B chermarkt vor Kedves Alexandra Brandzauber http www dradio de cgi bin es neu lit buch 2171 html letzter Zugriff 23 01 2007 Alle Besprechungen fielen ausgesprochen positiv aus der Beitr ge gibt dabei einen mehr oder weniger kursorischen berblick ber das literarische Schaffen Mehrs ber ein Referieren der Inhalte einzelner literarischer Werke gehen die meisten Untersuchungen nicht hinaus Von Ursula Baer liegt eine vergleichende Analyse von Mehrs Daskind und Marie von Ebner Eschenbachs Das Gemeindekind vor Michele Ricci Bell untersucht Lyrical Redefinitions of Heimat in Mariella Mehr s Nachrichten aus dem Exil and Widerwelten Corinna Caduff thematisiert Texte Mariella Mehrs im Beitrag Die verlorene Herkunft in den Texten von Jenischen in dem von ihr herausgegebenen Sammelband Figuren des Fremden in der Schweizer Literatur Carmel Finnan gibt in ihrem Aufsatz From survival to subversion Strategies of self representation in selected works by Mariella Mehr vornehmlich einen berblick ber die Praktiken des Hilfswerkes sowie ber Mehrs literarische T tigkeit wobei die im Titel angek ndigte Analyse von Strategien der Selbst Repr sentation in den Hintergrund ger t Kim Fordham befasst sich mit Fear of Difference and its Consequences in Selected Works of Mariella Mehr wobei auch zwei Texte der Gewalt Trilogie Daskind und Brandzauber eine eingehendere Betrach
110. steten Bem hen mich von der Unhaltbarkeit dieser Diagnose zu berzeugen selbst bersch tzend im Glauben dass die Zeit Wunden heilt und heredit r also von der Verwundbarkeit meiner Vorfahren belastet da schon diese allen Grund hatten sich vor solchen Werturteilen und deren Konsequenzen zu f rchten H v m R Bereits 1984 finden sich jedoch in einem Interview zu ihrem Roman Das Licht der Frau ebenso Aussagen die auf die Komplexit t von und Verstrickung in Machtbeziehungen jenseits einfacher Binarismen und Essentialismen verweisen und diese als eigentliches Problem in den Blick nehmen Weisch die Fraue hei nie ber Macht nacheschtudiert s sch h tte sie scho lang ppis ver nderet Das macht drum Angscht ber Macht nachezd nke da muesch w sse was du f r nes Verh ltnis zur Macht hesch Zu dere Macht wo du chasch us ebe und zu dere wo dir aataa wird Du weisch ja dass wen du Macht us ebsch du pper anderem ppis aatuesch Macht ch n t anders sy Und ber das wie die Fraue nid nachet nke Sie meine es l ngi we me d Macht vo de M nner bern mi Aber mich interessiert gar nid d Fraag b Macht usg ebt wird oder nid sondern b d oder die Betr ffendi wo d M glechkeit het Macht usz ebe s Problem vor Macht w rklech d ret nkt het Ich ha n t g ge Macht verschtaasch Macht an sich das isch n itraal Aber du muesch tr ber nachet nke muesch w sse was du s lber bew rksch und was du w
111. t es im Anschluss an einen berblick ber das stigmatisierende Schrifttum J rgers Fontanas und Waltisb hls Das Existenzrecht ethnischer Minderheiten w chst mit der Anerkennung ihrer kulturellen Tradition Diese kulturelle Tradition existierte jedoch nicht zuletzt aufgrund der Trennung der Familien bzw Fremdplatzierung der Kinder bereits nur noch eingeschr nkt Das Problem der Anwendung internationaler von der Schweiz ratifizierter Minderheitenschutzabkommen auf die Schweizer Fahrenden Jenischen zeigt das 2001 von der Stiftung f r Schweizer Fahrende in Auftrag gegebene und vom Schweizer Bundesamt f r Justiz 2002 ver ffentlichte Gutachten zur Rechtsstellung der Fahrenden in ihrer 31 Das Gutachten sollte kl ren welche Eigenschaft als anerkannte nationale Minderheit besonderen Rechtsanspr che Schweizer Fahrende gegen ber dem Gemeinwesen angesichts des bestehenden Minderheitenschutzes sowie in Anbetracht des Diskriminierungsverbotes geltend machen konnten Der Status der Schweizer Fahrenden als ethnisch kulturelle Minderheit ist laut Gutachten u a mit Artikel 27 des UNO Paktes II gegeben der als wesentliche ethnische Merkmale 30 Toivanen Reetta Das Paradox der Minderheitenrechte in Europa In SWS Rundschau 2 2005 S 185 310 Rufm rder am Werk In Scharotl 6 76 S 2 311 Schweizerisches Bundesamt f r Justiz Gutachten zur Rechtsstellung der Fahrenden in ihrer Eigenschaft als anerkannte natio
112. t und Schwachsinn Anl sslich des von der World Federation For Mental Health 1960 ausgerufenen Weltjahres der geistigen Gesundheit widmeten sich die Mitteilungen der Psychohygiene als Grundlage der Jugendhilfe und stellten die Arbeit des Hilfswerkes als fortschrittliche Einzelfallhilfe und Individual F rsorge dar bei der besonderer Wert auf Heimatgef hl Liebe Z rtlichkeit Anerkennung und Geborgenheit gelegt werde Zusammenfassend l sst sich sagen dass die bereits Ende des 18 Jahrhunderts von Grellmann formulierten M glichkeiten des Umgangs mit Zigeunern Erziehung Inhaftierung Unterbindung der Fortpflanzung in psychiatrischen juristischen und kriminologischen Diskursen ber Fahrende bzw Jenische v a in der Schweiz zu Beginn des 20 Jahrhunderts erneut aufgegriffen wurden Dabei spielte die Frage nach der Besserungsf higkeit weiterhin die entscheidende Rolle und wurde je nach zugrunde gelegtem Erkl rungsmodell Anlage vs Umwelt bejaht oder verneint Als wichtigstes Instrumentarium zum Nachweis der vermeintlichen Heredit t bestimmter Eigenschaften galt dabei die Stammbaumforschung die erg nzt durch gleichf rmig gehaltene biographische Skizzen den Nachweis der sich von Generation zu Generation vererbenden gemeinschaftssch dlichen charakterlichen Merkmale erbringen sollte Die anhand von exemplarischen Einzelbiographien skrupellose Kindsm rderin gewis
113. und Thomas Maier Von Menschen und Akten Die Aktion Kinder der Landstrasse der Stiftung Pro Juventute Z rich 2009 G ttner Abendroth Heide Die tanzende G ttin Prinzipien einer matriarchalen sthetik M nchen 1991 G ttner Abendroth Heide Die G ttin und ihr Heros M nchen 1980 Gomel Elana Bloodscripts Writing the Violent Subject Ohio 2003 Grellmann Heinrich Moritz Gottlieb Historischer Versuch ber die Zigeuner betreffend die Lebensart und Verfassung Sitten und Schicksale dieses Volkes seit seiner Erscheinung in Europa und dessen Ursprung G ttingen 1787 Grzinic Mariana Reitsamer Rosa Hgg New Feminism Worlds of Feminism Queer an d Networking Conditions Wien 2008 Hall Stuart Rassismus und kulturelle Identit t Ausgew hlte Schriften 2 Hamburg 1994 229 Hanschkow Juliane Etikettierung Kriminalisierung und Verfolgung von Zigeunern in der s dlichen Rheinprovinz zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik 1906 bis 1933 In Uerlings Herbert und Iulia Patrut Hgg Zigeuner und Nation Repr sentation Inklusion Exklusion Frankfurt Main 2008 Hille Almut dentit tskonstruktionen Die Zigeunerin in der deutschsprachigen Literatur des 20 Jahrhunderts W rzburg 2005 Honneth Axel und Martin Saar Hg Michel Foucault Zwischenbilanz einer Rezeption Frankfurt M 2003 Huonker Thomas Diagnose moralisch defekt Kastration Sterilisation und R
114. viele der mondin geschenk sieben fr hlinge alt dein mut auf schwarze splitterrosen verteilt steintot f llt dir der tag in den nacken rot rot die zungen der sonneng tter nah deinem schneeigen herzen ehe der ginster gesungen goldene lieder singt dir die weide ein ewigkeitslachen verwildert ein abend zu eis nahen dir schwestern und br der um in ihrer sprache mit dir zu schweigen bis einer dein herz trifft bl hen dir silberne fl gel aus jener wunde wahrzeichen aller gemordeten mische ich meine erde mit deiner meine fr heren tode mit deinem und dein letzter zorn sanft geworden zu kosmischen rhythmen trage ich ein in mir als strandgut in dein fell gekleidet samtene w rme in deinem blut gebadet als fremdlingin kehre ich zur ck dorthin wo leben mit leben verwoben das geschlecht der blumen das meine und lache mit dir dem tier der g ttin den t tern entgegen H v m P Wie in Strophe 5 und 6 deutlich wird erlaubt es vor allem die eigene Opfererfahrung dem lyrischen Ich die Perspektive des Stiers zu formulieren Der ber die T tung des Stiers noch einmal durchlebten Erfahrung des Geopfert bzw Get tetwerdens wird dabei eine kathartische Wirkung zugesprochen die eine R ckkehr in ein gewaltfrei lebbares Miteinander in Unversehrtheit und Unversehrbarkeit verspricht Neben den wiederholten Verweisen auf die Mondin bzw Mondg ttin deuten zahlreiche weitere Textstellen auf eine Rezeption der Posi
115. von Jacques Larange Frankfurt Main 2005 S 287 76 Reaktions oder Handlungsm glichkeiten bestanden Der Erfolg der Radgenossenschaft scheint nahe zu legen dass eine Unterwerfung unter hegemoniale Diskurse hinsichtlich der im Machtbeziehungsfeld ausgetragenen Anerkennungsspiele tats chlich den gr ten Handlungsspielraum er ffnet Es lie e sich einwenden dass eine Selbstausarbeitung als kriminell oder wahnsinnig einen hnlichen Erfolg zeitigen m sste wie die Selbstausarbeitung als nichtsesshaft da auch eine solche Selbstthematisierung an den diskursiven Vorgaben orientiert w re Dass dies nicht der Fall sein kann l sst sich mit Foucault mit dem Umstand erkl ren dass eine solche Selbstausarbeitung keine Beendigung der Zwangs und Gewaltverh ltnisse zeitigen w rde sondern im Gegenteil ihre Fortsetzung denn kriminelle und wahnsinnige Nichtsesshafte w rden zum einen den Wahrheitsdiskurs best tigen zum anderen in der Folge erneut inhaftiert und psychiatrisiert werden Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang zwischen der hierarchisch strukturierten essentiell gefassten Differenz sesshaft nichtsesshaft und den daran ankn pfenden Unterwerfungsmechanismen der Kriminalisierung und Pathologisierung Diese erweisen sich als h chst produktive Subjektgeneratoren denn sie sind in besonderem Ma e geeignet Selbstobjektivierung Selbstthematisierung kurz die Anwendung von Selbsttechniken
116. von der Gesundung des Gro hirns berzeugen k nnen das eine Institution wie diese und andere und der Staat an sich darstellten oder die Gemeinschaft oder Gesellschaft Ein derart gesundetes Gro hirn h tte ihn Zeus ohne weiteres entlassen k nnen Das Gegenteil sei geschehen das Gro hirn habe ihn als Idee bernommen und durch leichtsinnige Vergabe verschiedenster Foltern bewiesen dass er als Idee in ihren K pfen lebe w hrend sie seine angebliche Krankheit zu behandeln glaubten Ihre Behandlung beweise nichts anderes als seine Existenz und dieser Existenz habe er sich entledigen wollen 62 Mehr Zeus S 251 622 Mehr Zeus S 254 151 Zeus Wunsch nach Sterblichkeit hat seinen Ursprung im Wissen um die Unausweichlichkeit seiner ihn unsterblich machenden schriftlichen Fixierung als Idee anderer Zeus wusste aus Erfahrung dass er als Idee eines anderen und weiterhin in metrischen Ges ngen gefangen kaum auf Erl sung hoffen konnte Die Erl sung wird ihm schlie lich durch die von ihm vergewaltigte Rosa Zwiebelbuch alias Thetis zuteil die von der Erz hlinstanz mit den entsprechenden Voraussetzungen zur Erf llung dieser Rolle ausgestattet wird Als unerw nschter Tochter bzw vaterl ndische r Ohrfeige des Metzgers Zwiebelbuch der eigentlich zuk nftige S hne zum Heile Helvetiens hatte zeugen wollen und der sich bei vaterl ndischen Schie bungen auf imag
117. vornimmt die Merkmale die man f r wichtig h lt der Kontinuit ten die man zul sst oder die 8 Es sei an dieser Stelle angemerkt dass auch die Ausschl sse die man vornimmt vorliegende Arbeit sich der Kritik aussetzen muss die Autorin d h die empirische Produzentin der untersuchten literarischen und publizistischen Texte Mariella Mehr als den Bezugspunkt aufzufassen durch den gewisse Ereignisse in einem Werk ebenso wie deren Transformationen erkl rt werden k nnen deren Deformationen deren verschiedene Modifikationen und dies durch die Autorbiographie die Suche nach der individuellen Sichtweise die Analyse einer sozialen Zugeh rigkeit oder Klassenlage die Entdeckung Jeines Grundentwurfs Verfolgt wird dabei jedoch keine psychologisierende Autor Analyse im Vordergrund steht vielmehr u a der Versuch die Kopplung von Autorfunktion und subjektivierender bzw entsubjektivierender Schreibweisen aufzuzeigen wie sie sich in Form der als Wahrheits und Beweisb cher bzw Erfahrungsb cher klassifizierten Texte manifestieren Denn wie Spoerhase in seinen Ausf hrungen zur Autorfunktion abschlie end bemerkt Es liegt sehr wohl etwas daran wer spricht Nur dass es nicht die ephemere Individualit t des Subjektes ist an der etwas liegt sondern am Ort innerhalb des Diskurses von dem aus das Subjekt sich u ert Es wird zu zeigen sein auf welche Weise die Rezeptionskategorien die eng mit der
118. werde Zur Erkl rung dieses Widerspruchs beruft sich Waltisb hl auf Ritters 206 Konzept des getarnten Schwachsinns und fordert in Anlehnung an dessen Ausf hrungen eine umfassende Stammbaumforschung in Bezug auf die Landfahrer in der Schweiz Genaue Erforschung des gesamten in unserem Lande bekannten und bis anhin nicht untersuchten Landfahrertums Erstellung von genauen Stammb umen und Personenverzeichnissen einer Art von Spezialstrafregister in welchem s mtliche vorkommenden Delikte ausgesprochenen Strafen und administrativen Ma nahmen Aufnahme finden sollen Errichtung einer Auskunftsstelle bei welcher die Beh rden die notwendigen Informationen und Ratschl ge erhalten k nnen Abgabe von Namensverzeichnissen an die Polizeibeh rden und Untersuchungsrichter in diesen Verzeichnissen soll den unverd chtigen Namen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden Obwohl Waltisb hl im Kapitel zur Kriminalit t der Jenischen zu dem Schluss gekommen war es handele sich bei ihnen nicht im eigentlichen Sinne um gemeingef hrliche Verbrecher pl diert er f r eine Verwahrung der Jenischen auf unbestimmte Zeit gem Artikel 42 STGB da es sich bei ihnen dennoch um Gewohnheitsverbrecher handele wenngleich kaum einer von ihnen zu mehr als eine r Zuchthausstrafe verurteilt worden 4 Waltisb hl Bek mpfung S 130 205 Waltisb hl Bek mpfung S 152 6 Waltisb hl Bek mpfung S 153 207 Waltisb
119. wird in der Anna Franziska wiederzuerkennen glaubt So der Gang der Ereignisse wie sie sich auf den ersten Blick darstellen Vexierspiele In Brandzauber nimmt Mehr das bereits in Zeus oder der Zwillingston praktizierte Verfahren einer paratextuellen Verkn pfung von literarischem Text und au erliterarischer Wirklichkeit wieder auf Die Adressatin der Widmung Gertrud H ist als Patientin des Sanatoriums nicht nur eine Figur des Romans sondern in dieser Funktion auch die wenngleich nur in Gedanken angesprochene Adressatin von Annas Lebensbeichte deren Erz hlanlass wiederum eine fleischfressende Pflanze ist die Gertrud ihr zum Geschenk gemacht hat Gertrud war etwas Besonderes in meinen Gedanken war ich mit ihr per du Das hatte mit jener Karnivore zu tun die sie mir vor Jahren geschenkt hatte Bei jeder neuen Zucht dankte ich ihr in Gedanken immer mit dem Versprechen verbunden ihr meine und Franziskas Geschichte eines Tages zu erz hlen Der paratextuelle Hinweis auf eine real existierende Gertrud H suspendiert so mit dem Auftreten der Figur Gertrud die ber die Genrebezeichnung Roman hergestellte Suggestion eines rein imagin ren Geschehens Unterst tzt durch weitere intertextuelle Verfahren 716 Mehr Mariella Brandzauber S 108 717 Neben dem Aufgreifen des Motivs der get teten V gel das sich bereits in dem erkl rterma en autobiographischen Text steinzeit findet w hrend die glocke hel
120. zu Delikten gegen die Person neigte u a m Nach abgeschlossener Untersuchung kam Ritter zu dem gleichen Fazit wie J rger dass n mlich ein Gaunerpaar das vor 180 Jahren gelebt hatte einer ganzen Sippe bis auf den heutigen Tag sein Gepr ge auffdr ckte Es handele sich bei ihnen keinesfalls um verarmte oder entgleiste B rger sondern um geborene Vagabunden H i O 4 Zum Beleg dass es sich tats chlich um eine Sippe von schwere n asoziale n Psychopath en und unverbesserliche n Kriminelle n handelt f hrt Ritter die rekonstruierte Ahnentafel eines Hilfssch lers an bei dem er getarnten Schwachsinn diagnostiziert hatte ee ETTET ey AT Ant um u har an ae Bi x x175 AIND x109 11785 1 1765 SN na erfahren N u wenige scher iena ua Gaunereigenschaften 2 Vagabunden Bettlereigenschaft nichts nutz angeborener Schwachsinn i Vaganteneinschlag bemerkbar bei Schwach d sinn getarnter Schwachsinn Kada naen BE vi Ritter Ein Menschenschlag 192 Ritter Menschenschlag S 31 153 Ritter Menschenschlag S 32 154 Ritter Menschenschlag S 51 155 In der Legende zu den Stammb umen hei t es Mit Personen aus dem untersuchten b rgerlichen Stamm wei in dem sich auch einige Schwachsinnige finden schwarz ausgef llte Kreise vermischen sich im 34 Soziale Defekttypen Erzieherische vs eugenische Ma nahmen Anders als J rger der im
121. 0 000 Titel die nach der Buchmesse im Reisswolf landen Sie treiben den break even auf 50 000 St ck in den ersten 6 Monaten und seri se Literatur auf die Friedh fe der zwangs verbl deten Konsumgesellschaft Verlage d rfen das Ihre vertragliche Verpflichtung das verlegte Werk geh rig bekannt zu machen ist Makulatur und kann vor keinem Gericht durchgesetzt werden Ellenberger Mehr H U Dieser Text richtet sich nur an GermanistInnen http www mariellamehr com germanisten htm Letzter Zugriff 14 12 2010 Kost handelt um Texte die in hohem Ma e politisch sind Gesellschaftskritik ben und somit als engagierte Literatur auf einen externen Nutzen zielend lesbar sind was ihren Status als literarische Kunstwerke zumindest aus sthetizistischer Sicht fraglich gemacht und eine Kanonisierung erschwert haben mag Zum anderen k nnte die in wissenschaftlichen Kreisen eher un bliche Werbepraxis mit der vor allem auf der Homepage der Autorin GermanistInnen KomparatistInnen und LiteraturkritikerInnen dazu an geregt werden sollen sich Gedanken zu machen ob Mariella Mehr eine 26 Kandidatin f r den Literatur Nobelpreis sein k nnte und HochschuldozentInnen dazu aufgefordert werden die literarischen Texte Mehrs Studenten zur Lekt re zu empfehlen 27 oder als Thema f r eine Dissertation vor zu schlagen ein Grund f r diese Z gerlichkeit 28 sein Der auf Mehrs Homepage so dez
122. 2 88 Sa Psychopathie S 33 850 Amelang Manfred Sozial abweichendes Verhalten Entstehung Verbreitung Verhinderung Berlin 1986 351 Fiedler Pers nlichkeitsst rungen S 226 852 Besonders die psychoanalytische Position die von einer prinzipiellen Nicht Behandelbarkeit dissozialer Pers nlichkeiten die aus einer narzisstischen Ich Bezogenheit und einer damit einhergehenden berich Pathologie abgeleitet wird kritisiert Fiedler in diesem Zusammenhang scharf Vgl Fiedler Pers nlichkeitsst rungen S 231ff 212 diesem Buch befassen w rden auf teils unakzeptable Weise beschimpft in eine Ecke gestellt oder abgewertet w rden Aber du willst nun einmal Geschichten h ren bist s chtig danach Die Geschichten die Kari der Gerichtspsychologin erz hlt treiben ein hnliches Vexierspiel mit dem Gegen ber wie die Gedankenbeichte Annas in Brandzauber denn das eigentlich Ziel ihrer Erkl rungen besteht darin die Wortfallen zu umgehen und sich wie bereits aufgezeigt einer totalisierenden Repr sentation einer Fixierung in Erkl rungsmodellen und biographischen Skizzen zu entziehen In einer Welt in der so vieles nicht mehr das ist als was es bezeichnet wird sind auch Kriminalf lle nicht mehr was der Begriff behauptet Sie sind nur T uschungen Du wei t ja auch nicht wovon du sprichst wenn du von F llen plapperst von Kriminalf llen Nichts als Wor
123. 2 So hei t es bei J rger Die gr te Gefahr jedoch war der Alkoholismus welcher auch in meiner Geschichte eine so gro e Rolle spielt da sie klingt wie ein garstiges Lied auf den Schnaps Bei solchen jahrhundertelangen Sch digungen l t s ich sic voraussehen da dem eingeborenen Vaganten ein vom Urahn begr ndetes vom Ahnen geh uftes unheilvolles Erbe von moralisch ethischem Schwachsinn zufallen mu te J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 4 7 Fontana schreibt ber die Sippe Xenos Vor allem fallen sie durch ihre Reizbarkeit die sich besonders unter Alkoholeinfluss zeigt auf Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 349 Zum Fall 10 M E Xenos 1924 hei t es 13 j hrig war sie bei sexuellen Spielereien mit Knaben die Anf hrerin Daneben bemerkte man eine z gel und hemmungslose Triebhaftigkeit sp ter diagnostizierte man einen Alkoholwahnsinn und schliesslich stellte man die Diagnose einer Schizophrenie Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 353 74 Vgl zu diesem Motivkomplex v a die Arbeiten von Ines K hler Z lch Die Geschichte der Kreuzn gel Version und Gegenversion berlegungen zu Roma Varianten In Chesnutt Michael Hg Telling Reality Folklore Studies in Memory of Bengt Holbek Kopenhagen Turku 1993 S 219 232 K hler Z lch Ines Die verweigerte Herberge Die Heilige Familie in gypten und andere Geschichten von Zigeunern Selbst u
124. 61 Einer dieser Erkl rungsversuche lautet Kari habe mit ihren Brandstiftungen die Frau in sich verbrannt S 61 was an Passagen aus dem Gutachten zu Caroline H erinnern in dem es hei t sie habe ihre Sexualit t aus ihrem Leben v llig ausgeblendet was letztlich als indirekter Erkl rungsversuch f r ihr unweibliches brutales Vorgehen gelesen werden kann 74 Mehr Angeklagt S 40 875 Mehr Angeklagt S 46 76 Vgl die von Sa in Psychopathie zusammengestellten Kriterien Fu note 808 77 Mehr Angeklagt S 99 78 Mehr Angeklagt S 75 216 wehtat sowie ein Hervorgehen des Deliktes aus dissozialen Charakterz gen die zu betonen Kari nicht m de wird Die diversen Erkl rungen die Kari gibt erscheinen so tats chlich als nichts weiter denn gro z gige Versuche der Gerichtspsychologin klar zu machen dass Wirklichkeit in keine g ltige Form gegossen werden kann Dies gilt ebenso f r Anspielungen die nahe legen dass ihre antisozialen gewaltt tigen und l gnerischen Charaktereigenschaften heredit r bedingt sind So f hrt sich Kari bereits zu Beginn des Gespr ches als von einer Familie von Bergleute n Fl er n Torfstecher n Abdecker n und Hufschmiede n abstammend ein von denen es hei t i hnen sei nicht ber den Weg zu trauen gewesen was Kari angesichts der Nachfahren sich selbst eingeschlossen gern glaub t wenngleich der Vater inzw
125. Allmacht ber ihr fremde Frauen zu erlangen diese zu erschrecken und in logischer Konsequenz zu t ten Neu angefertigte psychiatrische Gutachten beschrieben Caroline H als wohlbeh tetes Einzelkind aus geordneten Verh ltnisse Konflikte habe es im famili ren Umfeld kaum gegeben zumindest seien sie nicht ausgetragen worden Sie sei nicht krank im medizinischen Sinn gleichwohl wurde eine erhebliche kombinierte Pers nlichkeitsst rung mit narzisstischen und schizoiden Z gen festgestellt die sich in Gr enphantasien und einem gest rten Selbstwertgef hl manifestiere Zudem f nden sich Hinweise auf eine Borderline St rung Caroline H sei kaum f hig Freude zu empfinden und habe ihre Sexualit t aus ihrem Leben v llig ausgeblendet Verurteilt wurde Caroline H deren Spuren an keinem der Tatorte sichergestellt werden konnten in dem Indizienprozess vor dem Z rcher Obergericht einzig aufgrund ihrer Gest ndnisse die f r das Richtergremium keinen Zweifel an der T terschaft der Angeklagten lie en denn ihre Aussagen seien konstant die Frau habe ber Wissen 827 verf gt das nur von der T terschaft stammen konnte Es meldeten sich jedoch auch Stimmen zu Wort die bezweifelten dass es sich bei Caroline H um die tats chliche 828 und T terin handelte zumal sie stets Bekanntschaft mit Polizisten gesucht hatte demnach auch auf diesem Wege an Detailinformationen h tte gelangen k nnen Vor Gericht best tigte C
126. Bem hungen eine Besserung herbeizuf hren aber es war hartherziger Egoismus welcher diesen Menschen jede M glichkeit nahm emporzusteigen und sie vielmehr zu Verbrechern und Bettlern herabdr ckte Was man Jahrhunderte lang vernachl ssigt hatte konnte und wollte man nicht nachholen So entstand eine Klasse von Parias ein Volk im Volk das bis heute noch seine alten Lebensgewohnheiten erhalten hat Eine Gleichstellung der Jenischen wie sie in der zitierten Passage gefordert zu werden scheint ist jedoch nicht Waltisb hls eigentliches Argumentationsziel wie noch zu zeigen sein wird Hinsichtlich der Kooperation der Kantone und einer abgestimmten Einb rgerungspolitik sieht Waltisb hl erst mit dem Bundesgesetz die Heimatlosigkeit betreffend von 1850 welches die Kantone bzw Gemeinden dazu verpflichtete Heimatlose einzub rgern die Erziehung der Kinder zu gew hrleisten und gegebenenfalls die Armenf rsorge zu bernehmen Fortschritte im Umgang mit den Landfahrern Nach Ansicht Waltisb hls brachte das Gesetz zwar Verbesserungen jedoch in der Hauptsache auf dem Papier da zahlreiche Kantone weiterhin ihren gewohnten Umgang mit den Landfahrern fortsetzten und von ihrer besch menden Praxis des heimlichen Zuschiebens von Vaganten ber die 172 Kantonsgrenze nicht abr ckten So umfassend und fortschrittlich das Gesetz von 1850 sicherlich war regelte es im Grunde genommen nur den u eren Rahmen der B rgerrechts
127. Computer abgerufen in Schulb chern nachgelesen Arch ologie des Wissens eine Rekonstruktion der Erzeugungsmuster von Wissensformationen R ckschl sse auf Regelnetze des Sprechens Denkens und Handelns und damit im Gegenzug die entsubjektivierende Praxis einer genealogisch verfahrenden historische n Analyse der gesetzten Grenzen und Probe auf ihre m gliche berschreitung Die erz hlerische Vermittlung offenbart zum anderen weitere paradoxe Zusammenh nge die als Ausgangspunkt entsubjektivierender Erz hlprojekte entscheidend sind Denn die der Autorin oft bezeichnet werden wei en G ttern widersetzt und den G ttervater Zeus von seinem Thron st rzt indem sie ihn t tet Bis es dazu kommen kann mu sich Rosa Zwiebelbuch erst ihres eigenen Seins bewu t werden Iacovino Mariella Mehr S 143 38 Mehr Zeus S 204 67 Mehr Zeus S 153 8 Foucault Schriften IV S 706f 156 Erl sung Zeus d h das Zunichtemachen von All Macht s phantasien die ihren Ursprung in einer diskursiven Fixierung haben kann wiederum nur von einer heterodiegetischen allm chtigen Erz hlinstanz geleistet werden die ihrerseits ein bestimmtes Erz hlziel vor Augen hat und die vor Machtgebrauch und Gewaltanwendung nicht zur ckschreckend ihre Figuren zu Marionetten des eigenen plots macht Damit scheint best tigt dass man der Wahrheit nicht entkommt indem man ein Spiel spielt das dem Spiel d
128. DRUDE COHN REES und WILL angestellt worden sind ber die insectenfressenden Pflanzen worunter 11 Droseraceen 4 Saracenaceen 5 Neptentaceen 11 Lentibularieen s Utricularien und die Cephalotus follicularis Diese Pflanzen ver ben an den Insecten wahre Morde Wenn z B das kleinste Insect auf ein Droserablatt f llt so wird es sofort durch deren Secrete festgeklebt und durch die zahlreichen Tentakel zusammengedr ckt deren es etwa 192 an jedem Blatte gibt Diese letzteren beugen sich ber dem Insect binnen 10 Secunden und erreichen nach anderthalb Stunden das Centrum des 754 Mehr Brandzauber S 16ff 184 Blattes worauf sie sich nicht eher wieder erheben bis das Thier todt und zum Theil verdaut ist Diese Thatsachen in denen ich das Aufd mmern verbrecherischen Wesens zu erblicken glaube erw hne ich so eingehend weil man hier vielleicht bei Unbekanntschaft mit ihrer absoluten Abh ngigkeit von den histologischen Bedingungen Vorbedacht Hinterhalt T dtung aus Habsucht und gewissermaassen auch jene Freiheit der Wahl Verschm hung kleinerer Insekten und stickstoffloser Substanzen vermuthen k nnte welche von vielen Seiten irrth mlicher und phantastischerweise zur Grundlage der Verantwortlichkeit gemacht worden ist H v m Lombrosos Vergleich zielt darauf ab zum einen die Schuldunf higkeit bestimmter namentlich moralisch irrer psychopathischer Verbrecher zu belegen denn so wie das Verhalten de
129. Fazit der Untersuchung Beim R ckblick auf die Gruppe A springt in die Augen der Wandertrieb und der Alkoholismus der Eltern Letzterer steigert sich bei den S hnen zu abnormen psychopathischen Charakteren Die T chter sind intellektuell und moralisch minderwertig Alle heiraten ins eigene Geschlecht oder in hnliche Sippen hinein Besonders zahlreich und rasseverderbend sind die Verbindungen mit den Wolzern Von den Enkeln sind manche im Kindesalter gestorben Die lebenden sic sind in der berzahl intellektuell und moralisch entartet An verschiedenen Orten treten verbrecherische Neigungen auf Damit sind alle Merkmale eines a nti sozialen Psychopathen zusammengetragen ein hochgradig sozial wertendes und moralisierendes Konstrukt das sich durch eine Verquickung von psychiatrischen juristischen und kriminologischen Kategorien 107 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 91 108 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 84 10 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 97 26 auszeichnet und bis in die Gegenwart hinein in der Konzeptualisierung der antisozialen dissozialen Pers nlichkeitsst rung nachwirkt J rgers Schriften stie en nicht nur in der Schweiz sondern auch im benachbarten Deutschland auf reges Interesse Der Mediziner Arthur Kronfeld der 1909 an der Psychiatrischen Klinik in Heidelberg promoviert hatte ver ffentlichte 1933 im Handw rterbuch der Kriminologie den Artikel Asozia
130. Fontana mit Fontana Benedict Nomadentum und Sesshaftigkeit als psychologische und psychopathologische Verhaltensradikale Psychisches Erbgut oder Umweltspr gung In Psychiatria Clinica 6 1986 Vol 1 S 340 366 hier S 343 Das h lt Fontana jedoch nicht davon ab seinerseits die Schwierigkeiten der Materialsammlung ber fr here Generationen zu beklagen wie dies vor ihm schon Ritter und Waltisb hl getan hatten Ebenso wie Ritter stand Fontana eine Assistentin zur Seite Elsy Schwegler eine Diplomandin der schweizerischen sozial charitativen Frauenschule Luzern Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 343 20 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 358f 49 den bekannten Zuschreibungen asozialen Verhaltens verkn pft wie primitive Hygiene Pauperismus Kleinkriminalit t eigene Rechtsbegriffe und Familienordnung Neben der Frage ob die Anwendung des Psychopathiebegriffs auf die Jenischen zu Recht erfolgt oder nicht wirft Fontana wie schon J rger und Ritter die Frage auf wie sich der bergang von der Sesshaftigkeit zur Unsesshaftigkeit eines Sippenzweiges vollzogen haben k nnte und unterzieht im Anschluss daran die These von der Erbbedingtheit des Vagantentums im Lichte der Umerziehungsversuche des Hilfswerks einer berpr fung Wie bereits J rger operiert auch Fontana mit einer Verkn pfung von Anlage und Umwelt Erkl rungsmodellen wobei er sich allerdings st r
131. HE wollen wir auch bleiben H i O http www openPR de news 121614 Presse Erklaerung der U J M E W ir sind Jenische Und Jenische wollen wir auch bleiben html Letzter Zugriff 21 05 2010 Wenngleich die U J M E sich noch 2007 zu einer solchen Presseerkl rung veranlasst sah konzentriert sich 66 Identit tspolitik ersten Grades Selbstethnisierung und politische Anerkennung der Fahrenden als Schweizer Minderheit In der zusammen mit Walter Leimgruber und Thomas Maier herausgegebenen Untersuchung Kinder der Landstrasse gibt Roger Sablonier in seinem pers nlichen Schlusswort zu bedenken Die von der Pro Juventute erfasste Gruppe von Menschen auf einen einheitlichen Zigeunerstamm von Jenischen zur ckzuf hren wie dies einzelne Vertreterinnen und Vertreter der Anliegen von Fahrenden heute aus echter berzeugung oder seit den 1970er Jahren manchmal aus politischer Opportunit t tun stellt eine starke Vereinfachung dar und birgt in sich die Gefahr neuer diskriminierender Ausgrenzungen Etwas zugespitzt k nnte man sagen die Aktivit ten des Hilfswerks h tten die Jenischen als schweizerisches Zigeunervolk berhaupt erst geschaffen Schon die ersten Ausgaben des eigenen Publikationsorgans der Radgenossenschaft Scharotl besch ftigten sich mit der Frage wer als Jenischer gelten sollte In einem Artikel der Ausgabe 3 1975 fasste Mariella Mehr die Jenischen als soziokulturelle
132. Hilfswerkes wiederholt widerlegt wurden lie en sich die damit verbundenen Argumentations und Deutungsmuster allein mit dem Nachweis ihrer Unwissenschaftlichkeit nicht ohne weiteres berwinden Sie finden sich weiterhin nicht nur in Fremdzuschreibungen etwa in der medialen Berichterstattung ber Fahrende in der Schweiz sondern werden gleicherma en in der Selbstausarbeitung und Selbstrepr sentation der Betroffenen greifbar wie das folgende Kapitel zu zeigen versucht 63 II Politische Selbstrepr sentation Jenischer in der Schweiz im Anschluss an die Aufl sung des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse Stuart Hall zufolge sind Selbstethnisierung und die Konstituierung einer defensiven kollektiven Identit t eine immer wieder zu beobachtende Antwort auf die Praktiken einer rassistischen Gesellschaft und integraler Bestandteil subalterner Identit tspolitik ersten Grades Eine meist essentialistisch gefasste und paradoxer Weise prim r an stigmatisierten und stereotypisierten Leitdifferenzen schwarz homosexuell nicht sesshaft etc orientierte Kollektividentit t erscheint im Kontext von politischer Interessenvertretung und Selbst Repr sentation als geradezu unabdingbare Voraussetzung um den eigenen Anliegen und der Kritik an Stigmatisierung und Diskriminierung gesellschaftlich Geh r zu verschaffen Deutlich macht Hall auch die Kosten die mit der Konstruktion einer solchen kollektiven Identit t
133. INAUGURAL DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Philosophie Fachbereich II Sprach Literatur und Medienwissenschaften der Universit t Trier Sich selbst zum Spieleinsatz machen Prosatexte Mariella Mehrs zwischen Wahrheits und Erfahrungsbuch vorgelegt von Anna Lena S lzer Trier im Dezember 2010 Datum der Disputatio 28 Juni 2011 Erstgutachter Prof Dr Herbert Uerlings Zweitgutachterin Prof Dr Franziska Sch ler Danksagung Mein besonderer Dank gilt Prof Dr Herbert Uerlings f r die Betreuung dieser Arbeit f r wertvolle Anregungen und zahlreiche Gelegenheiten meine Thesen zu entwickeln und zu diskutieren ebenso wie allen Beteiligten des Teilprojektes C5 Fremde im eigenen Land Zur Semantisierung der Zigeuner vom 19 Jahrhundert bis zur Gegenwart und des Arbeitskreises Visuelle und sprachliche Repr sentation von Fremdheit und Armut des SFB 600 Fremdheit und Armut Wandel von Inklusions und Exklusionsformen von der Antike bis zur Gegenwart F r geduldiges und sorgf ltiges Korrekturlesen danke ich Katarina Lenczowski und Conradin Sturm Nicht zuletzt gilt mein Dank meinen Eltern und all jenen die mit ihrer pers nlichen fachlichen und finanziellen Unterst tzung den Grundstein f r diese Arbeit gelegt haben II III IV VI VII VII IX Sich selbst zum Spieleinsatz machen Prosatexte Mariella Mehrs zwischen Wahrheits und Erfahrungsbuch BIC HI ee een een een
134. Kinder der Landstrasse S 35 3I Siegfried Kinder der Landstrasse S 36 92 Siegfried Kinder der Landstrasse S 9 56 Umstand bem ht sich Siegfried mit einem Mangel an Pflegestellen zu rechtfertigen der bei der Gr ndung des Hilfswerkes jedoch nicht abzusehen gewesen sei und der dazu gef hrt habe dass man viele Kinder in wechselnden Heimen habe unterbringen m ssen Den Abschluss von Siegfrieds Ausf hrungen bildet die Frage nach dem Erfolg des Hilfswerkes hinsichtlich der Angepasstheit der M ndel im Erwachsenenalter die er aufgrund der fehlenden rassische n Eigenheiten K rperbau Hautfarbe usw als durchaus im Bereich des M glichen sieht Kriterium f r eine erfolgreiche Anpassung ist neben der berwindung der Nichtsesshaftigkeit und der Beziehungslosigkeit in Form der Schlie ung einer dauerhaften Ehe die Leistungsf higkeit in einem selbstgew hlten Beruf Ausschlaggebend ist also auch hier der volkswirtschaftliche Nutzen der eine Umerziehung rechtfertigt Die Erfolgsstatistik des Hilfswerkes liest sich wie folgt GESAMT BERSICHT F LF De 2 pei 5 F SS gs du a 2 g gP 39 Stamm a A 5 9 Sp Kg 4 Bemerkungen Markus 35 2r 7 7 7 I 4 Heiser 19 8 Be 5 2 2 2 gestorben Surcol 12 4 2 5 4 7 3 Wolzer 48 20 n I6 0 29 3 Plur 20 IO 6 4 3 6 2 Grimm II 7 3 I 2 2 Total 145 70 36 36 26 57 14 2 gestorben Oder in Prozenten 50 3 gut geraten 24 5
135. Kultur BAK Journal 4 2001 S 1 302 BAK Journal 4 2001 S 1 68 auch Mariella Mehr 1997 hinwies geriet zugunsten dieser Argumentation v llig in den Hintergrund Since the travelling arose out of economic necessity I don t see why I should integrate this into my consciousness as a Jenisch person The Sinti in Germany have completely abandoned this myth of the travelling and that is correct They say they have their religion their tradition and their culture and so on but the travelling was only a fringe matter which was due to economic necessity and later during the Third Reich to racial persecution Dass dar ber hinaus auch die von Sablonier ausgesprochene Warnung vor der mit der Konstruktion einer jenischen Kollektividentit tt verbundenen Gefahr neuer diskriminierender Ausgrenzungen durchaus ihre Berechtigung hat zeigen nicht zuletzt die seit 1998 j hrlich ver ffentlichten Berichte der Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende deren Stiftungsrat zu einem gro en Teil aus Mitgliedern der Radgenossenschaft besteht welche in den Berichten als eine der wichtigsten Organisationen der Fahrenden bzw als deren Dachorganisation welche vom Bund als repr sentativ anerkannt und finanziell unterst tzt wird ausgewiesen wird Neben der Radgenossenschaft welche die gr te Interessengruppe im Stiftungsrat stellt ist als weitere Organisation der Fahrenden lediglich die Zigeunermission vertreten W
136. M glichkeit norm alit ts aufl sender Effekte erkennen und ihnen ein subversives Potential die M glichkeit des Widerstands zuschreiben formuliert Foucault als gew nschten Effekt der Wiederholungsstruktur seiner 367 Saar Genealogie als Kritik S 289 368 Vgl hierzu v a die Ausf hrungen Butlers in Ha spricht Zur Politik des Performativen Frankfurt Main 2006 und Das Unbehagen der Geschlechter Frankfurt Main 1991 Butlers Konzept der performativen Wiederholung zielt dabei u a auf eine Vervielf ltigung der Geschlechtsidentit ten ab um im Zuge dieser Vervielf ltigung eine Verschiebung der Norm zu bewirken Vgl Butler Unbehagen S 217 Die Frage ist nicht ob sondern wie wiederholen n mlich jene Geschlechter Normen die die Wiederholung selbst erst erm glichen wiederholen und durch eine radikale Vervielf ltigung der Geschlechtsidentit t verschieben Auch wenn Butler etwa im Kontext ihrer berlegung zur Praxis einer Resignifizierung vgl Ha spricht S 112f keinen reinen Umkehr bzw Gegendiskurs im Sinn hat Stigmatisiertes Abgewertetes wird schlicht positiv umgedeutet sind mit der Vervielf ltigung von Geschlechtsidentit ten in anderen Worten mit neuen zus tzlichen Formen der Selbstproblematisierung die mit identit tsbildenden bzw Subjektivierungs Prozessen verbundenen Probleme und Kosten keineswegs stillgestellt sondern ebenfalls nur etwa in Richtung neuer Wahrheits und Wirklichkeits
137. Maier Thomas und Dominik Wolfensberger Eine Heimat und doch keine Heimatlose in der Schweiz 16 19 Jahrhundert Z rich 1998 Makarska Renata Das Leben in der Asymmetrie Bronislawa Wajs und Mariella Mehr In Frank Susi K et al Integration und Explosion Perspektiven auf die Kultursemiotik Jurij Lotmans Bielefeld 2010 im Druck Masschelein Jan Je viens de voir je viens d entendre Erfahrungen im Niemandsland In Ricken Norbert und Markus Rieger Laderich Hgg Michel Foucault P dagogische Lekt ren Wiesbaden 2004 S 95 115 Medina Rivera Antonio und Diana Orendi Hgg Crossing Over Redifining the Scope of Border Studies Newcastle 2007 Menke Christoph Zweierlei bung Zum Verh ltnis sozialer Disziplinierung und sthetischer Existenz In Honneth Axel und Martin Saar Hg Michel Foucault Zwischenbilanz einer Rezeption Frankfurt M 2003 S 283 300 Mergozzi Christine Literary Aurality and the Politics of Counter Literacy Spiritual Resistance in Morrisson Mehr Anzaldua and Silko Santa Cruz 1995 Miller Alice Gerhard Tuschy Das Psycho Gesch ft und die W rde des Patienten Gerhard Tuschy im Gespr ch mit Alice Miller In Psychologie heute 4 1995 S 60 65 231 Miller Alice Abbruch der Schweigemauer Hamburg 1990 Miller Alice Du sollst nicht merken Variationen ber das Paradies Thema Frankfurt Main 1983 Morel Auguste Trait des degenerecences physiques intellec
138. Menschenschlag S 109 35 k nnten Auch die Frage nach der m glichen Zurechnungsf higkeit der Waltisb hl 1944 mit Blick auf die Schweizer Jenischen besonderes Augenmerk schenken sollte sei m ig da sie ebenfalls nicht den Kern des Problems treffe Wenn die Gerichte sie den Nerven rzten berweisen mit der Frage ob diese Menschen die immer wieder r ckf llig werden als voll zurechnungsf hig anzusehen sind so finden diese an ihnen keine Defekte der Intelligenz Aber ihre Haltlosigkeit und ihre Unverbesserlichkeit lassen die rzte zu dem Schlu kommen da sie asoziale oder antisoziale Psychopathen vor sich haben Wie vor 100 und 200 Jahren sieht das Gericht das Verbrechen das S hne heischt es sieht den Zeitgenossen der den Diebstahl oder den Betrug oder den Totschlag begangen hat und der Strafe verdient Es wei aber nicht da viele Vorfahren der Angeklagten ihrerseits wegen der gleichen Verbrechen auf der Anklagebank sa en da sie ebenfalls eine zeitlang ins Gef ngnis wanderten da sie dann aber entlassen wurden und sich weiter fortpflanzen konnten Die L sung des Problems kann so laut Ritter nur in der systematischen Unterbindung der Fortpflanzung liegen die er durch seine Arbeit und durch die Enttarnung des Schwachsinns erst in den Bereich des M glichen ger ckt hatte Wenngleich Ritter gegen Ende seiner Habilitationsschrift auch die Rolle der Zigeuner kurz
139. Siegfried Kinder der Landstrasse S 18 8 Siegfried Kinder der Landstrasse S 23 J Siegfried Kinder der Landstrasse S 34 45 Siegfried Kinder der Landstrasse S 22 246 Siegfried Kinder der Landstrasse S 25 55 247 Personen und Sachen gegen ber welche die erzieherische Arbeit zus tzlich erschweren w rden Unter Rechtfertigungsdruck sieht sich Siegfried angesichts kinderpsychologischer Theorien die einer Trennung des Kindes von der Mutter im Kindesalter traumatische Qualit t beimessen und als eine der Hauptursachen f r sp ter auftretende Erziehungs und 6248 Anpassungsschwierigkeiten betrachten Um diesen m glichen Vorwurf die Erziehungsschwierigkeiten seien eine direkte Folge der Fremdplatzierungspraxis des Hilfswerkes und dessen Praktiken naturwidrig zu entkr ften beruft sich Siegfried auf die Situation innerhalb der jenischen Familien selbst wo Vernachl ssigung der Kinder an der Tagesordnung sei die Kinder zudem oft zu Verwandten gegeben w rden und so keine eigentliche Mutter Kind Bindung zustande komme Die Liebe der fahrenden M tter von den V tern spricht man besser nicht denn ihre Rolle ist auch diesem Belange meist durchaus passiv ist sehr primitiv um nicht zu sagen animalisch Leichten Sinnes werden die Kinder da und dort bei guten Leuten oder bei Verwandten abgestellt und wieder geholt Irgend einmal nicht immer wir kennen Elternpaare die sich
140. Skizze was es an banalen u erungen fallen l sst dieses ganze differenzierte Spiel ist von der Autor Funktion vorgeschrieben die es von seiner Epoche bernimmt oder die es seinerseits modifiziert Und wenn es das traditionelle Bild das man sich vom Autor macht umst t so schafft es eine neue Autor Position von der aus es in allem was es je sagt seinem Werk ein neues noch verschwommenes Profil verleiht Wie bereits in Kapitel III ausgef hrt h ngt das Problem einer Minderheitenliteratur bzw als subaltern markierter Selbst u erungen allgemein nicht zuletzt mit der Autorfunktion zusammen die ein solches Sprechen Schreiben reguliert indem der ethnisch kulturelle Hintergrund der AutorInnen diese autobiographischen aufgefassten Texte zum einen legitimiert und sie als bertragungen von Erfahrung in Wissen als Wahrheits bzw Beweisb cher fungieren l sst gleichzeitig gibt die Autorfunktion jedoch den m glichen Erz hlrahmen vor und beg nstigt eine auf diesen Hintergrund reduzierte Rezeption So 5 Vgl Spoerhase Autorschaft S 38 55 16 Spoerhase Autorschaft S 50 47 Foucault Michel Die Ordnung des Diskurses Frankfurt Main 1991 S 21 103 erscheint auf Rezeptionsseite tats chlich das was man bei einem Individuum als Autor bezeichnet lediglich als die mehr oder weniger psychologisierende Projektion der Behandlung die man Texten angedeihen l sst die Ann herungen die man
141. Town in Anatolia 1967 126 von der Fiesta bis zum Karneval reicht Im Ausdruck berraschend bunt ist sie im Formenschatz berraschend gleichbleibend Und ebenso gleichbleibend wurde sie von den wahren K nstlern die im Dienst der Herrschenden Karriere machten durch Jahrtausende verachtet Dass Mehr sich hnlicher berlegungen zur Konstruktion einer positiv besetzten jenischen und weiblichen Subjektposition bedient wird an mehreren Stellen deutlich So erscheint in Mehrs Text etwa das von G ttner Abendroth dem fahrenden Volk attestierte Wissen um lebenserhaltende Riten und Br uche in der Figur des Kip wie die Zigeuner den heilenden heiligen Hund nennen dessen Herz sie dem Todkranken als letzte Medizin zu essen geben Auch die positive Bewertung der baskischen Stierkampfkultur die den Toro verg ttert und den Matador verachtet l sst sich mittels des postulierten keltischen Ursprungs der Basken nicht zuletzt als positive Deutung der eigenen jenischen Kultur lesen folgt man Darstellungen die in den Jenischen Nachkommen der Helvetier sehen wollen Wie Mehr anf hrt bringt ein Zweig der Forschung die keltische Kultur wiederum mit der matriarchal gepr gten Kultur der Minoer in Verbindung Mutige moderne Geschichtsforscherinnen und Arch ologinnen schliessen aus neuen Funden und Ausgrabungen dass die Kultur der Kelten mit der des fr hminoischen Kreta verwandt wenn nicht gar identisch ist Bei
142. Vagantensippe stammt aus b rgerlichem Geschlecht und die Verkesslerung erfolgte durch eine Stammutter deren Herkunft leider nicht gen gend sicher erfasst werden konnte Wenn damals auch ein neuer Vagantenstamm entstand so ist ber die Gr nde daf r nichts Bestimmtes auszusagen Angesichts des bedenklichen Lebenswandels der Stammutter ist wohl bereits die Vaterschaft bei ihren Kindern suspekt und indirekt kamen schon so konstitutionelle Momente ins Spiel Bedenkt man aber das v llige Eintauchen ihrer verheirateten Kinder ins Vagantentum ist man geneigt eine starke Milieupr gung und Verwahrlosung auf Grund eher reaktiv umweltsbedingter Faktoren anzunehmen Das Vagantentum und als dessen Hauptmerkmal das Ph nomen der Unsesshaftigkeit scheint uns unter Einbeziehung der weiter oben gemachten Feststellungen als eine vorwiegend angelernte und gepr gte durch Milieutradition weitergegebene Verhaltensweise aufgefasst werden zu m ssen Mit diesen Ausf hrungen bernimmt Fontana einerseits die urspr ngliche Argumentation J rgers und auch Ritters stellt sie jedoch entgegen seiner eigenen Absicht auf den Kopf Hatten Ritter und J rger argumentiert der neue Vagantenstamm habe sich aus der Verbindung eines sesshaften Bauern mit einer Vagantin gebildet wird die Stammvaterschaft des b uerlichen Mannes bei Fontana durch den Lebenswandel der Ehefrau grunds tzlich in Zweifel gezogen Zusammen mit der ungewissen H
143. VernehmlassungBerichtBundesrat051101 html Letzter Zugriff 20 05 2010 Stellungnahme des Vereins Sch ft qwant zum Zweiten Bericht der Schweiz zur Umsetzung des Rahmen bereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten Basel 8 12 2006 http home balcab ch venanz nobel qwant zweiterMinderheitenberichtCHVernehmlass061 208 pdf Letzter Zugriff 19 05 2010 Stellungnahme des Vereins Schinagel im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Berichtes des Bundesrats ber die Situation der Fahrenden in der Schweiz Juli 2005 http home balcab ch venanz nobel qwant vernehmlassungschinagel html Letzter Zugriff 20 05 2010 Union der Jenischen Minderheit in Europa UJME Wir sind Jenische und Jenische wollen wir auch bleiben http www openPR de news 121614 Presse Erklaerung der U J M E Wir sind Jenische Und Jenische wollen wir auch bleiben html Letzter Zugriff 21 05 2010 236 Presseartikel Baur Alex axb Die Gerichtspsychiatrie vor Gericht Macht und Ohnmacht der Justiz gegen ber Gewaltt terin Neue Z rcher Zeitung 17 Dezember 2001 Caduff Corina Mariella Mehr Zeus oder der Zwillingston Neue Z rcher Zeitung 06 August 2006 Caduff Corina Wut ist Angst Ein Portr t der Schriftstellerin Mariella Mehr Neue Z rcher Zeitung 19 20 November 1994 Caprez Hans Fahrende M tter klagen an In Der Schweizerische Beobachter 7 1972 Zit n Galle Sara und Thomas Maier Von Menschen und Akte
144. Zeitschrift f r die gesamte Neurologie und Psychiatrie 168 1940 S 65 111 hier S 78 15 Vgl J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 81 Die geistigen L cken sucht dann der Markus im sp teren Leben so gut es geht zu verdecken durch ein burschikoses Auftreten durch selbstbewu tes Geschw tz durch Verstellung und Hinterlist die im Gewande der Schlauheit auftreten Er maskiert die geistigen L cken durch seine bedeutende Handfertigkeit in einzelnen angestammten Gewerben durch allerlei Kniffe oder durch die Polypraxie eines Kann Alles 28 Getarnter Schwachsinn Ritter leitet seine Habilitationsschrift Ein Menschenschlag mit der Bemerkung ein dass ihm in seiner jugend rztlichen Sprechstunde immer wieder Kinder und Jugendliche aufgefallen seien die zweifellos schwachsinnig waren obgleich man ihnen den geistigen Ausfall nicht auf den ersten Blick anzusehen vermochte Die Schriften J rgers die Ritter nicht nur von seiner Zeit am Schweizer Burgh lzli her sondern auch aufgrund ihrer starken Rezeption in Deutschland bekannt gewesen sein d rften bleiben unerw hnt wenngleich die Parallelen augenf llig sind wie sich wiederum bereits an der Beschreibung der charakteristischen Sippenmerkmale zeigt Sie besitzen einen Karren auf dem sie Bettzeug und Kochgeschirr mit sich f hren die F higeren haben vor diesem einen Esel gespannt oder nennen sogar ein Pferd und einen Planwagen ihr eigen Die Weiber h
145. aber zahlreiche Variationen 1911 nahm ich an der Landstreicherversammlung in Spalt teil Ich wohnte in einem kleinen Gasthause und setzte mich am n chsten Morgen mit zu einigen Vaganten an einen Tisch wo Spalter Bier getrunken wurde Ich unterhielt mich mit ihnen in der Kundensprache und fiel nicht weiter auf Wilmanns Karl Das Vagabundentum in Deutschland In Zeitschrift f r die gesamte Neurologie und Psychiatrie 168 1940 S 96f 6 Auch hierin macht sich nicht zuletzt der Einfluss Lombrosos geltend der Forel 1892 am Burgh lzli besucht hatte Vgl Huonker moralisch defekt S 82 Schon Grellmann hatte den Zigeunern eine besondere Vorliebe f r alkoholische Getr nke attestiert Sie lieben Berauschung und weil sie diese am leichtesten und geschwindesten durch Brandwein bewerkstelligen k nnen so halten sie ausser ihm kein Getr nk ihres Geldes werth F r diesen aber giebt der Zigeuner denn auch hin was er nur immer hat ist auf diese oder jene Weise ein Groschen sein geworden sogleich wird ein Haus gesucht wo dieses edle Getr nk zu haben ist Grellmann Versuch S 46 18 erbliche Anlage geschaffen die bei den Nachkommen in allerlei Entartungen in neuen minderwertigen oder pathologischen Eigenschaften sich zeigt und ihrerseits wieder durch die gew hnliche eigentliche Vererbung sich in weiteren Generationen fortpflanzt Neuvererbung Diese Verkn pfung von Anlage und Umweltkonzept erlaubt eine A
146. ahrende 2007 http www bak admin ch themen sprachen_und kulturelle _minderheiten 00507 00512 00 566 00569 index html Letzter Zugriff 19 05 2010 233 Kedves Alexandra Mariella Mehr Brandzauber http www dradio de cgi bin es neu lit buch 2171 html Letzter Zugriff 23 01 2007 Lerch Fredi Mariella Mehr Angeklagt WoZ Online 19 2002 http www woz ch artikel inhalt 2002 nr19 Kultur 10914 html Letzter Zugriff 28 06 2005 Makarska Renata bersetzen zwischen Peripherie und Zentrum Bronis awa Waijs und Mariella Mehr http www exc16 de cms lotman2008 abstracts html Letzter Zugriff 02 10 2010 R th Gabi Die Elemente und der Tod Literarische Deutungsverschiebungen in der Moderne Hagen 2008 http deposit fernuni hagen de 247 Letzter Zugriff 19 05 2010 Sch ft qwant Die Jenischen die Minderheitenrechte und ihre Umsetzung in der Schweiz Bulletin 1 2004 8 M rz 2004 http home balcab ch venanz nobel qwant SCBulletin1 2004 htm Letzter Zugriff 20 05 2010 Schmidt Degenhard Tobias Robert Ritter 1901 1951 Zu Leben und Werk des NS Zigeunerforschers T bingen 2008 http tobias lib uni tuebingen de volltexte 2008 3487 pdf Schmid_Degenhardt RobertRitter _2008 pdf Letzter Zugriff 19 05 2010 Stellungnahme des Vereins Sch ft gwant im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Berichtes des Bundesrats ber die Situation der Fahrenden in der Schweiz http home balcab ch venanz nobel qwant
147. allerj ngsten Ursprungs AVE LALLEMANT erw hnt sie noch nicht S 223 Vor allem aber ist es die gro e H rte die Wilmanns von einer Sicherungsverwahrung zumal einer Verwahrung auf unbestimmte Zeit Abstand nehmen l sst 13 Burgh lzli besucht Lombrosos viel rezipierter Text findet auch in J rgers Abhandlung Psychiatrische Familiengeschichten Erw hnung und d rfte ihn wie zahlreiche andere erbbiologisch Interessierte und Forschende bzw Kulturtheoretiker der Zeit auf den Gedanken der Erstellung von Familienstammb umen zum Nachweis diverser heredit rer Belastungen gebracht haben Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung zu der Robert Ritter wiederum in starker Anlehnung an J rger die entscheidende wissenschaftliche Fundierung lieferte umfasste sowohl Inhaftierung verbunden mit Zwangsarbeit als auch Zwangssterilisation bis hin zur systematischen Ermordung In der Schweiz berief sich das Hilfswerk f r die Kinder der Landstra e auf den Gedanken der Besserungsf higkeit der Fahrenden wenngleich auch hier Sterilisationen in die Wege geleitet und Eheverbote erwirkt wurden wenn eine irreversible gesellschaftsgef hrdende Pathologie diagnostiziert wurde Wie die Umsetzung dieser ber Jahrhunderte pr senten Wissensbest nde in konkrete ordnungspolizeiliche sozialpolitische f rsorgerische und eugenische Praktiken im einzelnen erfolgte gilt es in Form mikrohistorischer Studien vor allem f r di
148. als Kritik S 286 38 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 930 39 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 812 Vgl hierzu auch Foucault Dispositive der Macht S 45 f 98 Wahrheit und Fiktion Der zweite Aspekt der ein Erfahrungsbuch als solches ausweist ist das Verh ltnis von Wahrheit und Fiktion das in ihm durch eine Inszenierung von Machtstrukturen und Unterwerfungsmechanismen strategisch ins Spiel gebracht wird Wahrheit bezeichnet in diesem Zusammenhang nicht das Ensemble der wahren Dinge die zu entdecken oder zu akzeptieren sind sondern das Ensemble der Regeln nach denen das Wahre vom Falschen geschieden und das Wahre mit spezifischen Machtwirkungen ausgestattet q 400 wir Dem wissenschaftlichen Diskurs kommt im Zuge der Trennung von Wahrem und Unwahrem eine entscheidende Bedeutung zu denn die Wahrheit ist um die Form des wissenschaftlichen Diskurses und die Institutionen die ihn produzieren zentriert Ob etwas als unwahr oder wahr klassifiziert und mit entsprechenden Machtwirkungen ausgestattet wird h ngt dabei nicht zuletzt von der Rhetorik ab mit der es vorgetragen wird Im Interview mit Ducio Trombadori reflektiert und problematisiert Foucault sein eigenes Verh ltnis zur Wahrheit und damit verbunden seine Verwendung konventioneller dem Wahrheitsdiskurs entlehnter Rede bzw Schreibweisen Das Problem der Wahrheit dessen
149. an und au erliterarischer Wirklichkeit vor allem durch Paratexte und die augenf lligen Parallelen zwischen Mehrs eigener Biographie und derjenigen der Protagonistin Anna unkenntlich gemacht worden arbeitet Mehr in Angeklagt mit einer Verkn pfung von Zuschreibungen aus dem Wahrheitsdiskurs ber Jenische mit dem realen Fall einer Serienm rderin der 2001 die Schweizer ffentlichkeit stark besch ftigte Angeklagt ist im Roman die mehrfache Brandstifterin und M rderin Kari Selb die im Gespr ch mit einer Gerichtspsychologin Auskunft ber den Hergang der Taten und die Ursachen ihrer extremen Zerst rungswut und Gewaltbereitschaft geben soll Die monologischen Antworten Karis ergeben eine autobiographische Skizze die in ihrer Monstrosit t die Lebensbeichte Annas in Brandzauber weit bertrifft Nicht nur das letzte Wort sondern auch die Tat bleibt in Angeklagt der Protagonistin Kari vorbehalten der Text endet mit der Darstellung der Ermordung der Gerichtspsychologin Serienmord Zurechnungsf higkeit und Sicherungsverwahrung Schwerpunkt der Exploration durch die Psychologin bildet eine Familien bzw biographisch soziale Anamnese die Aufschluss ber etwaige psychosoziale und genetische Ausl sefaktoren f r Karis Brutalit t geben soll Eigentliches Ziel der Befragung ist wie Kari durchschaut und anmerkt die Erstellung eines Gutachtens das den Richtern Auskunft ber ihre Zurechnungsf higkeit geben soll
150. andeln mit Geschirr Spitzen oder Kurzwaren nebenher aber betteln sie sagen wahr verkaufen Heilkr uter und fangen Gefl gel mit geschickter Hand wie es ihre Altvorderen taten Die Kinder laufen barfu einher schlafen auf ergrapstem Stroh unter dem Wagen in Scheunen oder in St llen Zur Schule kommen sie fast nie Die M nner lassen sich gerne von ihren Frauen unterhalten lieben den Branntwein sind leicht erhitzt und schnell in Raufh ndel und Messerstecherein verwickelt Sie sprechen noch untereinander die Jenische Sprache und erweisen sich als die geborenen Gauner Neben der bernahme von Argumentationsmustern sind es vor allem die biographischen Skizzen und die kommentierten Stammb ume zur Illustration der Schicksalsmacht der Vererbung die eine Rezeption J rgers durch Ritter nahe legen Statt jedoch auf den Vorbildcharakter von J rgers Studie hinzuweisen andere einschl gige Untersuchungen und Vorl uferarbeiten wie etwa Aicheles Die Zigeunerfrage mit 116 Ritter Robert Ein Menschenschlag T bingen 1937 S 13 1 Vgl u a Kronfelds Beitrag zur Asozialit t im Handw rterbuch der Kriminologie 18 Ritter Menschenschlag S 105 Vgl hierzu J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 9 Mit einem Hausierwagen dem ein ehrw rdiger Gaul oder ein lahmer Esel vorgespannt war von einer Hundemeute umkl fft verfolgten sie ihre Stra e als Lumpensammler Geschirrverk ufer Hausierer mit Kurzwaren
151. angenheit zu verarbeiten und sie anzunehmen lacovino Wie das Opfer zum T ter wird S 44 ist aufgrund der Pr senz dieser integrierenden Erz hlinstanz nur bedingt zuzustimmen da zumindest aus psychologischer Sicht die Wiedererinnerung und Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse eine Voraussetzung f r diese Integrationsleistung bildet 110 dumpfer kontaktarmut autismus der welt begegnen und ihre botschaft mit schweigen erwidern W hrend in den Passagen der reinen Ich Erz hlung das Pr teritum das dominierende Erz hltempus ist wird in den Episoden die traumatische Erlebnisinhalte wiedergeben fast durchgehend Pr sens verwendet der l rm durchdringt silvias k rper erzeugt schmerz wahnsinn lagert in den gehinrwindungen dort bleibt er statisch jemand hebt silvia auf tr gt silvia durch den weissen l rm der rhythmus des tragenden ist hastig schnell als w re man auf unruhiger see Silvia wird in einen raum getragen wo der l rm nicht hin kann der weisse l rm Mithilfe des Wechsels zwischen auto und heterodiegetischem Erz hlen gelingt es Mehr Depersonalisations und Detachment Erlebnisse narrativ umzusetzen Durch die Verwendung des Pr sens bei der Wiedergabe der traumatischen Erlebnisse wird zudem eine dramatische Unmittelbarkeit erzeugt mit der die Intrusion dissoziierter Erinnerungen verdeutlicht werden kann Die internalen oder externalen Hinweisreize die einen Aspekt des traumatisch
152. angfristig zu sichern Die Stiftung bildet keine ausschliessliche Interessenvertreterin der Fahrenden sondern eine notwendige Erg nzung zur Radgenossenschaft d h eine Institution in welcher der Staat in Zusammenarbeit mit den Fahrenden seiner Verantwortung gegen ber dieser kulturellen Minderheit gerecht zu werden versucht Botschaft ber einen Rahmenkredit an die Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende f r die Jahre 2007 2011 06 030 10 M rz 2006 S 3052 Bereitgestellt auf der Homepage des Bundesamtes f r Kultur BAK unter http www bak admin ch themen sprachen_und_kulturelle_minderheiten 00507 00511 index html Letzter Zugriff 19 05 2010 305 Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende 1998 S 11 Bereitgestellt auf der Homepage des Bundesamtes f r Kultur BAK unter http www bak admin ch themen sprachen_und_kulturelle_minderheiten 00507 00512 00566 00569 index h tml Letzter Zugriff 19 05 2010 69 1975 die Zusammenarbeit mit ausl ndischen Selbsthilfeorganisationen der Zigeuner festgeschrieben worden war gerieten in den Jahresberichten der Stiftung sowie auch der Radgenossenschaft zunehmend ausl ndische Fahrende als eigentliches Problem in den Blick In verschiedenen Kantonen haben Aufenthalte von ausl ndischen Fahrenden Probleme bereitet Eine Umfrage bei den Kantonen hat gezeigt dass die von ausl ndischen Fahrenden ben tzten Pl tze gelegentlich in grosser Unordnung hinterlassen we
153. anti bzw 40 Mehr Angeklagt S 107 208 dissoziale Pers nlichkeitsst rung und damit auf ein St rungsbild dessen Urspr nge im Konzept des moralischen Schwachsinns liegen Moralischer Schwachsinn Asozialit t und antisoziale Pers nlichkeitsst rung Eine kritische Diskussion und Infragestellung der Verquickung von sozialer Devianz und pathologischer St rung die schon das historische Konzept des moralischen Schwachsinns und auch noch das daraus hervorgegangene heutige Konzept der antisozialen Pers nlichkeitsst rung bis in die Gegenwart begleitet und in Form der international gebr uchlichen psychiatrischen Klassifikationssysteme DSM III bzw IV und ICD 9 bzw 10 auch in der Diagnostik entscheidend beherrscht findet in umfassender und nachhaltiger Form seitens der Psychiatrie im deutschsprachigen Raum erst seit den 1980er Jahren statt Die Gefahren die von dieser Verquickung und den damit verbundenen moralisch ethischen anthropologischen und ideologischen Implikationen ausgehen k nnen hat Henning Sa in seiner kritischen Studie Psychopathie Soziopathie und Dissozialit t Zur Differentialtypologie der Pers nlichkeitsst rungen aus dem Jahr 1987 zusammengefasst Die Kehrseite dieser zunehmenden Pathologisierung von Erscheinungsformen sozialer Abweichung wird am deutlichsten in totalit ren Systemen sichtbar wo politischen gesellschaftlichen oder kulturellen Dissidenten ber ihre
154. aroline H ihre fr heren Gest ndnisse und zeigte sich ber die bevorstehende Verwahrung erleichtert Auf die Frage was sie in Freiheit tun w rde hatte sie Presseberichten zufolge geantwortet Dann h tte ich ein Problem und w rde sofort wieder etwas anstellen Ich w rde ein Opfer suchen Ein Dr geler Drogens chtiger geht 829 auch immer wieder auf die Gasse Die lebenslange Gef ngnisstrafe wurde zugunsten 825 Felber Antrag NZZ 18 Dezember 2001 S 41 6 Felber Antrag NZZ 18 Dezember 2001 S 41 7 Felber Antrag NZZ 18 Dezember 2001 S 41 828 So war es ein mit ihr befreundeter Polizist der im Vorfeld des Luzerner Prozesses 1993 den entscheidenden Hinweis auf Caroline H als Brandstifterin gegeben hatte Vgl tom K rzel Antrag NZZ 18 Dezember 2001 S 41 82 Felber Thomas Messerstecherin wegen Mordes verurteilt Lebensl ngliche Zuchthausstrafe und Verwahrung In Neue Z rcher Zeitung 19 Dezember 2001 S 41 204 einer Verwahrung wegen geistiger Abnormit t aufgeschoben H i O Therapeutische Ma nahmen wurden Caroline H nicht zugesprochen Aussicht auf Besserung bzw Therapierbarkeit ihrer psychischen St rungen bestand demzufolge aus Sicht der Richter zum Zeitpunkt der Verurteilung nicht 2007 beantragte Caroline H die Anordnung einer station ren therapeutischen Ma nahme da sie sich selbst mittlerweile als behandlungsf hig ansah Mit Angeklagt verweist Mehr dami
155. as Kindesalter beschr nkt da bei erwachsenen Vaganten weder Anstaltsaufenthalte Milit rdienst noch f rsorgerische Ma nahmen ein sesshaftes Verhalten herbeizuf hren vermochten Sesshaftigkeit bleibt auch in Fontanas Dissertation das erstrebenswerte Ziel der Umstand dass das Nomadentum vordergr ndig nicht als Psychopathie bewertet wird ndert daran nichts 221 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 351f 228 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 359 52 11 5 Schriften Alfred Siegfrieds und Publikationen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 1926 1964 Wie bereits an einigen Stellen gezeigt bestand ein reger Austausch zwischen Wissenschaftlern und dem Hilfswerk f r die Kinder der Landstrasse Hatten J rgers Psychiatrische Familiengeschichten die argumentative Basis f r die Arbeit des Hilfswerkes geliefert stellte dieses in der Folge anderen Forschern das zusammengetragene Aktenmaterial f r weitere Untersuchungen zur Verf gung wie im Falle Waltisb hls und Fontanas Der langj hrige Leiter des Hilfswerkes Alfred Siegfried nutzte neben den seit J rger eingef hrten Argumentationsmustern vor allem das von diesem etablierte Erz hlmuster der biographischen Skizzen f r die ffentlichkeitsarbeit der Einrichtung Im Literaturverzeichnis von Siegfrieds 1964 erschienener Bilanzierung seiner f rsorgerischen Arbeit Kinder der Landstrasse Ein Versuch zur Sesshaftmachung von Kindern des
156. as Motiv des Kreuzes ist ebenfalls ambivalent steht es zum einen f r Annas und Franziskas Drangsal in den christlichen Einrichtungen das Einimpfen j discher und zigeunerischer Schuld am Tode Christi wird es ber Annas Nachnamen ebenso zum Symbol der Beziehung zwischen den beiden M dchen Franziska trug das Kreuz in mein 743 Leben es gab meinem Namen einen Sinn Und das obwohl Franziskas gr tes 744 Anliegen darin besteht den Worten von denen sie sich selbst erfunden sieht gerade ihren fatalen Sinn zu nehmen Wenn ich die Augen aufriss z hlte Franziska bis zehn oder sie begann ein einziges Wort wie einen ganzen Schwall W rter in die L nge zu ziehen Wenn ich die Augen zu Schlitzen verengte dachte sie das Wort mehrere Male r ckw rts bis es seinen Sinn verlor Manchmal gelang es nicht weil ihr W rter einfielen die ihren Sinn behielten was immer sie versuchte Das Wort Kreuz zum Beispiel Oder Anna Neben der eingangs erw hnten Naturalisierung der Mordlust er ffnet schlie lich auch das Motiv der Karnivore noch weitere Deutungsebenen zwar ist es stets meist in Form des Fettkrautes zugegen wenn Anna mordet oder Br nde stiftet Mit den Insekten fressenden Pflanzen scheint Anna jedoch auch ihre einzigen Verb ndeten im Kampf gegen Franziskas und gegen ihre eigenen Peiniger gefunden zu haben Denn Annas Zuchtziel ist eine Pinguicula grandiflora die auch mit einem Nashor
157. assenhygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie 1890 1970 Z rich 2003 Huonker Thomas und Regula Ludi Roma Sinti und Jenische Schweizerische Zigeunerpolitik zur Zeit des Nationalsozialismus Z rich 2001 Huonker Thomas Fahrendes Volk verfolgt und verfemt Jenische Lebensl ufe Z rich 1987 Huonker Thomas Wahnsinn und Wahrheit Zur literarischen Leistung Mariella Mehrs In Mehr Mariella Kinder der Landstrasse Ein Hilfswerk ein Theater und die Folgen Bern 1987 S 136 153 Iacovino Filomena Mariella Mehr Wie das Opfer zum T ter wird Perugia 2003 J rger Josef Psychiatrische Familiengeschichten Berlin 1919 Jost Klaus Forensisch psychologische Begutachtung von Straft tern Ausgew hlte Problemfelder und Falldarstellungen Stuttgart 2008 Keilbach Judith Geschichtsbilder und Zeitzeugen M nster 2008 Kernberg Otto F Schwere Pers nlichkeitsst rungen Theorie Diagnose Behandlungsstrategien Stuttgart 1991 Knecht Thomas Cesare Lombrosos Theorie vom geborenen Verbrecher heute noch ein Thema In Dittmann Volker und J rg Martin Jehle Kriminologie zwischen Grundlagenwissenschaften und Praxis M nchengladbach 2003 K hler Z lch Ines Die verweigerte Herberge Die Heilige Familie in gypten und andere Geschichten von Zigeunern Selbst u erungen oder Au enbilder In Jacqueline Giere Hg Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners Zur Genese eine
158. at schon der Untersuchungsrichter vergeblich versucht Mehr Angeklagt S 54 7 Vgl u a Mehr Angeklagt S 36 Dem Untersuchungsrichter bereiteten meine nein Maliks rote Schuhe einiges Kopfzerbrechen Oder Angeklagt S 100 Aber da war dieses Rot dieses reine Rot das keiner genaueren Beschreibung bedurfte rot wie das Rot an unsern hoffe ich doch sehr ungemeinsamen F en 215 Gerichtspsychologin um die Frage nach ihrem Motiv und damit auch nach ihrer Zurechnungs bzw Schuldf higkeit Denn aus verschiedenen Anspielungen Karis geht hervor dass die Hinweise auf eine aus einem sexuellen Missbrauch resultierende dissoziative Identit tsst rung bewusst eingesetzt werden um das Erkl rungsbed rfnis von Untersuchungsrichter und Gerichtspsychologin kurzzeitig zu befriedigen und die Aussicht auf den Kn ller zu n hren Die Erkl rungsans tze werden jedoch im n chsten Moment durch Karis Bestehen auf der Unmotiviertheit daf r aber der willentlichen Ausf hrung ihrer Taten annulliert und die vermeintliche Beichte als blo e Geschichten entlarvt die ihr zudem durch suggestives Fragen an anderer Stelle in den Mund gelegt worden sind vor allem durch die Hilflosigkeit des Untersuchungsrichters die ihn zu immer gewagteren 873 Erkl rungsversuchen veranlasst und dem sie zun chst entgegenkommt indem sie ihm 874 das Erinnern ans Erinnern vorflunkert Nein Frau Do
159. ater mit Nicht Sesshaften wird auf der Handlungsebene als von Zuf llen bestimmt und damit als kontingent ausgewiesen sondern prima vista auch der Verlauf der Ereignisse die zum Kulminationspunkt der Handlung f hren der T tung des Anstaltsinsassen Zweierlei Zeus durch Rosa Zwiebelbuch Thetis Die Zuf lle die diesen an einer mythischen Vorlage orientierten Handlungsverlauf erm glichen seien kurz zusammengefasst Der sp tere Zeus tritt unter dem Namen Zweierlei in die psychiatrische Klinik ein die Benennung als Zeus erfolgt erst in der Klinik durch einen Mitpatienten der allerdings von der Begegnung zwischen Zweierlei und Rosa im Atelier des Glasaugenmachers Stauch nichts wissen kann Rosa erh lt das Glasauge ihr Thetis Attribut von ihrem Arbeitgeber Stauch bevor es berhaupt zu einem Zusammentreffen zwischen Rosa und Zweierlei alias Zeus gekommen ist Das sp tere Arbeitsverh ltnis bei Stauch verdankt sich ebenfalls einem Zufall und zwar dem Umstand dass Stauch bei einer seiner Gesch ftsreisen Rosas abgelegenen Heimatort besucht und dort in einer Gastst tte auf Rosas Vater trifft der bei einer vaterl ndischen Schie bung am Tag der Geburt seiner Tochter durch den Querschl ger eines Mitglieds einer Landfahrersippe selbst ein Auge verloren hat und von Stauch ein 601 Kunstauge angefertigt bekommt Zuf llig bewohnen Rosa und Zweierlei in Stuttgart wo Rosa mittlerweile bei Stauch angestellt ist die gle
160. ation In Congr s International de la Population Extract VIII Paris 1937 51 60 hier S 53 36 1 3 Rudolf Waltisb hl Die Bek mpfung des Landstreicher und Landfahrertums in der Schweiz 1944 Bereits der Blick in das umfassende Literaturverzeichnis von Waltisb hls 1944 erschienener Dissertation verdeutlicht das gro e internationale Interesse an der Vagantenfrage seit der Jahrhundertwende aufgef hrt sind schweizerische deutsche franz sische und amerikanische Untersuchungen die sich in der Hauptsache zum einen mit Vaganten und Landstreichertum zum anderen mit Fragen des Vormundschaftsrechts sowie der Erbhygiene bzw der Verh tung erbkranken Nachwuchses befassen und auf den argumentativen Kern der Arbeit hindeuten Auch die Schriften J rgers und Ritters sind genannt ebenso das Handw rterbuch der Kriminologie in dem Kronfelds Artikel zu Asozialen erschien sowie Friedrich Christian Benedict Ave Lallemants Das deutsche Gaunertum In seiner Einleitung hebt Waltisb hl zun chst den sozial bzw kulturpolitischen Stellenwert seiner Dissertation hervor Grundlage jeder sozial hochstehenden Ordnung sei die Sesshaftigkeit sie erst bringe gesellschaftliche Bindungen hervor und erm gliche die Etablierung und Pflege kultureller Werte Die Nicht Sesshaften bzw Nomaden verortet Waltisb hl auf einer niedrigeren menschheitsgeschichtlichen Entwicklungsstufe ihr gesamtes Weltbild sei und bleibe primitiv Gef hrd
161. auung zu bilden im Sinne von Ordnung Gesetz und Fortschritt Der Markus arbeitet mit dem Ged chtnis und l sst sich von der Phantasie treiben Bei seinem Mangel an ernster berlegung bleibt er sein Leben lang ein infantiler Charakter klebt am Oberfl chlichen u eren und am Sinnlichen Er ist leichtsinnig zu Affekten geneigt und noch im vorger ckten Alter zu dummen Streichen aufgelegt wie der Mensch der Flegeljahre J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 76 7 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 77 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 76 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 81 An dieser Stelle wird erneut der Einfluss Lombrosos greifbar der normabweichendes Verhalten als R ckfall in kindliche Entwicklungsstadien ansah und das Kind in die N he des geborenen Verbrechers r ckte Moralischer Sinn fehlt den Kindern in den ersten Lebensjahren ja im ersten Lebensjahre g nzlich Ein weiterer Charakterzug den das Kind mit dem geborenen Verbrecher gemein hat ist die Unlust an Besch ftigung welche gleichwohl die Lust an Vergn gungen und Spielen nicht ausschlie t Es str ubt sich gegen anhaltende Arbeit besonders gegen neue und gegen solche der es sich nicht gewachsen f hlt Wird das Kind zum Lernen angehalten so wiederholt es nach einer ersten Anstrengung dasselbe Thema immer wieder weigert sich aber zu einem andern zu schreiten nach demselben Gesetz der
162. beendet w rde was ich ihr eigentlich als Ziel eines tiefen Bewusstseinsprozesses gew nscht h tte H 1 O Der eigentliche Grund f r die Resignation die das Ende des Berichts kennzeichnet Hier werde ich meine Arbeit beenden m ssen resultiert jedoch vor allem daraus dass die Begegnung mit den Stierk mpferinnen keine Antwort auf die in Form eines Traums gestellte Ausgangsfrage nach der eigenen Verstrickung in Opfer T ter Strukturen erbracht hat Sie Die Frau sprach zu mir und ich war es die sprach von der Gewalt in mir und vom Get tetwerden und vom T ten von Siegern und von Opfern Sie sprach und ich war es die sprach willst du das Lieben lernen lerne erst das Sein des T tens und das Sein des Opfers zu verstehen Nur so gelingt es dir dich als Opfer zu vermeiden Sieger sprach sie und Opfer sind das eine weil alle Zeit und alle Tat dasselbe will und ist Nie wird es dir gelingen Sieger zu sein ohne zugleich geopfert zu werden und Liebe sagt Die Frau in meinem Traum und ich war es nur sie allein bringt dich zur G ttin der Mutter aller Diese traumartige Einsicht in die Vielschichtigkeit von Gewalt in die Verquickung von T ten und Get tetwerden vor allem die eigene Disposition zum T ten wird im Text jedoch nicht weiter verfolgt sondern immer wieder zugunsten einer vollst ndigen Identifikation mit dem unschuldigen Opfer dem Toro aufgegeben Gewonnen w
163. ber das m nnlich rationale erscheint jedoch nur auf den ersten Blick ungebrochen die Befreiung kann in mehrfacher Hinsicht keine sein Denn f r das tats chliche Gewaltopfer Rosa Thetis bringt die T tung ihres Vergewaltigers Zeus und somit das Umschreiben des Mythos auf der Handlungsebene keine eigentliche nderung ihrer Lage am Ende des Romans ist sie nach wie vor der Willk r der Psychiater Wasserfallen und 646 Abderhalden ebenso wie derjenigen der Erz hlinstanz ausgeliefert Dar ber hinaus wird 64 Mehr Zeus S 115 65 Mehr Zeus S 204f 646 hi z RE 3 7 r 1 Daher kann ich mich dem optimistischen Fazit Filomena Iacovinos Rosa durchlaufe im Roman einen Selbstfindungs und Emanzipationsprozess nur bedingt anschlie en Es handelt sich tats chlich um eine aufbegehrende Frau die sich nach und nach vom Gesamtbild der Klinikpatienten l st und auf der Suche nach ihrer wahren Identit t im wahrsten Sinne des Wortes die G tter entmachtet d h sich den wie sie von 155 Rosa indem sie ihre Rolle als Thetis annimmt und Zeus entleibt sowohl zur wichtigsten Gehilfin des Gro hirns bei seinem Bestreben sich des materialisierten Zeus zu entledigen als auch des Projektes der Erz hlinstanz selbst Und nicht zuletzt ist auch Rosas Selbsterkenntnis ein Produkt m nnlicher Imagination eine Materialisierung pygmalionscher Sch pfungs bzw parthenogenetischer Zeugungsphantasien Stauch
164. berhaupt in ihrem vollen Umfang zug nglich sind Auf den zweiten Blick bedingt diese Unhintergehbarkeit lediglich die Unabschlie barkeit einer entsubjektivierenden Praxis Da eine vollst ndige und endg ltige Erkenntnis der eigenen Grenzen nicht m glich ist kann eine kritische Ontologie des Selbst nur von bereits etablierten und im Zuge einer entsprechenden Analyse erkannten Subjektpositionen her ihren Ausgang nehmen Sie ist daher prozesshaft und unabschlie bar zugleich individuell und kollektiv sowie historisch spezifisch weshalb Foucault sie nicht im Sinne einer Theorie sondern als Ethos als kritische Haltung verstanden wissen will die sich dadurch auszeichnet dass sie st ndig erneuert und ihr Bezugssystem permanent um zus tzliche Koordinaten erweitert werden muss Die kritische Ontologie unserer Selbst darf man sicher nicht als eine Theorie eine Lehre und noch nicht einmal als ein durchg ngiges Wissenskorpus ansehen man muss sie als eine Haltung als ein ethos als ein philosophisches Leben begreifen 360 Foucault Michel Was ist Kritik Berlin 1992 S 40f 36l Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 704 87 bei dem die Kritik dessen was wir sind zugleich historische Analyse der uns gesetzten Grenzen und Probe auf ihre m gliche berschreitung ist Diese kritische Haltung zeichnet sich dadurch aus dass sie zum einen arch ologisch diejenigen Diskurs Ereignisse und historischen Wiss
165. berhaupt nicht mehr sehen liessen erscheinen sie dann wieder es gibt bersch umende Wiedersehensauftritte und st rmische Liebkosungen und dann zieht die ganze Familie weiter um sich vielleicht schon im kommenden Winter erneut zu trennen F r die Kinder mehrmalige Trennungstraumata also auch hier Zudem w rden auch nur wenige M ndel ein Interesse daran zeigen im Zuge ihrer Vollj hrigkeit mit den leiblichen Eltern Kontakt aufzunehmen Die von Siegfried bereits an anderer Stelle angef hrte Flatterhaftigkeit und Unbest ndigkeit gegen ber Personen dient so einmal mehr als Argument f r die Kindswegnahmen und rechtfertigt dar ber hinaus Siegfrieds Bestreben ber m glichst viele seiner M ndel selbst die Vormundschaft anzustreben argumentierend den M ndeln w rde so die f r eine erfolgreiche Erziehung notwendige Konstanz einer gleich bleibenden Bezugsperson gew hrt selbst bei einem h ufigen Wechsel der Pflegefamilien Erziehungsheime etc De facto d rften die fremdplatzierten Kinder unter der Vormundschaft des Hilfswerkes weit h ufiger den Aufenthalts bzw Wohnort gewechselt haben als dies der Fall gewesen w re h tte man sie bei den Eltern belassen Diesen Siegfried Kinder der Landstrasse S 25 48 Siegfried Kinder der Landstrasse S 34 Dieses Problem war bereits 1957 in der 41 Ausgabe der Mitteilungen diskutiert worden S 2 Siegfried Kinder der Landstrasse S 34 0 Siegfried
166. betrachtet geht es ihm in Ein Menschenschlag zun chst einmal um Jenisch sprechende Vagabundennachkommen die er hnlich wie J rger als endogame Gruppe mit homogenem Erbwert auffasst Die Differenzierung zwischen echten Zigeunern und Vagabunden erlauben dabei folgt man Ritters Ausf hrungen in seinem Beitrag Mitteleuorp ische Zigeuner ein Volksstamm oder eine Mischlingspopulation entsprechende Eintr ge in Kirchenb chern und amtlichen Registern Es zeigt sich dass Zigeunereintr ge seit mehreren Jahrhunderten in den Kirchenb chern und in den amtlichen Registern zu finden sind und dass stets ein Unterschied gemacht wurde zwischen vagierenden Strolchen sog Vagabunden und den Zigeunern die stets als cingari Zigeuner oder gypti bezeichnet und damit auch von den ersteren unterschieden wurden Diese ganz selbstverst ndlich durchgef hrte Trennung besagt dass man im Grunde den Zigeuner an charakteristischen Merkmalen erkennen musste Selbstverst ndlich ist diese Trennung ebenso wie das Vorhandensein charakteristischer Merkmale keineswegs sondern dient lediglich Ritters Versuch stammechte Zigeuner von Zigeunermischlingen und Jenischen unter rassebiologischem Blickwinkel in ihrer gesellschaftsgef hrdenden Dimension zu unterscheiden 16l Ritter Menschenschlag S 109 162 Ritter Robert Mitteleuorp ische Zigeuner ein Volksstamm oder eine Mischlingspopul
167. bst liegt darin Wahrheitsdiskurse und Machtbeziehungen als kontingent und aus diesem Grund als in ihrem Wahrheitsanspruch relativ zu beschreiben ohne sie gleichzeitig durch neue wahre bzw wissenschaftliche Wirklichkeitsaussagen zu ersetzen denn auf diese Weise w rde das Wahrheitsspiel lediglich unter anderen Vorzeichen fortgesetzt jedoch nicht etwa subvertiert oder die damit verkn pften Zwangswirkungen entknotet Eine solche Form der Machtkritik ist wie Martin Saar hervorgehoben hat notwendig parasit r Die genealogischen Operationen Wissensgeschichte Machtanalytik Ethosgeschichte werden im konkreten Schreiben von Genealogien zur normalit tsaufl senden destabilisierenden und damit kritischen T tigkeit Aber f r die Kritik bei Foucault gilt was f r die Freiheit gilt Sie ist wesentlich performativ ein sich am schon Vorhandenen Gegebenen erst entz ndender Vollzug Sie ist negativ ja parasit r in ihrer Angewiesenheit auf ein schon Geltendes dessen 32 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 706f 38 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 702 34 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 702f 36 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 703 366 Foucault Was ist Kritik S 39 88 m gliche delegitimierende Vorgeschichten dann erz hlt werden k nnen Genealogische Kritik ist wesentlich Selbst Kritik d h Kritik an eingespielten eingelebten Bedeutungen Geltungen und Halt
168. bstausarbeitung gepflegt hat so deutet dies darauf hin dass die Karnivoren ihren Zweck als entsubjektivierende Erz hlfigur erf llt haben dass mit Hilfe des Narrativs von einer lustvoll mordenden Anna das Schattendasein der anderen Anna als unterworfenes Subjekt ein Ende gefunden hat Reglos verharrt der Schatten an der T r Die Menge ist durch ihn hindurchgegangen ohne eine Spur zu hinterlassen Er geh rt zu Annas Ruhe ist ein Teil von ihr ein Schatten der immer schon da war Als sich die Menge zerstreut steht Anna ihm gegen ber in ihrem zerrissenen Kleid mit den Wunden auf der Haut Arme und Beine sind ihr leicht geworden der K rper ist ohne W nsche Sie bietet dem Schatten W rter an S tze Behutsam f gt sie Wort zu Wort nachdem sie sie auf ihren Gehalt untersucht und f r brauchbar befunden hat Nun endlich ist eine andere Zeit sagt sie Die Zerst rung der Karnivoren hat ihre Entsprechung in der Selbst Aufl sung der erz hlten Anna und in der zuvor als Mausoleum f r die von den Karnivoren ausgeschiedenen Insekten berreste beschriebenen Wohnung blieb kein Hinweis zur ck dass dort bis vor kurzem jemand gelebt hatte Es wird jedoch auch der Preis genannt der mit Entsubjektivierung verbunden ist denn die Aufl sung von Subjektpositionen so lebensnotwendig sie angesichts der unterwerfenden nicht lebbaren Selbstausarbeitung Franziskas scheint l sst sich keinesfalls als rein positiver Akt ein
169. ch anzukommen eine Ordnung zu finden Die Verweigerung der sprachlichen Ordnung kann nur in ihrer Totalit t eine gewisse Wirksamkeit entfalten denn Gew hrung und Entzug von Identit t sind f r Daskind nicht kontrollierbar sondern nur die Verweigerung von beidem Der Versuch Daskind zum Sprechen und damit zur Anerkennung der Ordnung und gleichsam zu einer subjektivierenden Unterwerfung zu zwingen nimmt jedoch in dem Ma e zu wie seine Weigerung zu sprechen andauert Der Pflegevater greift an dem Abend das erste Mal zum G rtel um Daskind zu schlagen als er vergeblich versucht hat es zum Sprechen zu bewegen obwohl rzte die Sprachf higkeit des Kindes attestiert haben Geduldig reihte er Buchstaben um Buchstaben zu einfachen W rtern aneinander bald war der Riemenboden mit ausgeschnittenen Buchstaben bers t Aber Daskind schaute verst rt auf die W rter als w ren sie gefr ige Tiere die jederzeit nach ihm schnappen konnten Entmutigt sah er zu wie Daskind teilnahmslos vor sich hin starrte Du hast mir Schande gemacht hatte der Mann gemurmelt bevor er das Zimmer verlie Daskind wusste nichts von Schande stumm hatte es die Schl ge erlitten nach keinem Grund gesucht Seine Welt steckte voller Unbegreiflichkeiten nach Erkl rungen zu suchen war m ig wenn eine strafende Hand die andere abl ste Daskind versucht vom Kummer zu leben Doch selbst diese berlebensstrategie des Kindes bie
170. ch Mariella Mehr z hlt In ihrem Gr ndungspapier schrieb die Radgenossenschaft 1975 folgende Ziele fest Wiederaufbau des Selbstbewusstseins der Jenischen als Einzelne und als Volk Wiederaufbau der kulturellen Identit t Wiederaufbau des vom Hilfswerk zerst rten gegenseitigen Vertrauens der Jenischen Wiedergutmachung der schlimmsten sozialen psychischen und physischen Sch den der Betroffenen Zusammenf hrung auseinandergerissener Familien Politische Anerkennung unseres Volkes als ethnische Minderheit Abbau der politischen und rechtlichen Diskriminierung Abbau der vor allem von der PJ Pro Juventute gesch rten Vorurteile Zusammenarbeit mit ausl ndischen Selbsthilfeorganisationen der Zigeuner Den letztgenannten Punkt verwirklichte die Radgenossenschaft bereits drei Jahre nach i a f 3 3 294 ihrer Gr ndung durch einen Anschluss an die Internationale Romani Union was seitens anderer jenischer Interessenvertretungen jedoch auf massive Kritik gesto en ist St rungen und Erziehungsschwierigkeiten f hren Wenn man all dies ber cksichtigt und den Lebensweg einzelner Z glinge kennt erscheint die Umerziehungsaktion noch problematischer Caprez Hans Fahrende M tter klagen an In Der Schweizerische Beobachter 7 1972 Zit n Galle Maier Menschen und Akten S 95 293 Zit n Mehr Mariella Kinder der Landstrasse Ein Hilfswerk ein Theater und die Folgen Bern 1987 S 20 24
171. ch das Hilfswerk veranlasst wurden bestand ein Hauptargument f r die Fremdplatzierung der Kinder in der Unzul nglichkeit der jenischen Frauen als M tter Mehrs zuvor erschienener Text steinzeit zeugt eindr cklich von der Angst vor der Bewahrheitung solcher Zuschreibungen und zwar nicht nur von der Angst selbst Ziel eines brutalen T tungsversuches durch die eigene emotionslose Mutter zu werden sondern ebenso von der Bef rchtung Gef hlsarmut und Gewaltbereitschaft m glicherweise geerbt zu haben und an das eigene Kind weitergeben zu m ssen Mehrs 1987 ein Jahr nach Das Licht der Frau publizierter dramatischer Text Kinder der Landstrasse Ein Hilfswerk ein Theater und die Folgen r ckt die ambivalenten zwischen Liebe und Hass zwischen Selbstzweifel und Wut auf das Hilfswerk oszillierenden Gef hle einer jenischen Mutter gegen ber ihrem Kind ins Zentrum Gef hle die ber die einmontierten Originalzitate aus Akten und wissenschaftlichen Abhandlungen u a auch die oben zitierte Passage Siegfrieds als direkte Folge kriminalisierender und pathologisierender Zuschreibungen erkennbar werden und schlie lich in die imaginierte Ermordung des Kindes m nden mag sein dass das letzte bild der tote sohn und die junge frau nur eine ausgeburt ihrer gemarterten phantasie und ihrer wachsenden phantasie ist aber sie h tte dann endlich schuld angeh uft und berlebt in gedanken jene geschont zu haben auf deren zuwendung sie so
172. ch kein Verla mehr gewesen Der mit seiner Auswanderei und den teuren Postkarten die er von dr ben schickte Ein alternativer Lebensentwurf l sst sich nur um den Preis des Selbst Ausschlusses aus der d rflichen Gemeinschaft verwirklichen aber er erm glicht Leni nicht nur Einsicht in die Unterwerfungsmechanismen die am Werke sind sondern auch Einsicht in deren Kontingenz Ein Wissen das sie ans Kind weiterzuvermitteln sucht das jedoch das Gesagte noch nicht begreifen kann Aber das m sse sich Daskind f rs Leben merken hinter allem Geschehen stecke tr stendes Nichts eine sanfte Leere Leben und Sterben folgten ihren eigenen Gesetzen unn tz sich an Gottes Rocksch e zu h ngen Der Gott der Kirche von Pfaffen heraufbeschworen sei nichts als ein j mmerlicher Betrug der die Menschen wie alle Kreatur herabw rdige Nein Die Waldfrau war keine mehr aus dem Dorf Die hatte alles abgestreift was sie an die menschliche Gemeinschaft h tte binden k nnen Von Karis Ausbruchsversuch aus der d rflichen Enge der nicht zuletzt eine Flucht vor den Folgen des Inzests mit der Schwester ist bleibt nur die von den D rflern bel chelte Benennung des eigenen Hauses als Chalet Idaho und seine Leidenschaft f r Rosen und 680 Mehr Daskind S 161 6 Mehr Daskind S 31 682 Mehr Daskind S 132ff 68 Mehr Daskind S 13 167 einen Feigenbaum den er f r seine Frau pflanzt Doch selbst
173. chaften im 17 und im 18 Jahrhundert und nach dem Studium der Wahrheitsmechanismen im Verh ltnis zu den Machtbeziehungen am Beispiel der Strafpraktiken schien sich mir eine andere Arbeit aufzudr ngen das Studium der Wahrheitsspiele im Verh ltnis seiner selber zu sich und der Konstitution seiner selber als Subjekt Anhand welcher Wahrheitsspiele gibt sich der Mensch sein eigenes Sein zu denken wenn er sich als Irren wahrnimmt wenn er sich als Kranken betrachtet wenn er sich als lebendes sprechendes und arbeitendes Wesen reflektiert wenn er sich als Kriminellen beurteilt und bestraft Bei dem Aufzeigen dieser drei Bedingtheitsachsen von Subjektivit t bleiben Foucaults Analysen jedoch nicht stehen Vielmehr er ffnen sein produktiver Machtbegriff und seine Konzeptualisierung von Machtbeziehungen als Regierung bzw F hrung als auf Handeln gerichtetes Handeln dem sich nur freie Subjekte unterwerfen k nnen w hrend sie im Zuge ihrer Unterwerfung gleichzeitig als handelnde Subjekte anerkannt werden m ssen und ihrerseits Handlungsspielraum erlangen eine Perspektive auf m gliche Freir ume und Widerstandspotentiale Sichtbar bzw erfahrbar gemacht werden k nnen diese u a durch den Nachweis der Kontingenz bestehender Wissens und Machtformationen den Foucaults genealogische Projekte zu f hren versuchen Denn dass es keine Gesellschaft ohne Machtbeziehungen geben kann bedeutet keinesweg
174. chnamigen Ausstellung von Urs Walder Nomaden in der Schweiz mit Texten von Mariella Mehr Venanz Nobel und Willi Wottreng die Trilogie von Peter Paul Moser Entrissen und Entwurzelt Thusis 2000 Die Ewigkeit beginnt im September Thusis 2000 Rassendiskriminierung und Verfolgung w hrend einer ganzen Generation Thusis 2002 Eine weitere Autobiographie einer Schweizer Jenischen liegt mit Jeanette Nussbaumers Die Kellerkinder von Nivagl Die Geschichte einer Jugend vor Basel Berlin 1995 64 von Einzelschicksal und Gruppenerfahrung sind jedoch hnliche Paradoxien und Dilemmata verbunden wie mit der Konstruktion eines politischen subalternen Kollektivsubjekts denn der ethnisch kulturelle Hintergrund der AutorInnen legitimiert diese Texte zum einen als authentisch gleichzeitig gibt er jedoch den m glichen Erz hlrahmen vor und beg nstigt eine auf diesen Hintergrund reduzierte Rezeption mit der Folge einer inkludierenden Exklusion f r die AutorInnen selbst fungiert der legitimierende Kontext dieser Erfahrungsliteratur dar ber hinaus in hohem Ma e als Subjektgenerator Das Einnehmen der diskursiv vorstrukturierten jenischen Subjektposition erm glicht so zwar ein Sprechen diese h ufig als Gegenidentit ten entworfenen Subjektpositionen bleiben jedoch unausweichlich auf hegemoniale diskursive Praktiken bezogen und die auf Unterwanderung Modifikation einer Meistererz hlung abzielende Gegenerz hlung aus subalt
175. chopathen ausgestattet werden Die folgenden Romane Zeus oder der Zwillingston und Daskind zeugen von einem zunehmend experimentelleren und komplexeren Umgang mit dem Thema Gewalt sowie mit den im Diskurs ber Jenische kolportierten Wahrheitsaussagen Erprobt werden in diesen Texten verschiedene Bestandteile eines Erfahrungsbuches wie etwa Hyperbolisierung und fiktive Realisierung von Elementen des Wahrheitsdiskurses Verkn pfung von Wirklichkeitsreferenz und Fiktion etc vgl Kapitel VI ohne diese jedoch so zu kombinieren dass sie ein im Foucault schen Sinn entsubjektivierendes Potential entwickeln Die sp ten Texte Mehrs Brandzauber und Angeklagt schlie lich lassen ein poetologisches Konzept erkennen das im Wissen um die Dilemmata und Paradoxien die mit am Wahrheitsdiskurs orientierten Subjektpositionen unweigerlich verbunden sind versucht subjektivierende Unterwerfungsmechanismen darzustellen aufzul sen und ihnen auf diese Weise ihre Identit tsrelevanz zu nehmen Mehr gelingt dies mittels einer Hyperbolisierung des Wahrheitsdiskurses und einem Schreibverfahren das sich durch eine permanente Durchkreuzung von Fiktionalit tskonventionen bzw den gleichzeitigen Einsatz hetereo und autoreferentieller Erz hlverfahren auszeichnet Ebenso wie die sprachliche Hyperbel ihre gegenst ndliche Unm glichkeit offenbart und als Fiktion als blo e rhetorische Figur erscheint wenn sie w rtlich genommen wird kann auch der Wahrhei
176. chtlingen machen und allerley Arbeit durch sie verrichten lassen Z chtlinge aber gesetzt auch da man sie verh ltnism ig noch so gut zu besch ftigen w te sind doch immer ein Staats bel und eine Last Und da bey jenem Vorschlage nicht daran gedacht wird die Gesinnungen dieser Leute zu bessern so w rde man sie entweder m ssen aussterben oder auf alle Geschlechter fort unter Z chtlingszwang bleiben lassen Das Erste darf wohl nicht geschehen weil wenn sie ausgestorben w ren der Staat keinen Nutzen mehr von ihnen ziehen k nnte es m sste ihnen also erlaubt werden sich fortzupflanzen Wo wollte man aber endlich mit der Menge dieser Leute und ihrer Brut hin M ten nicht manche Regierungen ganze St dte erbauen blos um die vielen Tausende dieser Elenden einzukerkern Und was f r Kosten und Unbequemlichkeit w rde die Aufsicht ber dieselben verursachen Nicht also Landesverweisung war es was man ber diese Menschen h tte beschlie en nicht Z chtlings und Galeerenzwang wozu man h tte rathen sollen sondern Sorge f r Aufkl rung ihres Verstandes und f r ein besseres Herz 4 Wenngleich zahlreiche literaturwissenschaftliche und historische Arbeiten die sich mit der Darstellung und Verfolgung von Zigeunern bzw Jenischen befassen auch auf die jeweiligen Diskurse verweisen liegt eine detaillierte Analyse der Argumentations und Deutungsmuster sowie deren Synopse v a hinsichtlich des Diskurses ber Jenisc
177. d verbrecherisch konstruieren Vgl hierzu bereits Grellmann Versuch S 70 10 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 90 101 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 88 192 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 88 103 Brandstifter waren die Zigeuner bereits bei Grellmann die Ausf hrungen J rgers zielen jedoch in Richtung Psychopathie 104 Ein Aspekt den Mehr u a in ihren Texten Brandzauber und Angeklagt aufgreift 105 Eine sehr hnliche Passage findet sich in Mehrs Daskind Seit der abgeschnittene Kopf des Lambrettafahrers ber die Stra e vor dem Chalet Idaho gerollt war hatte Daskind beschlossen nicht mehr zu staunen Daskind h tte lachen m gen Aber das s hen die D rfler nicht gern wenn Daskind laut lachen oder tanzen w rde obwohl sie Daskind ohne Gef hl w hnen und dem Teufel ab dem Karren gefallen Mehr Mariella Daskind Berlin 1997 S 15 Vorgef hrt wird hieran die Widerspr chlichkeit der Zuschreibungen die zum einen den Jensichen Gef hlsarmut attestieren zum anderen immer wieder berschw ngliche Gef hlsausbr che hervorheben 106 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 91f 25 hnliche moralische Defekte hatte J rger bereits bei der Kindsm rderin Lisa konstatiert und als ererbt klassifiziert Wenngleich J rger einige Zeilen zuvor im Rahmen der Diskussion schulischer Leistungen die gro e Fabulierlust des Jungen hervorhebt sch
178. d S 78f 673 Mehr Daskind S 79 165 Ordnung gef hrdet in kontrollierbare Bahnen lenken wie es etwa die Wirtin des Gasthauses Kreuz tut Ruth die kr ftige etwas burschikose Ruth hatte ein Talent K pfe zurechtzur cken wenn der rger die Bauern bermannte wenn die Sorgen ber ihnen zusammenschlugen Sie war der handliche Trost einsamer Knechte Manch einer erlebte seine besten Momente in ihr f lliges Fleisch versunken Als eine Ausw rtige aus dem S den gekommen wie man im Dorf behauptete geno sie Rechte die den einheimischen M dchen vorenthalten wurden Jemand mu te sich schlie lich der einsamen M nner annehmen ihre Hitze k hlen ehe sie mit einer Hiesigen vor den Traualtar traten und Treue schworen Obwohl sie sich nie an verheiratete M nner heranmachte mieden sie die Frauen Eine die im M nnerfleisch Bescheid wei hat einen schweren Stand bei jenen die beizeiten die Pflicht eingeh mmert bekamen ohne Lust die Beine zu spreizen Dem Aggressionsabbau zur Aufrechterhaltung der d rflichen Ordnung der sich bei den M nnern vor allem in Form k rperlicher Gewalt u ert dienen neben der auf die Wirtin beschr nkten sexuellen Freiz gigkeit auch die Dorffeste wie etwa die Fastnacht bei welcher die die archaische n Triebe kontrollierenden Mechanismen mit Billigung der d Bei den Frauen entl dt kirchlichen W rdentr ger zeitweilig au er Kraft gesetzt sin sich die Aggr
179. d Akribie im Kontext einer lustvollen Betrachtung der Insektenmorde erscheint unter moralischen Gesichtpunkten um ein Vielfaches gravierender als es die strenggenommen gar nicht als L ge zu bezeichnende Angabe eines ungef hren Todeszeitpunktes w re Hinter der vordergr ndigen und als anerzogen ausgewiesenen Moralit t scheint sich so eine weitaus monstr sere Amoralit t zu verbergen die auch den besten Vorsatz einer unvoreingenommenen Lekt re zu ersch ttern in der Lage ist und unwillk rlich berlegungen Raum geben muss ob Annas Verhalten nicht letztlich doch als pathologisch im Sinne der bei ihr wie generell bei Jenischen vorzugsweise diagnostizierten Psychopathie bzw des moralischen Schwachsinns zu bewerten ist Das ist die Anna wie Lodemann sie kennt Aufs ssig verstockt verlogen Moralisch schwachsinnig Lodemann schnauft vor berraschung auf und kann seinen Blick nicht von der Durchschrift in seinen H nden abwenden Dies ist kein Schulzeugnis Es ist ein Entlassungsschreiben das nun wirklich nicht jeder vorzuweisen hat Nicht jeder ist in seiner Kindheit hinter Gittern gesessen H v m Tats chlich lesen sich Annas Berichte von gequ lten Tieren get teten V geln vom in Brand setzen des elterlichen Wohnwagens den ersten Morden an einem Jungen der sie und Franziska beim Liebesspiel erwischt und denunziert sowie eines M dchens das sie Zigeunerhure genannt hat bis hin zu ihrer sadistisch gep
180. d bezeichnet sieht er das Unterfangen den 137 Schmidt Degenhard Robert Ritter S 133 Dass jedoch selbst der Einsatz psychologischer Validierungsinstrumente wie etwa des Rorschach Tests zweifelhafte Ergebnisse zeitigte wird noch zu zeigen sein 38 Ritter Menschenschlag S 19 9 Ritter Menschenschlag S 19 1 Ritter Menschenschlag S 7 14l Ritter Menschenschlag S 19 12 Vgl hierzu J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 9 Fremde Hunde anzulocken zu verkaufen oder zu schlachten war ihre kleine Liebhaberei weshalb beim Erscheinen ihres Wagens oder einer ihrer Gestalten alle K ter des Dorfes in unb ndige Wut gerieten Sowohl bei J rger als auch bei Ritter erscheint das Verzehren von Hunden als besonders befremdliche Ern hrungsweise 18 Vgl hierzu die N he von Ritter und J rger Bei J rger hei t es auf S 10 Zucht und Sittlichkeit waren ihnen von jeher etwas schwierige Begriffe die selbstverst ndlich da schwer aufkommen konnten wo Verheiratete halb und ganz Erwachsene beiderlei Geschlechtes Kinder und Hunde die gleichen Schlafst tten teilten Ritter schreibt auf S 21 Ohne Unterschied des Geschlechts ohne R cksicht auf Gesundheit oder Krankheit lebten sie dort zusammen mit ihren Geschwistern und Eltern ihren Frauen und Br uten ihren ehelichen und unehelichen Kindern 144 Ritter Menschenschlag S 20ff 145 Ritter Menschenschlag S 26 32 Schwachsinn als solchen aus
181. d die Konstruktion einer homogenen Kollektividentit t vor dem Hintergrund europ ischer Minderheitenschutzabkommen und angesichts der Definitionsversuche von nationaler 306 Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende 1999 S 4 Bereitgestellt auf der Homepage des Bundesamtes f r Kultur BAK unter http www bak admin ch themen sprachen_und_kulturelle_minderheiten 00507 00512 00566 00569 index h tml Letzter Zugriff 19 05 2010 307 Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende 1999 S 11 308 Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende 1999 S 12ff 70 bzw ethnischer Minderheit als Voraussetzung um berhaupt als sch tzenswerte Minderheit anerkannt werden zu k nnen Um als echte Minderheit anerkannt zu werden ahmen die MinderheitenaktivistInnen die in internationalen Minderheitenrechtsinstrumenten festgelegten Normen und Kriterien f r Minderheitenrechte nach Eine Minderheit die Kultur gem einem modernen Verst ndnis als etwas begreift das st ndigem Wandel unterliegt und auch Unterschiede unter den Mitgliedern der Gruppe betont hat keine oder geringe Chancen auf Minderheitenschutz und F rderung Das Rechtsparadox resultiert daraus dass die Minderheitenschutzinstrumente nicht nur die Kultur und Identit t von Minderheiten sch tzen sondern auch mit definieren was schutzw rdig ist Das Wissen um diesen Zusammenhang zeigt ein Scharotl Artikel der Ausgabe 6 76 dort hei
182. das alles Menschliche habe vermissen lassen 52 Wie Sara Galle und Thomas Maier ausf hren kam es etwa durch die Akten des Hilfswerkes nicht nur zu einer Anh ufung Verallgemeinerung und Festschreibung von Stigmata sondern auch zu deren Weiterverbreitung und Fortschreibung Galle Maier Menschen und Akten S 133 5 Mehr Zeus S 133 54 Mehr Zeus S 44 55 Mehr Zeus S 103 gt Der Fundus aus dem diese Beamten sch pfen konnten war eine F lle von Menschenmaterial das sich in solchen Kliniken ansammelte und oft Jahre zur Verf gung stand Mehr Zeus S 32f Ist dieser Fundus ausgeforscht wird nach neuem Menschenmaterial Ausschau gehalten und seien es revoltierende Studenten angesichts derer Abderhalden sich ebenso die Frage stellt was denn da an Erbgut vorhanden sei an minderwertigem dass eine ganze Generation recht eigentlich vertiere Mehr Zeus S 104 57 Mehr Zeus S 106 143 Die Lobotomie wird als angeblicher Heilungsversuch just in dem Moment in Erw gung gezogen als Rosa den Anstaltsleitern die fahrl ssige und t dliche Medikation der Hausiererin Kunigunde Waser vorwirft mit der sie das Zimmer geteilt und die ihrerseits den Anstaltsfrieden zu st ren gedroht hatte indem sie von ihrem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch gemacht und auf das Gelesene mit einem hysterischen Asthma Anfall reagiert hatte Aber nicht nur die wissenschaftliche Besch ftigung der Psychi
183. das in akzeptable Bahnen einer botanischen Leidenschaft gelenkte Begehren belastet sein Gewissen so dass er die liebevoll ausgesuchten Rosennamen zu nichtssagenden Abk rzungen verst mmeln muss Im Gegenteil gerade die sanftesten Namen seiner Rosen brachten ihn eher in Verlegenheit Namen wie Marcelle Caprice Marie Claire oder Mermaid eine besonders zarte blassgelbe Rankrose ersetzte Kari Kenel kurzerhand durch Initialen und Zahlen So hie denn Kenels Marie Claire MC3 die Mermaid dagegen MM2 Der Feigenbaum den Kari f r seine Frau Frieda pflanzt und von dem er sich eine R ckkehr in den Garten Eden erhofft wird von seiner Frau als f remdl ndisches Gelump und vom Dorf als fremde s Gefr beargw hnt dennoch hegt und pflegt Kari ihn unbeirrt mehrere Jahre lang bis er endlich Fr chte tr gt und damit schlie lich zum Symbol f r ein sexuelles Begehren wird das keine Erf llung finden kann Nur einmal wollte er sie erreichen die Frau mit der er Bett und Tisch teilte Ihr von einem Gl ck erz hlen das zweier Menschen bedarf Sich aus der Erstarrung retten wollte er mit ihr an der Seite Das h tte er ihr nicht antun d rfen nicht ihrem ausgetrockneten Scho der vom Saft der Feige benetzt zu pochen begann Mit der verlorenen Hoffnung auf ein Kind sprach die Kirche Frieda Kenel auch das Recht auf die Lust ab Fortan wehrte sie jedem Begehren dem eigenen wie dem des Mannes le
184. dass sie sich um ihres Geliebten willen vom lebensbejahenden weiblichen Prinzip entfernt hat als dessen urspr nglicher und unverf lschter Ausdruck wiederholt die Flamenco tanzende spanische Frau in den Blick kommt Oh H U sie tanzen Ich werde sie nicht vergessen die alte Frau von gestern abend die in der Playa einen Paso Doble tanzte mit einem wilden Urgesicht wie es nur Frauen haben k nnen die zu lieben wissen Mit einem Gesicht so sakral anzuschauen wie Manoletes Gesicht vor der Corrida Und ihre spitzen Schreie waren Liebesschreie t nende Liebesbisse Ich bin vor Begeisterung beinahe kopfvoran in ihren runden Bauch hineingesprungen Unz hlige Gl ser Sangria wurden herumgeboten unz hlige Lieder gesungen unz hlige Rhythmen gespielt ein Liebesfest du l st dich auf vor lauter Liebe H i O Wenn sich die Ausgangshoffnung dennoch nicht erf llt und das Buch keines um die 551 Glorie der Frau wird so liegt dies nicht zuletzt daran dass sich f r die Idee der 58 Mehr Licht S 94f 4 Mehr Licht S 42f 5 Mehr Licht S 46 Mehr Licht S 17 Vgl zur Bedeutung des Herzens in Zusammenhang mit dem Opferstatus auch die Ausf hrungen zu steinzeit Kapitel V 1 5 Mehr Licht S 18 548 G ttner Abendroth Heide Die tanzende G ttin S 45 Ein Hauptmerkmal aller matriarchalen Kulte war der Tanz Denn der Tanz war mehr als ein sehr ausdrucksvolles Gebet er war die wichtigst
185. de kannten weibliche Gottheiten und die Priester und Intellektuellenkaste war vorwiegend Frauen vorbehalten Beide waren in ihrer fr hesten Zeit Ackerbaukulturen die das Tieropfer nicht kannten Die von Ganzheitlichkeit Gewaltferne und Lebensbewahrung gekennzeichnete weibliche Subjektposition wird jedoch nicht zuallererst in Abgrenzung zu einer in diametralem Gegensatz dazu stehend aufgefassten M nnlichkeit sondern vor allem ber die Kritik eines verfehlten Emanzipationsbestrebens gewonnen das sich dem m nnlichen Prinzip des T tens anzun hern versucht und so das eigentlich friedfertige weibliche pervertiert wie anhand der Stierk mpferinnen Tencha und Anna vorgef hrt werden soll Wird es die mujer torrera sein die den Irrtum aufdeckt und das Ende des spanischen Stierkampfes einleitet Gleiches Recht der Frau kann dort nicht gelten wo das Recht nur darin besteht zu t ten Es ist gerade nicht das generelle Befremden angesichts eines brutalen T tungsrituals als das der Stierkampf wiederholt in den Blick kommt das im Vordergrund 512 G ttner Abendroth Heide Die tanzende G ttin Prinzipien einer matriarchalen sthetik M nchen 1991 S 16 513 Mehr Licht S 35 514 Mehr Licht S 60 515 Vgl Huonker Thomas Fahrendes Volk verfolgt und verfemt Jenische Lebensl ufe Z rich 1987 S 6f 6 Mehr Licht S 60f 7 Mehr Licht S 64 U M N 127 steht Wie Mehr selbst
186. dem Vagabundenerbgut herzuleiten H i O zun chst als Problem an solange man davon ausgehe das die Landstreicher eine wild zusammengew rfelte Gesellschaft verschiedenartigsten Herkommens bildeten und da daher die M glichkeit von ihrer Gesamtheit auf den einzelnen zu schlie en nicht in Frage kommen k nnte da ihnen kein einheitliches Erbgepr ge eigen zu sein schien Zudem schienen diese Menschen als sie noch umherzogen keineswegs schwachsinnig zu sein 148 Um diesen Einwand zu entkr ften f hrt Ritter an dass gerade die Tarnung in Form der gro en Beredsamkeit und des selbstbewussten Auftretens der Vagabunden daf r verantwortlich sei dass ihr Schwachsinn ber die Jahrhunderte hinweg unerkannt geblieben war dass sich jedoch die Vaganten fr herer Jahrhunderte bereits durch ein gleichf rmiges da heredit res Verhalten ausgezeichnet h tten Alle unsere Ermittlungen ergaben da sie die Vaganten wenn sie beispielsweise auf den Bettel ausgezogen waren dies nicht mit der Geb rde der Unterw rfigkeit und mit einem Flehen um Almosen getan hatten sondern da sie mit einer gewissen Keckheit wenn nicht Unversch mtheit eine Gabe forderten als ob dies ihr angeborenes Recht sei Sie lie en sich nicht abweisen sondern beharrten auf ihrer Forderung unter beredter Darlegung der Gr nde f r ihre angeblich unverschuldete Armut Ankl nge an diese Haltung lie en sich sogar noch unter den Jug
187. den Analysen der Texte Brandzauber und Angeklagt zeigen 7B Mehr Daskind S 219ff 173 VII Sich selbst zum Spieleinsatz machen Erfahrungsb cher Wie in Kapitel IV gezeigt beschreibt Michel Foucault im Interview mit Ducio Trombadori Erfahrungsb cher als Fabrikationen der eigenen Geschichte die von der Frage nach den Beziehungen zwischen den Rationalit tsstrukturen des wahren Diskurses und den daran gekn pften Unterwerfungsmechanismen durchzogen sind Diese Art der Fiktion soll Grenzerfahrungen erm glichen die zur Vernichtung bzw Aufl sung von Subjektpositionen treiben das Subjekt von sich selbst losrei en es entsubjektivieren k nnen indem im Akt der Wiederholung unterwerfender Bedingungen und im Akt ihrer schriftlichen symbolischen Repr sentation Erfahrungen von Kontingenz und Nicht Notwendigkeit gemacht werden k nnen Kriminalisierung und Pathologisierung die den Wahrheitsdiskurs ber die Jenischen dominieren erweisen sich als hoch effektive Unterwerfungsmechanismen in der Hinsicht dass sie subjektivierende Selbsttechniken zuallererst in Gang setzen und zwar indem sie die so Adressierten dazu veranlassen mittels Gewissenspr fung Selbstvergewisserung etc das eigene Jenischsein auf kriminelle pathologische Elemente hin zu berpr fen und so zu Mitspielern in einem Wahrheitsspiel zu werden in dem es gilt zu einer entkriminalisierten entpathologisierten und intelligiblen jenischen Subjektposition zu gelangen
188. den Bedingungen die beschriebenen entsubjektivierenden Effekte zeitigen kann Denn w hrend die symbolische Wiederholung bzw Umsetzung im Roman die Gegenstandslosigkeit der diskursiven Zuschreibungen erfahrbar machen und sie als Unterwerfungsmechanismen entlarven kann w rde eine Wiederholung in actu gerade den Beweis ihrer Wahrhaftigkeit erbringen und eine erneute Inhaftierung und oder Psychiatrisierung zur Folge haben Lassen sich als Kosten einer jeglichen Form von Subjektkonstitution die bereits mehrfach erw hnten Paradoxien und Ausschlussprozesse anf hren die mit subjektivierenden Grenzziehungen unweigerlich einher gehen hat gleichwohl auch Entsubjektivierung ihren Preis Denn nicht zuletzt l sst sich die Zur ckhaltung von literaturwissenschaftlicher Seite in Bezug auf Mehrs Texte der Gewalt Trilogie m glicherweise zum einen dem an sthesierenden Effekt zuschreiben der Foucault zufolge ein Erfahrungsbuch erst als solches auszeichnet und zum anderen als Effekt eines Verlustes von Intelligibilit t deuten der mit Entsubjektivierungsprozessen notwendig einher geht Dies tut der Leistung der Texte hingegen keinen Abbruch Sie besteht nicht zuletzt darin auf innovative Weise die Frage nach dem Konnex von Fremd und Selbstrepr sentation sowie die Frage nach dem Zusammenhang von Repr sentation und Subjektkonstitution auf neuartige Weise erfahrbar und damit reflektierbar zu machen 225 IX Literatur Quellen Prim rliteratur
189. den schlie lich im Zuge ihrer Kreuzigung in absoluter Selbst Vernichtung Denn der letzte und st rkste Gegenbeweis f r den Vorwurf der T terschaft liegt in der Besetzung der Opferposition der Wiederholung der Opferung desjenigen am eigenen Leib an dem Franziska selbst bzw ihr Volk zum T ter geworden sein soll der gewaltsame Tod am Kreuz durch die Hand einer anderen einer T terin die mit dem Schuldigwerden an der Kreuzigung zugleich den Beweis f r Franziskas Schuldlosigkeit erbringt 77 Mehr Brandzauber S 26 172 Mehr Brandzauber S 25ff 188 Es wird deutlich dass der Spieleinsatz bei diesem Wahrheitsspiel im Falle der Akzeptanz der unterwerfenden Zuschreibungen des Wahrheitsdiskurses das eigene Leben ist F r Franziska bleibt folglich nur eine nicht lebbare Identit t Bei der Figur Anna verh lt es sich genau umgekehrt Spieleinsatz ist hier nicht das Leben an sich sondern jegliche Form der Identit t bzw Subjektposition die an die Unterwerfung unter den Wahrheitsdiskurs gekn pft w re und damit Identit t schlechthin Ein solches Projekt der Entsubjektivierung ist folgt man Foucault wenn berhaupt nur in Form einer wiederholenden Ann herung an die unterwerfenden Bedingungen m glich also vor allem an diejenigen Zuschreibungen die den Anlass daf r bieten dass sich das Subjekt sich selbst zu denken gibt Da diese Zuschreibungen dadurch dass sie Bestandteil des Wahrheitsdiskurs
190. der Lekt re der Akte Waser sicherlich selbst feststellen k nnen dass schon allein die Herkunft der Frau den Inhalt des Gutachtens rechtfertige Dar ber k nne auch ein gelegentlich gewitztes und selbstsicheres Auftreten nicht hinwegt uschen ganz im Gegenteil ein solches Auftreten m sse als Symptom gewertet werden das klar auf den moralischen Schwachsinn der Probanden verweise 53 Diese Anspielungen strafen den dem Roman vorangestellten Hinweis s mtliche Namen und Gestalten in diesem Buch sind frei erfunden hnlichkeiten mit lebenden Personen also zuf llig L gen Mehr Zeus S 4 574 Eine Solidarit t unter Kollegen die sich bisweilen nur unter Einsatz des eigenen Lebens n mlich durch Selbstmord mit dem eigenen Berufsethos vereinbaren l sst Vgl Mehr Zeus S 45 ff Mehr Zeus S 104 140 Im Roman wird die eigentliche Ursache der Profilierungssucht Wasserfallens in einer zuf lligen aber umso folgenreicheren Begegnung in dessen Jugend verortet Das wissenschaftliche Interesse des selbst aufgrund einer pr natalen Havarie k rperlich beeintr chtigten Wasserfallen an Zigeunern bzw Jenischen und deren Pathologisierung wird im Roman als von einer tiefen Verunsicherung und narzisstischen Kr nkung herr hrend erz hlt die er durch das Zigeunerm dchen Hera erfahren hat Das Hinken wurde schlimmer sein schlurfender Gang fiel im Dorf zunehmend auf und wurde belacht besonders vo
191. der Nicht Notwendigkeit machen l sst eine Erfahrung die zur Zerst rung des Wahrheitsanspruches und somit auch zur Zerst rung der damit verbundenen subjektivierenden Effekte f hren kann Martin Saar sieht das fiktive Moment Foucaults kritischer Genealogien hinsichtlich ihres Plots vor allem in ihrer Ausschnitthaftigkeit und der Erz hlung hypothetischer Verl ufe begr ndet Als Stilmittel die den fiktiven bzw rhetorischen Charakter der Genealogien neben aller Mimesis an die Formen realer Geschichtsschreibung offenbaren f hrt Saar u a hyperbolische dramatisierende Zuspitzung in der Beschreibung von Machtwirkungen Hyperkonkretion und Personalisierung sowie einen ausgepr gten Adressierungs und Implikationscharakter an Das Wirkungspotential eines Erfahrungsbuches bzw einer gelungenen kritischen Genealogie will Saar an die Ber hrung identit tsrelevanter Fragen gekoppelt wissen 4 Foucault Trombadori S 1589f 45 Saar Genealogie als Kritik S 307 6 Saar Genealogie als Kritik S 290 7 Saar Genealogie als Kritik S 306 08 Saar Genealogie als Kritik S 306f 49 Saar Genealogie als Kritik S 308 Die totale theoretische Entnaturalisierung wie sie die k hle nominalistische Geste vollzieht w re n mlich f r die einen die Normalen Ausl ser einer Krise f r die anderen die Anormalen eine Befreiung denn f r Letztere w rde der Grund
192. der damit verbundenen angstbesetzten Phantasien und Ziel eines kriminalpr ventiven Zugriffs werden konnten ohne dass auch nur ann hernd vergleichbare oder berhaupt irgendwelche Straftaten die Grundlage daf r bildeten Das mit derartigen Angstphantasien verbundene Bed rfnis nach Projektion und die damit einhergehende Eigendynamik reflektiert Kari wiederum im Interview unter dem Stichwort Fremdsucht bzw Fremdwut Und was ist mit dem was Millionen Menschen aneinander schmiedet Die Fremdsucht und damit die verlorene Zusammengeh rigkeit zwingt uns zu immer phantasievolleren Versuchen zur ckzugewinnen was wir verloren haben Die Fremdwut auch deine S e hat ihren Preis Manchmal jongliert das Heute mit dem Heute und wird zu unendlicher Zeit zu aller Zeit Dass Angeklagt auch mit Blick auf die Position der Autorin als Erfahrungsbuch gelesen werden kann l sst sich anhand der Verschiebungen zeigen die der Roman im Vergleich zu den Presseberichten ber Caroline H aufweist Sprachen die Gutachter bei Caroline H von einer Familie in der Konflikte nicht offen ausgetragen wurden finden sich in Angeklagt zahlreiche Passagen die handfeste Auseinandersetzungen der Familienmitglieder thematisieren Diagnostizierten die Gutachter Caroline H s eine narzisstisch schizoide Borderline Pers nlichkeitsst rung berwiegen im Roman Hinweise auf eine dissoziative Identit tsst rung und wie bereits eingangs erw hnt eine
193. der kann man also eine g nstige Prognose f r sein zuk nftiges Leben stellen Die Beispiele lie en sich vermehren Das Bild w rde sich nicht wesentlich ndern es sind alles psychisch defekte Pers nlichkeiten bei denen trotz intensiver Milieutherapie keine nderung ihres Charakters erreicht werden kann Die vererbten negativen Anlagen sind meist sehr stark ausgepr gt und setzen sich nach der Pubert t in Form von asozialem und kriminellem Verhalten durch Es gibt selten ein Landfahrerkind das nicht mit einem psychischen oder einem physischen bel behaftet ist Diese berlegungen f hren Waltisb hl schlie lich im dritten Teil seiner Untersuchung zu einer Kritik des geltenden Systems und Reformvorschl ge n wobei unter 8 die Landfahrer bzw Jenischen nicht zuletzt auf Grund ihrer ererbten psychischen Minderwertigkeit die sie von anderen Vaganten unterscheide erneut gesondert betrachtet werden Zuchthaus Gef ngnis und Haftstrafen h lt Waltisb hl f r erfolglos und argumentiert unter Verweis auf die erbliche Belastung der Landfahrer gar in Richtung verminderte Zurechnungsf higkeit die jedoch von zahlreichen Richtern bei der Zumessung der Strafe nicht ber cksichtigt werde da das selbstsichere und normale Verhalten der Landfahrer ber ihre Abnormit t hinwegt usche eligentliche Intelligenzdefekte selten festgestellt werden k nnten und folglich kein Psychiater hinzugezogen
194. derhalden entworfen die ihren Forschungen in der Flurer Irrenanstalt Narrenwald ungehindert nachgehen k nnen und deren Forschungsergebnisse sich zudem gro er Popularit t erfreuen Die durchweg sprechenden Namen Bonifatius Wasserfallen verweist auf Benedikt Fontana Gottlob Abderhalden auf Gottlob Pflugfelder Narrenwald in Flur auf die psychiatrische Klinik Waldhaus in Chur sowie Parallelen zu tats chlichen Vorf llen verleihen dem Handlungsstrang um die Ereignisse in der Klinik trotz der bisweilen ironischen berzeichnung referentiellen Charakter Die Irrenanstalt erweist sich in mehr als einer Hinsicht als Ort an dem gesellschaftliche Ordnungsprinzipien au er Kraft gesetzt sind sie erscheint als weitgehend rechtsfreier Raum denn einer etwaigen strafrechtlichen Verfolgung bei z B fahrl ssiger T tung wissen sich die Leiter der psychiatrischen Klinik stets zu entziehen nicht nur Befunde und Gutachten werden von Kollegen bereitwillig best tigt und die darauf gr ndenden Ma nahmen als gerechtfertigt ausgewiesen sondern auch bei einer Obduktion gewonnene Erkenntnisse verschwiegen bzw bagatellisiert Nun das Gerichtsverfahren habe sich dann er brigt Das Gutachten seines Vorg ngers er habe es ja k rzlich zur allgemeinen Lekt re mitgebracht sei vom medizinischen und ethischen Standpunkt aus gesehen einwandfrei und usserst sorgf ltig ausgefallen Sie die Herren h tten bei
195. dern die auch bei allen Straftaten zugegen ist und mithilft beim Begraben H user St lle Lagerhallen Telefonkabinen Menschen bzw sogar als m gliche Hauptt terin ins Spiel gebracht wird Den zahlreichen Hinweisen Karis dass es sich bei Malik und ihr um zwei verschiedene Personen und bei den roten Schuhen um zwei verschiedene Paar Schuhe handelt stehen ebenso viele Hinweise gegen ber die Malik als bewusste Konstruktion entlarven Die roten Schuhe die an anderen Frauen zu sehen Kari bzw Malik angeblich dazu bringt diese zu t ten bilden den Dreh und Angelpunkt ihres Spiels mit Untersuchungsrichter und 67 Mehr Angeklagt S 123 868 Vgl auch folgende von Kari wiedergegebene S tze der Mutter ber den Vater Hurenbock und mit der eigenen Tochter das Schwein Von Mutters Schwester wusste ich nat rlich und dass Vater zu ihr gezogen war Aber was war mit der Tochter Hatte ich eine Schwester Wo war sie Mehr Angeklagt S 19 9 Mehr Angeklagt S 86 70 Malik m ssen Sie wissen wollte im Gegensatz zu mir beachtet werden Sie gierte danach aber es war ihr egal ob sie geliebt oder gehasst wurde Mehr Angeklagt S 44 371 Wenn irgendetwas Frau Doktor mich zu der gemacht hat die ich heute bin dann waren es Maliks rote Schuhe Ja Maliks Schuhe nicht jene die mir mein Vater geschenkt hat Auch Ihnen wird es nicht gelingen da einen Zusammenhang herzustellen das h
196. die Verwahrung In Bundesamt f r Justiz Fachbereich Straf und Ma nahmenvollzug Hrsg Info Bulletin 1 2009 S 29 31 Mehr Angeklagt S 6 Ob es sich tats chlich wie angegeben um ein Zitat von Foucault handelt lie sich bisher nicht belegen Inhaltlich weist es Parallelen zu Positionen auf die sich in Beitr gen des von Foucault herausgegebenen Sammelbandes zum Fall Riviere finden Vgl zum Beispiel Jean Pierre Peter und Jeanne Favret Das Tier der Wahnsinnige der Tod In Michel Foucault Hrsg Der Fall Riviere Materialien zum Verh ltnis von Psychiatrie und Strafjustiz Frankfurt M 1975 S 213 Wir glauben da der Eingeborene um das Wort zu ergreifen und um geh rt zu werden erst einmal t ten und dann daf r sterben mu Ihre Taten sind Diskurse aber was sagen sie und warum sprechen sie diese entsetzliche Sprache des Verbrechens Und hnlich auf S 215 Der Mord exemplarisches Ereignis zielt inmitten einer erstarrten Welt auf die Zeitlosigkeit der Unterdr ckung und auf die Ordnung der Macht 205 e Wie h tte mein Leben verlaufen m ssen dass ich Caroline H geworden z 832 w re Die von Mehr in Bezug auf Angeklagt formulierten Fragen sofern sie als Deutungsangebot aufgefasst werden f hren zu noch gravierenderen interpretatorischen Schwierigkeiten und Kurzschl ssen als die autobiographischen Anleihen in Brandzauber Denn sie suggerieren die Auseinandersetzung mit einer T terbiographie
197. e Ein hnliches Bild schwerer erblicher Belastung und bersteigerter Reaktionen vermittelte uns ein Rorschach Test wobei uns auffiel dass der Explorand sehr pr zis beobachtete aber ganz eigenartige zigeunerisch archaische Einf lle produzierte August so das Fazit sei unf hig zu einer positiven bertragung und affektiven Bindung an einen Erzieher und somit nicht besserungsf hig Die daran ankn pfenden berlegungen Waltisb hls legen abermals die Sterilisation als einzig praktikable ja humane Alternative nahe um k nftiges Elend zu verhindern Was soll nun aus einem solchen Menschen werden Es ist das tragische Schicksal eines Getriebenen Dauernde Verwahrung Dies w rde f r ihn ein solch qualvolles Dasein bedeuten dass man es kaum verantworten k nnte In die Freiheit entlassen Der Mann w rde unvermeidlich wieder ins Vagantentum und in die Kriminalit t zur cksinken alle Erziehungsbestrebungen w ren vergeblich gewesen Auch die weiteren Falldarstellungen dienen einzig dazu dem Leser die Aussichtslosigkeit erzieherischer Ma nahmen vor Augen zu f hren so dass abschlie end argumentiert werden kann 21 Waltisb hl Bek mpfung S 121f Waltisb hls Ausf hrungen belegen einmal mehr das gro e Missbrauchspotential welches das Aktenmaterial ber die Kinder der Landstra e darstellte 2 Waltisb hl Bek mpfung S 125 203 Waltisb hl Bek mpfung S 126 45 F r kein einziges dieser Kin
198. e gott und den penis soori nennen es widerstrebt mir das herz diesen krafstrotzenden klumpen fleisch zu vers chlichen diese urmaschine zu verniedlichen immerhin war sie stark genug allen psychiatrischen eingriffen allen t dlichen bedrohungen zu trotzen mein herz ist eine frau identisch mit mir 0 Mehr steinzeit S 9 1 Mehr steinzeit S 35 2 Mehr steinzeit S 100 43 Mehr steinzeit S 168 44 Mehr steinzeit S 29 5 Mehr steinzeit S 20 6 Mehr steinzeit S 22 121 Zwar wird die Identifikation mit der eigenen ethnischen Herkunft noch nicht vollst ndig vollzogen die eigene Sprache ist das Deutsche die jenische Muttersprache ist Fremdsprache die erst erlernt werden muss dennoch wird in der zitierten Passage die M glichkeit einer unversehrten Identit t sowohl als Frau als auch der Wiedergewinnung einer verlorenen kulturellen jenischen Identit t entworfen wie sie die Radgenossenschaft der Landstrasse bei ihrer Gr ndung 1973 als eines der wichtigsten Ziele der Organisation formuliert hatte Aufgrund der ambivalenten Effekte die eine solche Identit tsarbeit und Selbstthematisierung mit sich bringt vgl Kapitel II l sst sich in diesem Zusammenhang jedoch nicht uneingeschr nkt von einer Emanzipation sprechen als die etwa Malcolm Pender steinzeit verstanden wissen will In the early 21st century at a time when capitalism having triumphed over Communism a
199. e h bsche schwarz ugige Jennische vergaffte sie zur Frau nahm und erleben mu te wie ihm eine Vagantenbrut geboren wurde die Schimpf und Schande ber seine bisher rechtschaffene Familie brachte Wie seine Vorg nger konstatiert Waltisb hl eine bereinstimmung der Namen der heutigen Landfahrerfamilien mit jenen der Beteiligten der Gaunerprozesse des letzten und vorletzten Jahrhunderts Aufschlussreich sind Waltisb hls Ausf hrungen zur nur vermeintlichen Unverd chtigkeit bestimmter Namen unter Verweis auf Ritter Ritter hat in seinen Untersuchungen an schwachsinnigen Hilfssch lern mit vollkommen unverd chtigen Namen festgestellt dass 190 77 Wie genau sie irgendwie doch von einer urspr nglichen Vagantensippe abstammten diese irgendwie bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen rekonstruiert wurden scheint sich Waltisb hl aus Ritters Ausf hrungen nicht erschlossen zu haben Das Kapitel Ehe und Nachkommenschaft referiert ebenfalls Forschungsergebnisse Ritters und vor allem J rgers und verfolgt den Nachweis der uners ttlichen Sexualit t und Flatterhaftigkeit vor allem der Frauen sowie der gro en Fruchtbarkeit der Jenischen die den Heimatgemeinden unzumutbare F rsorgeleistungen abverlange Ebenfalls besonders hervorgehoben wird auch von Waltisb hl die Verstellungskunst schon der kleinen Kinder so seien Briefe fremdplatzierter Kinder in denen Sehnsucht nach der Herk
200. e Chance geboten wurde sich in die Gesellschaft einzugliedern Schon vom rein ethischen Standpunkt aus sind wir verpflichtet ihnen eine ihrer Natur angepasste Behandlung zu gew hren Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Ma nahmen zur Verh tung erbkranken Nachwuchses zu betrachten H i O Um die Berechtigung eugenischer Ma nahmen zu verdeutlichen f hrt Waltisb hl noch einmal die Erkenntnisse J rgers und Ritters zur erblichen Minderwertigkeit der Jenischen an die vor Augen f hren sollen dass die Ursache ihrer Asozialit t anders als bei anderen Landstreichern Wanderarmen etc gerade nicht zuallererst in schlechte n Milieueinfl sse n zu suchen ist 1 Vererbung der geistigen Minderwertigkeit Verst rkung der abnormen psychischen Konstitution durch fortdauernde Inzucht 2 Entstehung von minderwertigen Nachkommen durch Keimverderbnis Blastophtorie 8 Waltisb hl Bek mpfung S 154 0 Waltisb hl Bek mpfung S 155 210 Waltisb hl Bek mpfung S 155 21 Waltisb hl Bek mpfung S 156 212 Waltisb hl Bek mpfung S 156 47 3 Ver nderungen innerhalb der jugendlichen Psyche durch Angleichung an das missliche Milieu Als Ma nahmen zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses schl gt Waltisb hl zum einen Eheverbote vor wie sie bereits in der ersten H lfte des 19 Jahrhunderts 214 ausgesprochen worden waren Mit Bedauern konstatiert er jedoch dass La
201. e Zeit vor dem Nationalsozialismus h ufig noch zu erforschen Hinsichtlich des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstra e l sst sich das Zusammenspiel von Wissensbest nden und Praktiken anhand des umfassenden Akten Materials rekonstruieren und dar ber hinaus auch die Dimension und Funktion einzelner Akteure bei diesem Zusammenspiel wie etwa die herausragende Rolle Alfred Siegfrieds nachvollziehen Ein konzertierter Zugriff auf Fahrende bzw Heimatlose in der Schweiz und damit verbundene Versuche einer systematischen Erfassung und Kontrolle der jeweils in den Blick der Obrigkeiten kommenden Gruppen erfolgte wie Leimgruber Maier und Vgl Huonker Thomas Diagnose moralisch defekt Kastration Sterilisation und Rassenhygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie 1890 1970 Z rich 2003 S 82 5 Vgl hierzu v a Michael Zimmermann Rassenutopie und Genozid Die nationalsozialistische L sung der Zigeunerfrage Hamburg 1996 sowie Ders Hg Zwischen Erziehung und Vernichtung Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20 Jahrhunderts Stuttgart 2007 gt Vgl hierzu Huonker Diagnose moralisch defekt 5 Vgl hierzu neben den Publikation von Leimgruber Walter Thomas Maier und Roger Sablonier Das Hilfswerk f r die Kinder der Landstrasse Bern 1998 sowie von Huonker Thomas und Regula Ludi Roma Sinti und Jenische Schweizerische Zigeunerpolitik zur Zeit des Nationalsozial
202. e das Keimplasma verderben Nach dieser Auffassung werden die erblichen Determinanten durch die Gifte ge ndert und es wird eine neue J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 107 6 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 1 67 Die Psychiatrie spielte nicht nur in der Schweiz sondern auch in Deutschland eine entscheidende Rolle bei der Pathologisierung und im Anschluss daran der Psychiatrisierung Fahrender Jenischer Bereits vor Ritter hatte sich Karl Wilmanns mit Landstreichern und Vagabunden bzw Jenischsprechern besch ftigt und sich 1906 mit der Schrift Ergebnisse einer Untersuchung geisteskranker Landstreicher habilitiert Wie J rger so machte auch Wilmanns eine Kombination aus Anlage und Umweltfaktoren f r das Aufgehen im Landstreichertum verantwortlich Das eigentliche Ziel seiner Untersuchungen von 1906 bestand darin das Landstreichertum als Geisteskrankheit zu etablieren und folglich die Verlegung der so Diagnostizierten von Strafanstalten in psychiatrische Anstalten zu erwirken Vgl Wilmanns Karl Zur Psychopathologie des Landstreichers Leipzig 1906 S 418 Sein gro es Interesse f r jenischsprechende Vagabunden belegt folgendes Zitat In den langen Unterhaltungen mit den professionellen Landstreichern im Arbeitshause Kislau und bei ihren sp teren Besuchen bei mir in Heidelberg erlernte ich ihre Sprache das Jenisch Diese Gaunersprache enthielt viele Ausdr cke aus dem alten Rotwelsch zeigte
203. e ein nichtsesshaftes Leben f hren Sie bilden ein Volk f r sich haben ihre eigene Sprache das Jennische und auch sie heiraten nur unter sich Im Volke werden sie einesteils mit den Zigeunern von denen sie sich rassisch unterscheiden andernteils mit den Landstreichern von welchen sie sich in ihrer ganzen Lebensweise differenzieren verwechselt In weit gr erem Umfang als J rger oder Ritter widmet sich Waltisb hl der Analyse und Bewertung bisheriger f rsorgerischer und repressiver Ma nahmen gegen die Nichtsesshaftigkeit aus juristischer Perspektive Besondere Kritik erf hrt dabei die Armenpflege der mittelalterlichen katholischen Kirche unter der das F rsorgewesen 166 Erst im Zuge der Reformation sei man dazu bergegangen die geradezu entartet sei W rdigkeit und Bed rftigkeit der Almosennehmer zu berpr fen und dar ber hinaus erzieherisch t tig zu werden um die Armen wieder dem Arbeitsmarkt zuzuf hren Einen weiteren Schritt in diese Richtung habe sp ter die Aufkl rung mit der Einrichtung von Arbeits Spinn und Industrieschulen geleistet Kritik erf hrt neben der katholischen Armenf rsorge auch die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Kantone untereinander und der fehlende Wille entsprechende Abkommen mit den Nachbarstaaten vor allem Bayern Baden und W rttemberg zu treffen Als verheerende Folge f hrt Waltisb hl eine Diebs und Gaunerbande an die bis zu
204. e ethische Nullit t u ert sich haupts chlich in folgenden Punkten Fehlen jeglicher Mutterliebe krasse Vernachl ssigung der Kinder unsittlicher Lebenswandel L genhaftigkeit Mangel jeglicher Reue Fehlen jeder Tendenz zur Besserung Diese Defekte sind nicht erworben sondern angeboren Ihre Physiognomie ist das beste Abbild ihres Innern kalt herzlos egoistisch von keinem Affekt des Wohlwollens beschienen Solche Individuen sind f r die menschliche Gesellschaft die allergef hrlichsten und absolut unverbesserliche Kreaturen Dies sind die geborenen Verbrecher Lombrosos Sie ist geisteskrank im klinischen und forensischen Sinne des Wortes sie ist gemeingef hrlich und steht w hrend ihres ganzen Lebens in Gefahr mit dem Strafgesetz in Konflikt zu kommen Grellmann Versuch S 129 denn Selbstmord ist so wenig als Kindsmord jemahls unter diesem Volke erh rt gt Ist das nicht Gretchen aus Goethes Faust Der friedlich stille See das versenkte blutige B ndel das blumenbekr nzte singende Kind die verzweifelte Mutter der vers hnende Orgelklang und der Schlag der Axt welche den neuen Galgen zimmert erwecken Gef hle die einen Dichter zur Tat antreiben k nnten J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 63 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 46 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 47 23 Die im Gutachten gemachten Bemerkungen zu physiognomischen Besonder
205. e magische Praktik berhaupt Der Tanz ist die lteste und elementarste Form der religi sen u erung er ist Magie als getanztes Ritual Aus ihm entwickelte sich jede andere Ausdrucksform die wir uns heute Kunst zu nennen angew hnt haben 58 Mehr Licht S 83 Anna hingegen ist keine T terin Sie liebt die Kunst der Bewegung die Musik das T nzerische Elegante Pomp se den Applaus die geballte Erotik in der Arena den Reiz der Gefahr H i O gt 50 Mehr Licht S 79 Mehr Licht S 112 o 4 Wr 4 Wr 132 dreifachen G ttin keine reale Entsprechung finden l sst Lediglich m tterlichen Frauen begegnet Mehr auf ihrer Reise aber keinen stolzen g ttlichen Amazonen oder weisen Greisinnen was jedoch vornehmlich der patriarchalen Gesellschaftsordnung zugeschrieben 552 wird die derartige weibliche Lebensentw rfe unlebbar mache Nicht zuletzt scheitert das urspr ngliche Reisevorhaben auch daran dass der Versuch misslingt die Stierk mpferinnen Anna und Tencha von dem Irrtum zu berzeugen als der der von Frauen ausge bte blutige Stierkampf angesehen wird womit zugleich der Nachweis des weiblichen Prinzipes als essentiellem Charakteristikum der Frau misslingt Die politische Dimension die vor allem Tencha im Kampf der spanischen Stierk mpferinnen f r Gleichberechtigung sieht und ihre Klagen angesichts einer zutiefst frauenverachtenden Gesellschaf
206. e und l ste im Nationalrat eine Diskussion um eine Erweiterung der Strafm glichkeiten aus Vorgeschlagen wurde neben der Wiedereinf hrung der Todesstrafe u a die Kastration und Leukotomie bestimmter Straft ter die Motionen blieben jedoch erfolglos Das psychiatrische Gutachten zu Deubelbeiss fertigte der Rechtsmediziner Hans Binder an Er bezeichnete Deubelbeiss u a als Meister der Verstellungskunst und attestierte dar ber hinaus einen ganz schleichende n symptomarme n Prozess einer Schizophrenie Die Verminderung der Zurechnungsf higkeit sei angesichts der geschickten Verteidigung des Angeklagten nur als leicht zu bewerten der schleichende Verlauf der Schizophrenie lasse es jedoch ratsam erscheinen ihn nie mehr in die Freiheit zu entlassen Vgl Wottreng Willi Deubelbeiss und Co Wie ein Gangsterduo die Schweiz in Schrecken versetzte Z rich 2007 S 150ff 36 Mehr R ckblitze S 96 337 Mehr R ckblitze S 183 80 Mit gesch rftem Blick entdeckte ich dann auch dass die heutigen Nutzniesser der Anf nge unseres Kampfes um die Rechte der Jenischen ausschlie lich M nner sind Ironischerweise trotz der historischen Tatsache dass sie das bisschen Recht das wir bis heute zur ckerobern konnten dem Mut und dem Zorn jenischer Frauen zu verdanken haben Heute sitzt im llk pfigen Vorstand der Radgenossenschaft der Landstrasse keine einzige Frau wohl aber ist es ihnen erlaubt den anstrengenden t glichen Kleink
207. echzehn mal hast du mich von heim zu heim von erziehungsanstalt zu erziehungsanstalt von spinnwinde zu spinnwinde gejagt du meine ersatzfamilie manchmal nahmst du die polizei zuhilfe weil du angst hattest als letztes sorgtest du f r diesen gef ngnisaufenthalt und nahmst mir christoph Neben der Darstellung der Kindheitserinnerungen finden sich traumartige durch Kursivschrift hervorgehobene Abschnitte sowie kurze Zitatpassagen Dem fragmentarischen Charakter des Erz hlten entspricht die Verteilung der Erlebnisinhalte auf drei Repr sentationen der integrierenden und reflektierenden jedoch vergleichsweise selten zu Wort kommenden Ich Erz hlerin die als Versuch der literarischen Umsetzung einer Identit tsdissoziation gelesen werden k nnen Die Geschehnisse der Kindheit werden von Silvia und Silvio erlebt w hrend Silvana die Erlebniswelt der jungen Erwachsenen repr sentiert Autodiegetisches Erz hlen ich und heterodiegetisches Erz hlen mit interner Fokalisation Silvia Silvana Silvo wechseln einander ab meist kombiniert mit einem Wechsel des Erz hltempus f nfundzwanzig jahre habe ich mich wie ein berserker durch verbalit t gek mpft um der angst worte zu geben Die ersten f nf jahre blieb ich stumm gefangen in 6 Mehr steinzeit S 120 7 Mehr steinzeit S 74 S 94 S 99 S 101 S 126f 8 Mehr steinzeit S 97 9 Tacovinos Fazit d er erwachsenen Figur gelingt es nicht ihre Verg
208. eder auftretenden Minderwertigkeiten Im Falle Zeus bieten die Akten nur wenig familienanamnestisch Verwertbares in Form einer sanfte n und arbeitsame n Mutter und eines Vaters mit einer Vorliebe f r das braune Gedankengut Dieser Hinweis wird vom Psychiater missmutig zur Kenntnis genommen scheint er doch bei konsequenter Anwendung der Erblichkeitsthesen einen Zusammenhang von nationalsozialistischer Gesinnung und Geisteskrankheit nahe zu 8 legen Abderhalden muss sich daher bei der Diagnosestellung vornehmlich auf eigene Beobachtungen st tzen w hrend im Fall Rosa Zwiebelbuchs bereits auf die Akte des Vaters zur ckgegriffen werden kann Weil das Kantonsspital sich mit der Begr ndung es handele sich bei Zwiebelbuch um einen offensichtlich Geisteskranken und f r Geisteskranke sei bekanntlich Narrenwald zust ndig weigerte den WieauchimmerKranken aufzunehmen kam Bonifatius Wasserfallen unvorbereitet und pl tzlich in den zumindest wissenschaftlich relevanten Genuss den Vater seiner sp teren Gebenedeiten der Rosa Zwiebelbuch kennenzulernen Der offenkundigen Willk r mit der die Erz hlinstanz mit ihren Figuren und die Anstaltsleiter mit den von ihnen beschriebenen Patienten verfahren liegt eine Lust an kontrollierender Autorschaft zugrunde ber die es hinsichtlich der Krankenberichte und der Gemeinsamen gemeint ist die von den Anstaltsleitern gemeinsam schriftlich niedergelegte
209. egen Hie und da soll dann der Irrtum unterlaufen dass Taufzeugen angeworben werden wenn auch kein T ufling vorhanden ist J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 79 6 Vgl J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 21 17 eine neuartige Biologisierung In seinen erkl rterma en biologische n Arbeit en Die Familie Zero 1905 und Die Familie Markus 1919 die 1919 unter dem Titel Psychiatrische Familiengeschichten zusammen publiziert wurden unternimmt J rger den Versuch unter R ckgriff auf verschiedene zeitgen ssische Vererbungstheorien die tiologie und Heredit t der Abnormit ten wie Vagabundismus Verbrechen 66 Unsittlichkeit Geistesschw che und Geistesst rung Pauperismus der von ihm untersuchten Familien zu erkl ren bzw zu belegen Dabei bedient er sich einer Kombination aus Anlage und Umwelt Erkl rungsmodellen Dunkle Zeugungsvorg nge und gesundes Erdreich Anlage vs Umwelt Von Auguste Forel dem Leiter der Z rcher psychiatrischen Anstalt Burgh lzli bernimmt J rger die These von der Weitervererbbarkeit alkoholbedingter Sch digungen des Erbguts In seinem Buche Hygiene der Nerven und des Geistes hat Forel den neuen Ausdruck Blastophthorie Keimverderbnis oder uneigentliche Vererbung eingef hrt um eine ganz spezielle und abweichende Art der Erblichkeit zu bezeichnen die der Alkohol die Syphilis und verwandte Gifte dadurch verursachen dass si
210. ehmend rassebiologischen eugenischen Vorzeichen Der Gedanke der Besserungsf higkeit der Zigeuner Fahrenden wurde im Zuge dieser Entwicklung zunehmend verworfen und von der mit gro em Aufwand betriebenen Stammbaumforschung versprach man sich den letztg ltigen Beweis f r die Unverbesserlichkeit der Zigeuner bzw Vaganten Die Idee einer kriminalpr ventiven Inhaftierung greift Lombroso in seiner 1887 auf deutsch erschienenen Abhandlung ber den delinguente nato auf wozu er auch Zigeuner und unter Verweis auf Ave Lallemant Gauner und Landstreicher z hlt In der Folge fand Lombrosos Konzept des geborenen Verbrechers Eingang in die aufkommende von Psychiatrie Medizin und Rechtswissenschaft gef hrte Diskussion um die Frage nach einer Verankerung der verminderten Zurechnungsf higkeit und Sicherungsverwahrung in der Strafgesetzgebung 1892 hatte Lombroso Auguste Forel den verehrten Lehrer und Freund Josef J rgers des ersten Genealogen der Jenischen in der Schweiz in der Z rcher psychiatrischen Klinik 45 Grellmann Versuch S 9 4 Vgl Grellmann Versuch S 187ff Als einen Grund hierf r nennt er jedoch mangelnde Konsequenz bei der Durchsetzung entsprechender Verordnungen Vgl etwa S 191 4 Lombroso Cesare Der Verbrecher in anthropologischer rztlicher und juristischer Beziehung Hamburg 1887 Verweis auf Av Lallemant u a S 400 48 Vgl hierzu vor allem Wi
211. eht Alternativen gesucht werden Intertextuellen Verweisen auf den Wahrheitsdiskurs ber Jenische kommt im Kontext dieser fr hen Texte die Funktion zu die Unwissenschaftlichkeit und Unwahrheit der Argumentations und Deutungsmuster vorzuf hren ihre verheerenden Folgen f r die jenische Kultur und Identit t aufzuzeigen und im Gegenzug normalisierte da entkriminalisierte und entpathologisierte jenisch weiblich markierte Subjektpositionen auszuarbeiten weshalb vorgeschlagen wurde diese Texte als Wahrheits bzw Beweisb cher zu lesen Mit Zeus oder der Zwillingston l sst sich ein zunehmend experimenteller und komplexerer Umgang mit dem Thema Gewalt konstatieren was unter anderem daran liegen mag dass die Zwangspraktiken des Hilfswerkes ebenso wie Mehrs eigene Erlebnisse mittlerweile hinreichend dokumentiert und zweifelsfrei belegt von einer breiteren ffentlichkeit zur Kenntnis genommen und wissenschaftlich aufgearbeitet bzw best tigt worden waren und daher f r Texte mit Zeugnischarakter keine unmittelbare Notwendigkeit mehr zu bestehen schien Die Protagonistin Rosa Zwiebelbuch in Zeus oder der Zwillingston bildet nun den Auftakt einer Reihe gewaltt tiger aber in ihrer Gewaltt tigkeit positiv konnotierter Frauenfiguren die sich dem im Wahrheitsdiskurs vgl Kapitel II entworfenen Bild jenischer Frauen in den folgenden Romanen immer st rker ann hern werden Dieser Wandel l sst sich vielschichtiger deuten denn als blo e Versc
212. ei Ritter Nomen est omen Diese alte Weisheit werden wir mitber cksichtigen m ssen denn tats chlich k nnen sich die Beziehungen die sich zwischen Tr gern gleicher Namen re i 127 finden auch im Biologischen auswirken Die in seiner Sprechstunde untersuchten Kinder so Ritter weiter in seinen einleitenden Ausf hrungen w rden weder durch u erliche Merkmale einer krankhaften Entartung als schwachsinnig auffallen noch w rden sie sich auff llig bewegen oder ihre geistige Beschr nktheit durch Teilnahmslosigkeit oder andere bekannte Verhaltensmuster zu 120 Aichele Hermann Die Zigeunerfrage mit besonderer Ber cksichtigung W rttembergs Stuttgart 1911 2I Vgl hierzu auch Schmidt Degenhard Robert Ritter S 89 122 Hinsichtlich des Stammbaum Verfahrens beruft sich Ritter lediglich auf die Untersuchungen Goddards und Dugdales beide werden auch von Kronfeld zitiert nicht jedoch auf J rger Vgl Ritter Menschenschlag S 24 123 Ritter Menschenschlag S 7 124 Ritter Menschenschlag S 30 125 Ritter Menschenschlag S 25 126 Zit n Schmidt Degenhard Robert Ritter S 123 127 Ritter Menschenschlag S 61 30 erkennen geben Sie h tten vielmehr etwas Selbstsicheres und Nichtsnutzig freches ihr k verrate Schl ue und Verschlagenheit unsteter und unruhig wandernder Sp herblic Lie e man diesen Kindern freie Hand so w rden sie sich planlos herumtreiben h
213. eil man sich als Erben einer geistigen Tradition betrachtet f r deren Bewahrung oder Wiederbelebung man verantwortlich ist Als Unterwerfungsmechanismen treten im Licht der Foucault schen berlegungen zu subjektkonstituierenden Selbstpraktiken folglich diejenigen Formationen in den Vordergrund die einem Menschen jeweils das eigene Sein zu denken geben und ihn in eine am Wahrheitsdiskurs orientierte selbst normalisierende Selbstausarbeitung Selbstbefragung und Selbstinterpretation verstricken die es stillzulegen gilt Wie Foucault in Die Geburt der Klinik oder in berwachen und Strafen gezeigt hat sind es unter anderem die im psychopathologischen Wahrheitsdiskurs transportierte und zunehmend ineinander greifende Kriminalisierung und Pathologisierung bestimmter Seins und Verhaltensweisen und die daran ankn pfenden Disziplinierungen die als herausragende Unterwerfungsmechanismen fungieren k nnen indem sie den als potentiell abweichend bzw als kriminell oder anormal adressierten Menschen ihr eigenes Sein zu denken geben und sie dazu veranlassen den Grad ihrer bereinstimmung mit der gleichzeitig gesetzten Norm zu berpr fen und sich im Zuge dessen als u 372 ann hernd normales Subjekt auszuarbeiten 37 Foucault Was ist Kritik S 26 37l Foucault Gebrauch der L ste In Hauptwerke S 1177 372 Ein literarischen Text der diesen subjektivierenden Effekt kriminalisierender Zuschreibu
214. eilen bewarben sie sich bei einzelnen Gemeinden geradezu um die Vormundschaft ber bestimmte Personen Beh rden entstandenen lokalen sowie regionalen zum Teil gravierenden Unterschiede machen mikrohistorische Analysen unerl sslich um die Auswirkungen dieser Politik auf die Betroffenen besser einsch tzen zu k nnen Hanschkow Juliane Etikettierung Kriminalisierung und Verfolgung von Zigeunern in der s dlichen Rheinprovinz zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik 1906 bis 1933 In Uerlings Herbert und Iulia Patrut Hgg Zigeuner und Nation Repr sentation Inklusion Exklusion Frankfurt Main 2008 S 249f F r die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist der Zusammenhang zwischen Diskursen Semantiken und beh rdlichen Praktiken jedoch nachrangig da vielmehr der Nexus zwischen Diskursen Semantiken und subjektivierenden bzw entsubjektivierenden Selbst Praktiken untersucht werden soll Vgl zu den Praktiken des Hilfswerkes im einzelnen v a Thomas Maier und Dominik Wolfensberger Eine Heimat und doch keine Heimatlose in der Schweiz 16 19 Jahrhundert Z rich 1998 55 Leimgruber Maier Sablonier Hilfswerk S 21 Leimgruber Maier Sablonier Hilfswerk S 21 7 Leimgruber Maier Sablonier Hilfswerk S 23 Leimgruber Maier Sablonier Hilfswerk S 33 15 Eine m gliche Erkl rung daf r warum jenische Fahrende nicht in den einschl gigen Listen der Beh rden auf
215. eint er dennoch nicht in Betracht zu ziehen dass es sich auch bei den Berichten der Straftaten lediglich um ausgeschm ckte Phantasieprodukte handeln k nnte was nicht zuletzt die Rede vom m rderischen Bruder nahe legt sondern sieht in ihnen fraglos eine Best tigung seiner These von der verbrecherischen Neigung des Jungen Am besten bew hrt Luzius sich im Erz hlen Vorgelesene M rchen erz hlt er vorz glich und bekundet dabei eine so lebhafte Teilnahme dass sich die Vorstellungen berst rzen berpurzeln und er vor lauter K nnen beinahe in Verwirrung ger t Das eifrige Vorw rtsdr ngen beim Erz hlen und Genie en drolliger Situationen ist so gro dass das B rschchen ordentlich die Augen verdreht oder mit einem so gl cklichen Blick dreinguckt dass man nicht von Entz cken sondern von Verz ckung sprechen k nnte Anders als im von 1905 datierenden Abschnitt zur Familie Zero f llt in der Abhandlung zur Familie Markus von 1919 neben dem Terminus moralischer Schwachsinn erstmals auch die Bezeichnung asozial um die zusammengetragenen vermeintlichen Wesenseigenschaften unter einem Schlagwort zu subsumieren Die Zahlen des Stammbaumes Markus zeigen in welch kurzer Zeit ein kleines Gemeindewesen durch ein asoziales Proletariat beinahe berflutet werden kann wenn nicht rechtzeitig geeignete Ma nahmen die allerdings schwer zu nennen sind dagegen ergriffen werden Insgesamt lautet das
216. eltern erf hrt reagiert Daskind mit Sprachverweigerung ohne sich jedoch der subjektivierenden Macht der mit den Namen verbundenen Zuschreibungen ganz entziehen zu k nnen Die Ambivalenz dieser Zuschreibungen hat zur Folge dass Daskind ber diese Anrufungen keinerlei stabile Subjektposition einnehmen kann die ein individualisierender 667 Butler Psyche S 13 668 Mehr Daskind S 5 163 Eigenname trotz entsprechender abwertender Attribuierungen gew hren k nnte sondern sich als vielfaches Wesen begreifen muss dessen Grenzen fluktuieren Der Trauer ist nicht standzuhalten wenn dem Kind die Welt eindringt die es nicht begreift Dringt das 669 2 a Der Preis den die einerseits Gift durch die Poren sp rt sich Daskind zerfranst lebensrettende Sprachverweigerung die Weigerung auf die Anrufungen Hier bin ich zu sagen mit sich bringt ist ein Leben in emotionaler K lte und Isolation Denn zwar wird durch sie einerseits die Wirksamkeit des Giftes das die Worte verk rpern auf ein ertr gliches Ma reduziert gleichzeitig muss sich Daskind jedoch auch vor warmen Worten verschlie en die ein Aufgehobensein und eine wohlwollende Anerkennung durch andere versprechen wie sich zeigt als Daskind von zuhause fortl uft und von einer Bauernfamilie herzlich aufgenommen wird Wem es geh re wird Daskind gefragt Das aber stumm bleibt Das springt nicht ber den Abgrund Wort um endli
217. em Fall handelt es sich nach wie vor um das Grosshirn Heil und Pflegeanstalt allgegenw rtig es hortet die seine Zukunft sichernden Daten zu gewissen Kleinhirnen ber deren Abgabe an andere Institutionen oder an die Allgemeinheit hinaus Es ist jederzeit in der Lage sich diese heimlich gehorteten Materials bei Bedarf zu bedienen Seine Allgegenw rtigkeit ist omnipotent zum Nutzen der Kleinhirne denen man stelle sich diese Ungeheuerlichkeit einmal vor sonst m glicherweise gar keine Beachtung zuteil w rde was wiederum zu deren Nichtexistenz zum v lligen Verschwinden aus dem v terlichen Grosshirn f hren w rde Die Materialisierung des Zeus als Personifikation der Unsterblichkeits und Omnipotenzidee des Gro hirnes und Zeus Wunsch sich dieser Unsterblichkeit zu entledigen muss vom Gro hirn als krankhafte Abweichung stigmatisiert sein Ausbruchsversuch aus dem unsterblichen Bereich des Schriftlichen der griechischen Metrik sanktioniert und Zeus wieder in den Bereich des Schriftlichen berf hrt werden und zwar in Form psychiatrischer Aktenprosa Die Verbannung des materialisierten Zeus in den Bereich der Geisteskrankheit und die damit verbundenen Repressalien belegen aber gerade die Existenz eines berm chtigen Unsterblichkeits und Omnipotenzwunsches der nicht angetastet werden darf und offenbaren so das Gro hirns als das eigentlich Krankhafte Weder Wasserfallen noch Abderhalden h tten ihn Zeus
218. en als sich st ndig weitervererbender Defekt wahrgenommen werden k nnen Vielmehr seien sie stets als einzelne aus der Art geschlagene Menschen behandelt worden Die genealogischen Zusammenh nge offenbarte erst Ritters eigene Forschung Die erstellten Stammb ume erlaubten nun auch den Zugriff auf die nach wie vor gesellschaftsgef hrdenden und als soziale 160 Defekttypen einzustufenden Nachkommen deren weitere Fortpflanzung verhindert werden m sse da weder Inhaftierung noch Psychiatrisierung das Problem beseitigen Laufe der Geschlechterfolgen Individuen die als Vaganten bezeichnet wurden rot Aus der Darstellung geht deutlich hervor dass das minderwertige Erbgut der Vaganten in der Regel sich wiederum nur mit anderem minderwertigen verbindet entweder mit seinesgleichen oder mit dem der Schwachsinnigen berall dort wo das Erbgut der Schwachsinnigen mit dem der Vaganten zusammen flie t ergeben sich als Nachkommen asoziale Schwachsinnige schwarz rot bei denen entweder der Hang zum Herumstrolchen zur Arbeitsscheu und Verschlagenheit oder die Anlage zum Schwachsinn st rker zum Ausdruck kommt Zahlreiche von ihnen sind charakteristische Vertreter der Gruppe der Getarnt Schwachsinnigen Ritter Menschenschlag Falttafel 56 Ritter Menschenschlag S 111 157 Ritter Menschenschlag S 92 58 Ritter Menschenschlag S 110 159 Ritter Menschenschlag S 109 160 Ritter
219. en Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte desselben 443 A e er A si und Intrusionen dissoziierter Erlebnisse ausl sen k nnen finden sich in Mehrs erinnern Text u a in Form bestimmter Nahrungsmittel die versch ttete Erinnerungen wieder pr sent werden lassen ich ern hre mich von milchkaffee bananenmus orangensaft und spanischen n ssen gestern versuchte ich es mit einem dreiminutenei da schob sich ein verkotzter sonntagnachmittag in neuendorf in meine erinnerungen Die Erinnerung an die Behandlung in den diversen Krankenh usern Erziehungsanstalten Pflegeheimen etc reicht bis in die S uglingszeit zur ck silvia ein paar wochen alt man hat sivlia zur intensivpflege in die spezialabteilung des kinderspitals in rosen gebracht zwei gesichter beugen sich ber das weisse bett zwei paar augen glitzern schwarz und bedrohlich silvia bleibt starr silvia wird bestraft weil sie eine unbewegliche masse fleisch ist unf rmig ohne gesicht silvia nimmt bewegung wahr es bedeutet gefahr schmerz wie tritte in den bauch jemand streicht die weisse decke auf silvias k rper glatt Deutlich wird anhand dieser Passage wie auch an zahlreichen weiteren vor allem die Unvereinbarkeit der postulierten Intention der betreuenden Institution zur 0 Mehr steinzeit S 12 1 Mehr steinzeit S 142 2 Vgl Fu note 437 48 Vgl Fu note 438 4 Mehr steinzeit S 16 5 Mehr steinzeit S 13 111
220. en Weg gibt das einst verlorene Bewu tstein wiederzuerlangen Kein ernsthafter Therapeut kann es sich von nun an leisten diese Entdeckung zu ignorieren Stettbacher Wenn Leiden einen Sinn haben soll S 9 ff 5 Miller Alice Du sollst nicht merken Variationen ber das Paradies Thema Frankfurt Main 1983 S 59 116 versteinerten verdinglichten Wesen zu dem lebendigen f hlenden und leidenden Menschen vollzieht sich innerhalb einer Prim rtherapie offensichtlich in ihrer bestm glichen Form Die einzige Konzession an die Abwehr der Leser ist die Bezeichnung Roman die dem Leser die M glichkeit gibt nach psychiatrischen Mustern alles als Ausgeburt krankhafter Phantasien zu bezeichnen Aber auch die grauenvollsten Phantasien kommen selten an das Grauen der Realit t heran Mariella Mehrs Dichtung geh rt zu den gro en Ausnahmen auch in der Konsequenz und der Tragweite ihrer Entdeckung Mit Mehrs Text sah Miller die selbst durch spontane Malerei Zugang zu versch tteten Kindheitserlebnissen gefunden zu haben meinte verschiedene ihrer durchaus problematisch zu wertenden Thesen zum Zusammenhang von Traumatisierung bzw Leiden und Kreativit t illustriert und best tigt u a dass die Vertrautheit mit dem Unbewussten die dichterische Potenz nicht schm lern k nne oder dass in der Leidensf higkeit die Wurzeln der Kreativit t liege Bereits 1994 distanzierte sich Mil
221. en des Handelns vollst ndig determiniert sind kann es keine Machtbeziehungen geben Macht und Freiheit schlie en einander also nicht aus wo Macht ist kann es keine Freiheit geben Ihr Verh ltnis ist weitaus komplexer In diesem Verh ltnis ist Freiheit die Voraussetzung f r Macht als Vorbedingung insofern Freiheit vorhanden sein muss damit Macht ausge bt werden kann und auch als dauerhafte Bedingung denn wenn die Freiheit sich der ber sie ausge bten Macht entz ge verschw nde im selben Zuge die Macht und m sste bei reinem Zwang oder schlichter Gewalt Zuflucht suchen Als Entstehungsbedingung eines jenischen Kollektiv Subjekts das die Nichtsesshaftigkeit ins Zentrum der Selbstthematisierung bzw problematisierung r ckt l sst sich der in Kapitel II rekonstruierte Wahrheitsdiskurs ausmachen der mittels der Pathologisierung und Kriminalisierung von Nichtsesshaftigkeit die Grundlage f r Disziplinierungen in Form von Inhaftierung und Psychiatrisierung bot Die freiwillige Unterwerfung unter diese diskursiven Vorgaben und die Selbstausarbeitung der adressierten Jenischen als nichtsesshaft erfolgte jedoch erst nach Aufl sung des Hilfswerkes bzw nach Beendigung der Zwangs und Gewaltverh ltnisse in Psychiatrie Haftanstalten etc und zu einem Zeitpunkt da tats chlich erst mehrere Verhaltens Foucault Michel Dits et Ecrits Schriften IV 1980 1988 Hg v Daniel Derfert und Fran ois Ewald unter Mitarbeit
222. en oder bei Intoxikationen auftreten 4 Intensive psychische Belastung bei der Konfrontation mit internalen oder externalen Hinweisreizen die einen Aspekt des traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte desselben erinnern Zit n Fiedler Dissoziative St rungen S 132 2 Mehr steinzeit S 115f 108 Der r tselhafte Kern des Traumas liegt gerade in dieser absoluten Genauigkeit und dem beharrlichen Wiederauftreten im versp teten oder unvollkommenen Verstehen oder sogar Sehen eines berw ltigenden Geschehens welches in seiner hartn ckigen Wiederholung der Wahrheit und nicht der von Person zu Person verschiedenen Bedeutung des urspr nglichen Ereignisses exakt entspricht Diese Wahrheit der traumatischen Erfahrung bildet das Zentrum seines Krankheitsbildes und seiner Symptome Es ist kein Krankheitsbild das aus Verf lschungen und Verschiebungen von Bedeutungen besteht sondern es ist eine Pathologie der Geschichte selbst H i O Die juristischen Probleme die sich in diesem Zusammenhang vor allem hinsichtlich derjenigen Erinnerungen an traumatische Erlebnisse ergeben die eine Straftat zum Gegenstand haben und somit eine strafrechtliche Verfolgung zeitigen k nnten hat u a Judith Keilbach in Bezug auf die Erinnerungen Holocaust berlebender dargelegt Nach wie vor ist der Zeugnischarakter traumatischer Erinnerungen juristisch nicht anerkannt F r zahlreiche ehemalige M ndel des Hilfswerkes besta
223. en und spezielle Funktionen erhalten haben In einem Interview mit Roger Pol Droit formuliert Foucault sein Interesse an den Funktionsweisen literarischer Diskurse folgenderma en Um zu erfahren was Literatur ist w rde ich nicht ihre internen Strukturen studieren wollen Ich wollte lieber die Bewegung verstehen den kleinen Vorgang durch den ein nicht literarischer Diskurs ein vernachl ssigter so rasch vergessen wie ausgesprochen in das literarische Feld eintritt Was geschieht da Was wird dabei ausgel st Wie wird dieser Diskurs in seinen Bem hungen durch die Tatsache ver ndert dass er als Literatur anerkannt wird Im Folgenden soll argumentiert werden dass ein Effekt der berf hrung eines nicht literarischen Wahrheits Diskurses in das literarische Feld der sein kann dass die fiktive Realisierung bestimmter Elemente dieses Diskurses d h nicht zuletzt kriminalisierender und pathologisierender Zuschreibungen im Rahmen eines literarischen Textes die Aushebelung des Wahrheitsanspruches eines wahren Diskurses bewirken kann indem sie 41 Spoerhase Carlos Autorschaft und Interpretation Methodische Grundlagen einer philologischen Hermeneutik Berlin New York 2007 S 40 412 Spoerhase Autorschaft S 50 3 Foucault Michel Funktionen der Literatur In Erdmann Eva Rainer Forst Axel Honneth Hgg Ethos der Moderne Foucaults Kritik der Aufkl rung Frankfurt New York 1990 S 229 4 Foucault Funk
224. en worden Um diese Zusammenh nge zu erhellen stellt die Untersuchung publizistische und literarische Texte einer der bedeutendsten und bekanntesten Vertreterinnen der Gruppe der Jenischen in der Schweiz der 1947 geborenen Mariella Mehr ins Zentrum die exemplarischen Charakter beanspruchen k nnen Selbst knapp zwei Jahrzehnte M ndel des Hilfswerkes hatte Mehr entscheidenden Anteil an der Aufarbeitung der Zwangsassimilierungspraktiken an der damit verbundenen ffentlichen Diskussion sowie an der Gr ndung einer der ersten jenischen Interessenvertretungen in der Schweiz der Radgenossenschaft der Landstrasse Mehrs literarische Texte haben jedoch bisher vergleichsweise wenig Beachtung von literatur wissenschaftlicher Seite gefunden Obwohl zahlreiche ihrer Dramen Gedichte und Romane inzwischen in mehreren Sprachen vorliegen ihr literarisches und publizistisches Schaffen mit Preisen und F rderstipendien gew rdigt wurde sie 1995 beim renommierten Ingeborg Bachmann Wettbewerb in Klagenfurt aus ihrem Roman Daskind las 1998 die Ehrendoktorw rde der Universit t Basel verliehen bekam und ihre Romane und Lyrikb nde von der Literaturkritik fast ausnahmslos positiv besprochen wurden ist die Resonanz von literaturwissenschaftlicher Seite bisher gering wobei der gr ere Anteil der erschienenen Publikationen nicht aus dem deutsch sondern aus dem englischsprachigen Raum stammt Die berwiegende Zahl So etwa Wilhelm Solms Kult
225. endes soziokulturelles Ph nomen denn als essentielles gar vererbbares Gruppenidentit tsmerkmal hervorgehoben wurde So erwiderte 2001 der Pr sident der Radgenossenschaft Robert Huber auf die Frage wie er selbst als Betroffener der Aktion Kinder der Landstrasse wieder zu einer fahrenden Lebensweise habe zur ckfinden k nnen Trotz der Erziehung durch Sesshafte ist mir im Innersten das Jenisch Sein geblieben Es war zwar schwierig in die Jenische Gemeinschaft zur ckzukommen aber ich hatte Gl ck und fand in dieser Gemeinschaft wieder Anerkennung Auch bei Huber spielen weniger Sozialisation und tats chlich gelebte Kultur als vielmehr die Abstammung die entscheidende Rolle wie im Verlauf des Interviews mehrfach deutlich wird Heute ist es so dass viele oder die meisten jungen Jenischen zu ihrer Kultur stehen und ohne Scham sagen k nnen Ich bin jenischer Abstammung Diese Verkn pfung erweist sich als in hohem Ma e jenen hegemonialen Diskursen verhaftet die in eben dieser Erblichkeit der fahrenden Lebensweise den Hauptgegenstand wissenschaftlicher e Abhandlungen ber Jenische und somit die Grundlage f r deren Pathologisierung und Kriminalisierung fanden Der berechtigte Verweis auf die Nichtsesshaftigkeit als Folge einer exkludierenden Abschiebungspraxis und eines erzwungenen konomischen Nischendaseins worauf u a 300 Leserbrief Scharotl 2 1977 S 1 301 Schweizerisches Bundesamt f r
226. endlichen beobachten die aus der Verbindung der alten Vagabundennachkommen mit Schwachsinnigen stammten Ziel musste es folglich sein aus alten Kirchenb chern B rgerlisten Gemeinderatsprotokollen Strafregistern und Gerichtsrepertorien aus Pfarrchroniken und Schulzeugnissen aus Akten der Ober mter und der Polizeibeh rden aus 150 151 Krankengeschichten und Leichenscheinen etc den Erbwert der vagierenden Vorfahren der verhaltensauff lligen Kinder zu rekonstruieren um so Aussagen ber die Erblichkeit ihrer asozialen Eigenschaften und ihres Schwachsinns treffen zu k nnen Das Vorgehen beschreibt Ritter wie folgt Der Inhalt des beraus vielseitigen auf diese Weise gesammelten Materials wurde nun auf gro en Sippschaftstafeln derart verzeichnet dass f r charakteristische Reaktions und Verhaltensweisen in jedem Kreis der in blicher Weise einen Sippenangeh rigen darstellte ein besonderer Sektor ausgew hlt wurde der dann dar ber Auskunft geben sollte ob der betreffende Mensch sich asozial verhalten 146 Ritter Menschenschlag S 26 147 Ritter Menschenschlag S 28 148 Ritter Menschenschlag S 28 1 Ritter Menschenschlag S 29 150 Ritter Menschenschlag S 31 I Ritter Menschenschlag S 28 33 hatte ob er intelligent oder schwachsinnig ob er krank oder s chtig war ob sich bei ihm ein Hang zum Wandern bemerkbar machte ob er zu Delikten gegen das Eigentum oder auch
227. ene Eigenschaften zu entdecken um sich dann selbst als Karnivore zu entwerfen Es bleibt offen ob die Morde und die Brandstiftungen von denen Anna berichtet tats chlich geschehen oder ob sie nur Teil ihres fiktiven Lebensentwurfes sind Zwar wird der Umstand dass Anna in keinem Fall f r ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wurde von ihr selbst damit plausibel gemacht dass andere die Schuld daf r auf sich nehmen eine Au enperspektive auf Anna und ihr Verhalten bietet jedoch neben Karl der beim heimlichen Fensterln gerade keine gef hlskalte Karnivore wie beim von Anna geschilderten Liebesspiel sondern eine weinende emotional ber hrte und schwache Anna zu sehen bekommt nur die Figur Gertrud Best tigt wird durch sie zwar Annas merkw rdiges Verhalten in Bezug auf die Neue im Pflegeheim die in Anna Erinnerungen an Franziska weckt Dieses Verhalten beschr nkt sich jedoch auf pervers verzierte Kreuze und stinkende Vogelkadaver mit denen Anna die G ste erschreckte und das Herumlaufen in einer ausgetragenen Anstaltsuniform Auch hinsichtlich der V gel die Anna bei lebendigem Leibe gekreuzigt haben will wird lediglich best tigt dass sie die unangenehme Angewohnheit hat im Garten V gel zu begraben Die recht eindr cklichen und detaillierten Schilderungen ihrer Taten lassen sich ihrerseits im Bereich der Fiktion ansiedeln denn sie sind ausschlie lic
228. ensformationen abzubilden bzw nachzuvollziehen versucht die uns dazu veranlasst haben uns als Subjekte dessen was wir tun denken und sagen zu konstituieren und zu erkennen Und die zum anderen genealogisch verf hrt indem sie nach der Kontingenz dieser Denk Seins und Handlungsweisen als Ansatzpunkten m glicher Ver nderung fragt Eine Haltung die dar ber hinaus im Wissen um die Nicht Notwendigkeit der als gesetzt erkannten Grenzen eben diese Grenzziehungen auf eine Art und Weise ins Spiel bringt die dazu f hren kann 3 nicht mehr das selbe zu sein zu tun oder zu denken 8 wie zuvor Wenngleich Foucault hervorhebt mit Arch ologie Strategie und Genealogie keinen analytischen Dreischritt keine drei Niveaus die nacheinander und auseinander zu entwickeln sind im Sinn zu haben sondern damit drei simultane Dimensionen ein und derselben Analyse zu charakterisieren drei Dimensionen die gerade in ihrer Simultanit t erfassen lassen sollten ig 4 1 366 was es an Positivem gibt scheint eine zumindest analytische Trennung der drei Analysekomplexe dennoch notwendig bzw sogar integraler Bestandteil einer entsubjektivierenden Praxis zu sein denn die analytische Trennung erm glicht eine Wieder Zusammenf hrung der einzelnen Komponenten auf neue experimentelle Weise Der Vorteil einer so konzipierten genealogischen Kritik bzw einer kritischen Ontologie des Sel
229. entwirft im Kopf das Auge sieht das Orakel weiss die L sung weiss das Wissen sieht in die Zukunft will ausbrechen noch einmal ausbrechen sich nicht schonen will nicht das Geniale verlieren will wieder der Sch pfer der G ttergeliebten auf dem Grund der Pupillen sein will dienen dem Schicksal dienen Was auf der Seite des Rezipienten zu gewinnen ist ist zun chst die Einsicht in die Kontingenz von Wahrheitsdiskursen Die metafiktionalen Kommentare der Erz hlinstanz legen nicht nur das eigene von Willk r gepr gte Erz hlprinzip offen sondern ebenso dasjenige dessen sich die Anstaltsleiter beim Verfassen ihrer Aktenprosa bedienen Die Betonung des Zufalls der jedoch dem eigenen Gestaltungswillen unterworfen ist l sst die unzul ssigen Verk rzungen und Manipulationen nur umso sch rfer hervortreten Mehr gelingt es auf diese Weise den Konstruktcharakter linear und teleologisch verfahrender Meister Erz hlungen und fixierender stigmatisierender Zuschreibungen und zugleich deren Kontingenz aufzuzeigen Das Medium Schrift erweist sich in diesem Zusammenhang nicht nur in einem negativen Sinn als Ausgangspunkt usurpatorischer Realit ten schaffender unterwerfender Beschreibung wie von Braun argumentiert sondern auch als unabdingbare Voraussetzung f r entunterwerfende Schreib bzw Erz hlprojekte denn erst die Dokumente die in der Universit tsbibliothek aufbewahrt 64 werden k nnen erlauben eine vom
230. epr sentation Erfahrungen von Kontingenz und Nicht Identit t hervorrufen kann die entsubjektivierende Effekte zeitigen und auf diese Weise das Subjekt daran hindern k nnen dasselbe zu denken wie zuvor Christoph Menke hat in seinem Beitrag Zweierlei bung Zum Verh ltnis von sozialer Disziplinierung und sthetischer Existenz das Problem der prinzipiellen Ununterscheidbarkeit von subjektivierenden und ent subjektivierenden Selbstpraktiken aufgeworfen das in der Wiederholungsstruktur der bungen selbst angelegt ist Beide das disziplin re und das sthetisch existentielle Subjekt bilden sich bend Negativ hei t das da sich zu ben nicht als solches schon eine sthetisch existentielle Praxis freier Lebensf hrung ist sich zu ben kann auch eine Praxis der Disziplinierung sein Wann sind bungen Medien eines Prozesses der Disziplinierung und wann Medien einer freien F hrung des eigenen Lebens Eine m gliche Antwort auf diese Frage findet Menke in der fehlenden Zielgerichtetheit der jeweiligen bung Anders als die disziplinierende bung die auf die F higkeit gerichtet ist uns selbst zu f hren das hei t die eigenen Bewegungen und Reaktionen an 384 einem gegebenen Ziel ausrichten zu k nnen erhebt die entsubjektivierende bung Einspruch gegen eine solche teleologische berformung des Lebensvollzugs 38 Foucault Michel Gespr ch mit Ducio Trombadori In
231. er Befreiung lesen der das Dasein ertr glicher machen k nnte Entsubjektivierung bedeutet vielmehr zugleich die Aufl sung von Identit t und damit verbunden Verzicht auf interpersonelle bzw 187 Mehr Brandzauber S 148f 788 Mehr Brandzauber S 99 18 Mehr Brandzauber S 165 70 Mehr Brandzauber S 186 193 gesellschaftliche Intelligibilit t da Machtspiele ebenso wie Anerkennungsspiele untrennbar an die Besetzung von Subjektpositionen gekn pft sind Aus diesem Grund sind die Toten Annas vergebliche Versuche in die P1 Verst ndlicher wird Geborgenheit einer verst ndlichen Welt zur ckzukehren H v m nichts Das Potential des fiktiven Grenzexperiments kann allein darin liegen neben dem Effekt der Aufl sung von Subjektpositionen gleichzeitig die Aufl sung der subjektivierenden Bedingungen denkbar zu machen die durch ein solches Experiment erst sichtbar und auch im Prozess der Lekt re erfahrbar werden und M glichkeitssinn erzeugen PI Mehr Brandzauber S 54 194 VII 2 Angeklagt Wenn Sie w ssten was ich zu verlieren habe Eine Geschichte Meine Geschichte Mein ganzes Leben Der 2002 erschienene und letzte Roman der Gewalt Trilogie Angeklagt l sst sich in mehrfacher Hinsicht als Radikalisierung des poetologischen Konzepts von Brandzauber lesen War dort die Grenze zwischen Fakt und Fiktion zwischen der fiktiven Realisierung des Wahrheitsdiskurses im Rom
232. er Wahrheit vollst ndig fremd ist sondern indem man das Wahrheitsspiel anders spielt indem man ein anderes Spiel eine andere Partie oder mit anderen Tr mpfen spielt Der Spieleinsatz ist in Zeus oder der Zwillingston allerdings vergleichsweise gering will man wie hier geschehen den Roman als Vorstufe eines Erfahrungsbuches werten und mit Martin Saar das Wirkungspotential einer kritischen Genealogie bzw eines Erfahrungsbuches an die Ber hrung identit tsrelevanter Fragen gekoppelt wissen Diese werden haupts chlich in Bezug auf die Figur des Zweierlei Zeus verhandelt sein Wunsch der diskursiven Fixierung im Mythos zu entkommen wird von der Erz hlinstanz realisiert allen anderen Figuren kommt hierbei lediglich dienende Funktion zu Der Nachweis der Unwahrheit des Mythos von der Unsterblichkeit Zeus berrascht jedoch nicht die Gegenstandslosigkeit zumindest der buchst blich genommenen mythischen Erz hlung vom unsterblichen G ttervater selbst wenn auch nicht zwangsl ufig der darin zum Ausdruck gebrachten Omnipotenz und Unsterblichkeitsidee ist von vornherein klar Dar ber hinaus fehlt zu einer transformierenden Erfahrung wie sie ein Erfahrungsbuch erm glichen kann die Identit tsrelevanz bzw die Dimension der Komplizenschaft und Verstrickung des Lesers mit den thematisierten Macht und Wissensstrukturen zwar werden Positionen des Wahrheitsdiskurses im Roman referiert abgesehen vom Nachwei
233. er das Themis Orakel enth lt dieser Tradierung zufolge l sst Zeus nur deshalb von der von ihm begehrten Thetis ab weil ihm Themis weissagt ein Sohn aus dieser Verbindung werde st rker sein als der 61 Diese in der berlieferung angedeutete M glichkeit eines Sturzes des G ttervater selbst berm chtigen Zeus wird in Mehrs Roman mit einigen Verschiebungen aufgenommen die Vergewaltigung findet statt und wird in der Logik der Erz hlung zum Ausgangspunkt der unausweichlich folgenden Ereignisse Zeus wird jedoch nicht von dem aus dieser Verbindung hervorgegangenen Sohn sondern von Thetis Rosa selbst get tet Der Sohn der in zweifacher Hinsicht als g ttlicher Sohn gekennzeichnet ist zum einen als Nachkomme 61 Mehr Zeus S 153 612 Vgl Paulys Realencyclop die der classischen Altertumswissenschaft Zweite Reihe Elfter Halbband Stuttgart 1968 s v Thetis 147 Zeus zum anderen als christlicher Gottessohn f llt der Mutter bereits als S ugling zum Opfer Der Doppelmord Rosas beendet auf diese Weise gleich zwei g ttliche Laufbahnen und die mythische wie die christliche g ttliche Unsterblichkeitsidee sowie das damit verbundene m nnliche Herrschaftsprinzip werden im Keim erstickt Die Aufhebung der Idee g ttlicher Unsterblichkeit erscheint dabei als eigentliches Erz hlprojekt zu dessen Erf llungsgehilfen die Romanfiguren von der Erz hlinstanz gemacht werden und dies mit dem ausdr cklichen Einverst
234. er verschmelzen prim rprozesshaftes Erleben und nachtr gliche Interpretation bzw Einordnung der Ereignisse wie sich an der recht genauen Berufsbezeichnung des Vergewaltigers G rtnergehilfe und am Erkl rungsversuch f r die Motivation der S uglingsschwester Silvia in den Elektrozaun rollen zu lassen deutlich wird Die bergriffe auf das Kleinkind erscheinen so als Ausgangspunkt eines sich w hrend der gesamten Kindheit und Jugend mehrfach wiederholenden Erfahrungsmusters der Wunsch nach Liebe und Zuwendung m ndet in sexuelle Ausbeutung und k rperliche Gewalt die aus diesen Traumatisierungen herr hrenden Verhaltensmuster u a starker 451 Alkoholkonsum um das Erlebte zu vergessen oder paranoide Sch be dienen als Beleg f r die Diagnose des moralischen Schwachsinns und werden mit Elektroschock und Insulinbehandlungen therapiert sie tun alles das und sie wissen nicht welche zerst rung sie in meinem hirn anrichten damit ich endlich still bin die schnauze halte damit sie ihre ruhe haben es ist unglaublich sie qu len mich mit einem elektroschock damit ich keine wutanf lle mehr kriege doch wut ist angst also qu len sie mich mit dem schock um mir die angst auszutreiben aber die maschine erzeugt wieder angst und sie nehmen die maschine ein zweites mal hervor um mir die angst vor der maschine auszutreiben Auch Identit tsdissoziationen wie etwa der Entwurf eines starken unabh ngigen Pe
235. erbreitenden Unkraut das die g rtnerische Ordnung zerst rt eine entsprechende Drohkulisse die im Folgenden durch Verweise auf das be ngstigende Ph nomen der berproduktion solcher minderwertiger Mitb rger weiter ausgestaltet wird Erst das Hilfswerk der Pro Juventute habe die Landplage eind mmen k nnen und ein umfangreiches Material angesammelt das einer genauen Detailforschung durch den Psychiater und den Erbbiologen harrt Das Vagieren habe jedoch auch durch die Arbeit des Hilfswerkes kein wirkliches Ende gefunden die sesshaft gewordenen Jenischen w rden sich nun vielmehr dadurch 8 Waltisb hl Bek mpfung S 71 12 Waltisb hl Bek mpfung S 104 183 Waltisb hl Bek mpfung S 104 184 Waltisb hl Bek mpfung S 110 185 Waltisb hl Bek mpfung S 106 41 auszeichnen dass sie h ufig ihren Wohnort wechselten von einer seltsamen Unruhe getrieben Unter dem Abschnitt Herkunft f hrt Waltisb hl die bereits von J rger und Ritter aufgestellten Thesen an denen zufolge die Jenischen Abk mmlinge der Recht und Ehrlosen des Mittelalters seien die stets unter sich geheiratet h tten Ebenso bernimmt er Zuschreibungen wie Haltlosigkeit Trunksucht liederlicher Lebenswandel und Kriminalit t vor allem jedoch die These vom sch dlichen Einfluss der Frauen Mehr als einmal kam es vor da sich ein etwas leichtsinniger Bauernsohn in ein
236. ere ich w rde sagen unmittelbarer praktische Art und Weise gab das Verh ltnis zwischen Theorie und Praxis anzugehen und zwar es direkt in seiner eigenen Praxis ins Werk zu setzen In diesem Sinne k nnte ich sagen dass ich stets darauf Wert gelegt habe dass meine B cher in einem gewissen Sinne Bruchst cke einer Autobiographie sind Meine B cher sind stets meine pers nlichen Probleme mit dem Wahnsinn dem Gef ngnis und der Sexualit t gewesen Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 925 34 Foucault Trombadori S 1591 96 werden Sie darf nicht das Gesetz des Gesetzes sein Sie ist keine Etappe in einer Programmierung Sie ist eine Herausforderung f r das was ist Oder in den Worten Martin Saars Genealogie als Kritik wie sie ein Erfahrungsbuch leistet adressiert die Angeh rigen einer Lebensform und einer Wissensform in der die Annahme der Nat rlichkeit des ins Hyperbolische gewendeten Dings f r die normale Mehrheit eine Selbstverst ndlichkeit ist Diese werden eines besseren belehrt und damit potenziell ihrer eigenen Normalit t beraubt In diesem Sinne entnormalisiert die Genealogie Den anderen bisher Delegitimierten und Anormalen liefert sie machthistorische Argumente im Kampf gegen ihre Anormalisierung und Ausgrenzung Aber die kritische Ontologie des Selbst liefert nicht nur Argumente im Kampf gegen die Anormalisierung sie kann deren Wirklichkeitseffekte zumindest i
237. eredit t der Stammmutter kann das Argument der Verkesslerung des sesshaften Bauerngeschlechtes also eigentlich nicht greifen Fontana hatte aufgrund der Materiallage ber die Familie Xenos offensichtlich gar nicht die M glichkeit das erbbiologische Argumentationsmuster J rgers und Ritters auf seine eigene Untersuchung zu bertragen wenngleich die oben zitierte Passage und die eingangs formulierte Frage nach dem Ursprung der Nichtsesshaftigkeit des Familienzweiges den Versuch erkennen 24 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 342 225 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 349 26 Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit S 360f 51 lassen genau diesem Muster zu folgen Folglich zieht sich Fontana auf die Verwahrlosung der Kinder durch elterliche Vernachl ssigung und damit auf psychosoziale Ursachen ihres Vagantentums zur ck und f hrt vor allem die Trunksucht der Mutter als ma geblich f r ihr Abgleiten in die nichtsesshafte Lebensweise an ein Verhaltensmuster das dann im Zuge der kindlichen Sozialisation ebenso zwangsl ufig an die Nachkommen weitervererbt werde sofern keine f rsorgerischen Ma nahmen ergriffen w rden Auch die Fallbeschreibungen Fontanas folgen dem Erz hlmuster das bereits J rger und Ritter etabliert hatten Meist beschr nken sie sich auf eine Aufz hlung der verschiedenen erfolglosen Erziehungsversuche in Heimen und bei Pflegeeltern abgebrochene Ausbi
238. erfrau schrie umsonst und die mit dem Brautkleid Mehr Angeklagt S 137 21 Vgl Felber Thomas tom Messerangriffe einer Frau gegen Frauen Die T tungen im Parkhaus Urania und am Z richhorn In Neue Z rcher Zeitung 15 16 Dezember 2001 S 46 202 als Gutachter wirkte von T tungsphantasien erz hlt hatte Ein Jahr sp ter hob das Luzerner Obergericht die Sicherungsverwahrung wieder auf 1996 wurde Caroline H aufgrund des Schlussberichtes der Psychiatrischen Universit tsklinik Z rich probeweise entlassen Die erneute Inhaftierung Caroline H s wegen mehrfacher T tungsdelikte zwei Jahre sp ter l ste zahlreiche Diskussionen aus u a ber die bisher m glicherweise untersch tzte Gewaltbereitschaft von Frauen und die Zuverl ssigkeit psychiatrischer Gutachten hinsichtlich der prognostizierbaren Gef hrlichkeit von Straft terInnen Die von Caroline H nach eigener Aussage begangenen Taten waren lange Zeit unaufgekl rt geblieben da keinerlei Tatmotiv ersichtlich und die Polizei aufgrund der Brutalit t der Delikte stets von einem m nnlichen T ter ausgegangen war Zu ihrer Verhaftung kam es erst als sie sich im Mai 1998 selbst in eine psychiatrische Klinik einwies und dem Klinikpersonal von einer Brandstiftung und Albtr umen in denen sie Frauen in Parkh usern t tete berichtete Nachdem die Klinik diese Informationen an die Polizei weitergegeben hatte kam Caroline H am 28 Mai 1998 in Untersuchungshaft wo sie we
239. erner Perspektive erscheint so gerade nicht als widerst ndige Praxis als die sie h ufig intendiert ist sondern vielmehr als deren Affirmation mit anderen Mitteln Aufl sung des Hilfswerks und Anf nge politischer Selbstrepr sentation Jenischer Fahrender in der Schweiz Die Aufl sung des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse im Jahr 1973 steht in engem Zusammenhang mit einer Artikelserie des Journalisten Hans Caprez im Schweizerischen Beobachter die seit April 1972 der Sicht betroffener Familien und vor allem jenischer M tter auf die Praktiken des Hilfswerkes sowie anderen kritischen Stimmen zu einer gro en ffentlichkeit verhalf 0 Gemeint sind hiermit nicht Erfahrungsb cher im Sinne Foucaults sondern vielmehr Wahrheits bzw Beweisb cher Vgl hierzu auch die Ausf hrungen Jan Masscheleins Zun chst sei zugestanden dass es Erfahrungsb cher gibt die eine Art Wahrheitsb cher sind es sind B cher in denen von einer pers nlichen Erfahrung berichtet wird und die Tiefe der eigenen Seele offen gelegt wird solche B cher sind ihrerseits oft Beweisb cher sollen sie doch eine bestimmte Position die eigene Position durch den Bezug auf eine gegebene Erfahrung legitimieren und andere in eine bestimmte Wahrheit einf hren bzw sie darauf verpflichten Von Wahrheits Lesern werden solche B cher als Darstellung von pers nlichen Erfahrungen eines Autors betrachtet die etwas ber den Autor a
240. erte sie sich jedoch in einem Interview von diesem Konzept I have dissociated myself from it first because it has been taken as an excuse for just essentialism which is an excuse for identitarianism Spivak Gayatari Chakravorty Suzana Milevska Resistance that cannot be recognized as such In Grzinic 81 die weitgehend homogene durch ein bestimmtes Merkmal definierte Gruppe als wesentliches Instrument zur Durchsetzung der eigenen Interessen bei Mehr aktuell Auch die subjektivierenden Effekte der genannten Unterwerfungsmechanismen und die damit in Zusammenhang stehenden Wahrheitsspiele thematisiert Mehr an verschiedenen Stellen so etwa in einem Vortrag an der psychiatrischen Klinik St Urban aus dem Jahr 1996 Vor Ihnen steht eine verstimmbare haltlose impulsive und geltungsbed rftige Psychopathin mit neurotischen Mechanismen und einem starken Hang zur Selbst bersch tzung was ihr Wunsch Schriftstellerin zu werden beweist In Erw gung ihrer heredit ren Belastung die Probandin geh rt zur vierten Generation einer degenerierten Vagantenfamilie kann eine dauernde Einweisung in eine Psychiatrische Klinik nicht ausgeschlossen werden Status nach Suizidversuch 1963 bzw Wort f r Wort abgeschrieben nach einem weiteren Suizidversuch 1974 Hier steh ich nun und kann nicht anders Verstimmbar wenn ich solche Ungeheuerlichkeiten wiederlesen mu haltlos in meinem Zorn und in meiner Trauer dar ber impulsiv im
241. es Leben Das Leben die eigene Geschichte so wird zu zeigen sein l sst sich nur retten durch eine die das Spiel um die Frage nach Motiv und Zurechnungsf higkeit der T terin durch immer neue T tungsszenarien in Gang h lt ad infinitum fortf hrt und damit eine totalisierende Interpretation und Repr sentation von vornherein ausschlie t so dass Kari von sich selbst sagen kann Ich bin im Zustand der Gnade Ich t te Ich bin 814 Und zugleich Ich bin nichts Nur sich wiederholende Tat Wie Elena Gomel anschaulich macht ist die Nicht Repr sentierbarkeit ein generelles Kennzeichen des Serienm rders und zugleich die Ursache f r eine regelrechte Repr sentationswut die ihr eigentliches Ziel jedoch immer verfehlen muss As Cameron and Frazer point out serial killers accounts of themselves are representations often consciously constructed which draw on cultural as opposed to individual resources But when these resources are radically self contradictory the resulting account is necessarily hybrid monstrous and mutant Thus representation rather than being a seamless conduit between social compulsion and individual violence becomes a site of their conflict But it ist precisely the resistance of the serial killer to representation that acts as incitement to representing him again and again In his encounters with an array of forensic specialists psychologists and medical examiners
242. es auf das ungl ckbringende Kind verschiebt und die Frage aufgeworfen wird ob man nicht die M chlerin zu Unrecht beschuldigt habe S 184 168 Wegen des Inzests mit der Schwester ist das Weiberfeld auch f r Kari Kenel ein Ort der Konfrontation mit seiner eigenen Schuld der Vers ndigung am eigenen oder doch zumindest eng verwandten Fleisch Eine hnliche Strafe herausfordernd w hlt er bevorzugt den Weg entlang der Schlucht aus der der Teufel gekommen sein soll um die s ndige M chlerin zu holen 690 Hineingesto en wird er ob aus Versehen oder aus Absicht wird nicht ganz klar von seinem eigenen Kind das er regelm ig blutig schl gt um sich selbst f r sein Vergehen zu bestrafen Der Mordversuch bzw Unfall gibt dem Kind dessen beherrschendes Gef hl angesichts der gegen es gerichteten Gewalt v llige Ohnmacht ist einen ersten Geschmack von einem Machtgef hl das mit der Entscheidungsgewalt ber Leben und Tod eines anderen verbunden ist K nnte zutreten die Hand die sich ins Holz verkrampft zertreten Dass das Machtgef hl ein tr gerisches ist und das T ten des Vaters keine wirkliche Befreiung vom Hunger nach 692 Vergeltung mit sich bringen kann sondern das Kind in einen unaufl slichen Kreislauf der Gewalt verstricken w rde wird klar als sich Kari Kenel aus eigener Kraft retten kann die Hand des Kindes in seine eigene nimm
243. es sind zwar einen Wahrheitsanspruch erheben gleichzeitig aber tats chlich gegenstandslos sind in Brandzauber wie oben gezeigt u a der Vorwurf des Christusmordes werden sie nicht als Unterwerfungsmechanismen erkennbar wenngleich sich die Selbstausarbeitung unweigerlich an diesen Zuschreibungen orientiert und das Subjekt erst durch Unterwerfung unter diesen Diskurs sprich durch ein Treten in Relation dazu zu einer Ausarbeitung von Subjektpositionen gezwungen ist Als Unterwerfungsmechanismen k nnen diese Zuschreibungen jedoch im Akt ihrer Wiederholung erkennbar werden denn dies kann den Effekt zeitigen dass die Gegenstandslosigkeit der unterwerfenden Zuschreibungen in ihrem vollen Ausma sichtbar wird Sind die Zuschreibungen auf diese Weise als unwahr erfahrbar geworden verlieren sie gleichzeitig ihr unterwerfendes Moment denn Gegenbeweise er brigen sich in diesem Fall ebenso wie die damit verbundenen subjektivierenden Selbstausarbeitungen Unerl sslich ist dabei jedoch das Element der Fiktion da nur eine symbolische und nicht etwa eine tats chliche Wiederholung der unterwerfenden Bedingungen diesen Effekt zeitigen kann denn w hrend die symbolische Wiederholung die Gegenstandslosigkeit diskursiver Zuschreibungen erfahrbar machen und sie als Unterwerfungsmechanismen entlarven kann w rde eine Wiederholung in actu den Beweis ihrer Wahrhaftigkeit erst erbringen 7 Dies gilt ebenso f r zwei weitere Figuren des Romans die s
244. ese schuld mit mir herumgeschleppt sp ter in den heimen in den anstalten im gef ngnis am ende haben sie doch alle recht ich bin es die b se h ssliche zerst rerische silvia ich habe kein recht zu leben 656 Auch in der Figur des Sigristen den Daskind schlie lich mit einer Steinschleuder t ten wird l sst sich ein intertextueller Verweis auf steinzeit sehen die Berufsbezeichnung Sigrist hatte Mehr in steinzeit als Eigennamen des Leiters des karitativen Hilfswerkes verwendet dieses karitative hilfswerk ist auch f r mein leben gr sstenteils verantwortlich es existiert heute nicht mehr sein gr nder doktor eberhard sigrist starb vor einigen jahren Mehr steinzeit S 10 657 Mehr Daskind S 167 658 Mehr Daskind S 165 161 Aber nicht nur vom eigenen Vater wird Daskind gequ lt sondern auch von anderen Bewohnern des Dorfes wie etwa dem Landfahrer Armin Lauer der bei Kenels zur 659 Untermiete wohnt und Daskind regelm ig sexuell missbraucht wie der Text nahe legt unter anderem deshalb weil Frieda Kenel ihn Jahre zuvor als Liebhaber verschm ht hat und er sich nun sein Recht am Kind holt Um dem Gequ ltwerden einen Sinn abzugewinnen der sich ihm anders nicht offenbaren will beginnt Daskind selbst zu qu len 662 6 und zu zerst ren Becher V gel einen Jungen Die Gewaltexzesse finden schlie lich ihren H hepunkt in der T tung des Sigristen mit einer S
245. ession unter anderem in Gestalt exorzistischer Praktiken bei denen Gewaltphantasien ebenso ungez gelt zur Entfaltung kommen Selbst die Kinder des Dorfes k nnen angesichts eines toten pr parierten Wals ihre Lust am eingebildeten T ten kaum unterdr cken der Wal wird auf einen Eisenbahnwaggon gebunden im Dorf zur Schau gestellt und soll als Beweis der berlegenheit des menschlichen Verstandes dienen der wettmacht was ihm an Kraft fehl t um solch ein Untier zu erledigen Ein anderer Zugezogener der Italiener Mario Romano wird nur aufgrund st ndiger Verleugnung seiner Lebensfreude seiner ausgelassenen Fr hlichkeit als Friseur im Dorf geduldet nachdem er gelernt hat sich wie die Einheimischen zu kleiden in Grau bis man unsichtbar wurde und in der Dorfgemeinschaft aufging wie ein grauer Stein unter grauen Steinen Aber auch die D rfler selbst leben in st ndiger Gefahr aus der Dorfgemeinschaft exkludiert zu werden sofern sie vom unsichtbaren Grau abweichen und die unausgesprochenen Gesetze bertreten Das Wissen um diese Gefahr bestimmt auch die Selbstausarbeitung der Pflegemutter des Kindes der rothaarigen Frieda Kenel deren Lieblosigkeit und K lte gegen ber dem Kind 674 Mehr Daskind S 58 675 Mehr Daskind S 69 676 Mehr Daskind S 94 677 Mehr Daskind S 95 678 Mehr Daskind S 152 67 Mehr Daskind S 152 166 aber auch dem Ehemann und sich selbst als
246. et sieht er die gesellschaftliche Ordnung der Sesshaften durch zwei Arten der Aufl sung sozialer Bindungen zum einen durch eine bertriebene Unbeweglichkeit in Form der Einsiedelei zum anderen durch bertriebene Beweglichkeit das Wanderleben Beides fasst Waltisb hl als Formen der Asozialit t auf deren Gr nde in gesellschaftlicher Desintegration Kriege Wirtschaftskrisen usw sowie in psychischen St rungen des Einzelmenschen zu suchen seien Die Folgen seien sittliche Verwahrlosung Kriminalit t Prostitution Die Nichtsesshaften seien jedoch keineswegs eine homogene Masse vielmehr sei zum einen zwischen Einzel und Gruppenwanderern zum anderen zwischen verschiedenen Subtypen der Einzelwanderer zu unterscheiden Zu den Gruppenwanderern z hlt Waltisb hl zum einen die echten Zigeuner die jedoch f r die Schweiz nicht von Interesse seien denn Zigeuner wurden in der Schweiz frei zum 164 letzten Mal vor dem ersten Weltkriege in der Gegend von Biel beobachtet Dieser Prototyp des fahrenden Volkes sei in der Schweiz nicht mehr anzutreffen Umso mehr 163 Waltisb hl Bek mpfung S 2 164 Waltisb hl Bek mpfung S 3 34 Gewicht misst Waltisb hl den Jennischen oder Landfahrern zu die allein er in der Schweiz als Gruppenwanderer verstanden wissen will Es sind dies die fahrenden Korber Kessler und Hausierersippen welche seit Jahrhunderten in unserem Land
247. ev lkerung eigentlich der Mehrheitsgesellschaft auf negative Erfahrungen mit isolierten Gruppen von ausl ndischen Fahrenden eigentlich Roma Sinti und Jenischen zu reduzieren Durch diese Reduktion im Bericht werden die clicheartigen und reisserischen Medienberichte ber gr ssere reisende Familienverb nde unhinterfragt zementiert H i 0 Bereits 2004 hatte Sch ft qwant die Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende als ein f r die Betroffenen selbst nicht erreichbares Konstrukt bezeichnet der eigentliche Sinn der Stiftung und ihre konkreten Aufgaben gingen aus den Unterlagen des Bundes und der ffentlich wahrnehmbaren Praxis nicht hervor Angesichts der Vielfalt der Interessengruppen bzw konkurrierenden Identit tskonstruktionen und der zum Teil recht massiven Kritik an der Rolle der Radgenossenschaft in der Schweiz stellt sich die Frage wie der Erfolg u a gemessen an staatlicher F rderung und der Verfolgung eigener Interessen just dieser Organisation zu http home balcab ch venanz nobel qwant VernehmlassungBerichtBundesrat051101 html Letzter Zugriff 20 05 2010 321 Stellungnahme des Vereins Sch ft qwant zum Zweiten Bericht der Schweiz zur Umsetzung des Rahmen bereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten Basel 8 12 2006 http home balcab ch venanz nobel qwant zweiterMinderheitenberichtCHVernehmlass061208 pdf Letzter Zugriff 19 05 2010 Wie bereits angemerkt finden sich jed
248. ewand Priesterin mit Degen und Muleta doch welche G ttin k nnte das Blut eines Toros wollen dass es die Erde befruchte Die Leichtigkeit mit der Jose vom T ten sprach widerte mich an Wer gab diesem heimwehkranken Spanier das Recht ber das T ten zu reden wie unwissende Priester ber das vergossene Blut Christi Die eif rmigen Arenen verweisen auf das Ei der Gro en G ttin Eurynome als Ursprung allen Seins auf die Mondg ttin die sich auch hinter dem Titel Das Licht der Frau verbirgt w hrend das m nnliche Prinzip der Sonne zugeschrieben wird Nie haben Sonneng tter zu lieben verstanden oder Leben geschaffen ber das T ten zu sprechen so wird an dieser Stelle auch deutlich muss denjenigen vorbehalten bleiben die unmittelbar daran beteiligt sind zum einen den Stierk mpferinnen die ber ihr T tungshandwerk berichten sollen und ihren Opfern den Stieren denen das lyrische Ich der eingef gten Gedichten eine Stimme gibt und denen es sich tief verbunden f hl 52 Mehr Licht S 30 524 Mehr Licht S 71 525 Mehr Licht S 112 526 Mehr Licht S 10 527 Mehr Licht S 10f AR Vgl z B G ttner Abendroth Heide Die tanzende G ttin S 45 Oder die Mondg ttin war das Ei das die Gro e G ttin Eurynome legte aus dem als es zersprang alle Dinge fielen pr hellenisches pelasgisches Griechenland gt Mehr Licht S 5 129 es w ren der liturgischen gew nder
249. ferisch vorgegangen Da fand sich das Schlitzauge ebenso wie der Negerkuss die semitische Nase neben schwarzen Zigeunerlocken alles eben was man dr ben auszurotten gedachte bei den Germanen und das ja auch der Schweiz diesem sch nen Schatzk stlein wie der Herr Pfarrer von der Kanzel zu schw rmen pflegte zunehmend Sorgen bereitete das minderwertige Pack 627 Mehr Zeus S 16 628 Mehr Zeus S 70 62 Mehr Zeus S 94 Die str flich missbrauchte Vergangenheit fiel von ihr ab und auch der Untermieter Zwiebelbuch der ihren Leib als eine ziemlich verw stete Mansarde hinterlassen hatte 630 Mehr Zeus S 90 631 Mehr Zeus S 91 62 Mehr Zeus S 236 152 Notiz 3 Sp t nachts tauschen in einem Bahnhof zwei M nner Zug und Pl tze Der eine Rosas Vater nimmt den Zug nach Flur und den Platz des Mannes Zeus ein der seinerseits den Zug nach Stuttgart besteigt und sich auf den Platz des Mannes setzt der jetzt nach Flur f hrt Und auch in der Heil und Pflegeanstalt ist Rosa damit besch ftigt eine Uniform zu n hen die f r einen schmucken Elitesoldaten bestimmt war der k nftig die russische Botschaft in der Hauptstadt zu sch tzen hatte Stuttgart der Wohnort von Rosas Arbeitgeber Stauch von dem sie sich einen Ausbruch aus dem v terlichen K fig den Rosa Zwiebelbuch eine Jugend lang bewohnte erhofft wird jedoch nicht allein wegen der Vergewaltigung durch Zweierlei Zeus
250. folgen soll Wie bereits in zahlreichen Ausgaben der Mitteilungen bzw der Jahresberichte des Hilfswerkes belegt Siegfried auch in seinem R ckblick von 1964 Erfolg und Misserfolg seiner M ndel anhand biographischer Skizzen wobei die erste eine direkte Weiterf hrung einer Beschreibung J rgers ist ber die ersten Kinderjahre und Heldentaten dieses w rdigen Nachkommen seines Vaters berichtet Dr J rger in Psychiatrische Familiengeschichten auf Seite 88 Die Erinnerung an Maurus beschw rt in mir Bilder und Szenen aus der ich m chte sagen heroischen Zeit unseres Kampfes gegen die Vagantit t herauf Sofern die Seitenangabe stimmt der Name Maurus Markus f llt bei J rger nicht handelt es sich hierbei um den Bruder des von J rger so detailliert beschriebenen jugendlichen Brandstifters Luzius Anton den J rger ebenfalls als Verbrecher markiert hatte Der Fall Maurus dient Siegfried vor allem zur St tzung seiner Forderung nach lebenslanger Verwahrung Bevormundung besonders schwerer F lle denn Maurus sei trotz diverser Schwierigkeiten erst wirklich kriminell geworden nachdem Siegfried den 30 J hrigen nicht mehr als M ndel habe behalten d rfen Um die These zu st tzen die misslungene Umerziehung etwa eines Viertels der M ndel sei deren Schwachsinn zuzuschreiben zitiert Siegfried im Rahmen der biographischen Skizzen zu diesen schlecht geratenen Kindern psychiatrische Gutachten
251. folgten beziehen seither nicht nur verst rkt im politischen Diskurs etwa in Fragen des Minderheitenschutzes und rechts Position sondern treten auch zunehmend mit autobiographischen literarischen und publizistischen Texten an die ffentlichkeit Der Forschung er ffnet sich auf diese Weise die M glichkeit bei der Untersuchung von Repr sentationsmustern dieser Die Bezeichnung Zigeuner ist aufgrund ihrer diskriminierenden Konnotationen und mangelnden Differenzierung zwischen den einzelnen Gruppen Sinti Roma Jenische Fahrende umstritten sie wird im Folgenden jedoch dann verwendet wenn die mit dieser Bezeichnung verbundenen stigmatisierenden Zuschreibungen im Vordergrund stehen oder die Quellen ebenfalls nichts zwischen den einzelnen Gruppen differenzieren Sofern in einzelnen Quellen andere Bezeichnungen verwendet werden wird dies deutlich gemacht Auf einfache Anf hrungszeichen wird im weiteren Text zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet Vgl hierzu auch Uerlings Herbert Fremde Blicke Zur Repr sentation von Zigeunern in der Schweiz seit dem 19 Jahrhundert Gottfried Keller Carl Durheim Mariella Mehr In Patrut Iulia Karin George Gutu und Herbert Uerlings Hgg Fremde Arme arme Fremde Zigeuner in Literaturen Mittel und Osteuropas Frankfurt Main 2007 S 143 202 hier S 143 So lassen etwa Thomas Maier und Dominik Wolfensberger in ihrer Untersuchung Eine Heimat und doch keine Heimatl
252. ft und Geschmeidigkeit grossgewachsener athletischer Priesterinnen Dabei durfte der Stier unter keinen Umst nden verletzt oder get tet werden Erst die zerst rerische Macht bernahme des patriarchalen Griechenland und Rom ersetzte das elegante und unblutige Stierspiel durch das Stieropfer Damit wurde die Vernichtung der letzten matriarchalen Kultur eingeleitet Auf die Grenzen und die problematischen Aspekte eines solchen Matriarchatsverst ndnisses hat nicht zuletzt die Genderforschung hingewiesen Neben einer Problematisierung der Essentialismen und Binarismen die mit der Idee der friedlichen Frau und einer gewaltfreien matriarchalen Gesellschaftsstruktur einhergehen und die sich auch in Mehrs Text finden soll im Folgenden jedoch vornehmlich gefragt werden welche M glichkeiten ein solches Matriarchatskonzept bzw der Rekurs auf den dazugeh rigen wissenschaftlichen Diskurs f r eine entpathologisierende und entkriminalisierende Selbstausarbeitung er ffnet Das Licht der Frau soll daher auf jenisch und weiblich markierte Subjekt Positionen hin untersucht werden die sich als Effekt des Versuchs einer positiven Umdeutung des Wahrheitsdiskurses unter R ckgriff auf Positionen des Matriarchatsdiskurses lesen lassen Stamm M tter und Stierk mpferinnen Jenische Frauen waren bereits in den Schriften J rgers in besonderem Ma e Adressatinnen kriminalisierender und pathologisierender Zuschreibungen So dienten ihm etwa die
253. geheuer durch deine tr ume und brachte dir die zerst ckelten leiber stinkender rest eines ungelebten lebens ber den schwarzen felsen brannte rotes fleisch herzf rmig frassen sich flammen in die mitte geier umkreisten den eismond Problematisch ist zudem die Reduktion der therapeutischen Arbeit auf die Wiedergewinnung traumatischer Erlebnisse da die Viktimisierung und Demoralisierung 481 Stettbacher Wenn Leiden einen Sinn haben soll S 140f 482 Stettbacher Wenn Leiden einen Sinn haben soll S 140 483 Mehr steinzeit S 73 118 der PatientInnen in der Phase der Regression mehrfach wiederholt und damit letztlich zementiert wird Das Therapieangebot er ffnet denjenigen die sich bereits selbst als Monster begreifen vielleicht ist silvia selbst ein monstrum mit vielen armen beinen und k pfen die Aussicht die Ursache des eigenen als be ngstigend und pathologisch empfundenen Aggressionspotentials in fr h kindlichen Gewalterfahrungen zu verorten und zu berwinden Im Falle des erz hlenden Ich in steinzeit sind dies neben den Erfahrungen als M ndel eines karitativen Hilfswerkes wie das Hilfswerk f r die Kinder der Landstrasse im Text genannt wird vor allem verschiedene traumatische Erlebnisse mit der eigenen Mutter Dass neben den Praktiken des Hilfswerkes ein so gro es Gewicht auf das Versagen der eigenen Mutter f llt zu der ja aufgrund der Fremdplatzierung kaum Kontakt bestand
254. gelehrten der Genealogie Soziologie Anthropologie Psychologie Vgl Siegfried Kinder der Landstrasse S 5 2 Siegfried Kinder der Landstrasse S 5 33 Jahren zunehmenden Sensibilisierung der Wissenschaft f r Stigmatisierungs und Labeling Prozesse weiterhin gleichen Zudem setzt sich Siegfrieds Bilanz teilweise aus an anderer Stelle publiziertem Material zusammen Wie bereits fr here Berichte zu Entstehung und Arbeit des Hilfswerkes beginnt Siegfried die Darstellung seiner Erfolgsbilanz mit dem Einzelfall welcher uns erkennen liess dass mit den bisherigen von einzelnen Gemeinden zum Teil auch Kantonen unternommenen Massnahmen ein bleibender Erfolg nicht zu erreichen war Es handelt sich dabei um die erste Fremdplatzierung zweier Kinder eines v llig dem Alkohol verfallenen Ehepaar es wobei Siegfried betont die Wegnahme weiterer Kinder habe auf ausdr cklichen Wunsch der Eltern stattgefunden Kurze Zeit nachher liess uns der w rdige Familienvater ausrichten nachdem wir die beiden Hauptverdiener versorgt h tten sollten wir schleunigst auch die vier j ngeren Kinder wegholen Er sei nicht 236 imstand sie zu ern hren Die Notwendigkeit einer kantons und gemeinde bergreifend t tig werdenden Einrichtung begr ndet Siegfried mit der bereits vielfach konstatierten gro en Mobilit t der Jenischen die sich bei drohendem Zugriff der F rsorgeeinrichtung in die Nachbarge
255. genannte Widerspruch zum eigentlichen Diagnosemerkmal avancierte der getarnte Schwachsinn 112 Robert Ritter und seine Schriften sind vor allem in Forschungsbeitr gen zur nationalsozialistischen Zigeuner verfolgung bereits mehrfach thematisiert und analysiert worden zuletzt im Rahmen der Dissertation Robert Ritter 1901 1951 Zu Leben und Werk des NS Zigeunerforschers T bingen 2008 von Tobias Schmidt Degenhard http tobias lib uni tuebingen de volltexte 2008 3487 pdf Schmid_Degenhardt RobertRitter_2008 pdf Letzter Zugriff 19 05 2010 Vgl dort auch den umfassenden Forschungsbericht S 10ff mit kritischen W rdigungen der Arbeiten Zimmermanns Gilsenbachs Danckwortts Hohmanns Aya und Oesterles Obwohl Schmidt Degenhard eine ganze F lle von Vorl uferarbeiten und vergleichbaren Untersuchungen zu Ein Menschenschlag nennt und analysiert und auch von Ritters Aufenthalt am Z rcher Burgh lzli berichtet bleiben J rgers Psychiatrische Familiengeschichten unerw hnt die Ritter jedoch bekannt gewesen sein d rften und zu denen seine eigene Abhandlung zahlreiche inhaltliche und methodische Parallelen aufweist Aus diesem Grund soll vor allem Ritters Habilitationsschrift an dieser Stelle auf hnliche Argumentations und Deutungsmuster hin noch einmal untersucht werden Die Schriften Ritters wiederum fanden ihren Weg zur ck in die Schweiz und flossen dort in den fortlaufenden Diskurs ber Jenische Fahrende ein
256. genbeweises zu entledigen In modifizierter Form insbesondere hinsichtlich der reinen Negativkonnotation des Schriftlichen lassen sich diese berlegungen f r die Analyse des Zeus oder der Zwillingston zugrunde liegenden poetologischen Konzepts fruchtbar machen fasst man Schrift auf als Voraussetzung f r die besondere Auspr gung und Ausdrucksm glichkeit eines erz hlerischen Gestaltungs und Formwillens f r berzeitliche lineare Kontingenzen einebnende Narrative bzw Meistererz hlungen sowie f r die Ausbreitung und Durchsetzung von Wahrheitsdiskursen und deren mit Realit ten schaffenden Praktiken verkn pfte Institutionalisierung 616 Braun Christina von NICHT ICH Logik L ge Libido 7 Aufl Frankfurt am Main 1999 Kapitel II passim 617 Braun NICHT ICH Logik Kapitel II passim 149 Neben der Verwendung des Zeus Thetis Mythos als gesamtstrukturbildendem Prinzip l sst sich die gewaltt tige Herrschaft des Geistigen bzw Schriftlichen am Umgang der Wissenschaft vertreten durch die Psychiater Bonifatius Wasserfallen und Gottlieb Abderhalden mit den geistig Kranken bzw den Zigeunern nachvollziehen die sich dem Primat des als berlegen auftretenden Geistigen durch ihre Geisteskrankheit gerade widersetzen bzw dessen Anf lligkeit und eben auch Verg nglichkeit vorf hren Irrsinn als Waffe hatte Wasserfallen k rzlich gelesen der Satz stammte aus dem Pamphlet eines Patien
257. getreu von seinem Vater ebenso wie die Toleranz eingebl ut wurden Mit dem unbearbeiteten Auge der Thetis das Stauch in seinem Atelier aufbewahrt und das auf die im Themis Orakel angedeutete aber bislang nicht umgesetzten M glichkeit einer Sanktion und Beendigung g ttlicher v terlicher Willk r und Gewaltherrschaft verweist verbindet sich so auch f r den Glasaugenmacher die Hoffnung nach einem Sturz des allm chtigen G ttervaters und die Wiedergewinnung eines verlorenen Wissens um gewaltfreie Lust was allerdings wiederum nur durch einen weiteren Gewaltakt die Vergewaltigung der Thetis zu haben ist Diesen Preis und die Tatsache dass er Rosa mit dem Geschenk des Thetis Auges zur Erf llungsgehilfin seiner eigenen W nsche macht wie auch Zeus oder die Erz hlinstanz scheint Stauch trotz seiner Kenntnis der antiken Mythen ebenso wenig in Betracht zu ziehen wie Rosa selbst die das geschenkte Glasauge mit naiver Freude in Empfang nimmt Thetis der Name schien Rosa Zwiebelbuch noch wohlklingender als die Namen der andern Augen Thetis geschliffener Diamant unter den Frauennamen Thetis die Meeresg ttin die vor ihr war und geduldig Rosas Werden erwartete damit ihr Los sich erf llte Von diesem Los allerdings wusste Rosa Zwiebelbuch nichts unschuldig im Gem t und ungetr bt von Wissen nahm sie das Auge das Thetis hiess barg es in ihrer Hand der breiten Rosahand Den Zusammenhang zwischen
258. gressivit t und somit auch frei von selbst und oder gesellschaftsgef hrdenden Anteilen ist Folgt man Stettbacher ergibt sich die Notwendigkeit der Therapie neben dem Leidensdruck der Betroffenen selbst vor allem aus der unmittelbaren Gefahr die Untherapierte oder gar Nicht Therapierbare f r die Gesellschaft darstellen ein Standpunkt dem durch Verweise auf Monster wie Hitler Stalin oder Ceau escu besonderer Nachruck verliehen wird Zwar werden die Ursachen dieser drohenden Gesellschaftsgef hrdung im psychosozialen Bereich gesehen und nicht wie es in Bezug auf die Jenischen berwiegend der Fall gewesen war genetisch begr ndet dennoch ist der Entwurf einer solchen Drohkulisse problematisch Denn sie fungiert ebenso als Unterwerfungsmechanismus wie der kriminalisierende und pathologisierende Diskurs ber Jenische und l sst die Prim r bzw Regressionstherapie zu einem ebensolchen Subjektgenerator werden Die Angst vor dem Ausma des eigenen Gewaltpotentials vor einer Fortsetzung destruktiver Beziehungen wie sie Stettbacher als schier unausweichliche Folge nicht bearbeiteter Traumata postuliert wird in steinzeit an mehreren Stellen greifbar etwa wenn vom T ten und Qu len von Tieren die Rede ist und jene kleinen neugeborenen hamster hast du ers uft ihre winzigen knopfaugen schauten dich an vertrauensvolle tierkinder nackt waren sie und hilflos aber du musstest sie ers ufen gr nfratzig schlich das un
259. h alternativen Sanktionen aufzuwerfen da Strafsch rfung offensichtlich keinen Erfolg zeitige und eine prinzipielle Unverbesserlichkeit der Jenischen nahe lege Bedenkt man nun dass etwa 30 Personen weniger als 35 Jahre alt waren und auch die lteren Vaganten nie m de werden Diebst hle auszuf hren oder den Jungen das edle Gewerbe beizubringen so ergibt sich dass der Landfahrer als Dieb und Betr ger eine erhebliche Gefahr f r die sesshafte Gesellschaft darstellt Betrachtet man die Kriminalit t einzelner Landfahrerfamilien so kann man die Beobachtung machen dass auch in bezug auf die Art der Delikte eine gewisse Tradition besteht Milieutherapie vs Verhinderung erbkranken Nachwuchses Den Jugendlichen widmet Waltisb hl ebenfalls ein eigenes Kapitel was mit der juristischen Perspektive und der besonderen Beachtung welche die moderne Strafrechtswissenschaft den Jugendlichen gew hrt begr ndet wird Die eigentliche Funktion des Kapitels liegt jedoch darin mithilfe der angef hrten Fallstudien schwer bzw nicht erziehbarer krimineller Jugendlicher die Basis f r die in 8 folgende Argumentation f r eugenische Ma nahmen gegen ber Jenischen zu legen und die 8 Waltisb hl Bek mpfung S 118 19 Waltisb hl Bek mpfung S 119 20 Waltisb hl Bek mpfung S 120f 44 Erfolgsaussichten der Milieutherapie des Hilfswerkes denjenigen einer Verhinderung erbkranken Nachwuchses gegen ber z
260. h rfung der Frage nach einem Konnex zwischen T terschaft und vorausgegangener Viktimisierung Auch wenn Mehr in Zeus oder der Zwillingston zahlreiche Themen und Motive aus fr heren Texten wieder aufgreift wie etwa das Kindsmord Motiv Geschlechterverh ltnisse oder die Psychiatrisierung und Kriminalisierung Jenischer steht nun nicht l nger eine Widerlegung des Wahrheitsdiskurses im Vordergrund sondern 137 vielmehr der Prozess seiner Institutionalisierung bzw die Inszenierung der Kontingenz einzelner Diskursereignisse ihrer wissenschaftlichen Sakralisierung und Verbreitung Lie die intensive Auseinandersetzung mit der Wissensproduktion zu Jenischen w hrend Mehrs Zeit als Sekret rin der Radgenossenschaft ein vornehmlich arch ologisches Interesse erkennen zeugt Zeus oder der Zwillingston nun von eher genealogischen Fragestellungen Es gelingt der Autorin in diesem Roman die Kontingenz von Macht und Wissensformationen offen zu legen und damit gleichzeitig den Nachweis der Nicht Notwendigkeit bestimmter Denk Seins und Handlungsweisen zu f hren die gew hlte erz hlerische Vermittlung macht das Verfahren und die Rhetorik linear und teleologisch verfahrender Meistererz hlungen und Wahrheitsdiskurse sichtbar deren Erz hlprinzip gerade die Leugnung von Kontingenzen und die Einebnung von Widerspr chlichkeiten ist und die eben dieser Verk rzung ihre Wirkm chtigkeit verdanken Ebenfalls bereits in Zeus oder der Zwil
261. h auf ihr gedankliches Gespr ch mit Gertrud beschr nkt im Rahmen der parallel verlaufenden realen Handlung im Sanatorium ist es nur der Karnivorengarten im Treibhaus der die Glaubw rdigkeit von Annas Erz hlung st tzt Bei der Begegnung Annas mit der neuen Patientin in der sie Franziska wiederzuerkennen glaubt wird lediglich auf Inhalte des Zwiegespr chs mit 777 Mehr Brandzauber S 12 778 Mehr Brandzauber S 54ff 7 Mehr Brandzauber S 144 780 Mehr Brandzauber S 125 191 Gertrud angespielt wenn Anna der Neuen etwa einen rostigen Hufnagel sprich Kreuzigungsnagel in die Hand legt Aber auch Passagen ihrer Gedankenbeichte selbst lassen Zweifel daran aufkommen ob Anna die von ihr beschriebenen Taten wirklich begangen hat Deutlich wird dies nicht nur in Bezug auf den Jungenf ralles den Anna sich zu t ten vornimmt als er sie beim Liebesspiel mit Franziska auf dem Dachboden berrascht und bei den Nonnen denunziert und der sich wenig sp ter beim Sturz vom Dachboden tats chlich das Genick bricht sondern auch beim Tod des M dchens das Anna als Zigeunerhure beschimpft hat Und pl tzlich lag der L ster auf dem M dchen das noch am Morgen die Schulbank mit Anna geteilt hatte Keine sah mich l cheln Die w rde mich nie mehr Zigeunerhure nennen ber dem Kamin summte eine Fliege in den F den eines Spinnennetzes um ihr Leben Das Netz schaukelte sanft Blitz
262. h she and her Jewish friend Franziska came to the Catholic orphanage as a last refuge They have no familiy and nowhere else to go Both Anna and Franziska are subjected to violence not only because of their otherness as gypsy and Jew the nuns find additional grounds for horrific abuse in the young girls sexual orientation Eine solche Reduktion der Leistung der Texte auf die Darstellung der Opferperspektive steht allerdings in offenem Widerspruch zu der Beobachtung Fordhams wonach Mehr mit ihren Texten das traditionelle Verst ndnis von Gewalt herausfordere was dazu f hre sowohl T ter als auch Opfer mit andere Augen betrachten zu m ssen Genau diese Zusammenh nge entschl sselt Fordham in ihrer Analyse m E nicht Renata Makarska analysiert in einem Beitrag mit dem Titel Das Leben in der Asymmetrie Bronistawa Waijs und Mariella Mehr ausgew hlte Texte Mehrs unter Bezugnahme auf Jurij Lotmans Kultursemiotik bzw dessen Konzept der Semiosph re Sie kommt zu dem Ergebnis dass die Romakulturen Teil einer anderen eigenen Semiosph re sind und die wenigen Austauschversuche mit Angst im Zentrum sowie Schuldgef hlen an der Peripherie enden Die Dissertation von Christine Mergozzi Literary Aurality and the Politics of Counter Literacy Spiritual Resistance in Morrisson Mehr Anzaldua and Silko ist eine der ersten literaturwissenschaftlichen Untersuchungen zu Mehrs Texten berhaupt Mergozzi widmet
263. haltensst rungen zahlreiche dissoziale Merkmale wie Bindungs u Haltlosigkeit Gef hlsk lte fehlende Empathie Zit n Nedopil Norbert Prognosen in der Forensischen Psychiatrie Ein Handbuch f r die Praxis Lengerich 2005 S 294 802 Einer dieser Schwachpunkte liegt in dem Risiko das der Gutachter mit einer g nstigen Prognose auf sich nimmt erweist sich der Entlassene als R ckfallt ter wird die Verantwortung dem Gutachter und dessen m glicherweise mangelnder Kompetenz zugewiesen weshalb es schon aus diesem Grund nahe liegt im Zweifelsfall der der Regelfall sein d rfte eine ung nstige Prognose zu stellen 03 Vgl zu diesem Punkt Jost Klaus Forensisch psychologische Begutachtung von Straft tern Ausgew hlte Problemfelder und Falldarstellungen Stuttgart 2008 S 56f 4 Vgl hierzu Punkte des HCR 20 Historical Clinical Risk U a werden genannt fr here Gewaltanwendung geringes Alter bei Erstdelinquenz fr he Anpassungsst rungen fr here Verst e gegen Bew hrungsauflagen Vgl Nedopil Prognosen S 111 197 Die R ckfallrate forensischer Patienten ist deutlich niedriger als diejenige der Inhaftierten im Strafvollzug dennoch herrscht in der ffentlichen Wahrnehmung genau das entgegengesetzte Bild vor die Bedrohung durch die Sicherungsverwahrten wird als weitaus gr er empfunden als diejenige die von Inhaftierten im Strafvollzug ohne psychiatrische Diagnose ausgeht Die Sicherungsverwahrung ersc
264. he bisher nicht vor Besonderes Augenmerk gilt dabei im Folgenden denjenigen Erz hl Argumentations und Deutungsmustern die Mariella Mehr in der einen oder anderen Form in ihren literarischen Texten aufgreift bzw die im Zuge ent subjektivierender Selbst Praktiken an Bedeutung gewinnen Wie etwa Heinrich Moritz Gottlieb Grellmanns 1787 erschienener Historischer Versuch ber die Zigeuner betreffend die Lebensart und Verfassung Sitten und Schicksale dieses Volkes seit seiner Erscheinung in Europa und dessen Ursprung G ttingen 1787 oder Friedrich Christian Benedict Av amp Lallemants 1858 1863 publizierte mehrb ndige Abhandlung Das deutsche Gaunertum in seiner sozialpolitischen literarischen und linguistischen Ausbildung zu seinem heutigen Bestande Leipzig 1858 1862 Grellmann Versuch S 185 12 Wenngleich Grellmann an dieser Stelle f r Aufkl rung und Erziehung der Zigeuner zu arbeitenden Staatsb rgern pl diert f hrt er an anderer Stelle die erblichen 45 Gewohnheiten sowie die zahlreichen gescheiterten Besserungsversuche denen das gesamte 15 Kapitel des Historischen Versuchs gewidmet ist an die dieses Unterfangen als eigentlich unm glich erscheinen lassen Alle drei bereits von Grellmann in den Blick genommenen Ma nahmen zum Umgang mit Zigeunern erziehen inhaftieren aussterben erfahren um 1900 eine Neuauflage unter aktuellen vererbungstheoretischen und zun
265. he Wort experience umfasst in seiner Bedeutung sowohl Erfahrung als auch Experiment Vgl hierzu und zu den folgenden Ausf hrungen auch L ders Jenny Ambivalente Selbstpraktiken Eine Foucault sche Perspektive auf Bildungsporzesse in Weblogs Bielefeld 2007 S 118 passim 92 Ich bin ein Experimentator in dem Sinne dass ich schreibe um mich selbst zu ver ndern und nicht mehr dasselbe zu denken wie zuvor die Erfahrung dient dazu das Subjekt von sich selbst loszurei en derart dass es nicht mehr es selbst ist oder dass es zu seiner Vernichtung oder zu seiner Aufl sung getrieben wird Ein solches Unternehmen ist das einer Ent Subjektivierung Die Idee einer Grenzerfahrung die das Subjekt von sich selbst losrei t hat mich dazu gebracht meine B cher wie langweilig wie gelehrt sie auch sein m gen stets als unmittelbare Erfahrungen zu verstehen die darauf zielen mich von mir selbst loszurei en mich daran zu hindern derselbe zu sein Eine Erfahrung ist immer eine Fiktion etwas Selbstfabriziertes das es vorher nicht gab und das es dann pl tzlich gibt Entsubjektivierendes Schreiben dient folglich nicht der Selbstidentifikation und Selbstvergewisserung es handelt sich nicht um ein identit tsbildendes Schreiben sondern um eines das im Akt der experimentellen Wiederholung von Rationalit tsstrukturen und Unterwerfungsmechanismen sowie im Akt ihrer schriftlichen symbolischen R
266. heint so als durchaus anfechtbare Ma nahme die lediglich einem letztlich in diesem Ausma unbegr ndeten Sicherheitsbed rfnis und einer irrationalen Angst vor gemeingef hrlichen Unverbesserlichen Rechnung tr gt Die Begutachtungs und Prognoseinstrumente weisen zudem zumindest in Teilen ebenso fragw rdige Aspekte auf wie etwa berlegungen Lombrosos von der Physiognomie auf ein genetisch bedingtes moralisches Defizit bestimmter Menschen zu schlie en und daraus die Notwendigkeit ihrer Verwahrung auf unbestimmte Zeit abzuleiten Dass die berlegungen Lombrosos dennoch auch in der gegenw rtigen Kriminologie forensischen Psychiatrie keineswegs in Vergessenheit geraten sind zeigt ein 2003 erschienener Aufsatz Thomas Knechts des leitenden Arztes f r Sucht und Forensik an der Psychiatrischen Klinik M nsterlingen CH mit dem Titel Cesare Lombrosos Theorie vom geborenen Verbrecher heute noch ein Thema Der Beitrag referiert eine Reihe von Studien seit 1945 die sich mit der Frage nach biologischen Risikofaktoren f r Kriminalit t und vor allem f r eine antisoziale Pers nlichkeitsst rung befassen Darunter eine Studie von Epps und Parnel aus dem Jahr 1952 die zu dem Ergebnis kommt dass Straft terinnen schwerer und muskul ser seien als ihre gesetzestreuen Geschlechtsgenossinnen eine Studie der Schweizer Arbeitsgruppe Kriminologie aus dem Jahr 1984 die anhand von Zwillings und Adoptionsstudien die Erblichkeit von Kri
267. heit tr gt werden wir am treffendsten als getarnten Schwachsinn bezeichnen H i 0 Die Konstruktion dieses St rungsbildes erlaubte zweierlei zum einen war es m glich den getarnten Schwachsinn bei jedem beliebigen Menschen zu diagnostizieren da er ja getarnt und folglich nur f r den Experten in diesem Falle Ritter zu erkennen war Zumal wie Schmidt Degenhard herausstellt neuro psychologische 128 Ritter Menschenschlag S 15 Dieses Merkmal etwa greift Mehr zur Charakterisierung der jenischen Protagonistin Anna in Brandzauber auf Vgl Kapitel VII 1 1 Ritter Menschenschlag S 15 130 Ritter Menschenschlag S 17 BI Ritter Menschenschlag S 17 132 Ritter Menschenschlag S 17 133 Ritter Menschenschlag S 18 134 Ritter Menschenschlag S 17 135 Das unstete Wesen die Dekonzentration und die vigile Aufmerksamkeit der getarnt Schwachsinnigen ist nicht zu vergleichen mit der motorischen Unruhe der R pelhaftigkeit der Zudringlichkeit und plumpen Vertraulichkeit der erethisch Debilen die sich nicht f gen k nnen und die durch ihr unentwegtes Dazwischenreden durch ihr ungehemmtes Befingern und Betappen ihre Umtriebigkeit und ihren sinnlosen Bet tigungsdrang jeden Unterricht und jedes geregelte Spiel unm glich machen Ritter Menschenschlag S 19 36 Ritter Menschenschlag S 19 31 Validierungsinstrumente wie Intelligenztests oder projektive Verfahren g nz
268. heiten ein weiterer Verweis auf Schriften Lombrosos finden sich auch in zahlreichen Fallbeschreibungen J rgers jedoch ohne entsprechende Verweise auf weitere psychiatrische Gutachten Gens Marcorum Markusjugend hat keine Tugend Um den sch dlichen Einflu der Frauen auf die Erbmasse der Familie Zero noch deutlicher hervorzuheben widmete J rger der Herkunftsfamilie der Stammmutter durch 96 die der Vagabundismus regelrecht und dauernd in die Familie Zero hinein gekommen sei 1919 eine eigene Untersuchung die er nach dem gleichen Muster Die Familie Markus betitelte Durch das Wanderleben an dem die Markus viel z her hingen als die Zero sei die Familie im 18 Jahrhundert aus dem Deutschen Reich gekommen und ber sterreich schlie lich in die Schweiz gelangt wo es zur Bastardierung von Bauer und 98 Vagantin gekommen sei Die zusammenfassende Beschreibung der Familiencharakteristika lautet Schon ihre Jugend ist auf ein gleichartiges Verhalten geeicht das sich zu erkennen gibt in Gleichg ltigkeit ja sogar Widerwillen gegen jegliche Art von theoretischem Unterricht in Mangel an Aufmerksamkeit Ausdauer und in Missachtung alles Wissens das nicht den famili r eingelebten und herk mmlichen Zwecken dient So bringt es der Markus trotz nicht selten vorhandener guter Auffassungsgabe nicht dazu h here Gesichtspunkte zu gewinnen und sich eine Lebens und Weltansch
269. heitsf higen da fiktiven Charakter auszeichnet entgegen Foucaults eigener Einsch tzung durchaus die M glichkeiten bietet die genannten Pr missen eines Erfahrungsbuches umzusetzen und evtl noch dar ber hinaus zu gehen Roman und Erfahrungsbuch Foucaults berlegungen zu Situierung und Funktionsweisen literarischer Texte und somit auch von erz hlender Prosa bzw Romanen im Diskursgeflecht waren im Verlauf seiner Arbeit wie oft angemerkt worden ist Revisionen und Korrekturen unterworfen w hrend Foucault Literatur zun chst recht global ein subversives Potential zubilligte relativierte er diesen Status sp ter ebenso wie die Bedeutung die literarischen Texte im Zuge der Ausarbeitung seiner fr hen Positionen wie etwa in Wahnsinn und Gesellschaft oder Die Ordnung der Dinge zukam Wie Spoerhase zeigt h ngt diese unterschiedliche Bewertung von Literatur ebenso wie die unterschiedlich gestellte Frage nach dem Autor unmittelbar mit der sich ver ndernden Diskurskonzeption Foucaults zusammen Die dualistische Konzeption unterscheidet eine souver ne pr sdiskursive Ebene die unter anderem als Rohes Sein der W rter Rauschen Gegendiskurs und Wahrheit zu denken gibt die das eingespielte Wahrheitsspiel oder die Gewissheit der Mehrheit oder der dominanten oder hegemonialen Teile der Gesellschaft destabilisiert 10 Saar Genealogie als Kritik S 308 101 Wuchern der Bede
270. her und juristischer Beziehung Hamburg 1887 S 2f 76 Lombroso Verbrecher S 4 757 Lombroso Verbrecher S XXVI Siegfried sah diesen Zusammenhang zwar weniger eindeutig wies jedoch in Kinder der Landstra e Ein Versuch zur Sesshaftmachung von Kindern des fahrenden Volkes seinerseits darauf hin Dass ein erheblicher Teil der Fahrenden als schwachsinnig bezeichnet werden muss steht nach unsern Erfahrungen ausser Zweifel Inwieweit dieser Schwachsinn durch fortgesetzte Inzucht und durch den von Generation zu Generation weitergegebenen Alkoholismus bedingt ist und in welchem Ma e die unglaubliche pflegerische und erzieherische Vernachl ssigung im fr hen Kindesalter f r diese Benachteiligung haftbar gemacht werden muss ist im einzelnen Fall schwer zu entscheiden S 22 158 Lombroso Verbrecher S XXX 9 Lombroso Verbrecher S XXIII 760 Lombroso Verbrecher S XXIX 185 ferner den Galgenhumor der sich in der Gaunersprache neben einer Art abergl ubischer 761 5 r Es verwundert nicht dass diese Kriterien in Schriften von Religiosit t bekundet J rger bis hin zu Fontana wiederkehren und dass nicht zuletzt dem Hilfswerk f r die Kinder der Landstra e ein hnlicher Gedanke des pr ventiven Gesellschaftsschutzes zugrunde lag wenngleich unter den Vorzeichen einer Besserungsf higkeit der Jenischen im Kindesalter was jedoch weder Zwangssterilisationen noch die permanente Unterb
271. hl der Schreibende als auch der Lesende Zuh rende erkennt nicht mehr so sein zu wollen noch so sein zu m ssen wie bisher als notwendig angenommen ohne jedoch alternative Seins Denk und Handlungsweisen zu entwerfen bzw aufgezeigt zu bekommen Die Wirkung die ein Erfahrungsbuch als solches auszeichnet l sst sich damit weder als kathartisch beschreiben noch soll die analytische Durchdringung subjektivierender Mechanismen zu einer politischen oder in irgendeiner Form auf Handeln gerichteten Aktivierung von Produzent bzw Rezipient f hren die eine gezielte Ver nderung gesellschaftlicher Zust nde anvisieren w rde und zwar gerade weil eine umfassende Infragestellung des Ist Zustandes gesellschaftlicher Konstellationen ebenso wie des Selbst intendiert ist die nicht durch alternative Handlungsanweisungen oder Wahrheits bzw Wirklichkeitsaussagen sofort wieder zum Stillstand gebracht werden soll Die Kritik hat nicht die Pr misse eines Denkens zu sein das abschlie end erkl rt Und das gilt es jetzt zu tun Sie muss ein Instrument sein f r diejenigen die k mpfen Widerstand leisten und das was ist nicht mehr wollen Sie muss in Prozessen des Konflikts der Konfrontation des Widerstandsversuchs gebraucht 33 So schreibt Foucault unter Verweis auf seine eigenen Erfahrungsb cher und auf die Frage nach dem Verh ltnis von Theorie und politischer Praxis Mir scheint dass es vielleicht eine einfach
272. ht der Frau Der Gedanke dass ich die ich eigentlich Chronistin eines rituellen Ereignisses sein wollte jener tieferen Verquickung von Stier und Frau selbst zur dramatischen Pointe dieses Buches werden k nnte mag l cherlich erscheinen entspricht jedoch ebenso meinen Gef hlen Der 1984 ver ffentlichte Text Das Licht der Frau entstand im Kontext einer mehrmonatigen Reise Mehrs nach Spanien die urspr nglich in einen Dokumentarfilm ber Anna eine Stierk mpferin Schweizer Herkunft hatte m nden sollen Der eigentliche Reisebericht wechselt mit Gedichten und Ausz gen aus Briefen Mehrs an ihren Lebensgef hrten H U die in Kursivschrift gesetzt sind und in denen die Ereignisse des Tages ebenso wie n chtliche Tr ume reflektiert werden Er schildert den Versuch einerseits der Frage nachzugehen warum eine Schweizerin in Spanien daf r k mpft Stiere t ten zu d rfen 501 und andererseits die Stierk mpferin von ihrem doppelte n Irrtum der im T ten der Stiere allgemein und insbesondere im T ten durch Frauenhand gesehen wird abzubringen ein Versuch der jedoch scheitern wird Beides geschieht unter Verweis auf die Gewaltfreiheit der Stierspiele im minoischen Kreta wie anhand des im Nachwort dargelegten Dokumentarfilmkonzeptes besonders deutlich wird Der Film soll das Portr t Annas und die mythologischen Bez ge zu den Stiert nzen in der fr hminoischen Zeit zeigen die von Mariella Mehr
273. iabolischer Rache keine Bitte abschlagen durfte Sie gerierte sich auch in ihren flatternden Haaren als solche indem sie allerlei K nste wie Wahrsagen Kartenschlagen Quacksalberei usw betrieb 7 Die Heimat der Zero Xand ist ein einsames Bergtal der Schweiz das bis in neuere Zeit eine Oase im vollen Sinne des Wortes durch geographische sprachliche religi se und politische Schranken von der Umgebung stark abgeschlossen war also ein Ort wo sich Rasseneigent mlichkeit und Rassenreinheit sehr gut entwickeln und entfalten konnten J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 2 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 17 P J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 6 30 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 76 1 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 20 82 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 20 83 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 20 Vgl Grellmann Versuch S 95 zur Wahrsagerei zu speziell Zigeunerinnen zugeschriebenen Eigenschaften vgl Grellmann Versuch S 66f 21 Andere bereits bei Grellmann kanonisierte Zigeuner Zuschreibungen derer sich J rger bedient betreffen Religion Bildungsf higkeit Intelligenz Hygiene K rperpflege Sexual Moral Sittlichkeit Hang zu Delinquenz und Arbeitsscheu Den vagierenden Frauen schreibt J rger eine besonders pr gnante Rolle im Vererbungsgeschehen zu einerseits
274. ich den Schuldzuweisungen eines wahren Diskurses unterworfen haben Annas Vater der die Legende vom Hufnagel und der zigeunerischen Schuld am Leben erh lt indem er sie seiner Tochter weitergibt der hnlich wie Franziska Unbill und Leiden einem eigenen Versagen zuschreibt und es in hiobscher Haltung ertr gt Mehr Brandzauber S 50 und der schlie lich f r die Brandstiftung seiner Tochter verantwortlich gemacht wird und daran zugrunde geht Mehr Brandzauber S 120 Und der Psychiater Lodemann der sich als Lebensborn Kind mitschuldig an den nationalsozialistischen Gr ueltaten empfindet der die Schuld f r Franziskas Kreuzigung auf sich nimmt und sich wie es der Text nahe legt im Zuge einer selbst auferlegten Strafe ebenso wie Annas Vater t tet Mehr Brandzauber S 188 189 Es ist das Zusammenspiel dieser sich gegenseitig ausschlie enden Verweisstrukturen und die Verwischung der Grenze zwischen Wirklichkeitsreferenz und Fiktion die Brandzauber zu einer paradoxen Lekt reerfahrung und damit den Text auch f r den Leser zu einem Erfahrungsbuch machen Auf der Handlungsebene best tigt die Umsetzung der diskursiven Zuschreibungen mittels der Zigeunerin Anna vordergr ndig den Wahrheitsdiskurs Dieser Aspekt tritt umso st rker und irritierender hervor je mehr ber para und intertextuelle Verfahren die Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit zur Aufl sung gebracht die Romanhandlung im Bereich des M glichen als autob
275. iche Pension so dass Zweierlei auf sein 602 sp teres Vergewaltigungsopfer aufmerksam werden kann Zuf llig enden Rosa und Zweierlei in der gleichen psychiatrischen Klinik Rosa weil sie das bei der Vergewaltigung durch Zweierlei gezeugte Kind umbringt Zweierlei weil er sich freiwillig einliefert um sich seiner Unsterblichkeit zu entledigen bzw seinem Leben ein Ende 58 Mehr Zeus S 43 und 105 f 59 Mehr Zeus S 38 600 Mehr Zeus S 98 61 Auf die Beiz habe man schliesslich auch nicht schiessen k nnen so sei denn als Standort f r die Sands cke nur der Bereich vor dem Felsen in Frage gekommen Ausgerechnet der Plur habe seinen Sack verfehlt den Zigeunerlockensack habe der Plur verfehlt und die Kugel sei auf dem Felsen oder Findling aufgeprallt und ihm Jakob Zwiebelbuch ins rechte Auge gesprungen ohne Voranmeldung Zehn Jahre Verwahrung hielten die B ttel des Rechts aufgrund schwerer K rperverletzung mit besonders verwerflicher Absicht f r angemessen Der Johann verendete im Gef ngnis eine Grabst tte war f r derlei Gesindel nicht vorgesehen also keine Blumen keine Tr nen und kein Gedenken Mehr Zeus S 74ff 602 Mehr Zeus S 233 144 setzen zu lassen Zuf llig erscheint Stauch nachdem er sich jahrelang nicht um Rosas Verbleib gek mmert hat just zu dem Zeitpunkt in der Klinik als Rosa sich ihr eigenes Auge nach einem prometheischen Feuerdiebstahl in Form von Streichh lzern
276. idiert formulierten Forderung nach einer universit ren bzw wissenschaftlichen Beachtung ihrer Texte scheint eine berzeugung zugrunde zu liegen die an Positionen Michel Foucaults erinnert wonach es vornehmlich die universit ren bzw wissenschaftlichen Sakralisierungsprozesse sind die Literatur gegenw rtig berhaupt erst als solche funktionieren lassen Man wei ja dass heute die als Avantgarde bezeichnete Literatur ausschlie lich von Akademikern gelesen wird Man wei ja dass heute ein Schriftsteller der gerade drei ig geworden ist Studenten um sich hat die ihre Magisterarbeit ber sein Werk schreiben Man wei dass Schriftsteller zum gro en Teil davon leben Akademiker zu sein Hier also schon liegt ein St ck der Wahrheit die Tatsache dass die Literatur durch ein Spiel der Auswahl der Sakralisierung des institutionellen Geltungsanspruchs dessen Verwalter und gleichzeitig Empf nger die Universit t ist als Literatur funktioniert Aufschlussreich ist auch welche Texte Mehrs bisher gr ere Beachtung gefunden haben Wurden die fr hen dezidiert als autobiographisch markierten Texte allen voran steinzeit ebenso wie Mehrs Lyrik als Artikulation eines bisher kaum wahrgenommenen jenischen Verfolgungsschicksals u a von geschichtswissenschaftlicher Seite gelobt oder als 23 Sie hat nie leichte Kost oder Infotainment geschrieben Sie hat wie Lessing das politische nie vom literarischen und
277. idvoll zuerst dann st rrisch bis ihr K rper schwieg Sie sieht den Mann m de davongehen dem sie sich nicht hingeben darf will sie nicht der Verdammnis anheimfallen Gottes Auge ist berall auch im Gehirn dem gequ lten und im Weiberscho dem vernachl ssigten In gleichem Ma e wie der Feigenbaum f r Frieda Kenel ein Ort der Mahnung f r eine drohende g ttliche Verdammnis ist sollte sie ihrem Begehren nachgeben ist es f r Kari das Weiberfeld benannt nach der M chler Olga ein Ort der die Erinnerung an eine Hure und die Furcht der D rfler vor einem hnlichen Frevel wach halten soll Sie erreichen die Lichtung Das Weiberfeld Vor vielen Jahren erz hlen sich die D rfler habe sich hier eine am eigenen Fleisch und Blut vers ndigt das Gesetz Gottes verachtend Da sei der Teufel in die Lichtung eingebrochen und habe die M chler Olga geholt Noch heute bei klarer Vollmondnacht h re man das br nstige Geschrei der Hure Den Sohn habe keiner im Haus gewollt Als Knecht habe er nichts getaugt nicht richtig im Kopf sei er gewesen Irgendwann nachdem sich der M chler Marti zu Tode gesoffen habe sei auch der Sohn verschwunden 6 Mehr Daskind S 108 Mehr Daskind S 144 68 Mehr Daskind S 141 687 Mehr Daskind S 144ff 68 Mehr Daskind S 24 Wie flexibel die Entscheidung ber Inklusion oder Exklusion gehandhabt werden kann zeigt sich als sich das Interesse des Dorf
278. ie auf der Homepage der Autorin nahe gelegt wird an den Zust nde n im gegenw rtigen Verlagswesen an unzureichenden Vermarktungsstrategien und daran liegen dass es sich bei den Texten um schwere Vgl hierzu Kapitel V 1 Pender Malcolm Emancipation through Writing Mariella Mehr and steinzeit In Chamley Jo und Malcolm Pender Hgg Intellectual Emancipation Swiss Women and Education Bern 2001 S 81 99 2 R th Gabi Die Elemente und der Tod Literarische Deutungsverschiebungen in der Moderne Hagen 2008 Hinterlegt unter http deposit fernuni hagen de 247 Vgl auch Kapitel V1 4 Tebbutt Susan Reisefertig die Heimat im Arm Mariella Mehr and her distinctive delight in words In Studer Patrick und Sabine Egger Hgg From the Margins to the Centre Irish Perspectives on Swiss Culture and Literature Bern 2007 S 303 325 Uerlings Fremde Blicke S 185 201 Sein Fazit zu den Leistungen des Romans f llt dabei deutlich anders aus als etwa Fordhams Hier in der Darstellung einer Leere nach der Selbstaufkl rung ber die Folgen einer Verfolgung liegt wohl auch die besondere Leistung des Romans Brandzauber Das Buch sperrt sich dagegen umstandslos mit dem Etikett der befreienden Erinnerungsarbeit versehen zu werden Es geh rt vielmehr zu jenen sonst eher aus der j dischen Holocaust Literatur bekannten Werken die den unheilbaren Zivilisationsbruch markieren den der V lkermord a
279. ie zur Zerst rung des Liebsten geradezu zwingen Dieser Deutung zufolge muss Franziska sterben damit Annas Schutz vor Verletzung den ihr die Affektlosigkeit bietet aufrecht erhalten werden kann denn Anna wusste dass nichts Bestand hatte in ihrem Leben dass ein Zufall alles 35 735 Um diesen Zuf llen zuvorzukommen und zerst ren konnte was sie ins Herz schloss die Kontrolle zu behalten so folgt daraus t tet Anna selbst beginnend mit den V geln die f r sie den Verrat des Vaters an ihr symbolisieren der durch sein tatenloses Zusehen bei der Wegnahme seiner Tochter als Entgelt f r prallvolle Lebensmittelpakete auch die V gel verschachert hat die er zuvor noch als Botschafter des Himmels bezeichnet hatte Der Verrat des Vaters wird kurzerhand zum Verrat der V gel erkl rt die nun aus Annas Sicht auf die Seite der T ter gewechselt haben Sie waren die V gel der anderen lernte sie rasch geh rten denen die man nicht ungestraft minderwertig nennen durfte die man trotz aller gegenteiliger Gef hle zu achten hatte Sie besch tzten ihre verhassten Qu ler Oft wenn Anna von kundigen H nden verpr gelt wurde h rte sie ein Kreischen und Girren und Fl gelschlagen als s hen sie zu und pfiffen billigend die V gel die einst ihre und die Freunde ihres Vaters gewesen waren Durch das Kreuzigen zwingt Anna die V gel scheinbar von der T ter zur ck auf die Opferseite w
280. ieren Ein Kronleuchter f llt doch nicht 78 Mehr Brandzauber S 136 782 Annas Kommentar hierzu gegen ber Gertrud lautet Aber nein Gertrud wir erstarrten nicht vor Entsetzen Wir wussten beide dass der Tod einen jeden von uns mit einem Federstrich aus der Welt schaffen konnte Eine Spur Mitleid vielleicht ein leises Bedauern einen Zeugen f r unser Tun verloren zu haben Mehr Brandzauber S 104f 183 Mehr Brandzauber S 144f 184 Mehr Brandzauber S 133f 785 Mehr Brandzauber S 146 786 Mehr Brandzauber S 148 192 einfach auf unschuldige M dchen herunter w rde sie sagen und ich lie e offen ob ich meine Hand im Spiel gehabt hatte Wenn Annas T terschaft nicht angezweifelt wird so vor allem deshalb weil sich beide Todesf lle wie auch die Brandstiftung und das T ten der V gel als Racheakte lesen lassen und die zigeunerische Rachsucht der verfluchende b se Blick ebenso Teil des Wahrheitsdiskurses sind wie der bereits genannte Alkoholismus oder die zigeunerische Triebhaftigkeit kurz der moralische Schwachsinn Dass die erz hlende und die mordende Anna nicht identisch sind l sst sich nicht nur aus 788 schlie en Hinweisen der Ich Erz hlerin auf das von ihr entworfene Wesen Anna Wenn am Ende der gedanklichen Lebensbeichte des Selbstentwurfes als Karnivore die Zerst rung der fleischfressenden Pflanzen steht die sie bis dato ebenso sorgsam wie ihre daran orientierte Sel
281. iesem Themenkreis verschliessen wollte er sich nicht dem Verdacht aussetzen die wahren Bedrohungen des modernen Menschen verkannt zu haben W hrend sich andere in der Zeit der Studien mit K se und K ssen durchschlugen und der Heiterkeit fr nten fr nte Studiosus Abderhalden hochkar tigen Gr beleien ber die Bedrohung des Menschen f r den er sich selbst hielt und der mit anderen zusammen eine Mehrheit ergab Im Fall der Dissertation Wasserfallens wird diese zwar ebenso wie im Fall Benedict Fontanas zun chst von einem ersten Doktorvater aufgrund veralteter Theorien abgewiesen zehn Jahre sp ter jedoch von einem anderen Professor angenommen und die beiden Anstaltsleiter k nnen trotz des Ende s faschistischer Rassentheorien im Nachbarland in der Klinik Narrenwald ungehindert weiterforschen und Ma nahmen treffen die dem erforschten Patientengut nur allzu oft Verstand und Fruchtbarkeit 591 raubten Neben den Qualifikationsarbeiten der beiden Anstaltsleiter Wasserfallen und Abderhalden und den von ihnen in Zeitschriften publizierten Aufs tzen sind es vor allem die Krankenakten die nicht nur die Grundlage dieser Publikationen bilden sondern die in ihrer schriftlichen Form bzw in ihrer Funktion als Dokument den angeblichen moralischen 585 Vgl a Mehr Zeus S 138f 586 Mehr Zeus S 157 587 Jeder seiner Vorg nger hatte sich mit den Erscheinungsformen abnormen Andersseins besch ftigt ha
282. iger Jahren im Schnitt zwanzig und im letzten Jahr schon dreissig Tatverd chtige Der Gerichtspsychiater Josef Sachs von der Psychiatrischen Klinik K nigsfelden AG best tigt die SonntagsBlick Diagnose Frauen halten sich vermehrt in ffentlichen R umen auf verwickeln sich somit h ufiger in ausserfamili re Konflikte Zudem neigten junge Frauen dazu sich an m nnlich gepr gten Idealen zu orientieren statt eigene L sungen zu suchen Sachs gilt unter Medienleuten als M rderinnen Fachmann Sie liessen ihn w hrend des Prozesses gegen Caroline H immer wieder zu Wort kommen Seine These mehr Emanzipation gleich mehr kriminelle Frauen gef llt Wahr ist sie aber nicht Ebenso wenig stimmt die Grafik des SonntagsBlicks Boos Susan Frauen die t ten In WoZ Online 20 12 2001 http www woz ch archiv 01d 0 1 51 7373 html Letzter Zugriff 08 12 2010 824 Felber Messerangriffe NZZ 15 16 Dezember 2001 S 46 203 Wer sich vom Prozess eine abschlie ende Erkl rung f r die scheinbar motivlosen Bluttaten erhoffte wurde allerdings entt uscht Wohl best tigte die Angeklagte die mit ihren kurz geschorenen Haaren und einem lebhaften Blick geradewegs burschikos wirkte die in der Untersuchung abgelegten Gest ndnisse ohne Besch nigungsversuche oder Relativierungen Mit knappen aber pr zisen S tzen in n chternem Tonfall so als w rde sie von einer anderen Person reden erz hlte sie von der zwanghaften Lust
283. igeunern unter erbgenetischen Gesichtspunkten betrieben wurde und die nach wie vor zum Nachweis heredit rer Faktoren herangezogen wird auch auf das nationalsozialistische Erbe der Psychiatrie angespielt 8 Mehr Angeklagt S 22 880 Mehr Angeklagt S 81 881 Mehr Angeklagt S 16f 882 Mehr Angeklagt S 94f 883 Vgl Fiedler Pers nlichkeitsst rungen S 225 217 Nein Frau Doktor diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten Ich wei nicht weshalb wir Malik und Kari ohne Absprache immer wussten wonach uns beiden zu Mute war Vielleicht weil wir in gewisser Weise Zwillinge waren und Zwillinge angeblich sp ren was den anderen bedr ngt oder erfreut Die deutsche Zwillingsforschung f hrend auf dem Gebiet soll schon in den Drei igerjahren nachgewiesen haben dass sich Zwillinge nicht nur erg nzen nein dass sie ohne gegenseitige Verst ndigung sogar f hig sind einander in den Tod zu folgen 885 nach wie vor ein nahezu Dass Psychiatrie und allen voran der forensische Hafen unkontrolliertes Feld f r medizinische Versuche und willk rliche menschenverachtende Eingriffe darstellen legen Ausf hrungen Karis zu ihren eigenen Beobachtungen psychiatrischer Praktiken an mitinhaftierten forensischen PatientInnen nahe Wir allerdings nannten ihn Knochenschlosser wie die anderen die sich mit unsern Leibern besch ftigten unbesch digte Hirnteile ins Dunkel schockten Br ste abschnitten Geb rm
284. ihrer Verhaftung 1825 frei habe schalten und walten k nnen Jene Gaunerbande bestand aus 33 Erwachsenen und 19 Kindern und es wurden ihr nicht weniger als 17 Mordtaten 7 Kindermorde und Aborte 10 Brandstiftungen 1063 schwere und 427 leichte Diebst hle zur Last gelegt Auch h tten die egoistischen Interessen der Kantone hinsichtlich der Einb rgerungspolitik eine Sesshaftmachung geradezu verhindert In der Einb rgerung der Landfahrer war man u erst vorsichtig Man k nnte deshalb geradezu von gesetzlich aufgezwungener Vagantit t sprechen Die Ehen dieser Leute wurden als Konkubinate verschrien aber Eheverbote nahmen ihnen 165 Waltisb hl Bek mpfung S 3 Zur Illustration zitiert Waltisb hl K hlers Armenpflege und Wohlt tigkeit in Z rich zur Zeit Ulrich Zwinglis aus dem Jahr 1919 Dort hei t es 1293 kam das Spital zum heiligen Geist in Z rich unter die Aufsicht zweier st dtischer Pfleger da es in diesen Spit lern oft sehr lustig zuging und die Vaganten auf Kosten der ffentlichkeit schlemmten prassten und mit den M gden Unzucht trieben Zit n Waltisb hl Bek mpfung S 10 167 Waltisb hl Bek mpfung S 10ff 168 Waltisb hl Bek mpfung S 15 19 Waltisb hl Bek mpfung S 18 1 Waltisb hl Bek mpfung S 21 38 die M glichkeit anders als im Konkubinat zu leben Alle diese Einschr nkungen wirkten einer Sesshaftmachung entgegen Wohl gab es erfreuliche
285. il aber ein So genannt werden Teil eines So gemacht werdens ist ist die Abwehr der fremden Namen der erste Schritt dahin zu verstehen wie man zu dem oder derjenigen gemacht wurde der oder die man ist Im Folgenden soll unter Verweis auf weitere berlegungen Foucaults gezeigt werden wie sich im schriftstellerischen Werk Mehrs der Wandel von Wahrheits bzw Beweisb chern die mittels Entkriminalisierung und Entpathologisierung den Nachweis der Unhaltbarkeit bzw Unwahrheit der gestellten Diagnosen und diskursiven Zuschreibungen zu erbringen versuchen hin zu Erfahrungsb chern die die Unterwerfungsmechanismen selbst zum Gegenstand machen und auf deren Au er Kraft Setzen abzielen vollzieht 341 Saar Martin Genealogie und Subjektivit t In Honneth Axel und Martin Saar Hgg Michel Foucault Zwischenbilanz einer Rezeption Frankfurt Main 2003 S 169f 83 IV Wahrheits und Erfahrungsb cher Foucault sche Subjektkonzeptionen zwischen Subjektivierung und Entsubjektivierung Und wenn das Fiktive gerade nicht das Jenseits noch das innerste Geheimnis des Allt glichen w re sondern der Flug des Pfeils der uns in die Augen trifft und uns all das darbietet was erscheint Subjekt und Macht Michel Foucaults r ckblickender Selbsteinsch tzung zufolge stand im Vordergrund seiner Arbeiten stets weniger die Analyse von Machtph nomenen als vielmehr die Frage nach dem Zusammenspiel von Macht und Subj ei
286. ilden dabei den Kern des Foucault schen Kritik Konzeptes der Kunst nicht derma en regiert zu werden Die Fragen die als Ausgangspunkt einer solchen Kritik zu stellen sind lauten entsprechend Wie kann die Unl slichkeit des Wissens und der Macht im Spiel der vielf ltigen Interaktionen und Strategien zu Singularit ten f hren die sich aufgrund ihrer Akzeptabilit tsbedingungen fixieren und zugleich zu einem Feld von m glichen ffnungen und Unentschiedenheiten von eventuellen Umwendungen und Verschiebungen welches sie fragil und unbest ndig macht welche aus jenen Effekten Ereignisse machen nicht mehr und nicht weniger als Ereignisse Wie k nnen die Zwangswirkungen die jenen Positivit ten eignen anstatt durch eine R ckkehr zur rechtm igen Bestimmung der Erkenntnis oder durch eine Reflexion auf ihr transzendentales oder quasi transzendentales Wesen verfl chtigt zu werden innerhalb des konkreten strategischen Feldes das sie herbeigef hrt hat und aufgrund der Entscheidung eben nicht regiert zu werden umgekehrt oder entknotet werden Die Rede von der Nicht Notwendigkeit bestehender Machtbeziehungen und der Verweis auf eine ungenutzte Freiheit sowie die M glichkeit sich gegen ein Regiertwerden zu entscheiden bilden dabei nur auf den ersten Blick einen Widerspruch zu Foucaults fr hen subjektkritischen Untersuchungen denen zufolge die Bedingungen des Denkens Sprechens und Handelns weder hintergehbar noch
287. in denen von 257 Siegfried Kinder der Landstrasse S 44 8 Siegfried Kinder der Landstrasse S 52 29 Siegfried Kinder der Landstrasse S 53 260 Vgl Leimgruber Maier Sablonier Hilfswerk S 64 l Siegfried Kinder der Landstrasse S 64 2 bereinstimmend ist das Geburtsjahr 1912 2 Siegfried Kinder der Landstrasse S 64f 58 Imbezillit t abnormer Veranlagung geltungss chtigen unaufrichtigen und 6265 266 haltlosen Psychopathen moralischem Schwachsinn oder moralisch defekten Psychopathen die Rede ist An mehreren Stellen f hrt Siegfried diese Diagnosen als m gliche Grundlage f r eine Bevormundung geisteskranker und geistesschwacher Personen gem Art 369 ZGB an Wiederholt macht Siegfried auch die Pflegefamilien f r das Scheitern der Erziehungsversuche verantwortlich bisweilen legen seine Schilderungen gar sexuellen Missbrauch nahe f r den er jedoch das Verhalten der M dchen selbst bzw deren viel zitierte angebliche Triebhaftigkeit verantwortlich macht Mit 14 Jahren war Isidora in einen b sen Sittlichkeitsskandal verwickelt indem sie zusammen mit zwei oder drei andern gleichaltrigen M dchen fast gewohnheitsm ig Geschlechtsverkehr mit halb und ganz erwachsenen Burschen unterhielt Nach ihrer Schilderung hatte das Unheil im Hause der Pflegefamilie begonnen als Isidora einmal w hrend eines n chtlichen Gewitters aus Angst in das
288. indeutig begr t Art 369 ZGB befasst sich in erster Linie mit geisteskranken oder geistesschwachen Personen Wie Bleuler anmerkt bezeichnen beide Worte einen H i O Begriff der alle Abweichungen vom Normalen umfasst sowohl die eigentlichen Geisteskrankheiten im technischen Sinne als auch viele Psychopathien und Degenerationen inklusive moralische Minderwertigkeit Binswanger f hrt dazu aus Art 369 komme auch bei nicht eigentlich geisteskranken Personen zur Anwendung wenn eine sogenannte affektive Geistesschw che vorliege welche sich dann praktisch als eine Geisteskrankheit auswirke es k nnen somit mehrfach vorbestrafte gemeingef hrliche Rechtsbrecher aber_auch noch nicht straff llig gewordene sogenannte haltlose Psychopathen welche durch ihre liederliche und arbeitsscheue Verhaltungsweise auffallen gest tzt auf diese Bestimmung entm ndigt werden Dies wird wie wir noch sehen werden bei Vaganten sehr oft der Fall sein H v m 17 Waltisb hl Bek mpfung S 64 7 Waltisb hl Bek mpfung S 63 18 Waltisb hl Bek mpfung S 63f 1 Waltisb hl Bek mpfung S 65ff 18 Waltisb hl Bek mpfung S 69 40 Deutlich macht Waltisb hl auch die Rolle der psychiatrischen Gutachten als Voraussetzung zur Anwendung des Artikels 369 die er allerdings zu den Sicherheitsma nahmen z hlt die verhindern sollen dass Personen ungerechtfertiger z 181 Weise versorgt werden Das St rungsbild des morali
289. inem Untermieter sexuell missbraucht und von den D rflern beargw hnt die nur zum Teil um seine wahre Herkunft wissen und es ansonsten f r ein Heimkind halten sucht es zun chst allen Dem tigungen zum Trotz nach Anerkennung und Liebe Als auch die extremste Selbsterniedrigung und Folgsamkeit nicht zum Ziel f hren und alle Versuche die allgegenw rtigen Negativzuschreibungen zu widerlegen misslingen richtet Daskind sein Handeln und Denken zunehmend an diesen Zuschreibungen aus und setzt in wachsender Grausamkeit und Gef hlsk lte um was ihm nachgesagt und angedichtet wird 159 Wortbomben Interpellation und leidenschaftliches Verhaftetsein Daskind schaute verst rt auf die W rter als w ren sie gefr ige Tiere die jederzeit nach ihm schnappen konnten Dem Teufel ab dem Karren man hatte es immer gewusst Daskind h rte die Hinundherworte die kleinen Wortbomben Es lernte nicht zusammenzuzucken wenn sich die D rfler bei seinem Anblick bekreuzigten Als subjektivierende Mechanismen kommen in Daskind zum einen die Inauguration des schlechten Gewissens und zum anderen die Interpellation die vor allem sprachliche Konstitution des Subjekts das auf eine an es gerichtete Anrufung reagiert und damit 652 gezwungenerma en die Begriffe akzeptiert mit denen es angerufen wurde in den Blick Daskind das w hrend der gesamten Erz hlung ohne Eigennamen bleibt wird auch von der
290. inierte bzw selbstgebastelte Fremde bei seinen 627 und beim Schlachten von Tieren rein privaten Samenversch ttorgie n Allmachtsphantasien hingibt eignet ihr von Geburt an die Vorstellung ihrer selbst als einer defizit ren Existenz die sie zusammen mit dem M dchennamen ihrer Mutter Lamm zum Objekt bzw Opfer der Selbstverwirklichungsphantasien anderer geradezu pr destiniert und somit auch zur Verwirklichung des Erz hlprojekts der Erz hlinstanz selbst Die Erz hlung vom Schicksal Rosa Zwiebelbuchs erh lt ihre Logik und Koh renz durch die Wiederkehr des Leitmotivs Uniform das m nnliche Gewalt symbolisiert Bereits der Akt ihrer Zeugung findet im Schatten des v terlichen Soldatengewandes und mit der Erkennungsmarke um den v terlichen Hals statt Bevor Zeus Zweierlei Rosa vergewaltigt hat dies bereits der Vater getan der bergang der Rolle des Vergewaltigers 630 und bei der von Rosas Vater auf Zeus der ebenfalls eine Vorliebe f r Uniformen hat ersten Begegnung mit Rosa die Uniform eines Hitlerjungen tr gt verl uft reibungslos und in Form eines schicksalhaften Wiederholungsmechanismus wie die Erz hlinstanz in einer Randnotiz vermerkt 62 Mehr Zeus S 249 624 Mehr Zeus S 75 6 amp 5 Mehr Zeus S 18 626 Mehr Zeus S 72 In der Auswahl der Verzierungen der als Zielscheibe verwendeten Sands cke sei man grossz gig ja sch p
291. intensivpflege mit dem unmittelbaren k rperlichen Erleben der Situation Die sekund rprozesshafte Information ber den Grund des Aufenthaltes im Kinderspital l sst sich mit dem prim rprozesshaften Erleben nicht in Einklang bringen Es ist in der zitierten Passage weniger eine tats chliche Gewaltanwendung die als traumatisch empfunden wird jemand streicht die weisse decke auf silvias k rper glatt als vielmehr das Gef hl der Verlassenheit des hilflosen Ausgeliefertseins und der Unsicherheit hinsichtlich der vom Gegen ber zu erwartenden Behandlung Der ebenfalls sekund rprozesshafte Erkl rungsversuch des Geschehens silvia wird bestraft weil sie eine unbewegliche masse fleisch ist unf rmig ohne gesicht verleiht zugleich der Selbstwahrnehmung Ausdruck kein Mensch zu sein sondern ein Monstrum dem aufgrund der eigenen Gesichtslosigkeit das Mittel zur visuellen und sprachlichen Kommunikation mit der Umwelt fehlt die Ursache f r die empfundene Isolation wird folglich in einem eigenen Defizit gesehen hnliche Selbstzuweisungen der Schuld f r das Geschehen finden sich auch in zahlreichen anderen Episoden Anders als in der zitierten Passage wird dieses Schuldgef hl jedoch zunehmend als unangemessene Reaktion auf die erfahrene Behandlung und als Mechanismus zur Unterdr ckung der eigentlich angemessenen Reaktion der Wut und des Widerstands markiert zu hause wartet die pflegemutter sie f llt in
292. iographisch inspirierter Bericht einer tats chlichen Zigeunerin gedacht werden kann Diese Verfahren weisen jedoch ebenso wie die metanarrativen Kommentare gleicherma en auf die Urheberin bzw die Gemachtheit des Textes und der Figuren hin vor allem auf die nahezu wortgetreue Umsetzung bzw Hyperbolisierung der diskursiven Vorgaben und hier insbesondere die Argumentationsweise Lombrosos hinsichtlich des Verbrechertums fleischfressender Pflanzen und der bertragung dieses Gedankens auf menschliche Individuen bzw Gruppen Die Absurdit t dieser durchaus folgenreichen Lombroso schen Gedankenf hrung wird nachvollziehbar und ebenso wie die Legende vom Christusmord als eigentliche Fiktion und in ihrer tats chlichen Funktion n mlich als Unterwerfungsmechanismus offensichtlich Die Z chtung ihrer Karnivoren die Anna mit Artfremden zur optimalen Aufzucht umgibt das klinische Interesse mit dem sie beim Beobachten der T tungsvorg nge bei der Konservierung und Katalogisierung der ausgeschiedenen Insekten berreste und nicht zuletzt bei ihrem eigenen T ten zu Werke geht verweisen dar ber hinaus auf das eigentlich Monstr se diskursive wissenschaftliche und daran gekn pfte gesellschaftliche Praktiken die unter Berufung auf Konzepte wie Moralit t oder Schuldf higkeit Menschen zum Untersuchungsgegenstand machen um Ma nahmen zu rechtfertigen die ihrerseits von gr ter Menschenverachtung zeugen Wen
293. ion geht Foucault zufolge mit einem wachsenden und unabschlie enden Polymorphismus der Analyse einher da man je mehr man das Innere des zu analysierenden Prozesses zergliedert umso mehr externe Beziehungen der Intelligibilit t konstruieren kann und muss Aus diesen berlegungen heraus wird deutlich dass die Errichtung eines derartigen Polyeder s der Intelligibilit t kaum au erhalb des Mediums Schrift zu leisten sein d rfte Zum Ereignis dessen Evidenz und Notwendigkeit es auszuh hlen gilt kann dabei nicht nur etwa eine identit tsrelevante Norm sondern auch und gerade die darauf bezogene eigene Subjektposition gemacht werden Und gerade in diesem Zusammenhang im Zuge der Re Inszenierung von Unterwerfungsmechanismen und weisen die die subjektivierenden Selbstpraktiken in Gang setzten eignet sich der Schreibprozess auf herausragende Weise zu einer Evenementalisation worauf noch zur ckzukommen sein wird Schrift und Erfahrungsbuch Auf das Medium Schrift als Ort einer m glichen Entsubjektivierungspraxis verweist Foucault explizit in einem Interview mit Ducio Trombadori und zwar in Form des Erfahrungsbuches als dessen Grundelemente neben dem Schreibakt selbst das Verh ltnis von Wahrheit und Fiktion sowie von Experiment und Erfahrung in den Vordergrund treten 37 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 30 338 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 30f 3 Das franz sisc
294. ionsf rdernden heteroreferentiellen Verfahren bilden nicht zuletzt die Grundlage einer realistischen psychologisierenden Lekt re wie sie etwa von lacovino vorgenommen wird Solche Lekt ren m ssen jedoch die autoreferentielle und autoreflexive Dimension der Texte au er acht lassen die den heteroreferentiellen Aspekt der Romane wiederum unterwandern und damit eine realistische Lekt re erschweren Hierzu z hlen etwa die Perspektivierung des Erz hlten metafiktionale Kommentare Leerstellen Bedeutungs und Sinnaufl sung durch paradoxe Verweisstrukturen u dergl mehr die eine Durchbrechung der Realit tsillusion bewirken Die fiktive Realisation zentraler Wahrheitsaussagen verortet die Protagonistinnen zum einen im Bereich des M glichen wenn nicht gar Wahrscheinlichen So liefert etwa die gef hlskalt mordende jenische Protagonistin Anna in Brandzauber die sich nicht nur als Karnivore und damit als Inbegriff eines besonders perfiden da unmotivierten geborenen Verbrechertums wie es von Lombroso entworfen worden war sieht sondern auch in Anlehnung an eine alte Legende ber die Beteiligung der Zigeuner an der Kreuzigung Jesu ihre eigenen Freundin ans Kreuz schl gt vordergr ndig eine Best tigung der Wesenseigenschaften der Jenischen bzw Zigeuner wie sie von J rger Ritter Waltisb hl Fontana und Siegfried konstatiert worden waren Auch die Protagonistin Kari Selb in Angeklagt weist alle Z ge einer antisozialen Pers
295. ird auf diese Weise wie gezeigt zwar eine Subjektposition diese wird in ihrer Br chigkeit jedoch erkannt und ist dar ber hinaus ihrerseits mit einem symbolischen T ten n mlich der Abwertung und gar Pathologisierung der als deviant bzw pervers definierten 561 Mehr Licht S 39f 562 Mehr Licht S 112 56 Mehr Licht S 95 56 Mehr Licht S 9 135 unweiblichen Frauen verbunden mit der Abwertung des Lebensentwurfs der beiden Stierk mpferinnen deren Leben als Verrat an der Gro en Mutter gewertet wird Vor allem in Bezug auf Anna treten Normalisierungsversuche deutlich zutage w hrend die Lust am T ten als essentieller Bestandteil von Tenchas Pers nlichkeit gewertet wird weshalb sie als nicht normalisierbar erachtet und folglich aufgegeben wird Deutlich wird dass der Versuch der Etablierung eines Gegendiskurses als der Das Licht der Frau in Form eines Wahrheits bzw Beweisbuches erscheint hnlich normierende und exkludierende Wahrheits bzw Wirklichkeitsaussagen trifft wie der Wahrheitsdiskurs ber Jenische den und dessen Folgen au er Kraft zu setzen als motivierender Ausgangspunkt erkennbar wird Ein Wissen um diese Zusammenh nge scheint in der Schildkr tenepisode angedeutet im Erkennen der m glicherweise verheerenden Folgen des Versuchs anderen und sei es mit den besten Absichten die eigene Vorstellung von Normalit t aufzuzwingen In den Blick kom
296. ischen den ehrbaren Beruf eines Architekten aus bt Der Aufstieg in ein b rgerliches Milieu reicht folgt man diesen Ausf hrungen offensichtlich nicht um bestimmte negative und einer bestimmten sozialen Gruppe zugeschriebene Charaktereigenschaften zum Verschwinden zu bringen vielmehr werden sie von Generation zu Generation weitervererbt Dies wird auch hinsichtlich Karis Gewaltbereitschaft und Brutalit t suggeriert die als direktes v terliches bzw gro v terliches Erbe entworfen wird das leitmotivisch in Form des Bildes des Gro vaters der als Hundestaffelf hrer im Nationalsozialismus mit der Vernichtung unwerten Lebens betraut war wiederkehrt Ich h tte zu gerne von Gro vaters Hunden erz hlt die wohl alle Rex gehei en haben und einiges gegen kleine Kinder hatten gegen gebrannte Kinder die das Feuer scheuten von der Natur vernachl ssigte stammelnde stotternde wispernde h stelnde Wesen von ihren Erzeugern kaum zu unterscheiden Hinkend strauchelnd gel hmt blind taub oder dieses und jenes schwarz ugig auf jeden Fall enth utet vielleicht ehe sie brannten Man lie sich einiges einfallen damals soll Vaters Vater gesagt haben und Vater wiederholte es im Suff Neben diesen Hinweisen auf die Beteiligung gro er Teile der Bev lkerung an den nationalsozialistischen Verbrechen wird mittels eines Verweisess auf die Zwillingsforschung die im Nationalsozialismus allen voran von Mengele an Z
297. ismus Z rich 2001 v a Galle Sara und Thomas Maier Von Menschen und Akten Die Aktion Kinder der Landstrasse der Stiftung Pro Juventute Z rich 2009 3 Wie die jeweils in den Blick der Obrigkeiten kommenden Gruppen definiert waren und welche Aspekte bei der konkreten ordnungspolizeilichen Arbeit eine Rolle spielten welcher Zigeuner Begriff also jeweils zugrunde gelegt wurde muss f r den Schweizer Raum hnlich wie f r die Verfolgungspraxis im Deutschen Reich und der Weimarer Republik im Einzelnen gepr ft werden denn Verordnungen Erlasse und Gesetze waren von geringer Definitionskraft und f rderten die Unsicherheiten der unteren Verwaltungsebenen hinsichtlich ihrer Umsetzung Die daher in der Praxis der Verfolgung von Zigeunern von Seiten der 14 Sablonier in ihrer historischen Studie zu den Praktiken des Hilfswerkes ausf hren auf Bundesebene im Zuge des 1850 erlassenen Gesetz es die Heimatlosigkeit betreffend Neben dem Heimatlosengesetz das die traditionelle Lebensform der Fahrenden in der gt machte verfolgten Bund und Kantone das Ziel durch eine Schweiz usserst schwierig zunehmende Abstimmung mit den Nachbarl ndern im Rahmen der Bek mpfung des Zigeunerunwesens ausl ndische Zigeuner am Passieren der Schweizer Grenze zu hindern Ein Instrument zur Umsetzung dieser Ziele sollte die Zigeunerregistratur des Eidgen ssischen Justiz und Polizeidepartements bilden die in Austausch mit dem
298. istentiellen Abh ngigkeitsverh ltnisses durch das die Beziehung des Kindes zu seinen prim ren 6 Mehr Daskind S 20 660 Mehr Daskind S 173 661 Mehr Daskind S 77 6 2 Mehr Daskind S 19 6 Mehr Daskind S 186 6 Mehr Daskind S 76ff 66 Mehr Daskind S 217 ff 666 Butler Psyche S 11 ff 162 Bezugspersonen gekennzeichnet ist und bei dem eine Zur ckweisung der Anrufung durch diejenigen denen das Kind leidenschaftlich verhaftet ist dem Tod gleichk me Gehen wir davon aus dass ein Subjekt nicht nur in Unterordnung gebildet wird sondern da seine Unterordnung ihm fortgesetzte M glichkeitsbedingung seiner Existenz ist Die Liebe eines Kindes geht jedem Urteil und jeder Entscheidung voraus ein halbwegs annehmbar gepflegtes und ern hrtes Kind liebt zun chst einmal und kann erst sp ter zwischen den Personen die es liebt Unterschiede machen soll das Kind im sozialen und psychischen Sinn weiterleben dann mu es Abh ngigkeit und Bindungen geben es gibt f r das Kind gar keine andere M glichkeit als zu lieben wo Liebe und die Erfordernisse des Lebens selbst unl sbar miteinander verkn pft sind Das Kind wei nicht woran es sich bindet aber es mu sich binden um berhaupt und um als es selbst weiterzuleben Als einzig m gliche wenngleich sehr begrenzte Form des Widerstands erscheint im Licht des oben geschilderten Anh ngigkeitsverh ltnisses ein Ignorieren der Anrufung ein
299. itere Gest ndnisse ablegte Auch in Untersuchungshaft die sie zum Teil in der psychiatrischen Universit tsklinik Basel verbrachte griff sie eine Psychiatrieschwester an und verletzte sie schwer so dass schlie lich im Frauengef ngnis Hindelbank eigens f r Caroline H eine Hochsicherheitszelle eingerichtet wurde Besondere Beachtung fand in der medialen Berichterstattung der Umstand dass eine Frau eine derartige Gewaltbereitschaft Skrupellosigkeit und Brutalit t zeigte Die Presse hob mehrfach die Gef hlsk lte und die unerkl rliche Lust am T ten der Angeklagten aber auch ihr unweibliches Auftreten und Aussehen hervor 82 Baur Axel axb Die Gerichtspsychiatrie vor Gericht Macht und Ohnmacht der Justiz gegen ber Gewaltt terin In Neue Z rcher Zeitung 17 Dezember 2001 S 35 83 Vgl hierzu Artikel von Susan Boos Frauen die t ten Der SonntagsBlick lieferte am vergangenen Wochenende eine Interpretation Der Prozess gegen Caroline H werfe ein Schlaglicht auf eine aktuelle traurige Entwicklung Immer mehr Frauen in der Schweiz werden gewaltt tig Eine bunte Grafik illustrierte wie sich seit 1995 die Gewaltt tigkeit der Frauen explosionsartig entwickelt hat Sowohl die orange Kurve K rperverletzung wie die rote Kurve Mord sind in den vergangenen Jahren markant angestiegen Daneben steht T teten in der Schweiz in den achtziger Jahren im Schnitt j hrlich sechzehn Frauen waren es in den neunz
300. iteren Ausgaben der Jahresberichte die jedoch nichts Neues bringen 59 Spenden einzuwerben was tats chlich die ersten tausend Franken einbrachte Dabei betonte Siegfried immer wieder die prinzipielle Erziehbarkeit der jenischen Kinder und griff bisweilen auch zum Mittel der Fiktion um den Lesern sein Anliegen nahe zu bringen wie etwa in seinem R ckblick auf das zehnj hrige Bestehen des Hilfswerkes der mit einer novellistischen Skizze beginnt welche die L uterung eines jenischen Pflegekindes von Rachegef hlen zum Thema hat Obwohl der bei einer Bauernfamilie untergekommene Mathis als er von Hannes dem Sohn der Familie als Zigeuner beschimpft wird zun chst auf Rache sinnt und sich berlegt dessen sch nstes Kaninchen zu erw rgen meldet er wenig sp ter aus Dankbarkeit den Pflegeeltern gegen ber einen drohenden Heubrand den er zun chst als willkommene Erg nzung seines Racheplans begr t hatte und verhindert auf diese Weise die Zerst rung des Hofes was ihm allseits Anerkennung einbringt Die Novelle dient offensichtlich dem Abbau von Vorbehalten m glicher Paten gegen ber brandstiftenden Pflegekindern wie sie seit J rgers Luzius immer wieder ins Spiel gebracht worden waren F rsorge und Anerkennung durch wohlmeinende Pflegeeltern werden auf diese Weise als Mittel ausgewiesen Rachegef hle in den Hintergrund treten zu lassen die Existenz dieser Gef hle wird jedoch an keiner Stelle in Z
301. itischer Anerkennung sichert Vgl Kapitel II Auch Mehrs fr he literarische Texte steinzeit und Das Licht der Frau lassen sich als Versuche einer Entkriminalisierung und Entpathologsierung des eigenen Jenisch Seins und damit zugleich als am Wahrheitsdiskurs orientierte Entw rfe jenischer und weiblicher Subjektpositionen lesen In steinzeit erscheinen vor allem das erfolgreiche Durchlaufen einer Psychotherapie die Zusammenf hrung einzelner traumatischer Erlebnisse zu einem koh renten Narrativ und die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft als M glichkeiten um zu einer entkriminalisierten entpathologisierten und zugleich intelligiblen Subjektposition zu gelangen Vor diesem Hintergrund l sst sich von steinzeit als von einem Wahrheits bzw Beweisbuch sprechen das zum einen den Versuch unternimmt die eigene Erfahrung d h die traumatische Erfahrung als M ndel des Hilfswerkes in wissenschaftlich und gesellschaftlich anerkanntes Wissen zu bertragen und sich im Zuge dessen als nun nicht mehr kriminelles bzw psychisch krankes jJenisches und weibliches Subjekt auszuarbeiten Das Licht der Frau l sst bereits den Versuch erkennen Gewalt in ihrer Ambivalenz sowie Opfer T ter Strukturen n her zu beleuchten Das im Text mehrfach formulierte Anliegen auch die eigene Affinit t zu Macht und Gewalt in den Blick zu nehmen ger t jedoch unter dem Eindruck von Positionen der Matriarchatsforschung zunehmend
302. itterarum 48 1993 S 281 305 Often presenting factual material in fictional form eighteenth century novelists most of whom were connected with journalism or the printing trade generally claimed that their fictions were real and that they were writing the truth The distinguishing feature of the kind of new fiction that was designated as a novel was its capacity to generate truth and facts S 283 4 N nning Mapping the Field S 300 4l Saar Martin Genealogie und Subjektivit t In Honneth Axel und Martin Saar Hgg Michel Foucault Zwischenbilanz einer Rezeption Frankfurt Main 2003 S 172 10 Um den Zusammenhang zwischen Fremd und Selbstrepr sentation transparent zu machen steht am Beginn der Untersuchung eine Rekonstruktion des Wahrheitsdiskurses ber Jenische Zigeuner bzw derjenigen kriminalisierenden und pathologisierenden Zuschreibungen die im Rahmen der sp teren Selbstrepr sentation Mehrs ihrer literarischen Texte sowie der Selbstrepr sentation jenischer Interessenverb nde als Kollektivsubjekt Bedeutung erlangen In einem zweiten Schritt werden die Paradoxien und Dilemmata aufgezeigt die sich aus dem scheinbar unaufl sbaren Konnex von Selbst und Fremdrepr sentation von Unterwerfung Subjektiviercung und Machtgewinn Handlungsf higkeit ergeben Ausgehend von der Frage ob und wie eine Aufl sung dieser Dilemmata und Paradoxien berhaupt denkbar w re wird schlie lich Michel Foucaults K
303. ivierende Erfahrung machen kann muss das was darin gesagt wird nat rlich im Sinne akademischer Wahrheit wahr sein das hei t historisch verifizierbar Genau das kann ein Roman nicht Trotzdem liegt das Wesentliche nicht in der Serie solcher wahren oder historisch verifizierbaren Feststellungen sondern eher in der Erfahrung die das Buch zu machen gestattet Nun ist diese Erfahrung jedoch weder wahr noch falsch Eine Erfahrung ist immer eine Fiktion etwas Selbstfabriziertes das es vorher nicht gab und das es dann pl tzlich gibt Darin liegt das schwierige Verh ltnis zur Wahrheit die Weise in der sie in eine Erfahrung eingeschlossen ist die mit ihr nicht verbunden ist und sie bis zu einem gewissen Punkt zerst rt Foucault bestreitet also nicht die M glichkeit von Realit t oder Erfahrung an sich sondern die Vorstellung einer zugrundeliegenden Realit t d h die Vorstellung diese Realit t sei so wie sie ist der Ursprung und Grund einer bestimmten Erfahrung und nicht selbst wieder ein Effekt anderer Realit ten und Gr nde Was Fiktion bzw Fiktionalisierung vor diesem Hintergrund leisten muss ist das was bisher als wahr bzw historisch verifizierbar im Sinne des Niederschlag dieser Wahrheit in Form eines Dispositivs gilt bzw die an diesen Geltungsanspruch gekn pften Macht und Unterwerfungsmechanismen zu hyperbolisieren und als kontingent darzustellen so dass sich die Erfahrung
304. just das Vexierspiel das Anna mit Gertrud und der Text selbst mit dem Leser treibt indem er ihn stets zum eigentlich bereits als unwahr verworfenen Wahrheitsdiskurs zur ckf hrt und die unaufl sliche Ambivalenz der Motive die das Irritationspotential des Textes ausmachen an die Stelle einer semantischen Organisation und inhaltlichen Verkn pfung die eine sinnkonstruierende Lekt re erm glichen k nnte tritt deren Aufl sung bzw Annihilation die wiederum Figuren und Handlung jenseits psychologischer Wahrscheinlichkeiten ansiedelt Schritte lenkende leblose Gebilde So absurd der Vergleich der moralisch ethischen Kompetenz einer Insekten fressenden Pflanze mit derjenigen eines Menschen erscheint ist er doch lange vor Mehrs Brandzauber in wissenschaftlicher Literatur gezogen worden Und ebenso wie die Figur Gertrud H weist auch ihr Geschenk an Anna ber den Rahmen des Textes hinaus denn Gertruds Karnivore erlaubt Anna nicht nur zuallererst eine entsprechende Selbststilisierung in deren Licht sie die vergangenen Ereignisse Revue passieren lassen kann sondern weist auch auf den diskursiven Konnex zwischen Zigeuner und Karnivore hin Cesare Lombrosos Der Verbrecher in anthropologischer rztlicher und juristischer Beziehung und somit auf den gesamten Diskurs zur Psychopathie bzw zum moralischen Schwachsinn der Zigeuner Allgemein bekannt sind die sch nen Beobachtungen die zuerst von DARWIN und nach seinem Vorgange von
305. k nnen sie ihm zufolge was selten vorkommt pe regenerierenden Einflu aus ben weitaus h ufiger ist jedoch der sch dliche Einflu Ein Einflu der angeheirateten Frauen auf Familienleben und Nachkommenschaft scheint mir immer wieder erkennbar Wir werden drei Schwestern Elster begegnen die alle drei ungef hr gleiche leicht imbezille Durchschnittsgesellen heirateten Die Nachkommenschaft hei t bei der ersten ein Dieb ein M rder f nf Dirnen ein Dieb und eine Geisteskrankheit sic bei der zweiten ein epileptischer Idiot zwei Schwachsinnige ein Vagabund ein schwachsinniger Dieb ein Falschm nzer und ein Unbescholtener bei der dritten zwei schwachsinnige Dirnen zwei auff llige Charaktere und ein Unbescholtener Die schlimmste Nachkommenschaft war also die der ersten Die Mutter war aber auch das b seste der drei Weiber und berdies samt dem Eheherrn dem Trunke ergeben Die besten Nachkommen hat die dritte welche auch das ganz bedeutend bessere Weib war als ihre Schwestern 4 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 10 In religi ser Beziehung huldigten sie dem Kosmopolitismus Sie liefen in die Kirche ohne besonderen Unterschied der Konfession weils am Orte gern gesehen wurde und indirekt etwas einbrachte Daneben bl hte bei ihnen ein starker Aberglaube der in allerlei Deutungen geheimnisvollen Prozeduren Gebr uchen und Beh ngung mit Amuletten seinen Ausdruck fand Grellmann Versuch
306. keineswegs Sympathien weckt Ein mit dem Wahrheitsdiskurs ber Zigeuner bzw Jenische vertrauter Leser sieht sich im Verlauf der Lekt re in eine Folge wechselnder Aktivierung und Distanzierung von Attribuierungen zigeunerischen Verhaltens verstrickt die eine permanente Selbstbeobachtung und berpr fung der eigenen Haltung gegen ber der Zigeunerin Anna ausl sen Eine Dynamik die ihre Ursache in dem Wissen um stereotype Zuschreibungen und dem gleichzeitigen Anspruch auf Vorurteilsfreiheit gegen ber der Protagonistin in ihrer Eigenschaft als Zigeunerin und letztlich auch der Autorin als Jenischer haben mag Unvoreingenommenheit setzt jedoch Nichtwissen voraus eine willentliche Unvoreingenommenheit kann hingegen nur in permanenter Abgrenzung zu einem vorhandenen und als falsch bzw unwahr bewerteten Wissen erreicht werden wobei dieses Wissen notgedrungen stets pr sent bleibt und auf die eigene diskursive Verstrickung zur ck verweist Dass die Figur Anna um dieses Dilemma ihrer nicht zigeunerischen Gegen ber nicht nur wei sondern sich seiner auch gezielt bedient um die oben beschriebene Dynamik bewusst in Gang zu setzen kann folgende Passage verdeutlichen Gertrud wird bei meinem Anblick den Atem anhalten Ich h re ihn unregelm ig z gernd dann pl tzlich zu rasch Den Atem einer alten Frau die von einem bedrohlichen Punkt zum anderen vermeintlich weniger bedrohlichen will Schlie lich wird sie erleichtert feststellen
307. ker am Dissozialit tsbegriff Aichhorns orientiert wonach Dissozialit t nicht eigentlich angeboren sondern lediglich als Disposition vorhanden sei die erst durch psychosoziale Faktoren im Kindesalter ausgel st werde Das Kind brauche nur in einer Umgebung heranzuwachsen die selbst durch unsoziales Verhalten ausgezeichnet sei verwahrloste oder verbrecherische Eltern zu haben und sich mit diesen zu identifizieren so werde sein Vorbild es ebenso kategorisch zum gesellschaftswidrigen Handeln treiben wie das sozial gerichtete Leitbild das im geordneten Familienverband aufwachsende Kind in Einklang mit der Gesellschaft habe Wenn der Einfluss psychosozialer Faktoren im obigen Zitat auf den ersten Blick ebenso unausweichlich scheint wie die genetischen Faktoren die Ritter und Waltisb hl angef hrt hatten liefert die Passage doch ein Argument f r eine Umerziehung die in m glichst jungen Jahren einsetzen muss um die Kinder dem sch dlichen Einfluss ihres Milieus zu entziehen und damit eine Rechtfertigung der Arbeit des Hilfswerkes Denn bei erwachsenen Vaganten vermochten weder Anstaltsaufenthalte Milit rdienst noch 222 Entsprechend f rsorgerische Massnahmen ein sesshaftes Verhalten herbeizuf hren kommt Fontana zu dem Schluss dass eine Fremdplatzierung im Alter zwischen 0 6 Jahren den gr ten erzieherischen Erfolg zeitige wenngleich er zugesteht dass die untersuchte Zahl von 22 Familienmitgliedern zur
308. kr te aus dem Abfallhaufen neben dem Taubenschlag hervorgekrochen Weil ich glaubte dass alle Schildkr ten gerne baden setzte ich sie k rzlich in ein Wasserbecken Sie wehrte sich verzweifelt H i O Die Antwort auf die Frage nach der Berechtigung einer Kunst des T tens hingegen wie sie die beiden Stierk mpferinnen Anna und Tencha f r sich beanspruchen steht schon vor Reiseantritt fest und die Beobachtungen dienen meist der Best tigung der berzeugung dass es sich bei den f r den Stier t dlich endenden Stierk mpfen um einen Jahrtausende alten bewusst aufrechterhaltenen Irrtum handelt Es ist ein doppelter Irrtum wenn die Frau in der Arena steht Ihn um der Frauensolidarit t Gen ge zu tun weiter zu zementieren kann meine Aufgabe nicht sein H i O Bereits das Vorgespr ch mit Jos dem wie hervorgehoben wird bereits verheirateten Geliebten Annas der in der Schweiz arbeitet und seine Freundin in seine spanische Heimat geschickt hat damit sie dort als Se orita Torrera seinen Bubentraum der an ihr in Erf llung gehen sollte in die Tat umsetzt offenbart den von der Matriarchatsforschung informierten Blick auf die kommenden Ereignisse und die tiefe Abneigung gegen ber einem weiblichen T ten Aye Jos du schickst deine Geliebte in Arenen die wie Eier sind und l sst sie Stiere t ten El Toro das Tier der Grossen G ttin Sch n ist sie deine Geliebte eine K nigin im Lichtg
309. kt sind und oft weit mehr Raum einnehmen als die Besch ftigung mit den literarischen Texten selbst Das Dilemma vor das sich Mehrs Leserschaft offenbar gestellt sieht und das bisher eine ins Detail gehende diese Paradoxien ernst nehmende Auseinandersetzung mit ihren sp ten literarischen Texten und deren besonderem Verh ltnis von Mimesis und Poiesis erschwert haben mag k nnte darin bestehen dass Erz hlverfahren Figurendarstellung und Thematik vor allem der sp teren Texte eben jene realistischen empathisch identifizierenden Lesarten unterwandern die ber die Verweise auf das Autobiographische gerade eingefordert zu werden scheinen Unter R ckgriff auf das Konzept des Erfahrungsbuches das Michel Foucault vor allem im Interview mit Ducio Trombadori formuliert hat und das bisher f r literaturwissenschaftliche Fragestellungen kaum operationalisiert worden ist sowie 3 Die Irritation die von den biographischen Spuren in Mehrs Texten ausgeht beschreibt Gabi R th wie folgt Mariella Mehrs Erfahrung von Entwurzelung Ausgrenzung und Gewalt ist in etlichen ihrer Texte sp rbar wenngleich sich weder ihre Lyrik noch ihre Prosa in einer rein biographischen Interpretation erkl ren lassen Das Vorgehen ist subtil ber die Namensgebung ber die biografischen Parallelen der Autorin und ihrer fiktionalen Figur findet eine Verschmelzung statt die eine eindeutige Zuordnung untergr bt R th Gabi Die Elemente und der
310. ktor es gab keinen besonderen Anlass Franz Hubers Hof abzufackeln Danach hat mich auch der Untersuchungsrichter gefragt Er glaubte Franz Huber h tte mich vielleicht bel stigt es kommt ja immer mal wieder vor dass ltere M nner kleine M dchen betatschen die sich dann auf unerwartete Weise r chen Nein es gab keinen Anlass wir wollten nur den Brandbeschleuniger ausprobieren und das nicht auf dem Feld wo es zu der Jahreszeit ohnehin nichts abzufackeln gab Den Hinweisen auf eine Verminderung ihrer Schuld bzw Zurechnungsf higkeit wie etwas Karis deprivierende Lebensumst nde eine Schw che der Abwehr und Realit tspr fungsmechanismen Dissoziation oder eine emotionale Labilisierung in der Zeit vor den Delikten z B durch die Trennung der Eltern stehen ebenso viele Punkte entgegen die f r Karis volle Schuldf higkeit sprechen wie etwa Tatvorbereitung i ch betrachtete die Schuhe ohne mir die Frau wirklich anzusehen n och heute kann ich mich nicht an ihr Gesicht erinnern obwohl ich sie w hrend Wochen und Monaten e32 verfolgte planm iges Vorgehen fj r den Brand in der Lagerhalle hatten wir uns 878 eine Dramaturgie ausgedacht die F higkeit zu warten ein lang hingezogenes Tatgeschehen eine Vorsorge gegen Entdeckung k ommt nicht in Frage dass wir uns erwischen lassen hatte Malik gesagt und mich an der Hand fortgezogen dass es 73 Mehr Angeklagt S
311. l In diesem Traum sind beide Gejagte Daskind findet sein Entsetzen in den Augen des Wals wieder seine Angst und den hilflosen Zorn der jedem T ter entgegenbrandet und doch kurz vorm Zuschlagen ungenutzt verebbt So l sst sich auch der sexuelle Missbrauch den Daskind durch den Pensionisten erf hrt als Teil eines solchen Schachteleffekts lesen denn auch Armin Lauer als Landfahrersohn von den Leuten im Dorf beargw hnt hat seine Gewalterfahrung und s chichtete Angst um Angst auf seine Seele Zorn um Zorn Verzweiflung auf Verzweiflung Stumpfte ab um wenigstens einen Teil dieser Verzweiflung in die Versenkung zu schicken Der Zorn und die Verzweiflung flammen wieder auf als er sich in Frieda R egg verliebt die ihm jedoch zu verstehen gibt dass er ihren Anspr chen nicht gen gen kann dass sie auf den Richtigen warten will Der Zorn Lauers entl dt sich in Form der Vergewaltigungen des Kindes von denen wie sich am Grab des im Alkoholrausch t dlich Gest rzten zeigt Kari Kenel wusste ohne sie zu verhindern wie nahe gelegt wird weil beide das gleiche hasserf llte Begehren verbindet 6 Mehr Daskind S 78 6 Mehr Daskind S 81 697 Mehr Daskind S 79 98 Mehr Daskind S 93f Mehr Daskind S 172 700 Mehr Daskind S 173 170 Wir beide also in der H lle du da unten ich hier oben nur dass du da unten keine Geheimnisse mehr zu h ten hast und kein ha erf lltes Begehren z
312. l bimmelt erschlage ich hinter der kapelle einen vogel schw rzliches f llt seinen schnabel die augen bleiben ge ffnet ich will nicht t ten ich habe eine amsel get tet Mehr steinzeit S 24 sind in diesem Zusammenhang u a Verweise auf Schriften Alfred Siegfrieds des langj hrigen Leiters des Hilfswerkes zu nennen So hei t es im Vorwort von Kinder der Landstra e Ein Versuch zur Sesshaftmachung von Kindern des fahrenden Volkes Wir m chten auf den folgenden Seiten zeigen wie die Stiftung Pro Juventute im Laufe von 35 Jahren versucht hat einen wesentlichen Teil der Kinder des fahrenden Volkes aus der sie schwer gef hrdenden Umwelt zu entfernen in erzieherisch g nstiges Erdreich zu verpflanzen und sie zur Sesshaftigkeit anzuhalten S 5 Die entsprechende Passage in Brandzauber lautet Anna wurde von einer Sozialhelferin bezwungen wusste 175 wird die f r einen literarischen Text kaum relevante Frage nach dem eventuellen Wahrheitsgehalt des Erz hlten wach gehalten und l dt zu berlegungen ein welche Handlungen der Protagonistin im Bereich des M glichen und Vorstellbaren verortet werden sollen welche im Bereich der Fiktion anzusiedeln sind Dieser Aspekt erh lt zus tzliche Brisanz durch die Parallelen zwischen Mehrs eigener Biographie auf die im Umschlagtext von Brandzauber hingewiesen wird und der Heimkarriere der Protagonistin Anna Priska Kreuz deren Lebensweg zwar betroffen macht deren Handeln jedoch
313. l der Autorit ten der Wissensproduktion zu Jenischen Benedikt Fontana Josef J rger und Gottlob Pflugfelder sowie deren Wirklichkeitsaussagen operiert 83 Sie sind so konzipiert dass sie zur Identifikation einladen wie etwa die Figur Gertrud in Brandzauber so dass mittels dieses Identifikationsangebotes der Effekt eines geteilten Wissens entsteht 834 Vgl hierzu Wolf Werner sthetische Illusion und Illusionsdurchbrechung in der Erz hlkunst Theorie und Geschichte mit Schwerpunkt auf englischen illusionsst rendem Erz hlen T bingen 1993 835 Vgl Wolf sthetische Illusion S 131 134 3 Vol Wolf sthetische Illusion S 172 188 7 Saar hatte als Erfolgs Merkmale der Foucault schen kritischen Genealogien Hyperkonkretion und Personalisierung sowie einen ausgepr gten Adressierungs und Implikationscharakter hervorgehoben 223 der Realit t au er Kraft gesetzt und suggeriert auf diese Weise eine werkexterne Wahrscheinlichkeit Verb rgte die ethnisch kulturell markierte Autorposition der fr hen Texte Mehrs den Realit tsgehalt und die Authentizit t des Dargestellten was seinen Niederschlag in einer entsprechenden Rezeption fand scheint die Parallelisierung der Biographien von Autorin und Protagonistinnen wie sie auch in den Romanen der Gewalt Trilogie etwa ber paratextuelle Angaben zu Mehrs Heimkarriere vollzogen wird zun chst ein hnliches Rezeptionsangebot zu machen Diese illus
314. lation menschlicher Freiheit zu einer Ethik im strengeren Sinn wird es so doch nicht Sein Kern ist eine ontologische These ber das Subjekt das in einem Kr ftefeld von Bestimmungsfaktoren steht und das doch in der Lage ist Kr fte auf sich selbst auszu ben die es formen und ver ndern Die blo e Tatsache dass es dies tun kann entkoppelt es von der scheinbaren Zwangsgestalt der sozial 395 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 41 3 Saar Genealogie als Kritik S 308 97 verf gbaren von den Macht und Wissensregimen vorgegebenen Identit tsformen Dass eine solche Form der Kritik die zuallererst Selbst Kritik ist dennoch im weitesten Sinne auch in der Lage sein kann Gesellschaftsstrukturen zu transformieren l sst sich aus Foucaults Konzept der Mikrophysik der Macht ableiten demzufolge jede Form menschlicher Interaktion als Machtbeziehung aufzufassen ist Wenn man n mlich die Frage der Macht in einer Terminologie von Machtbeziehungen stellt wenn man also einr umt dass es zwischen den Individuen Beziehungen der Gouvernementalit t eine Menge ein sehr kompliziertes Netz von Beziehungen gibt dann sind die gro en Formen der Macht im strengeren Sinne des Ausdrucks politische Macht ideologische Macht usw notwendig in dieser Art Beziehungen das hei t den Beziehungen des Regierens und des F hrens die sich zwischen den Menschen herstellen k nnen Zu bedenken ist allerdings da
315. ldungen u dergl anhand derer das Unstete der Familienmitglieder veranschaulicht werden soll Besonderes Augenmerk gilt auch bei Fontana den in den Vorg ngerarbeiten als besonders charakteristisch beschriebenen Delikten wie etwa der Brandstiftung aus Rache die anhand von Fall 6 E Xenos 1922 geschildert wird 14j hrig kam er dann schliesslich zu einem Pflegeelternpaar dort war er jedoch unsagbar frech f hrte immer das gro e Wort und suchte sich die belsten Kameraden aus Schliesslich stahl er den Pflegeeltern das Sparb chlein mit einigen tausend Franken Man verbrachte ihn wieder in ein Heim wo er aus Rache eine Scheune anz ndete daf r wurde er zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt Ein psychiatrisches Gutachten bezeichnet ihn als leicht debilen wenig bildungsf higen und zu Trunksucht neigenden Psychopathen 1949 heiratete er eine ble Korberin und vagierte mit ihr herum Die Kinder liessen sie einfach im n chstbesten Spital liegen Seine Frau wurde in einem Gutachten als Imbezille geschildert und sterilisiert Die Passage verdeutlich nicht nur dass Fontana die Diagnose Psychopath in den von ihm zitierten Gutachten keinesfalls in Zweifel zieht sondern auch die mit diesen Gutachten verbundenen Konsequenzen bef rwortet die von Waltisb hl geforderten Sterilisationen Wenngleich Fontanas Argumentation eindeutig auf eine prinzipielle Besserungsf higkeit der Jenischen abzielt bleibt diese auf d
316. ler jedoch entschieden von Stettbachers therapeutischem Ansatz unter anderem wegen des Problems der Manipulierbarkeit von Erinnerung durch therapeutische Suggestion Gerade in der letzten Zeit habe ich einiges ber die Ergebnisse neuer amerikanischer Untersuchungen bez glich Manipulierbarkeit der Erinnerungen gelesen Ich bin auch aus diesem Grund heute viel skeptischer bez glich der Funde und Versprechen der Prim rtherapeuten als noch vor wenigen Jahren Nicht nur unsere Gedanken k nnen manipuliert werden wie ich das anhand der Psychoanalyse mehrfach zu zeigen versuchte sondern auch unsere Gef hle Bed rfnisse und Erinnerungen Die hat nat rlich noch viel gravierendere Konsequenzen die ich fr her viel zu wenig ber cksichtigt habe Der prim rtherapeutische Ansatz Stettbachers basiert auf der Annahme dass vorgeburtliche bzw kindliche Traumata Gewalt und Schmerzerfahrungen die vor allem als auch aus einer gest rten Mutter Kind Beziehung herr hrend verstanden werden in einer Regression erneut durchlebt werden m ssen um berwunden zu werden Geschieht dies nicht drohen psychische und oder soziale St rungen bis hin zur Psychopathie die sich dadurch auszeichnen dass eigene Gewalterfahrungen in einer Art Wiederholungszwang von Generation zu Generation weitergegeben werden 476 Miller Du sollst nicht merken S 386 477 Miller Alice Abbruch der Schweigemauer Hamburg 1990 S VI 478 Miller Du so
317. letzten Nuancen der Tristesse begeben h tte Aussagen der Figuren werden ausschlie lich in indirekter Rede wiedergegeben was deren m gliche Formung und Korruption durch die Erz hlinstanz nahe legt Auch auf diesen Aspekt der Bevormundung wird mit metafiktionalen Kommentaren hingewiesen So reklamiert die Erz hlinstanz f r sich in Rosa Zwiebelbuchs Namen ber den Moment ihrer Zeugung gemeint ist eigentlich das famili re Milieu zwecks Verst ndnis ses ihrer sp teren Lebensstationen zu sprechen d h um gem einer g ngigen psychiatrischen familienanamnestischen Praxis einen Kausalzusammenhang zwischen genetischen Anlagen psychosozialen Faktoren und krimineller Laufbahn bzw Geistesschw che 606 herzustellen Ein Verfahren dessen sich auch Wasserfallen bedient 63 Mehr Zeus S 143 6 Mehr Zeus S 15 Diese Stelle liest sich zudem wie ein Kommentar zu dem gescheiterten Versuch in Das Licht der Frau dem Bericht ber die beiden Stierk mpferinnen Anna und Tencha eine dramatische Pointe abringen zu wollen 605 Mehr Zeus S 69 606 Mehr Zeus S 15 145 W ie die Krankengeschichten seiner verstorbenen Patienten deren Ruhezustand allerdings als ein begrenzter gesehen werden musste da man sie beim Auftauchen eines weiteren Familienangeh rigen in der Anstalt selbstredend wieder ben tigte Das ersparte eine neue Anamnese und gab Aufschluss ber die familienspezifischen immer wi
318. lich fehlen die ja durchaus zum methodischen Repertoire der Zeit geh rten und zu Zwecken der 137 Erbgesundheitsdiagnostik instrumentalisiert wurden Zum anderen gebot der Umstand dass sich das vermeintliche St rungsbild nicht in Form u erlicher Merkmale 138 manifestierte geradezu eine Untersuchung der Erblichkeitsverh ltnisse in den jeweiligen Familien zumal die Kinder in verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander st nden wie sich bald herausstellte Der eigentliche Erkenntnisweg d rfte jedoch anders als Ritter hier suggeriert genau andersherum verlaufen sein von den Namen der Kinder zur Konstruktion des St rungsbildes und damit zur Rechtfertigung des Forschungsgegenstandes Das im Anschluss an diese Beobachtungen unternommene Studium von Archiv 140 Akten und Registermateria ergab so Ritter dass die besagten Familien der Stadtverwaltung seit 60 Jahren st ndig Scherereien und hohe F rsorgelasten verursachten Die aus den Aktenbefunden zusammengestellten Berichte bzw biographischen Skizzen gleichen denjenigen J rgers aufs Haar Als Familiencharakteristika werden genannt Arbeitsscheu mangelnde Hygiene Rauflust 143 Alkoholkonsum Hundefang handel und verzehr Unzucht Verkommenheit und Prostitution W hrend Ritter die R ckf hrung der asozialen Anlagen H i O auf das Vagabundenblut als naheliegen
319. lingston angelegt ist das Verfahren der fiktiven Realisierung und Hyperbolisierung von Diskurselementen Fiktiv realisiert werden Elemente aus der antiken Mythologie um Zeus und Thetis und zwar verbunden mit der Frage welche Folgen bzw Effekte eine solche fiktive Realisierung bzw die wenn auch nur literarische Materialisierung einer Idee zeitigen k nnte Auch in dieser Hinsicht fungiert Zeus oder der Zwillingston als Scharnier zwischen den Wahrheits und Erfahrungsb chern Mehrs denn die Erprobung dieses Konzepts und die daran sichtbar werdenden Effekt leisten einen entscheidenden Schritt in Richtung der sp teren Erfahrungsb cher VI 1 Zeus oder der Zwillingston Das Erz hlen war ein Akt der Selbstbehauptung der Rettungsring des Wissens die Begnadigung kurz vor der Urteilsvollstreckung Wer im Vorhof der H lle sitzt ergibt sich nicht selten dem Irrtum sie sic s sse in der H lle selbst und sei am Ende angekommen eine fatale Missdeutung Sie verringert die notwendige Weitsicht den fremdbestimmten Fall in die H lle aufzuhalten 565 Mehr Mariella Zeus oder der Zwillingston Z rich 1994 S 167f 138 In Zeus oder der Zwillingston entwirft Mehr eine Abweichungsheterotopie in Form einer Irrenanstalt DERORT wie er von den Bewohnern der nahe gelegenen Ortschaft genannt wird fungiert zum einen als Raum der gesellschaftliche Ordnungsmechanismen au er Kraft setzt In Einrichtungen wie die
320. lit t in welchem er sich sowohl auf Schriften Cesare Lombrosos als auch Josef J rgers berief ber Asoziale hei t es dort Die Formen des angeborenen Schwachsinns insbesondere der Mittelgrade desselben der Imbezillit t s d werden asozial weil ihnen die geistigen und willentlichen Voraussetzungen selbst ndiger planvoller Initiative und Stellungnahme Schwung und Ausdauer fehlen die zur sozialen Lebensgestaltung im einzelnen erfordert werden Neben diesen torpiden oder reinen Schwachsinnsformen stehen unter Asozialen solche bei denen die intellektuelle Schw che relativ geringer sein ja fehlen kann jedoch die affektive Minderwertigkeit n mlich das hemmungslose Vorwalten triebhafter Affekterregbarkeit und intensit t bei gesteigerter Affektfl chtigkeit und Iabilit t eine gen gende Herrschaft der Verstandest tigkeit sekund r von jeher gehindert hat Die krankhafte Affekteigenart hindert diese erethisch Debilen daran ihre Aufmerksamkeit dauernd einer Aufgabe zuzuwenden zu lernen und sp ter sich geregelter Arbeit zuzuwenden Dabei aber bewirkt die heftige wenn auch oberfl chliche affektive Bewegtheit Lebhaftigkeit Unruhe und Unstete ein durchaus affektives Verhalten zur Umwelt und in der Umwelt nur dass dies eben jeglicher Konstanz und Zielstrebigkeit die ber den Moment hinausginge ermangelt Diese triebhaften Charaktere sind h ufig von einem naiv gesteigerten bisweilen auch von einem
321. literarischer Figuren und entsprechender Handlungsverl ufe selbst die den Wahrheitsdiskurs auf frappierende Weise best tigt und so auf einer ersten Ebene zu einer illusionsf rdernden scheinbaren bereinstimmung von lebensweltlicher Realit t im Sinne kollektiver Praktiken und Denkweisen und textlicher Realit t f hrt die das Erz hlte nicht nur als im Rahmen des M glichen sondern vielmehr als wahrscheinlich bzw wahr erscheinen l sst Als weitere illusionsf rdernde Verfahren die in Mehrs Romanen der Gewalt Trilogie Verwendung finden lassen sich mit Wolf u a das Prinzip 895 der anschaulichen Welthaftigkeit eine detailliert und lebensecht beschriebene Fiktionswelt sowie weitgehende raum zeitliche und thematische Koh renz und das 896 Prinzip der Interessantheit der Einsatz spannungserzeugender Elemente die Darstellung einer au ergew hnlichen Handlung sowie der Appell an Emotionen und Affekte des Lesers ausmachen Gest tzt werden diese illusionsbildenden heteroreferentiellen Verfahren durch ein gezieltes Durchkreuzen von Fiktionalit tskonventionen Der ber das Etikett Roman zun chst jeweils geschlossene fiktionale Pakt der das Erz hlte als Erfundenes erscheinen l sst wird durch paratextuelle Hinweise auf eine Entsprechung des Erz hlten in 2 Eine Ausnahme bildet in dieser Hinsicht der Roman Zeus oder der Zwillingston der mit einer parodistischen berzeichnung sowoh
322. llst nicht merken S 386 Miller Alice Gerhard Tuschy Das Psycho Gesch ft und die W rde des Patienten Gerhard Tuschy im Gespr ch mit Alice Miller In Psychologie heute 4 1995 S 60 65 hier S 63 SRo Vgl etwa Stettbacher Wenn Leiden einen Sinn haben soll S 115 Ebenso unsinnig und gef hrlich ist die Behauptung Die M tter tragen die Schuld an Asthma Drogensucht und Impotenz Selbst wenn das so ist solche Schuldzuweisungen sind nutzlos solange die Einsicht fehlt H v m 117 Es ist die in der Kindheit erzeugte Lebensfeindlichkeit die Todessehnsucht und T tungslust zur Folge hat Das Leben wurde diesen Kindern derart ver leidet sic dass sie nur darauf warten ihre Lebensfeindschaft auszuleben und sich f r die Zumutung so leben zu m ssen zu r chen Ihre eigene Furcht und die Angst vor der Vergeltung halten sie zur ck Doch wehe sie bekommen Macht Dabei w re es doch wichtig sich ber die Fehlentwicklung dieser Menschen zu Monstern zu orientieren um zu lernen in Zukunft diese Gefahren und dieses sinnlose Leiden zu verhindern Der Betreffende ist f r sich selbst und f r andere eine latente Gefahr M rder werden gemacht und auf die Menschheit losgelassen H v m Die Therapie nun verspricht ber Wiedererleben des Urschmerzes und kathartische Entladungen zu einem gel uterten Selbst und damit zu einer Identit t zu finden die frei von Hass Ag
323. lmanns Karl Die sogenannte verminderte Zurechnungsf higkeit als zentrales Problem der Entw rfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch Drei ig Vorlesungen ber die sogenannten geistig Minderwertigen im geltenden und k nftigen Recht im Strafvollzuge und in der Irrenanstalt Berlin 1927 Zur Rolle Lombrosos vgl S 35 Immer wieder in die Diskussion eingebracht wurde die Frage nach einer Sicherungsverwahrung von Bettlern und Vaganten nachdem zuvor das Vagieren und der unstete Lebenswandel pathologisiert und Gemeingef hrlichkeit konstatiert worden war Wilmanns steht einer solchen Ma nahme ebenso wie Grellmann vor allem aus konomischen Gr nden kritisch gegen ber Zum einen w rde die Internierung dieser Personengruppe immense Kosten verursachen zum anderen werde mit der dauerhaften Inhaftierung dieser Saison und Gelegenheitsarbeiter die ben tigte Reservearmee des Kapitals aus dem Verkehr gezogen Zudem gibt Wilmanns in Anlehnung an Ausf hrungen Ave Lallemants zur Praxis bettelnder Gauner k rperliche Gebrechen vorzut uschen die gro e Simulationskunst des Gaunertums zu bedenken das inzwischen auch in der Lage sei geistige Krankheiten glaubhaft zu imitieren um dadurch Strafmilderung zu erlangen Als Beleg f hrt Wilmanns einen entsprechenden neu hinzugekommenen Ausdruck f r diese Simulation in der Gaunersprache an Die jetzt den Verbrechern allgemein gel ufige Bezeichnung fiole schieben ist
324. m Bereich subjektivierender Selbstausarbeitung wenn auch zun chst nicht zwangsl ufig hinsichtlich gesellschaftlicher Ausschlussprozesse vielmehr vollst ndig aufheben Denn ein Erfahrungsbuch das die Nicht Notwendigkeit die Kontingenz der eigenen Delegitimiertheit bzw Anormalit t ebenso wie der Legitimiertheit und Normalit t offen legt ist in der Lage an diesem Punkt die Wahrheitsspiele anhand derer sich der Anormale bzw Delegitimierte sein eigenes Sein zu denken gibt zu unterbrechen und die bisherigen Bezugspunkte der subjektivierenden Selbstausarbeitung zu entknoten bzw aufzul sen was mit der Aufl sung der entsprechenden Subjektpositionen und insofern mit einer Entsubjektivierung einhergeht In dieser Aufhebung des subjektivierenden Effekts der Wahrheitsspiele liegt der M glichkeitssinn und damit auch die Aussicht auf ein Ende der Ausgrenzung ohne gleichzeitig Ausgrenzung in Form neuer Wahrheitsspiele zu perpetuieren Die kritische Arbeit an der Geschichte unserer Grenzen und Begrenztheiten ist selbst schon aktive Selbstformung und Selbstver nderung Das ist viel aber es ist auch nicht mehr Denn au er der M glichkeit zur Ver nderung seiner selbst bei nachgewiesenen nichtnotwendigen Begrenzungen durch kontingente Regime des Wissens und der Macht ist hier keine Richtung keine Orientierung kein Ziel vorgeschrieben Dieser Zug macht Foucaults sp tes Werk zu einer faszinierenden Artiku
325. m Kari bei Bedarf unter Druck zu setzten Das Schuldempfinden Karis entl dt sich regelm ig am Kind in Form k rperlicher Misshandlung Hart und pr zise fallen die Schl ge Der Mann ber Daskind gebeugt weint Werseinkindliebt Daskind ber die Sitzfl che des Stuhls gebeugt weint nicht Jeder Schlag l sst die Flanken des Kindes erzittern Die Tr nen des Mannes benetzen das Karminrot der Wunden Tr ne zu Blut Bis das Leidsgemisch ber den R cken des Kindes flie t in der flaumigen Mulde eine winzige Lache von hellroter Farbe Das hat es noch nie gegeben dass Daskind geblutet hat denkt Kari Kenel verwundert Es erf llt ihn mit einem befremdlichen Gl ck f r das er sich sogleich sch mt und noch einmal ausholt Hart und genau platziert er die letzten Schl ge Schlie t sich der rote Kreis 655 Mehr Daskind S 6f Die Beschreibung der Pflegeeltern stimmt bis ins Detail hinein mit Passagen aus Mehrs steinzeit berein Vgl etwa Mehr steinzeit S 15 silvia will nicht nach hause eine seltsame fahrt im jeep regen und nebel silvia verkriecht sich unter den gummimantel des pflegevaters er tr gt den breiten schlapphut den er aus idaho mitgenommen hat zu hause wartet die pflegemutter sie f llt in meine sicherheit ein wie ein wolf ich ducke mich wie ich sie hasse ich hasse sie mit dem herzen eines wundgepr gelten hundes und doch habe ich die schuld f r ihre lieblosigkeiten immer bei mir gesucht ich habe di
326. mann zusammengetragen worden waren Die Rezeption des Grellmannschen Versuchs scheint auch den Sprachduktus J rgers beeinflusst zu haben Beider Ton ist oft gekennzeichnet von ironischen berzeichnungen und beide bedienen sich anekdotenhafter Schilderungen die den aufgekl rten Leser zum einen unterhalten und ihm zum anderen ein berlegenheitsgef hl angesichts der Lebens und Denkweisen 6 Die N he wird dar ber hinaus dem Umstand der Dargestellten vermitteln sollen geschuldet sein dass J rger hnliche Quellen wie Grellmann n mlich Chroniken und Gerichtsakten aus fr heren Jahrhunderten als Quellen herangezogen haben d rfte die jedoch nicht n her benannt sind um den Werdegang der von ihm beschriebenen Familienmitglieder zu verfolgen und eine Kontinuit t der diversen Wesensmerkmale bis in die Gegenwart hinein nachzuzeichnen J rgers Versuch die von ihm ins Auge gefasste Gruppe definitorisch zu fassen sollte das Vorbild sowohl f r die Arbeit des Hilfswerkes als auch f r die Untersuchungen Robert Ritters zu Vagabundensippen und sp ter zu Zigeunermischlingen werden II 1 Josef J rger Psychiatrische Familiengeschichten 1905 1911 Mit den Schriften des Psychiaters und Direktors der graub ndischen Heilanstalt Waldhaus in Chur Johann Josef J rger 1860 1933 erf hrt der Diskurs ber Schweizer Fahrende 6 Die hnlichkeit vieler Schilderungen ist augenf llig So hei t es bei Grellmann zu
327. meinde oder einen anderen Kanton absetzen w rden um dem zu entgehen Dass das Interesse der F rsorgeeinrichtungen an den Jenischen selbst ein Grund f r deren Mobilit t sein k nnte reflektiert Siegfried als m gliche Kritik zwar mit l sst sie jedoch nicht gelten Man glaube nun ja nicht dass einzig oder auch nur haupts chlich durch unsere Intervention diese Leute gezwungen w ren gleich gehetztem Wild von Ort zu Ort zu wandern Wir haben bereits darauf hingewiesen dass h ufiger Wechsel des Aktionsfeldes im Wesen des Hausierers Schirmflickers und Bettlers liegt Und dar ber hinaus kommen nur zu oft noch Missverst ndnisse mit der Polizei All das und vieles andere wirkt zusammen dass man h ufigen Klimawechsel als vorteilhaft empfindet In Anlehnung an J rger widmet Siegfried der Herkunft und Abstammung der jenischen Familien einen eigenen Abschnitt in dem es jedoch weniger darum geht tats chlich etwas 233 Andere aktuelle z B entwicklungs bzw kinderpsychologische Theorien finden hingegen in Siegfrieds Argumentation durchaus Eingang 34 So ist etwa der Abschnitt Die Arbeit des Hilfswerkes im Urteil seiner ehemaligen Sch tzlinge aus der 43 Ausgabe der Mitteilungen 1959 bernommen 35 Siegfried Kinder der Landstrasse S 7 6 Siegfried Kinder der Landstrasse S 7f Diese Geschichte l sst sich geradezu als Gr ndungsmythos des Hilfswerkes bezeichnen und wird von Siegfried in dieser Form
328. men die im Wahrheitsdiskurs transportierte Pathologisierung und Kriminalisierung jenischer Frauen nicht als Unterwerfungsmechanismen sondern als Zuschreibungen die sich mithilfe eines Gegenbeweises scheinbar au er Kraft setzen bzw widerlegen lassen Das an die Matriarchatsforschung angelehnte Konzept der essentiell friedlichen Frau das Mehr in ihrem 1984 erschienenen Text entwirft und das nur an wenigen Stellen gebrochen wird steht dabei in diametralem Gegensatz zur Konzeption der Protagonistinnen in den sp teren Romanen der Gewalt Trilogie Dass es letztlich die symbolisch vollzogene Gewalt ist die eine L sung aus der Verstrickung in Wahrheitsspiele erm glichen kann soll in den folgenden Kapiteln gezeigt werden 136 VI Vom Wahrheits zum Erfahrungsbuch Mehrs 1994 publizierter Roman Zeus oder der Zwillingston markiert in mehrfacher Hinsicht einen Wendepunkt im literarischen Schaffen der Autorin Die zuvor erschienenen Prosatexte ebenso wie das Drama Kinder der Landstrasse dokumentieren die als M ndel des Hilfswerkes gemachten Gewalterfahrungen und verleihen den Auswirkungen dieser Erfahrung einen ber das rein Dokumentarische hinausgehenden individuellen sprachlichen Ausdruck Die eigentliche Ursache der zwangsassimilatorischen Praktiken wird zu dieser Zeit vornehmlich in einer patriarchalen Gesellschaftsstruktur gesehen f r die wie vor allem auch aus den publizistischen Schriften Mehrs und verschiedenen Interviews hervorg
329. minalit t nachzuweisen versucht sowie eine Untersuchung von Raine et al aus dem Jahr 2000 die mittels der Magnetresonanz Tomographie eine Verminderung der grauen Substanz im Frontalhirn von Straft tern feststellt und diesen Befund ebenso wie Dysmorphien angewachsene Ohrl ppchen zerfurchte Zunge etc als Hinweise auf eine kriminelle Disposition wertet Das Fazit der berlegungen Knechts lautet Auch wenn sich Lombrosos Thesen in mancher Hinsicht als unhaltbar erwiesen haben zeigen diese Ausf hrungen dass es durchaus lohnenswert ist auch 805 Leygraf Norbert Wirksamkeit des psychiatrischen Ma regelvollzugs In Kr ber Hans L und Klaus P Dahle Hgg Sexualstraftaten und Gewaltdelinquenz Heidelberg 1998 S 175 184 06 Knecht Thomas Cesare Lombrosos Theorie vom geborenen Verbrecher heute noch ein Thema In Dittmann Volker und J rg Martin Jehle Hgg Kriminologie zwischen Grundlagenwissenschaften und Praxis M nchengladbach 2003 S 103 111 807 Knecht Cesare Lombrosos Theorie S 106 S 108f 198 antisoziale Pers nlichkeitsmerkmale und Verhaltensmuster unter biomedizinischen und evolution ren Gesichtspunkten zu studieren Der bereits in Brandzauber mittels der Erz hlfigur der Karnivore thematisierte Aspekt eines unverbesserlichen da jenseits der Willensfreiheit liegenden biologisch determinierten bzw pers nlichkeitsbedingten Verbrechertums und die daraus abgeleitete Idee des pr ventiven
330. n Die Aktion Kinder der Landstrasse der Stiftung Pro Juventute Z rich 2009 Felber Thomas tom Messerstecherin wegen Mordes verurteilt Lebensl ngliche Zuchthausstrafe und Verwahrung Neue Z rcher Zeitung 19 Dezember 2001 Felber Thomas tom Antrag 20 Jahre Zuchthaus und Verwahrung Erster Prozesstag gegen die 28 j hrige Messerstecherin Neue Z rcher Zeitung 18 Dezember 2001 Felber Thomas tom Messerangriffe einer Frau gegen Frauen Die T tungen im Parkhaus Urania und am Z richhorn Neue Z rcher Zeitung 15 16 Dezember 2001 237
331. n Friedhof Punkto Einrichtung stehen mir keine Probleme ins Haus Das von mir entworfene Wesen Anna wird keine Anstrengungen unternehmen sich anders als der ihr zugeschriebenen Obsession f r Tote gem einzurichten Ich lasse keine H uslichkeit aufkommen Und wenn ich doch einmal in Versuchung komme linst mir die andere Anna ber die Schulter und l sst es nicht zu H v m Hinweise wie dieser versch rfen jedoch nur das Ausgangsproblem indem sie wiederum die Frage nach einem Zusammenhang von Figur Erz hler in und Autorin ins Spiel bringen 79 Mehr Brandzauber S 87 720 Mehr Brandzauber S 8f 721 Vgl Kapitel II 722 Mehr Brandzauber S 99 177 Werden die diversen Morde die Anna begeht im Bereich der Fiktion angesiedelt stellt sich die Frage nach der eigentlichen Motivierung der Erz hlung worauf noch zur ckzukommen sein wird Aber auch das F rwahrnehmen von Annas Ausf hrungen f hrt in einen nicht aufzul senden Widerspruch Wenn das Auspr geln zun chst als Kritik an den erzieherischen Methoden der Einrichtungen in denen Anna ihre Jugend verbracht hat gelesen wird und zur Solidarisierung mit der Protagonistin einl dt lassen die anschlie enden Ausf hrungen Zweifel aufkommen ob sie nicht letztlich doch als gerechtfertigt gelten m ssen ja ob nicht eigentlich angesichts der Taten Annas gar sch rfere Sanktionen angebracht w ren Denn die dargestellte Form von Wahrheitsliebe un
332. n Individuen abrichtet usw Regime der Produktion von wahr und falsch bzw der Wahrheitsdiskurse selbst das diesen Praktiken als Begr ndung als Rechtfertigung als Existenzberechtigung und als Transformationsprinzip zugrunde liegt Die Frage nach den Unterwerfungsmechanismen zielt in diesem Zusammenhang auf die Rekonstruktion der verschiedenen Weisen subjektivierender Selbst Problematisierung der solcherart sortierten klassifizierten gepr ften usw Menschen ab Selbstausarbeitung die auf den vergeblichen Nachweis des nicht kriminell Seins abzielt anschaulich illustriert ist etwa Franz Kafkas Der Prozess 373 Vgl hierzu Butlers Beispiele parodistischer Praktiken insbes des Kleidertausches oder der Travestie Butler Unbehagen S 12 Als Strategie um die K rper Kategorien zu denaturalisieren und zu resignifizieren werde ich eine Reihe von parodistischen Praktiken beschreiben und vorschlagen die auf einer performativen Theorie der Geschlechter Akte gender acts beruhen Dabei geht es um solche Akte die die Kategorien des K rpers des Geschlechts der Geschlechtsidentit t und der Sexualit t st ren und ihre subversive Resignifizierung und Vervielf ltigung jenseits des bin ren Rahmens hervorrufen Und weiter auf S 202f Die Performanz der Travestie spielt mit der Unterscheidung zischen der Anatomie des Darstellers performer und der dargestellten Geschlechtsidentit t Indem die Trave
333. n Muster der genealogischen Abhandlungen insgesamt einleitend wird etwa ironisierend auf das Stammelternpaar der Sippe und entsprechende Kirchenbucheintr ge hingewiesen als auch an demjenigen der biographischen Skizzen Mit der Gegen berstellung von Ausz gen aus Fontanas Waltisb hls Dissertationen Siegfrieds Jahresberichten erz hlenden Passagen und Selbst u erungen des E Xenos gelingt es Mehr den Konstruktcharakter und die Schablonenhaftigkeit dieses Erz hlmusters aufzuzeigen und aufzubrechen So erscheint z B die von Fontana hervorgehobene Brandstiftung aus Rache in den Ausf hrungen E Xenos in einem g nzlich anderen Licht 69 Tage haben sie mich ausgefragt Jeden Tag kam der W rter brachte mir Suppe und Brot und ein Papier das ich unterschreiben sollte Ich sollte es doch zugeben sagte er es passiere mir nichts Jugendliche k nne man nicht verurteilen Am 69 Tag haben die mich fertiggemacht Ich habe unterschrieben Ich bekam f r ein erzwungenes Gest ndnis drei Jahre Zuchthaus in Bellechasse Das gesetzliche Drittel der Strafe wurde mir nicht geschenkt Mein Vormund fand dass ich nur so lernen w rde ein anst ndiger B rger zu werden Als schwerwiegendste Folge der Trennung der Familien und Fremdplatzierung der Kinder konstatiert Mehr den Verlust der kulturellen und sozialen Identit t der Betroffenen Ihnen die Menschenw rde zur ckgeben hiesse ihnen Heimat in sich selbst in ihren Traditionen
334. n den Juden und Roma bedeutet hat und der sich eben auch in der Schweiz ereignet hat S 201 3 Jacovino Filomena Wie das Opfer zum T ter wird Perugia 2003 Verf gbar ber die Homepage Mariella Mehrs unter http www mariellamehr com diss_filomena htm Letzter Zugriff 25 03 2010 Der berwiegende Teil von Mehrs Texten ist nicht mehr im regul ren Buchhandel erh ltlich Auf der Homepage der Autorin kommentiert H U Ellenberger Mehr das Problem wie folgt Von allen ihren neueren Ver ffentlichungen wurden in den ersten zwei Wochen nach Erscheinen in der Schweiz ca 1000 St ck verkauft Sie gehen an die Kenner die sich nichts entgehen lassen was von Mariella Mehr erscheint Der Rest der Auflage wird in 2 3 Jahren abgesetzt ausschlie lich in der Schweiz Der Verlag tut nichts um dies zu ndern Was nicht bestsellerverd chtig ist ist out wird totgeschwiegen nicht nachgedruckt wenn die Auflage verkauft ist selbst dann nicht wenn es Teil einer Trilogie ist Das Produkt Buch wird unabh ngig vom Inhalt und literarischen Qualit tskriterien vermarktet Mit Mariella Mehr schreibt ihr Verlag angeblich rote Zahlen Eine Erschliessung des gesamten deutschsprachigen Buchmarktes der fast 20 mal gr sser ist als der schweizerische hat einen zweifelhaften return on investment ist zu riskant Risikokapital gibt s nur f r newcomer mit angeblichem Bestsellerpotential Davon drucken die Verlage j hrlich 10
335. n ebenso wenig genannt wird suggeriert das Forschungsinteresse r hre vollst ndig aus eigenen Beobachtungen her Zus tzlich stellt Ritter seine eigene Vorgehensweise die den eingeheirateten nicht gleichnamigen Frauen und ihren Vorfahren erbkundlich dasselbe Gewicht beimfisst wie der Erblinie des 3 Br 7 124 ps 123 einer eindimensionalen Stammbaum Methode gegen ber wie Mannesstammes sie J rger angewandt hatte als berlegen dar Da man immer wieder auf diesen Fehler verfiel war verst ndlich denn man war noch befangen in der alten genealogischen Denkweise die sich durch etwas so u erliches wie den Sippennamen leiten lie und man sah wohl auch kaum eine andere M glichkeit da es ja der Name war der gerade bei gr eren Untersuchungen Anhaltspunkte gab gt W hrend in Arbeiten wie derjenigen J rgers also lediglich die Linien des Stammvaters und der Stammmutter rekonstruiert worden waren wollte Ritter den gesamten Erbstrom erfassen ausgehend von den akuten F llen getarnten Schwachsinns in seiner Praxis Dass Ritter dabei selbst von Sippennamen ausging zeigt Schmidt Degenhards Fund einer handschriftlichen Notiz im Stadtarchiv T bingen der zufolge Ritter polizeilich kriminalistische Akten nach Familiennamen erblich belasteter Personen durchforstet hatte Und entsprechend hei t es allen zuvor gemachten berlegungen entgegen auch b
336. n jenen die oben in der R fe hausten wie er sich an ihnen r chen w rde an jenen andern die wenn die letzte L rche in Bl te stand f r Monate verschwanden bis dann im Sp therbst ihr Lachen und Johlen erneut den Dorffrieden st rte und ihre Feuer nicht mehr ausgingen Hera verspottete den zuk nftigen Mann in ihm den allerdings der blutjunge Bonifazius Wasserfallen noch nicht kennengelernt hatte Aber dieses Lachen das ihrer Unschuld etwas ungemein Anr chiges verlieh wie ja auch ihre ganze knabenhaft grazile Erscheinung Ungereimtheit sozusagen verstr mte liess seinen zuk nftigen Mannesstolz den wiederum er sp ter nie so zu nennen wagte schmerzhaft zusammenzucken Auf diese Weise gedem tigt und an seine eigene k rperliche Beeintr chtigung erinnert richtet sich sein wissenschaftliches Augenmerk fortan auf die pathologisierende 579 Beobachtung und Behandlung nichtsesshaften Krankenguts und die djegenerierte Ware Er wird unterst tzt von Gottlob Abderhalden dessen Aufs tze eine inhaltliche N he zu Publikationen Josef J rgers aufweisen Abderhalden hat sich mit Schriften zur Heredit t des moralischen Schwachsinns bei Vagantensippen mit seinen Ausf hrungen zum auff llig wiegenden Gang der Sippe Zero als psychologische oder psychopathologische Verhaltensradikale unter Ber cksichtigung aller wichtigen geophysischen Ver nderungen der von den Probanden als
337. n sind Fleischfresser aus Leidenschaft aber ohne Not Sie k nnen sich ebenso gut von den Mineralien und Substraten des Bodens ern hren Die Insekten dienen ihnen lediglich als Nachtisch Sie sind die W rze ihres Pflanzenlebens die Jagd auf Insekten ist ihre Freizeitbesch ftigung Es gibt keine einzige Karnivore die wirklich auf Fleischspeisen angewiesen w re Dem Deutungsangebot biologische Disposition zur Mordlust das aus den oben genannten Gr nden jedoch kaum berzeugen kann stehen Passagen gegen ber die in 72 In steinzeit hatte Mehr das Bild der fleischfressenden Pflanze noch unter umgekehrten Vorzeichen als Bedrohung der eigenen Existenz verwendet bald wird das wasser zu tanzen beginnen es wird keine rolle mehr spielen mir ist dieser planet ohnehin zu kalt von monden beschienen ihnen ist nicht zu trauen ihrer k lte mit den blauen gl sernen f ngen ich habe weiter nichts mehr zu verlieren als halbheit was habe ich mit dieser starren masse silvia zu schaffen diese halbheit unf hig zu leben was soll ich mit dem fressenden ungeheuerplaneten der mich immer mehr einschliesst mich umgibt wie eine mordgierige fleischfressende pflanze Mehr steinzeit S 59 730 Mehr Brandzauber S 13 BI Mehr Brandzauber S 13 32 Mehr Brandzauber S 15 180 Annas Gef hlsk lte und T tungswut auf den ersten Blick die selbstzerst rerische Folge traumatischer Kindheits Erlebnisse erkennen lassen die s
338. n und die expressionistische Sprachgestaltung auf eine m glichst eindr ckliche Verbildlichung der Erlebnisse zielt 43 Caruth Cathy Trauma als historische Erfahrung die Vergangenheit einholen In Ulrich Baer Hrsg Niemand zeugt f r den Zeugen Erinnerungskultur und historische Verantwortung nach der Shoah Frankfurt Main 2000 S 86 4 Keilbach Judith Geschichtsbilder und Zeitzeugen M nster 2008 5 Mehr steinzeit S 188 109 arbeitet Mehr in ihrem Theaterst ck Kinder der Landstrasse mit einer offenen Gegen berstellung von Aktenmaterial und Literarisierung Ein Verfahren das in subtilerer Form in der Hinsicht dass Fremdzuschreibungen und Elemente des Wahrheitsdiskurses nicht unmittelbar als solche kenntlich gemacht sind auch die sp teren Texte vor allem die letzten beiden B nde der Gewalt Trilogie bestimmen wird Die weitgehend unverbundenen und keiner Chronologie folgenden Episoden in steinzeit lassen sich anhand der Alters und Ortsangaben recht pr zise zuordnen Die Rekonstruktion der Ereignisse und der Gang durch insgesamt 16 verschiedene Institutionen von denen jedoch nicht alle genannt werden ist folglich nicht nur von der Protagonistin sondern auch vom Rezipienten zu leisten der im Zuge dieser Rekonstruktionsversuche die Suche nach einer linearen koh renten Erz hlung in die die traumatischen Erinnerungsbruchst cke integriert werden mitvollzieht frau wanzenried bist du jetzt zufrieden s
339. nahe dass es darum geht die Hintergr nde und Ursachen von Karis Taten zu kl ren Daf r sprechen u a Karis Hinweise auf die Unberechenbarkeit von Erinnerungen oder Zitate wie das folgende Das T ten braucht keine Rechtfertigung Seine Wahrheit liegt in der Tat Weshalb sie also mit Begr ndungen besudeln die nicht einmal vor Gericht standhalten Das T ten braucht keine Anbiederung mit dem Opfer es braucht nur sich als Sinn und Ziel Auf diesem Standpunkt beharrt Kari umso mehr je deutlicher wird dass die Gutachterin aufgrund der Kenntnis der Akten die sie mit sich herumtr gt als w ren es die Zehn Gebote wie auch der Untersuchungsrichter bereits mit einer impliziten Pers nlichkeitstheorie operieren und versuchen ein bestimmtes Bild von Kari zu zeichnen bzw zu best tigen und ihr Verhalten nachvollziehbar zu machen Erkl rungsversuche die Kari durchschaut und die sie stets mit entsprechenden Erwiderungen pariert Ich habe Zerst rung immer als eine selbst ndige Kraft verstanden Ich wei Sie Frau Doktor m chten meinen Taten so etwas wie eine Ihnen verst ndliche Begr ndung geben Doch weder Hass noch Neid noch andere Gef hle veranlassten mich die einmal gew hlten Objekte zu zerst ren Auch bei Angeklagt l sst sich folglich von einem Erfahrungsbuch sprechen das den Leser in Paradoxien f hrt und auf eigene diskursive Verstrickungen zur ckverweist Denn das Bed rfnis nach psychologischen
340. nahmslos brave arbeitsame Menschen geworden Auch unter den Zero finden wir mehrere die in Schwaben se haft geworden sind und soviel man wei J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 16 Bereits 1857 hatte Auguste Morel eine hnliche Kombination von Umwelt und Erbfaktoren in Bezug auf kriminelles Verhalten postuliert Demnach k nnten ung nstige Umwelteinfl sse zu gewohnheitsm iger Delinquenz f hren die schlie lich auch weitervererbt werden k nne Morel Auguste Traite des degenerecences physiques intellectuels et morales de l espece humaine et des causes qui produisent ces varietes maladives Paris 1857 Dieses Argument erinnert zudem an die bereits von Grellmann formulierte These zu den vermeintlich erblichen Gewohnheiten der Zigeuner und seine berzeugung dass das Verderbni nicht blos einzelne Subjecte sondern bey weitem fast den ganzen Haufen tr fe Grellmann Versuch S 10 7l J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 84 Diese Forderung steht in deutlichem Widerspruch zu J rgers einleitenden Ausf hrungen wonach d ie modernen Zeitverh ltnisse mit ihrer Polizeiordnung meinem interessanten V lklein seine Lebensgewohnheiten ab binden es in das breitgetretene Geleise des gew hnlichen Globe trotters zwingen und seine Originalit t dem Untergange zu f hren Manche Sippen gehen an den S nden der V ter zugrunde andere werden brav womit mein Interesse an ihnen aufh
341. nale Minderheit 27 M rz 2002 Bereitgestellt auf der Homepage des Bundesamtes f r Kultur BAK unter http www bak admin ch themen sprachen_und_kulturelle_minderheiten 00507 00512 00566 00569 index h tml Letzter Zugriff 19 05 2010 312 Das Gutachten kam zu dem Schluss dass die Schweizer Fahrenden aufgrund ihrer Lebensweise im Rahmen der geltenden Rechtsordnung vor allem von indirekter Diskriminierung im Bereich der Raumplanung und Baupolizei im Bereich der Gewerbepolizei und der Schulpflicht betroffen seien Per Bundesgerichtsentscheid vom 28 M rz 2003 wurde das Rechtsgutachten hinsichtlich der Raumplanung best tigt und die zust ndigen Beh rden wurden verpflichtet die Bed rfnisse der Fahrenden in Raumplanung und baurechtlichen Vorschriften zu ber cksichtigen Trotz dieses Entscheides formulierte die Stiftung in ihrem Jahresbericht von 2007 weiterhin dringenden Handlungsbedarf Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende 2007 S 6 Bereitgestellt auf der Homepage des Bundesamtes f r Kultur BAK unter http www bak admin ch themen sprachen_und_kulturelle_minderheiten 00507 00512 00566 00569 index h tml Letzter Zugriff 19 05 2010 71 eine gemeinsame Sprache eine gemeinsame Kultur ein gemeinsames historisches Schicksal sowie das gemeinsame Streben nach einem Selbstverst ndnis als ethnisch kultureller Minderheit vorsieht Als ma geblich f r die Umschreibung des Begriffs der nationalen Minderheit erachtet das G
342. nd Erfahrungsb chern Mehrs wie Zeus oder der Zwillingston War in Zeus das Konzept der fiktiven Realisierung einer Idee bzw einer mythischen Figur erprobt worden nehmen in Daskind erstmals zahlreiche kriminalisierende und pathologisierende Zuschreibungen Gestalt in Form der namenlos bleibenden Protagonistin an die allerdings nicht als jenisches M dchen entworfen wird Zwar legen intertextuelle Verweise auf steinzeit bis hin zu fast wortgetreuen bereinstimmungen zahlreicher Passagen nahe dass es sich bei Daskind um eine erneute wenngleich experimentellere Auseinandersetzung Mehrs mit eigenen Erfahrungen stigmatisierender Fremdzuschreibungen handelt diese werden im Roman vom Wahrheitsdiskurs ber Jenische jedoch gerade entkoppelt Ein entsubjektivierendes Potential wie es die beiden folgenden Romane Brandzauber und Angeklagt aufgrund ihrer Verquickung von Auto und Heteroreferentialit t von Fiktivem und Dokumentarisch Autobiographischem von erz hlerischer Illusionsbildung und durchbrechung aufweisen hat Daskind daher noch nicht Aus einer Inzestbeziehung zwischen den Geschwistern Kari und Leni Kenel hervorgegangen w chst das ungeliebte Daskind bei seinem inzwischen mit einer anderen Frau verheirateten Vater in der Enge eines christlich bigotten Dorfes auf Misshandelt vom Vater der in ihm die von Kirche und Gesellschaft ge chtete Beziehung zu seiner Schwester t glich vor Augen hat von der Pflegemutter verachtet von e
343. nd Methodenverschiebungen sind kumulative Korrekturen Die arch ologische Analyse der Wissensordnungen muss um eine machtanalytische Betrachtung sozialer Dimensionen beide m ssen um eine mehrfache Thematisierung von Subjektivierung erg nzt werden Sowohl Wissen als auch Macht sind Schaupl tze Niederschlagsorte von externen Konstruktionseffekten aber ein vollst ndiges Bild von Subjektentstehung ergibt sich erst unter Einbeziehung derjenigen Prozesse und Wirkungen die vom Subjekt ausgehend an ihm selbst statthaben d h der subjektkonstitutiven Selbstpraktiken Saar Martin Genealogie als Kritik Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault Frankfurt am Main New York 2007 S 287 350 Foucault Michel Dits et Ecrits Schriften IV 1980 1988 Hg v Daniel Derfert und Fran ois Ewald unter Mitarbeit von Jacques Larange Frankfurt Main 2005 S 269 84 Infragestellung des Konzepts eines homogenen und autonomen Subjekts denn dieses erscheint nicht l nger als Urheber von Diskursen und Machtverh ltnissen sondern vielmehr bzw zumindest ebenso als deren Effekt Foucaults nicht mehr am Subjekt sondern an Subjektpositionen interessierte Fragestellung lautet daher zun chst Alufgrund welcher Bedingungen und in welchen Formen kann so etwas wie ein Subjekt in der Ordnung des Diskurses erscheinen Welchen Platz kann es in jedem Diskurstyp einnehmen welche Funktionen kann es aus ben indem es welchen Regeln folgt
344. nd daher das Problem erlittene Misshandlungen mit Erinnerungen allein nicht beweiskr ftig belegen zu k nnen und nicht zuletzt aus diesem Grund forderten jenische InteressenvertreterInnen immer wieder die Herausgabe des Aktenmaterials Aber auch die M glichkeit der Akteneinsicht l ste das Problem nicht zufriedenstellend Zwar best tigten die Akten des Hilfswerkes auch im Falle Mehrs zahlreiche Erinnerungen wie Marianne Pletscher im Nachwort zu steinzeit ausf hrt etwa die durchlaufenen Pflegestationen Kinderheime psychiatrische Anstalten etc 1983 wurde ihre Mehrs Erinnerung an ihre Steinzeit sozusagen amtlich best tigt Ein Teil ihrer Akten rund 500 Seiten aus ihrer und ihres Sohnes M ndelzeit bei der Pro Juventute wurden ihr von anonymer Seite zugeschickt Erst liess sie die Aktenordner liegen der Mut fehlte ihr ihre Vergangenheit aus Sicht der Andern nachzulesen Ein Jahr sp ter schrieb sie dann als Trauerarbeit und weitere berlebenstherapie das Theaterst ck Akte M Xenos C Xenos ber Misshandlungen und sexuelle bergriffe in Heimen und Pflegefamilien finden sich in der Regel jedoch keine Aktennotizen Vor dem Hintergrund der Aktenkenntnis ebenso wie mit der zunehmenden ffentlichen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Wissensproduktion zu Schweizer Jenischen nderte sich jedoch das Schreibverfahren Mehrs w hrend in steinzeit lediglich kurze Passagen aus psychiatrischen Gutachten zitiert werde
345. nd thus having no alternative social countermodel is becoming increasingly authoritarian and prescriptive in its notions about society the promotion of alternative thinking is more important than ever In this sense the example of Mariella Mehr s determination to free herself by articulating her profoundly depressing experience forms an important contribution to female emancipation and also to a wider general awareness At the very least her work constitutes the gravest possible warning about the dangers of silence Die Intelligibilit t und die Selbsterm chtigung die mit dem Einnehmen der Subjektposition der jenischen Frau einhergehen bleiben letztlich an den Wahrheitsdiskurs gekn pft und sind Effekt einer unterwerfenden Selbstausarbeitung die das jenische weibliche Subjekt erst hervorbringt Christine Mergozzis Fazit steinzeit sei a revolutionary act against patriarchy and its destructive forces kann daher ebenfalls nicht beigepflichtet werden Als hnlich ambivalent erweist sich die Konstruktion einer gewaltfreien weiblichen Kollektiv Identit t wie Mehr sie in Das Licht der Frau entwirft Der Analyse dieses Entwurfs ist das folgende Kapitel gewidmet 7 Pender Malcolm Emancipation through Writing Mariella Mehr and steinzeit In Charnley Joy und Malcolm Pender Hgg Intellectual Emancipation Swiss Women and Education Bern 2001 S 98 8 Mergozzi Literary Aurality S 177 122 V I Das Lic
346. ndfahrer vor Gericht gegenw rtig stets Recht bek men sofern ein Vormund sprich Das Hilfswerk f r die Kinder der Landstra e einen Prozess zur Verhinderung von Eheschlie ungen anstrenge Die Einschr nkung der Fortpflanzungsm glichkeiten gelinge bisher nur durch lange Anstaltsinternierung Die M glichkeit einer nachgehenden F rsorge in Form von Bevormundung oder Schutzaufsicht verwirft Waltisb hl g nzlich da es keine Kontrollm glichkeiten gebe Nach einer kurzen Erw hnung der verschiedenen medizinischen religi sen und ethischen Vorbehalte gegen die Sterilisation kommt Waltisb hl schlie lich zu dem Schluss dass neben der Sicherungsverwahrung nur die Verh tung erbkranken Nachwuchses das Landfahrerproblem dauerhaft und zudem auf humane Art l sen k nne wobei er vorgibt nicht zuletzt im Interesse der Jenischen selbst zu argumentieren Aber auch vom rein menschlichen Standpunkte aus k nnen wir unsere Auffassung vertreten Handelt es sich doch bei der Nachkommenschaft von Landfahrern eigentlich um ungl ckliche Individuen welche man nicht f r ihr Verhalten verantwortlich machen kann U E ist deshalb die Geburt eines solchen Individuums auf k nstlichem Wege zu verhindern da es meistens kaum erwachsen von einem Gef ngnis zum andern vom Irrenhaus ins Zuchthaus wandert und in der Freiheit nichts besseres zu tun versteht als wiederum eine zahlreiche erblich belastete Nachkommenschaft auf die Welt z
347. ndnis von zumindest Zeus selbst Zweierlei Zeus wird als einziger Figur im Roman ein eigener nicht von der Erz hlinstanz berformter u erungsmodus zugestanden was durch in Kapit lchen gesetzte bzw mit Asterisk versehene Passagen gekennzeichnet ist Folgt man dem Quellenhinweis am Ende des Romans handelt es sich bei den entsprechenden Textstellen um wortgetreue Zitate aus den Schriften des Poeten Gilbert Tassaux der in der psychiatrischen Klinik Waldau in Bern von einem Mitpatienten erschlagen wurde sich selbst oft Zeus nannte und dem die Autorin die Geschichte verdankt Das qua abgewandelter mythischer Erz hlfolie vorab beschlossene Ende Zeus nimmt seinen Anfang mit der Selbsteinlieferung Zweierleis in die Irrenanstalt Narrenwald wo er von einem Mitpatienten den Namen des olympischen G ttervaters erh lt und vorausdeutend von Rosa Zwiebelbuch zu diesem Zeitpunkt noch nicht Thetis in die Wade gebissen wird so dass die weiteren Geschehnisse ihren Lauf nehmen k nnen Es war der epische Sprachstrom seiner Erhalter dieser Zwangsneurotiker der Verse und Hymnen der ihn ohne sein Einverst ndnis seit Jahrtausenden am Leben erhielt man denke nur an die mittlerweile selbst unsterblich gewordene Ilias Homers Ja selbst D rrenmatt besch ftigte sich ber Geb hr mit seinen eigens und nur zu seinem pers nlichen Vergn gen geschaffenen Gesch pfen Launen des Augenblicks
348. ndstrasse Ein Hilfswerk ein Theater und 328 die Folgen erkennen Der Bericht ber E Xenos der in Fontanas Dissertation als 326 Auch nach Beendigung ihrer T tigkeit als Sekret rin der Radgenossenschaft und Redakteurin der Zeitschrift blieb Mehr publizistisch im Scharotl aktiv 1984 forderte sie in einem Aufruf die Aufarbeitung der Akten und Geschichte des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse ein woraufhin die Pro Juventute trotz zahlreicher Proteste die Akten die zuvor zwecks Familienzusammenf hrungen hatten eingesehen werden k nnen unter Verschluss nahm und das Sekretariat der Radgenossenschaft nicht weiter finanzierte Vgl Huonker Die ersten sieben Jahre 7 Vgl den Artikel Rufm rder am Werk In Scharotl 6 1976 S 1f 328 Das stark autobiographisch gepr gte Drama hat die Wegnahme von Mehrs Sohn Christian durch das Hilfswerk und ihre Inhaftierung in der Strafanstalt Hindelbank zum Gegenstand Szenische Passagen und Zitate aus Schriften Siegfrieds Berichte von Siegfrieds Mitarbeiterin Clara Reust sowie aus der Korrespondenz des Hilfswerkes wechseln einander ab und zeigen so eindr cklich die Hilflosigkeit der M ndel gegen ber der Organisation auf Dem publizierten B hnentext ist ein einleitender Teil zur Geschichte des Hilfswerkes dessen Aufl sung und der Arbeit sowie den Forderungen der Radgenossenschaft 78 Brandstifter aus Rache besondere Erw hnung gefunden hatte orientiert sich dabei sowohl am narrative
349. ner zun chst befriedigt kommt es schlie lich doch zum exorzistischen Ritual weil Daskind sich ein Wolfsfell eine Jagdtroph e des Vaters aus dem Schrank nimmt und sich das Fell umh ngt um Kari Kenel in seiner Sehnsucht nach Freiheit nach der amerikanischen Wildnis nahe zu sein d amit einmal Heimat entst nde Verst ndnis zwischen ihm und dem Kind Im Dorf hingegen wird das Kind nun nicht mehr nur als mit dem Teufel im Bunde sondern gar als Werwolf angesehen und eine kirchliche Zeremonie zu seiner Rettung in die Wege geleitet Auf die erneuten Dem tigungen durch die D rfler die das Kind in die Kirche zerren und des Priesters der es immer wieder schl gt versucht sich Daskind schlie lich in einem Wutausbruch zu befreien der jedoch vergeblich ist da die aufgehetzte Menge es immer wieder zum Altar zur cktreibt bis es schlie lich aufgibt Mi t sich die Kraft des Guten an der Kraft des B sen B ndigen Daskind lauteren Herzens Gewinnt das Gute L t redlich ermattet die F uste h ngen So bleibt dem Kind als letzte M glichkeit den Unbegreiflichkeiten seiner Welt zu entkommen nur die Vorstellung vom eigenen Tod von dem es sich nicht nur ein Ende der k rperlichen und seelischen Qualen erhofft sondern auch Rettung vor der Allmacht Gottes nachdem es erfahren hat dass S nder und sogar ungetaufte Neugeborene jenseits der Friedhofsmauer beerdigt werden weil ihnen die g ttliche Gnade ver
350. ngen die umso wirksamer sind da sie nie konkretisiert werden und die daran ankn pfende Bewegung der subjektivierenden 90 Schrift als Ort einer Entsubjektivierungspraxis Ein weiterer Aspekt in dem sich Foucaults berlegungen zu m glichen Freir umen und Widerstandspotentialen von dem zum Teil daran orientierten Konzept Butlers unterscheiden ist die Art und Weise bzw Form in der die norm bzw subjektaufl sende Wiederholung konzeptualisiert ist W hrend Butler das subversive Potential von Re Inszenierungen nicht ausschlie lich aber doch hinsichtlich ihrer pr gnantesten Beispiele im Bereich der u erlich sichtbaren k rperlichen Hervorbringungen verinnerlichten 373 wahren Wissens sieht ist der Ort der ontologischen Kritik des Selbst und damit der Ort einer m glichen Ent Subjektivierung f r Foucault das Medium Schrift Die Schrift erlaubt demzufolge einen re inszenierenden kausal demultiplizierenden Schreib Prozess der wie bereits angef hrt von der Frage nach den Beziehungen zwischen den Rationalit tsstrukturen des wahren Diskursses und den daran gekn pften 374 sein soll Unter Rationalit tsstrukturen Unterwerfungsmechanismen durchzogen versteht Foucault dabei zum einen diejenigen Kodifizierungen und Vorschriften die regeln wie man die Menschen zu sortieren hat wie man sie pr ft wie man die Dinge und 375 und zum anderen das die Zeichen klassifiziert wie ma
351. ngleich sich Entsubjektivierung Foucault zufolge im Akt des Schreibens bzw Lesens vollzieht und aus den oben dargelegten Gr nden au ertextlich beim Textproduzenten bzw rezipienten zu verorten ist w hrend der Text selbst nur als Medium der Erfahrung dient 74 Vgl u a die bereits weiter oben zitierte Passage Das von mir entworfene Wesen Anna wird keine Anstrengungen unternehmen sich anders als der ihr zugeschriebenen Obsession f r Tote gem einzurichten Und wenn ich doch einmal in Versuchung komme linst mir die andere Anna ber die Schulter und l sst es nicht zu Mehr Brandzauber S 99f 775 Mehr Brandzauber S 11 776 Mehr Brandzauber S 13 190 finden sich in Brandzauber Hinweise darauf dass auch die Figur Anna selbst einen Entsubjektivierungsprozess durchl uft Dieser Prozess ist aufs Engste mit der ihr zum Geschenk gemachten Karnivore und dem dadurch ausgel sten wenngleich nur in Gedanken formulierten Lebensbericht verbunden der zwar in der Logik des Textes nicht schriftlich niedergelegt ist aber dennoch als entsubjektivierend gelesen werden kann Annas Geschichte wird in der pr sentierten Form erst in dem Moment denk und erz hlbar als sie die Karnivore erh lt und beginnt sich in Form einer Arch ologie des 77 ber das Wesen die Natur dieser Pflanzen zu informieren Wissens in Lexika und dabei wom glich Parallelen zu den ihr als Zigeunerin zugeschrieb
352. nicht zum Ort der erhofften Befreiung Denn das Gewaltmoment sthetischer Imagination das auf der Vermittlungsebene am Umgang der Erz hlinstanz mit den erz hlten Figuren greifbar wird hat auf der Eben der Handlung eine weitere Entsprechung in Stauchs Darstellung g ttlicher 636 Liebesabenteuer Wenngleich seine privaten Zusammentreffen mit Rosa den schicklichen Rahmen nie verliessen und Rosas Wunden unter dem Blick des Adolf 638 Stauch heilten teilt er dennoch die Faszination f r den vergewaltigenden allm chtigen G ttervater und hat selbst daran teil indem er die g ttlichen Vergewaltigungen in Form von liebevoll und detailreich gestalteten Glasaugen im Kunstwerk sthetisiert und den damit verbundenen Gewaltakt verschleiert Rosa schaute Auge um Auge staunend wirr und doch froh im F hlen Nie hatte sie solches gesehen in ihrem armen Leben als Tochter des St rmetzgers Zwiebelbuch der die Wunden mit sicherer Hand zu schlagen wusste Es fiel der unwissenden Rosa nicht auf dass da zur Lust in den Abgr nden der Pupille einer fehlt der kein Schwan ist und kein goldener Regen der kein Stier ist auch wenn das manch einer noch heute vorgaukeln m chte Das hat Adolf Stauch nicht zu zeigen gewagt dass sich der Stier unter den Platanen am Strand Kretas zu erkennen gibt als der Unberechenbare als das dr hnende Gel chter das die Erde erzittern l sst und die Liebe zermalm
353. nk fer fertig werden w rde um so einmal mehr T ter und Opfer Rollen vertauschen zu k nnen Der Nashornk fer krabbelte ber Franziskas K rper Seine Scheren zwackten ihr ins Fleisch Franziska betrachtete den gefr igen Mund und stellte sich vor wie sie St ck um St ck den uners ttlichen Schlund zugef hrt werden w rde Franziska wagte nicht mehr sich zu r hren Unbeweglich verfolgte sie den Weg des Insekts auf ihrem K rper Es ist nicht nur der Nashornk fer der hier als Bedrohung in den Blick kommt sondern ebenso der Mann im wei en Kittel der Psychiater Lodemann ein Lebensborn Kind der die J din Franziska nicht nur mit seinen eigenen Schuldkomplexen bedr ngt 7 Mehr Brandzauber S 174f 18 Mehr Brandzauber S 121 7 Mehr Brandzauber S 20 W hrend andere ihr Leben erfanden hatte das Leben Franziska mit Hilfe unbegreiflicher W rter erfunden 75 Mehr Brandzauber S 122 746 Mehr Brandzauber S 118 ff 747 Mehr Brandzauber S 92 748 Mehr Brandzauber S 115 1 Mehr Brandzauber S 116 N von ao 182 sondern sie in der oben zitierten Passage ans Bett fixiert hat so dass sie sowohl dem K fer als auch seinen Blicken hilflos ausgeliefert ist Nicht zuletzt bedeutet die Identifikation mit den Karnivoren auch f r Anna selbst Schutz vor den ursupatorischen exotisierenden und fixierenden Blicken anderer auf das M dchen mit der
354. nostische Manual DSM II aufgenommen Vgl Fiedler Peter Dissoziative St rungen und Konversion Trauma und Traumabehandlung Weinheim 2001 S 45 47 Vgl hierzu die diagnostischen Kriterien der Dissoziativen Identit tsst rung gem DSM IV 107 431 Traumata in Form von Bildern Gedanken oder als Flashbacks und silvia vergisst bis sie jahre sp ter wieder daran erinnert werden sollte an das unglaubliche m rderische silvia erwacht wochen sp ter aus den fiebern dem wahnsinn tief in ihrem innern ist die erinnerung diese furchtbare erinnerung gespeichert Die Frage nach der Wirklichkeitstreue traumatischer Erinnerungen wird sowohl auf psychologischer als auch auf juristischer Seite kontrovers diskutiert So will etwa Cathy Caruth Flashback Erinnerungen an Traumata als genaue Abbilder eines tats chlichen Geschehens verstanden wissen A Die Anwesenheit von zwei oder mehr unterscheidbaren Identit ten oder Pers nlichkeitszust nden jeweils mit einem eigenen relativ berdauernden Muster der Wahrnehmung von der Beziehung zur und dem Denken ber die Umgebung und das Selbst B Mindestens zwei dieser Identit ten oder Pers nlichkeitszust nde bernehmen wiederholt die Kontrolle ber das Verhalten der Person C Eine Unf higkeit sich an wichtige pers nliche Informationen zu erinnern die zu umfassend ist um durch gew hnliche Vergesslichkeit erkl rt zu werden Zit n Fiedler Peter Dissoziative St
355. ns und Seins abgel st w rde Fiktion und Entsubjektivierung Brandzauber als Erfahrungsbuch Zentral f r die Selbstausarbeitung beider M dchen ist in Brandzauber der von christlicher Seite vorgetragene Vorwurf der Mitt terschaft am aus christlicher Sicht verurteilungsw rdigsten aller Morde dem Christusmord sowie die mit dem Gedanken der Erbschuld verbundene Kriminalisierung die bei Anna von zus tzlichen psychiatrischen kriminal anthropologischen etc Diskursen gest tzt wird Die gegenstandslosen Schuldzuweisungen f hren bei Franziska zu einer subjektivierenden Selbstausarbeitung die im Wahrheitsspiel zur Widerlegung dieser Zuschreibungen eine Position extremer Unschuld einzunehmen versucht was sie selbst bei gewaltt tigen bergriffen auf die Judenhure die dem Land das Geld aus dem S ckel stiehlt in vollkommener Passivit t verharren l sst Einmal hatten zwei J ger Franziska auf der Stra e gestellt Franziska mag die Pr gel als ihre Bestimmung verstanden haben Sie habe Mitleid gesp rt erz hlte sie sp ter unter Tr nen w hrend die zwei ber sie hergefallen seien Sie habe versucht sich hochzustemmen und da h tten sie wieder auf sie eingedroschen sie in den Dreck gezwungen zugeschlagen Als sie endlich reglos dagelegen sei sich nicht mehr ger hrt habe nichts da von Reue keineswegs Eine dumpfe Emp rung vielleicht Franziskas Passivit t und Leidensbereitschaft en
356. ns ebenso popul rem wie umstrittenem Mutterrecht wieder namhafte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von internationalem Rang gewidmet haben bieten sich jedoch nicht nur als Ausarbeitungsfolie einer positiven weiblichen Subjektposition an sondern erm glichen vor allem auch in der Konzeptualisierung G ttner Abdendroths zugleich eine positive Identit t als K nstlerin und Fahrende Denn G ttner Abendroth erkennt bei Zigeunerinnen bzw dem fahrenden Volk einen zwar degenerierten da weitgehend domestizierten aber dennoch in Traditionen und Lebensweise im Ansatz erhaltenen Zugang zu einer versch tteten ganzheitlichen matriarchalen Magie und er ffnet damit auch die M glichkeit einer positiven Umdeutung der fahrenden Lebensweise und Tradition Soweit sich ihre Anh ngerinnen und Anh nger der Domestikation entzogen und die alten magischen Formen mit ihrem urspr nglichen Sinn bewahrten konnten sie das nur geheim tun in den Kulturen der Unterschichten und Randgruppen In Verfolgung und Geheimkulturen aber verkamen die alten Riten zu Formeln zu blo en wiederholten Mustern deren anf nglicher Sinn verbla te So verstanden die welche sie tradierten diese Formen sic bald selbst nicht mehr und die Muse im Ghetto wurde zur b uerlichen farbigen belanglosen Unterhaltung von Stra ens ngern Gauklern Zigeunerinnen dem zusammengew rfelten fahrenden Volk Es wurde Volksku
357. nst daraus Volksfest und Volksbelustigung die gt 10 Bachofen Johann Jakob Das Mutterrecht Eine Untersuchung ber die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religi sen und rechtlichen Natur 1861 Eine umfassende Kritik der Methoden und Ergebnisse Bachofens findet sich bei Wesel Uwe Der Mythos vom Matriarchat ber Bachofens Mutterrecht und die Stellung von Frauen in fr hen Gesellschaften Frankfurt M 1980 Trotz Wesels Kritik an Bachofens Gleichsetzung von Mythos und historischer Wirklichkeit konzediert er Bachofen hinsichtlich der Ausf hrungen zur Gesellschaftsordnung des minoischen Kreta einen erstaunlichen Sp rsinn Wesel S 47 und sieht dessen Vermutungen durch die sp teren Ausgrabungen von Arthur Evans und die daran ankn pfende Forschung weitgehend best tigt Mit Schachermeyr Die minoische Kultur des alten Kreta 1964 kommt Wesel zu dem Ergebnis dass es berechtigt sei von mutterrechtlichen Z gen in der minoischen Kultur zu sprechen wenngleich von einem Matriarchat also einer Herrschaft der Frauen keine Rede gewesen sein k nne sondern nur davon dass die Frauen gleichgestellt und frei gewesen seien Wesel S 50ff gt So etwa James G Frazer The Golden Bough 1914 Robert Briffault The Mothers 1927 E O James The Cult of the Mother Goddess 1959 Robert von Ranke Graves auf den auch Mehr in Das Licht der Frau verweist vgl S 65 James Mellaart Catal H y k A Neolithic
358. nstituierenden Unterwerfungsmechanismen selbst sowie die Frage nach M glichkeiten einer Entsubjektivierung bzw Entunterwerfung Fr he publizistische Texte Mehrs im Kontext von Minderheiten und Frauenpolitik In den Jahren nach der Gr ndung der Radgenossenschaft und ihrer T tigkeit als Sekret rin der Organisation zielte Mehrs publizistische und literarische Arbeit vornehmlich darauf ab die ffentlichkeit ber die Praktiken des Hilfswerkes aufzukl ren und eine wissenschaftliche Aufarbeitung von dessen Zwangsassimilierungspraxis einzufordern Ihre Artikel Gedichte und Erz hlungen ver ffentlichte sie u a im Tages Anzeiger der Berner Zeitung der Tat oder der WochenZeitung sowie im Scharotl dessen Redakteurin sie von 1975 1977 war Bereits die fr hen Ausgaben des Scharotl zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung mit der Wissensproduktion bzw dem Wahrheitsdiskurss zu Schweizer Fahrenden Jenischen So enth lt die 3 Nummer aus dem Jahr 1975 ein umfassendes Verzeichnis von Literatur Sesshafter ber Fahrende aufgef hrt sind u a die Schriften Fontanas Siegfrieds und Waltisb hls Beschr nken sich die meisten der fr hen Artikel im Scharotl darauf den unwissenschaftllichen Charakter dieser Abhandlungen hervorzuheben l sst Mehrs am 30 April 1976 im Tages Anzeiger Magazin erschienener Beitrag E Xenos 1922 Einer von 600 bereits das Schreibverfahren des 1987 herausgebrachten Theaterst cks Kinder der La
359. nz besiegeltes Schicksal l sst sich nicht abwenden zu seiner Erf llung bedarf es vielmehr wiederum der Unterst tzung durch den Glasaugenmacher dessen Funktion bei der Begegnung mit seiner fr heren Angestellten in der Heil und Pflegeanstalt es ist dem Vergewaltigungsopfer Rosa die Augen zu ffnen ihr zu Selbsterkenntnis bzw Selbsterm chtigung zu verhelfen und damit das Ende Zeus in die Wege zu leiten Was Stauch Rosa ins Auge schmilzt ist die Erkenntnis einer machtvollen und kreativen Weiblichkeit und K rperlichkeit die Wiedererschaffung einer bislang m nnlich und rational dominierten Welt unter weiblichen Vorzeichen Adolf Stauch schmilzt ihr ins Auge die zweite Erschaffung der Welt sieht Tag und Nacht im Schlund der Frau verschwinden sieht den Gang der Dinge bis in die behaarte Spalte der Frau die sich endlich mit dem Naheliegendsten besch ftigt mit einem rasenden erotischen Akt Adolf Stauch schmilzt ins Auge der Thetis das Trocknen der Tr nen mit dem Feuer aus der behaarten Spalte der Rosa die ausfliesst Schmelzfeuer ist s weiss Adolf Stauch schaut mit Schauern die Frau die Wiedergeburt verweilt besonders inbr nstig beim Einschmelzen der Spalte ins Auge der Thetis will den Augenblick festhalten da Rosa Zwiebelbuch sich erkennt Der auf diese Selbsterkenntnis folgende Triumph Rosas ber Zeus des Vergewaltigungsopfers ber den Vergewaltiger des weiblich k rperlichen Prinzips
360. obei sie ihrerseits von der Opfer auf die T terseite wechselt Eine eindeutige Zuordnung des Vogelmotivs gestaltet sich jedoch weitaus komplizierter als es hier zun chst den Anschein haben mag Denn auch das Opfer par excellence Franziska ist letztendlich ein von Anna gekreuzigter Vogel ein Spatz der ein Nest sucht Der Jungef ralles den Anna vom Dachboden st t nachdem er sie und Franziska beim Liebesspiel berrascht hat wird von ihr als e in Vogel der den Himmel in der falschen Richtung suchte bezeichnet Aber auch Anna selbst hat ein Vogelgesicht ist ein r uberischer Sperber die M dchen schm cken sich gegenseitig mit Flugfedern und 3 Vgl zu dieser Lesart Uerlings Herbert Fremde Blicke Zur Repr sentation von Zigeunern in der Schweiz seit dem 19 Jahrhundert Gottfried Keller Carl Durheim Mariella Mehr In Patrut Iulia Karin George Gutu und Herbert Uerlings Hgg Fremde Arme arme Fremde Zigeuner in Literaturen Mittel und Osteuropas Frankfurt Main 2007 S 143 202 734 Mehr Brandzauber S 184 75 Mehr Brandzauber S 77 736 Mehr Brandzauber S 52 77 Mehr Brandzauber S 50 738 Mehr Brandzauber S 52 739 Mehr Brandzauber S 81 74 Mehr Brandzauber S 121 74 Mehr Brandzauber S 133 181 Vogelkrallen ehe sich Franziska auf das Kreuz und Anna sich auf sie legte Das Vogelmotiv l sst sich folglich nicht eindeutig zuordnen D
361. och auch in den Jahresberichten der Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende sowie in den Jahresberichten der Radgenossenschaft hnliche Passagen die in den Berichtsentwurf Eingang gefunden haben d rften So hei t es noch im Jahresbericht der Radgenossenschaft aus dem Jahr 2007 unter dem Punkt Ausl ndische Fahrende In den Medien wurden wieder viele Berichte ber ausl ndische Fahrende gebracht Der Bundesrat setzt sich nun direkt mit den Problemen auseinander Wir haben versucht der sesshaften Bev lkerung den Unterschied von ausl ndischen zu schweizerischen Fahrenden aufzuzeigen Es wurde eine neue Brosch re erstellt welche bei s mtlichen Anl ssen welche die RG besuchte verteilt wurde Zus tzlich wurde die Informationsbrosch re f r Interessierte und Medien neu berarbeitet An den Veranstaltungen konnten wir m ndlich den Unterschied aufzeigen und so die sesshafte Bev lkerung f r die Schweizer Fahrenden sensibilisieren Radgenossenschaft der Landstrasse Jahresbericht 2007 S l http www radgenossenschaft ch jahresbericht_2007 htm Letzter Zugriff 19 05 2010 32 Sch ft qwant Die Jenischen die Minderheitenrechte und ihre Umsetzung in der Schweiz Bulletin 1 2004 8 M rz 2004 http home balcab ch venanz nobel qwant SCBulletin1 2004 htm Letzter Zugriff 20 05 2010 74 erkl ren ist Mit Toivanens Ansatz l sst sich zwar nachvollziehen dass die Berufung auf ein Gruppenmerkmal und eine entsprechende Homogenisie
362. ogisierend rationalisiert So subsumiert etwa Filomena lacovino die Gewaltexzesse der Protagonistinnen durchgehend unter dem Aspekt Gewalt erzeugt Gegengewalt Ein weiteres Mal bietet uns der Text Angeklagt den Beweis daf r da Gewalt Gegengewalt produziert die nicht aufzuhalten ist Der durch Gewalt gekennzeichnete Mensch tr gt sie das ganze Leben in sich und ist dazu verurteilt sie auf hnliche Weise wie sie erlebt worden ist auszutragen Erfahrene Gewalt und Mord stehen in sehr engem Verh ltnis zueinander Dort wo Gewalt entstanden ist folgt das T ten als Konsequenz und Gegenwirkung k mpft in der Kampagne derer die sich gegen ihre angebliche Heimat in der Form von Heimen und Anstalten verteidigen m ssen Sie hilft denen die von ihren angeblichen Freunden Helfern und F rsorgern der Freiheit beraubt werden Huonker Thomas Wahnsinn und Wahrheit Zur literarischen Leistung Mariella Mehrs In Mehr Mariella Kinder der Landstrasse Ein Hilfswerk ein Theater und die Folgen Bern 1987 S 136 153 hier S 140 142 31 Vgl etwa die W rdigung von Mehrs Text steinzeit durch Alice Miller Der 32j hrigen Frau wird es m glich ein kaum fa bares Martyrium ihrer Kindheit und Jugend und die ganze verborgene Kette von Verfolgungen und Vergewaltigungen mit Hilfe der in voller Intensit t erlebten Schmerzen und anderer Gef hle zu entdecken und damit auch ihr Selbst zu finden Mariella Mehrs Dichtung geh rt zu den
363. ollte griff Caroline H sie von hinten an und stach sie mit einem Butterfly Messer nieder Ihr zweites 61 Jahre altes Opfer attackierte sie im Park zun chst mit einem Teppichmesser als die Klinge des Messers abbrach stach sie mit einem zweiten Messer rund 30 Mal zu und zertr mmerte dem Opfer anschlie end mit einem Stein den Sch del Die 75 j hrige Buchh ndlerin die sie 1998 berfiel berlebte die Attacke mit zahlreichen Messerstichen in den Hals schwer verletzt Bereits 1993 hatte das Luzerner Kriminalgericht die Sicherungsverwahrung Caroline H s angeordnet nachdem sie wegen 38 Brandstiftungen in Untersuchungshaft befindlich Betreuerinnen und eine Therapeutin angegriffen und einem weiteren Therapeuten der auch 818 Boos Susan Frauen die t ten In WoZ Online 20 12 2001 http www woz ch archiv 0ld 0 1 51 7373 html Letzter Zugriff 08 12 2010 19 Felber Thomas tom Antrag 20 Jahre Zuchthaus und Verwahrung Erster Prozesstag gegen die 28 J hrige Messerstecherin In Neue Z rcher Zeitung 18 Dezember 2001 S 41 820 In Angeklagt fungieren Brautkleid und Stadtpark bzw Taubenfutter neben den roten Schuhen als einzige Attribute der Opfer Karis Ach ja der Fund im Stadtpark Kennst du ihn Mehr Angeklagt S 118 Na wenn schon ich rede gern bei der Arbeit hab auch mit der Taubenfutterfrau ein Wort gewechselt und erst recht mit der erwartungsfrohen Braut auch die Taubenfutt
364. on wie auch dar ber hinaus h ufig erkl rend benutzt und zwar f r nach wie vor nicht genau bestimmbare innerpsychische Prozesse in denen sich u ere Belastung in k rperlich sp rbare Belastung wandelt Konversion steht f r k rperliche Symptome ohne organmedizinische Ursache die zumeist neurologische Defekte zu imitieren scheinen Was den Begriff angeht erscheint seine Erkl rungsfunktion unmittelbar plausibler und geht ebenfalls auf eine traditionell in der Psychoanalyse vertretene Hypothese zur ck Danach repr sentieren typische Symptome wie Bewegungs Wahrnehmungs und Empfindungsst rungen die symbolische L sung eines unbewussten Konflikts Der Konversion wird eine Angst reduzierende Funktion unterstellt weil sie dazu dienen kann den Konflikt au erhalb des Bewusstseins zu halten H i O 1 Vgl hierzu die diagnostischen Kriterien der Posttraumatischen Belastungsst rung gem DSM IV B Das traumatische Erlebnis wir beharrlich auf mindestens eine der folgenden Weisen wieder erlebt 1 Wiederkehrende und eindringliche belastende Erinnerungen an das Ereignis die Bilder Gedanken oder Wahrnehmungen umfassen k nnen 2 Wiederkehrende belastende Tr ume von dem Ereignis 3 Handeln oder F hlen als ob das traumatische Ereignis wiederkehrt beinhaltet das Gef hl das Ereignis wieder zu erleben Illusionen Halluzinationen oder dissoziative Flashback Episoden einschlie lich solcher die beim Aufwach
365. onzept des subjektivierenden Wahrheits bzw des entsubjektivierenden Erfahrungsbuches f r literaturwissenschaftliche Fragestellungen modifiziert und zur Analyse der Poetik der Mehr schen Texten herangezogen denen der letzte und gr te Teil der Untersuchung gewidmet ist 11 II Diskursgeschichten Schweizer Jenische in kriminalisierenden und pathologisierenden Diskursen zwischen 1900 und 1970 Die Wissensproduktion zu Zigeunern bzw Fahrenden Vaganten und Heimatlosen reicht weit vor die Jahrhundertwende um 1900 zur ck Die im Folgenden besprochenen vornehmlich in der Schweiz zwischen 1900 und 1970 entstandenen Publikationen lassen deutliche Rezeptionsspuren der einschl gigen und im gesamten deutschsprachigen Raum ber Jahrhunderte hinweg tradierten wenn auch nicht immer namentlich zitierten Standardwerke erkennen und belegen einmal mehr die Wirkm chtigkeit der genannten Schriften Bereits Grellmann hatte 1787 verschiedene Formen des m glichen staatlichen Umgangs mit Zigeunern diskutiert und zwar sowohl eine Aussterbung durch Unterbindung der Fortpflanzung als auch eine Zwangsinhaftierung Beiden Formen steht Grellmann jedoch und zwar aus rein konomischen Gr nden kritisch gegen ber erstere w rde den Staat wertvolle Arbeitskr fte kosten letztere sei mit zu hohem finanziellen Aufwand verbunden Der Staat meynen sie einige Autoren k nne diese Menschen zu ffentlichen Sclaven oder Z
366. ose und Nicht Sesshafte in der Schweiz 16 19 Jh Z rich 1998 literarische Quellen ausdr cklich unber cksichtigt S 412 Wie lohnend eine Verkn pfung beider Untersuchungshorizonte ist zeigt v a Uerlings Fremde Blicke S 143 Die Situation in der Schweiz bzw in diesem Kontext entstandene literarische Texte finden zudem auch in rezenten literaturwissenschaftlichen Monographien zu dieser Thematik kaum Ber cksichtigung So erw hnt Stefanie Sabine Bach in ihrer Dissertation Die narrative und dramatische Vermittlung von Zigeunerfiguren in der deutschsprachigen Literatur Strathclyde 2005 Mariella Mehr berhaupt nicht In Almut Hilles dentit tskonstruktionen Die Zigeunerin in der deutschsprachigen Literatur des 20 Jahrhunderts W rzburg 2005 finden sich lediglich vereinzelte Hinweise auf die Texte Mehrs In diesem Zusammenhang sind v a die Arbeiten von Thomas Maier Walter Leimgruber Roger Sablonier Sara Galle Dominik Wolfensberger Thomas Huonker und Regula Ludi zu nennen auf die im Folgenden n her eingegangen wird Gruppen auch Selbstrepr sentationen in den Blick zu nehmen Der Frage nach dem Konnex von Fremd und Selbstrepr sentation dem Zusammenhang von Repr sentation und Subjektkonstitution sowie der Frage nach m glichen Funktionen literarischer Texte im Rahmen dieser Prozesse ist dabei bisher auch in den zahlreichen Arbeiten die sich mit der Situation in Deutschland besch ftigen kaum nachgegang
367. otsch bew rke Susch isch Macht e Schiinmacht Mariana Reitsamer Rosa Hgg New Feminism Worlds of Feminism Queer and Networking Conditions Wien 2008 S 279 3485 Mehr Mariella Von M usen und Menschen Vortrag an der psychiatrischen Klinik St Urban LU 19 Dezember 1996 In Prodolliet Simone Hrsg Blickwechsel Die multikulturelle Schweiz an der Schwelle zum 21 Jahrhundert Luzern 1998 S 155 Lerch Fredi Macht ist die Angst ber sie nachzudenken In WoZ 5 Oktober 1984 82 Wie Martin Saar aufzeigt liegt jedoch in der kritischen Reflexion der eigenen Verwobenheit mit Macht der Schl ssel zu einer m glichen L sung aus dieser Verstrickung f r die Kategorien mit denen sich Menschen selbst thematisieren beschreiben und in denen sich ihre Identit t artikuliert ist der Nachweis einer Verwobenheit mit Macht strategischer Intentionalit t und Interessengeleitetheit durchschlagend mit dieser Einsicht kippt die G ltigkeit und Notwendigkeit der m glichen Identifizierung anhand dieser Kategorie Wer einsieht dass die Identifizierung als Homosexueller oder als Orientalin im Kontext sozialtechnologischer medizinischer kolonialgeschichtlicher etc Normen und Machtgef ge steht die ihm oder ihr wenig Spielr ume lassen wird beginnen diese Askriptionen abzuwehren oder zu transformieren oder sie zumindest nicht mehr zum Hauptgegenstand seines oder ihres eigenen Selbstverstehens zu machen We
368. pectives on Swiss Culture and Literature Bern 2007 Tebbutt Susan Reisefertig die Heimat im Arm Mariella Mehr and her distinctive delight in words In Studer Patrick und Sabine Egger Hgg From the Margins to the Centre Irish Perspectives on Swiss Culture and Literature Bern 2007 Toivanen Reetta Das Paradox der Minderheitenrechte in Europa In SWS Rundschau 2 2005 S 185 207 Uerlings Herbert und Iulia Patrut Hgg Zigeuner und Nation Repr sentation Inklusion Exklusion Frankfurt Main 2008 Uerlings Herbert Fremde Blicke Zur Repr sentation von Zigeunern in der Schweiz seit dem 19 Jahrhundert Gottfried Keller Carl Durheim Mariella Mehr In Patrut Iulia Karin George Gutu und Herbert Uerlings Hgg Fremde Arme arme Fremde Zigeuner in Literaturen Mittel und Osteuropas Frankfurt Main 2007 S 143 202 Walder Urs Nomaden in der Schweiz Z rich 1999 Waltisb hl Rudolf Die Bek mpfung des Landstreicher und Landfahrertums in der Schweiz Aarau 1944 Wesel Uwe Der Mythos vom Matriarchat ber Bachofens Mutterrecht und die Stellung von Frauen in fr hen Gesellschaften Frankfurt Main 1980 Westhoff Karl und Marie Luise Kluck Psychologische Gutachten schreiben und beurteilen Berlin 1991 Wilmanns Karl Das Vagabundentum in Deutschland In Zeitschrift f r die gesamte Neurologie und Psychiatrie Berlin 1940 Bd 168 S 65 111 Wilmanns Karl Die sogenannte
369. r ber weite Strecken glaubw rdigen da drastisch und plakativ ausgef hrten Erz hlung Karis als ebensolches als weiteres Geschichtchen lesen lassen Ein Weihnachtsgeschenk ihres bereits nicht mehr bei der Familie lebenden Vaters erscheinen die Schuhe zun chst als Symbol des v terlichen Verrats an der Tochter der zum einen seine Familie im Stich gelassen und zum anderen seine eigene Tochter zum Lustobjekt zur Nutte degradiert hat wie die aneinandergereihten assoziativen Satzfetzen die das Ende des Romans ebenso wie dasjenige der Gerichtspsychologin einl uten andeuten alle weg Mutter schmiert Rot ins Gesicht auch Dore zum Ausgehen bereit und immer das Lachen Wiehern sind zu f nft irgendein Kerl und Nutte wie die Mutter aber mit roten Schuhen doch Rot Rot wie Feuer Schuhm nder in die Breite gelacht gerissen gezerrt aufgesperrt auch der Kerl kommt gut an die Kleine sagt er passt wie ein Handschuh wirdszuwasbringen st hnt er klappt dann wie eine Taschenmesser oder vielleicht Schwerkranker Es wei das nicht so recht zusammen reimt sich ohnehin nichts mehr in dieser Dachkammer Die roten Schuhen des Vaters werden so als Trigger entworfen der die traumatischen Erlebnisse in der Mansarde wieder hervorbrechen zu lassen droht was zu einer Dissoziation und wie Karis Erz hlung nahe legt zur Genese einer Alter Pers nlichkeit f hrt die Kari Malik nennt und die fortan nicht nur Tr gerin der roten Schuhe son
370. r Angeklagt S 132 201 Kari Selb und die Parkhausm rderin Caroline H Das Spannungsverh ltnis zwischen Fakt und Fiktion erf hrt in Angeklagt noch eine weitere und nahezu tagesaktuelle Zuspitzung spielte Brandzauber lediglich mit der Frage nach der autobiographischen Dimension des Erz hlten basiert Angeklagt wie Mehr angibt und auch aus recht deutlichen Anspielungen im Roman hervorgeht auf Ereignissen und auf einer realen Pers nlichkeit die der Schweizer Leserschaft im Erscheinungsjahr des Romans lebhaft im Ged chtnis sein musste der 2001 wegen wiederholter Brandstiftung und mehrfachen Mordes zu lebenslanger Gef ngnisstrafe bzw Verwahrung verurteilten Caroline H dem weiblichen Hannibal Lecter der Schweiz wie die WoZ einen Beitrag untertitelte Der geb rtigen sterreicherin wurden neben ca 50 Brandstiftungen die T tung zweier Frauen zur Last gelegt einer 29 J hrigen im Sommer 1991 im Urania Parkhaus in Z rich und einer 61 j hrigen Spazierg ngerin im Januar 1997 an der Seepromenade sowie die 8 5 In allen drei F llen versuchte T tung einer 75 j hrigen Buchh ndlerin im M rz 199 lie sich keinerlei Tatmotiv erkennen Laut Anklage war die 1991 18 j hrige Caroline H bereits mit dem Vorsatz wahllos eine Frau in einem Parkhaus zu erschrecken und zu t ten nach Z rich gekommen Als eine 29 j hrige Frau die kurz zuvor ein Brautkleid abgeholt hatte das man im Kofferraum fand in ihr Auto steigen w
371. r R ckblitze S 183f 340 Mehr R ckblitze S 184 Auch in einem Interview im Jahr 2003 vertritt Mehr diese Haltung weiterhin und sieht in der Arbeit internationaler Roma Organisationen die gr ten Erfolgsaussichten f r die Durchsetzung marginaler jenischer weiblicher Interessen Alle internationalen Roma Organisationen wo auch immer sie gegr ndet wurden wurden von Frauen initiiert Dann sind sie zur ckgedr ngt worden Es hat mich eigentlich immer gewundert dass sie sich das gefallen liessen Ich bin so aus der jenischen Gemeinschaft rausgeschmissen worden weil ich mich dieser Umkehr nicht beugen wollte Das schmerzt mich nicht unbedingt da w ren wir wieder beim Thema Heimat denn ich bin heute ohnehin nur noch im internationalen Roma Bereich t tig weil ich es wichtiger finde als die kleinen Gruppen das k nnen J ngere tun die direkt am Ort sind Eulberg Interview S 25 34 Mehr R ckblitze S 184 42 Mehr R ckblitze S 184 Vgl hierzu auch Kapitel V 2 Das Licht der Frau 383 Vgl hierzu Kapitel V 2 4 Spivak Gayatari Chakravorty Subaltern studies Deconstructing historiography In Landry Donna Mac Lean Gerald Hgg The Spivak Reader London 1996 1985 S 203 236 Spivak beschrieb diesen strategischen Essentialsimus zun chst als notwendiges politisch motiviertes Beharren auf kulturellen Eigenarten im Bewusstsein um den Konstruktcharakter solcher kollektiver Identit ten 2003 distanzi
372. r gten sexuellen Beziehung mit Franziska a llein die Vorstellung Franziska Schmerzen zuzuf gen steigerte mein 723 Zumal sich Anna selbst einer Bestrafung f r ihre Taten mehrfach dadurch entziehen kann dass eigentlich Unschuldige ihre Taten auf sich nehmen f r das in Brand setzen des Wohnwagens wird Annas Vater verantwortlich gemacht der Kreuzigung Franziskas bekennt sich Lodemann f r schuldig Mehr Brandzauber S 120 und S 188 74 Mehr Brandzauber S 128f 178 725 und deren Kreuzigung prima vista wie klassische Fallbeschreibungen Begehren einer antisozialen Pers nlichkeit Einen Ausweg aus diesem Dilemma das sich bei einer realistischen Lekt re ergibt scheint zun chst die Suche nach Erkl rungen f r Annas Gef hlsk lte und Mordlust zu bieten Der Text h lt hierzu diverse Angebote bereit die in der Hauptsache zwischen Anlage und Milieu Konzept oszillieren und damit auf die beiden Hauptargumentationslinien in Diskursen ber angeblich deviantes zigeunerisches bzw anti asoziales Verhalten rekurrieren wie sie u a im Titel von Benedict Fontanas Nomadentum und Sesshaftigkeit als psychologische und psychopathologische Verhaltensradikale Erbgut oder Umweltspr gung zum Ausdruck kommen Irritierend jedoch ist dass in Brandzauber dieser Diskurs und die damit verbundenen kriminalisierenden und pathologisierenden Zuschreibungen auf der Handlungsebene von Annas Verhalten best tigt zu werden scheinen
373. r Geburtspraxis der Zigeunerinnen S 120 Wird die Frau W chnerin wie das oft geschieht da dieses Volk au erordentlich fruchtbar ist so bringt sie in ihrer elenden H tte oder nach Beschaffenheit der Umst nde auch unter freyem Himmel die Geburt zur Welt und zwar immer gl cklich und leicht wobey denn zugleich ein Weib von eben diesem Volke den Hebammendienst vertritt Geht es nun weiter cht Zigeunerisch zu so wird wegen Mangel eines Gef es in den Erdboden eine kleine Grube gemacht diese mit kaltem Wasser angef llt und das neugeborene Kind darin gewaschen Nach diesem Bade wird es in etliche Lumpen geh llt welche die m tterliche Vorsorge vorhin schon gesammelt hat und so zur Taufe bef rdert wobey nicht leicht Zigeuner sondern andere Leute zu Taufzeugen genommen werden Inhaltlich aber auch vom ironischen Unterton her hnlich lautet es bei J rger Der junge Markus kommt ohne Beihilfe der studierten Hebamme zur Welt eine Nachbarin oder der eigene Vater entnabelt ihn sonst hat er keine weitere Hilfe n tig oder verzichtet darauf Bei einer andern wandernden Sippe ist das Geb ren in Knieellenbogenlage gebr uchlich Auch diese Kunst ist den Markus bekannt wird aber nicht ge bt Die Geburt wird als gutes Nebengesch ft wahrgenommen in der Weise dass f r den T ufling eine m glichst gro e Zahl wohlhabender Leute als Taufpaten aufgeboten werden die sich der kirchlichen Handlung durch Loskauf zu entziehen pfl
374. r fleischfressenden Insekten mordenden Pflanzen histologisch also von ihrer Gewebestruktur her zu erkl ren sei sei der moralische Schwachsinn eine Folge von 757 u a alkoholbedingten Molecular Ver nderungen im Gehirn und die Theorie vom freien Willen nichts als eine von den Feinden der Gedankenfreiheit und von den 758 rechtgl ubigen Kirchen vorzugsweise ausgenutzte Lehre Versuche einen solchen Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen und durch Ma nahmen wie Haft u dergl zur Einsicht zu bringen seien folglich zum Scheitern verurteilt da er aufgrund seines angeborenen Verbrechertums per se nicht besserungsf hig sei Zum anderen verfolgte Lombroso mit dieser Argumentation den Nachweis der Notwendigkeit einer Einrichtung kriminalpr ventiver Anstalten in denen erblich belastete nicht notwendigerweise bereits straff llig gewordene aber in Zukunft m glicherweise gesellschaftsgef hrdende Individuen zum Schutz der Gesellschaft lebensl nglich interniert werden sollten seien nur erst die k rperlichen und geistigen Kennzeichen der angeborenen Delinquenz als Indicien f r eine drohende Gesellschaftsgef hrdung angenommen Zu diesen Indicien z hlte Lombroso neben k rperlichen Merkmalen und einem Hang zum Alkoholismus u a unbezwingliche Triebe das Bed rfniss B ses zu thun u s w 755 Lombroso Cesare Der Verbrecher in anthropologischer rztlic
375. ragmente in ein koh rentes Narrativ bzw eine Pers nlichkeit silvana wird sich mit der kleinen silvia auss hnen m ssen mit der traurigen mit der ungeliebten 459 silvia und die empfundene Unm glichkeit dieser Aufgabe wechseln einander ab noch mehr schmerz silvia wirst du nicht ertragen k nnen und ich silvana werde dir 460 nicht helfen k nnen zu tragen was dir bestimmt Ein Zustand der sich kaum kommunizieren l sst Wie soll ich es beschreiben wie kalt diese k lte wie schwarz die nacht wie leer die leere wie soll ich diesem verzweifelten kampf zwischen silvia silvio silvana eine stimme geben damit ihr es versteht ihr seht die gitter nicht und ich werde nicht f hig sein ber die grenzen dieser gitter hinaus zu schreien damit ihr es endlich h rt Selbst mithilfe des Schreibens kann die integrierende Ich Funktion nicht immer aufrecht erhalten werden so dass der Schreibakt bisweilen selbst zur Bedrohung wird silvia schreib nicht mehr schreib nichts ber die traurigkeit ber den schmerz und die verzweiflung du schlurfst durch die zeilen wie ein altes weib und kotzt dir ein herz aus dem leib dessen stunden r ckw rts wandern sie haben damit 455 Mehr steinzeit S 46 6 Mehr steinzeit S 176 457 Mehr steinzeit S 170 48 Mehr steinzeit S 26 9 Mehr steinzeit S 36 460 Mehr steinzeit S 100 41 Mehr steinzeit S 102 114 herumgespielt silvia bis
376. ram als Sekret rinnen ohne Mitspracherecht im Organisationsb ro zu verrichten Die bisher bearbeitete Leitdifferenz jenisch r ckt nun zugunsten der Bearbeitung der Leitdifferenz weiblich in den Hintergrund Ich denke deshalb dass Frauen weit ber ethnische und soziale Grenzen hinaus eigene gemeinsame Kampfmethoden gegen Gewalt und Unterdr ckung erarbeiten m ssen Der M glichkeit der Durchsetzung marginaler Interessen im Rahmen des politischen Parteiensystems erteilt Mehr eine generelle Absage Ich bezweifle grunds tzlich dass die politischen Systeme unserer sp tkapitalistischen Gesellschaft von innen auszuh hlen und zu ver ndern sind Ich glaube hingegen an die Wirksamkeit kreativer au erparlamentarischer weiblicher Gruppen und Zusammenschl sse fern dieses maroden Systems Als elementare Voraussetzung f r eine solche Arbeit f hrt Mehr die Wiederfindung des 342 versch ttete n weibliche n Selbst an Auch Mehrs literarisches Schaffen dieser Zeit ist von einem geschlechtlichen Essentialismus gepr gt wie etwa der 1984 publizierte Text Das Licht der Frau Sowohl die ethnische als auch die daran anschlie ende geschlechtlich verankerte Konstruktion einer Kollektiv Identit t lassen sich mit Spivak als strategischer Essentialismus lesen denn auch im frauenpolitischen Kontext bleibt 338 Gemeint sind die Stellungnahmen jenischer M tter in den Artikeln Caprez 33 Meh
377. rden In der Regel wird nicht zwischen den Verursachern solcher Unordnung und anderen Fahrenden unterschieden sondern die negative Einstellung und Ablehnung auf alle Fahrenden generell bertragen Vor allem das Reisen in grossen Karawanen von bis zu 60 Wagen das haupts chlich von ausl ndischen Fahrenden praktiziert werde bewirke Angst und Abwehr bei der sesshaften Bev lkerung gegen ber diesen kulturell andersartige n Menschen Als L sungsvorschlag unterbreitete der Stiftungsrat u a die Einrichtung von Sonderpl tzen f r Roma und Angeh rige anderer ausl ndischer Zigeunerst mme die Aufteilung der Karawanen eine Zusammenarbeit der Zollorgane mit den Polizeibeh rden in Form der Meldung von Grenz bertritten sowie interkantonal abgestimmte Polizeieins tze um die Rechtsordnung gegen ber ausl ndischen Fahrenden durchzusetzen sofern vermittelnde Gespr che zwischen einheimischen und ausl ndischen Fahrenden zu keinem Ergebnis f hrten Trotz dieser angebotenen Vermittlert tigkeit erweckt die zitierte Argumentation den Eindruck als solle die Gruppe der inl ndischen Schweizer Fahrenden durch Abgrenzung zu den ihrerseits als homogen und kulturell andersartig dargestellten ausl ndischen Fahrenden konturiert und stabilisiert werden Selbstethnisierung und Minderheitenschutzrecht Wie u a Reetta Toivanen gezeigt hat erweisen sich Selbstethnisierung un
378. rg ngerarbeiten im Anschluss an einen historischen berblick zur Geschichte des Vagantentums der weitgehend aus Waltisb hls Arbeit bernommen ist folgt der aus Kirchenb chern B rgerrodeln und Zivilstandsregistern rekonstruierte Stammbaum der gesamten Sippe und daran anschlie end die aus den Akten zusammengestellten Kurzbiographien Zun chst bem ht sich Fontana um eine Definition des Psychopathiebegriffs dessen Relationalit t er hervorhebt die Frage nach der sozialen Angepasstheit lasse sich nicht gesamtgesellschaftlich sondern nur hinsichtlich einer entsprechenden sozialen Gruppe beantworten was Fontana zu dem Schluss kommen l sst dass die Nichtsesshaftigkeit nicht als psychopathisches Merkmal gewertet werden k nne da sie unter Jenischen die Regel sei Das Hauptmerkmal der soziologischen Gruppe ist die Unsesshaftigkeit die sowohl dem Stamm als auch jedem einzelnen Glied anhaftet Wer in diesem Vagantenstamm sesshaft ist st rt durch sein Verhalten die Sippe das Merkmal der Unsesshaftigkeit beweist die soziale Angepasstheit Wenn der Begriff der Psychopathie nicht am einzelnen Menschen sondern nur in Relation zur gesellschaftlichen Gruppe der er angeh rt definierbar ist so ist innerhalb der Vagantensippe die Unsesshaftigkeit kein psychopathisches Merkmal Die vordergr ndige Entpathologisierung der Gruppe f hrt jedoch dazu dass die Nichtsesshaftigkeit erneut als herausragendes Gruppenmerkmal hervortritt die
379. rgumentation in zweierlei Richtung Zum einen wird nahe gelegt die erworbenen Entartungen setzten sich unweigerlich in den kommenden Generationen fort Die Nachkommen keimverderbter Menschen geraten so von vornherein unter Verdacht ebenfalls entartet zu sein und diesen Verdacht versucht J rger anhand zahlreicher Beispiele zu erh rten und als berechtigt auszuweisen Mit dieser These ist eine direkte Forderung nach pr ventiven erzieherischen Ma nahmen verbunden So ist denn eine ausgiebige Besserung nur sehr langsam zu erwarten wenn nicht die st rkere Hand des Staates eingreift die Lebensform und die Bedingungen zerst rt unter c71 denen die Ausw chse entstanden sind und durch die sie noch erhalten werden Zum anderen h lt J rger jedoch auch eine Regeneration des Keimplasmas Erbgutes f r m glich wenngleich dies selten zu beobachten sei die einerseits durch neu hinzukommendes unbelastetes Erbgut andererseits durch beg nstigende Umweltfaktoren vor allem Alkoholabstinenz und Arbeit erfolgen kann In sp teren Jahren wurden im Fr hjahr viele Kinder der Zero ins Schwabenland abgeschoben wo sie den Sommer ber als Viehhirten und Bauerngehilfen ihre Dienste fanden Man hat vielfach dieser Schwabeng ngerei einen schlechten Einflu zugeschrieben Mit Unrecht denn Hunderte von Kindern aus anderen Familien und Gegenden die jahrelang den gleichen Weg gingen sind fast aus
380. rie und Strafjustiz Frankfurt M 1975 Prodolliet Simone Hg Blickwechsel Die multikulturelle Schweiz an der Schwelle zum 21 Jahrhundert Luzern 1998 Rauchfleisch Udo Dissozial G ttingen 1981 Ricken Norbert und Markus Rieger Laderich Hgg Michel Foucault P dagogische Lekt ren Wiesbaden 2004 Ritter Robert Ein Menschenschlag T bingen 1937 232 Ritter Robert Mitteleuorp ische Zigeuner ein Volksstamm oder eine Mischlingspopulation In Congr s International de la Population Extract VIII Paris 1937 51 60 R th Gabi Die Elemente und der Tod Literarische Deutungsverschiebungen in der Moderne Hagen 2008 S iegfried A Ifred Vagantit t und Schwachsinn In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 42 1958 S 1 2 Saar Martin Genealogie als Kritik Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault Frankfurt am Main New York 2007 Saar Martin Genealogie und Subjektivit t In Honneth Axel und Martin Saar Hgg Michel Foucault Zwischenbilanz einer Rezeption Frankfurt M 2003 Sa Henning und Sabine Herpertz Hgg Psychotherapie von Pers nlichkeitsst rungen Beitr ge zu einem schulen bergreifenden Vorgehen Stuttgart 1999 Sa Henning Psychopathie Soziopathie Dissozialit t Zur Differentialtypologie der Pers nlichkeitsst rungen Berlin 1987 Saul Nicholas und Susan Tebbutt Hgg The Role of the Romanies Images and Self Images of G
381. riff 06 01 2009 Doebler Katharina Silberherz stirbt Die Zeit 5 1996 http www zeit de 1996 05 Silberherz_ stirbt Letzter Zugriff 11 09 2010 Ellenberger Mehr H U Dieser Text richtet sich nur an GermanistInnen http www mariellamehr com germanisten htm Letzter Zugriff 14 12 2010 Gutachten zur Rechtsstellung der Fahrenden in ihrer Eigenschaft als anerkannte nationale Minderheit 27 M rz 2002 http www bak admin ch themen sprachen_und kulturelle _minderheiten 00507 00512 00 566 00569 index html Letzter Zugriff 19 05 2010 Huonker Thomas Die ersten sieben Jahre der Radgenossenschaft 1975 1982 http www radgenossenschaft ch die_ersten_sieben_jahre htm Letzter Zugriff 21 05 2010 Iacovino Filomena Mariella Mehr Wie das Opfer zum T ter wird Perugia 2003 http www mariellamehr com diss_filomena htm Letzter Zugriff 25 03 2010 Jahresbericht Radgenossenschaft der Landstrasse 2007 http www radgenossenschaft ch jahresbericht_2007 htm Letzter Zugriff 19 05 2010 Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende 1998 http www bak admin ch themen sprachen_und kulturelle _minderheiten 00507 00512 00 566 00569 index html Letzter Zugriff 19 05 2010 Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende 1999 http www bak admin ch themen sprachen_ und kulturelle _minderheiten 00507 00512 00 566 00569 index html Letzter Zugriff 19 05 2010 Jahresbericht Stiftung Zukunft f r Schweizer F
382. ringung in Erziehungs bzw Strafanstalten als Ma nahmen ausschloss wenn doch ein untherapierbarer moralischer Schwachsinn diagnostiziert wurde Anders als z B in steinzeit Das Licht der Frau und Kinder der Landstrasse wird in Brandzauber jedoch nicht der Versuch unternommen diesen Wahrheitsdiskurs zu widerlegen sondern ihn ber die fiktive Realisierung der diskursiven Zuschreibungen in ihrer ganzen Monstrosit t und letzten Konsequenz als eigentliche Fiktion und damit als unwahr auszuweisen Der Text Lombrosos fungiert dabei nur als einer von mehreren intertextuellen diskursiven Referenzpunkten Ebenso zentral ist die im Roman wiedergegebene Legende der zufolge ein Zigeuner einen Hufnagel zur Kreuzigung Christi beigesteuert und mit diesem Frevel die Ruhe und Rastlosigkeit der Zigeuner begr ndet haben soll Ein Narrativ das hnlich wie der Vorwurf des Christusmordes gegen ber den Juden dazu dient e Ressentiments gegen ber diesen Minorit ten zu sch ren und die Drangsalierung und Verfolgung von Zigeunern und Juden mit zu rechtfertigen Die Figur Anna erscheint in diesem Licht nicht nur als eine Inkarnation von Lombrosos fleischfressender Pflanze einer skrupellos mordenden geborenen Verbrecherin die Legende vom Hufnagel bildet dar ber hinaus die narrative Grundlage der Begegnung zwischen Anna und Franziska die in der Kreuzigung der J din durch die Zigeunerin endet 76 Lombroso Verbrecher S XX 76
383. rom survival to subversion Strategies of self representation in selected works by Mariella Mehr In Nicholas Saul Susan Tebbutt Hgg The Role of the Romanies Images and Self Images of Gypsies Romanies in European Cultures Liverpool 2004 12 Fordham Kim Fear of Difference and its Consequences in Selected Works of Mariella Mehr In Medina Rivera Antonio und Diana Orendi Hgg Crossing Over Redefining the Scope of Border Studies Newcastle 2007 S 75 87 B Fordham Fear of Difference S 84 victims and the perpetrators are not so different from ourselves one must also confront one s own vulnerability and propensity for violence There are no easy answers with loose ends neatly tied Violence and its long term effects are much more complicated Mariella Mehr challenges us to confront the traditional view of violence and see both the victims and the perpetrators with new eyes Diese berlegungen bringen es jedoch mit sich dass Fordham fast ausschlie lich diejenigen Passagen ber cksichtigt in denen die Protagonistinnen als Opfer gesellschaftlicher Exklusionsprozesse in den Blick kommen So findet etwa Mehrs Angeklagt keinerlei Erw hnung und die T tung der J din Franziskas durch die Zigeunerin Anna in Brandzauber wird ausgeblendet um den gemeinsamen Opferstatus der beiden M dchen hervorzuheben Anna in Mehr s novel Bandzauber Fire Magic ist subjected to continual violence because of her Jenisch sic heritage Bot
384. rs nlichkeitsanteils der in Anlehnung an die Begegnung mit einem freundlichen Italiener den Namen Silvio erh lt k nnen nur kurzzeitig die Illusion von Unversehrtheit und Unversehrbarkeit schaffen und eine positive Gegenidentit t zum Gewaltopfer Silvia bilden Nicht zuletzt ins Leben gerufen um einer Ordensschwester zu gefallen verk rpert Silvio alle positiven Z ge einer gleichwohl als ambivalent beschriebenen m nnlichen Geschlechtsidentit t mann sein hiess freiheit stolz forschen hiess aber auch in sich gesch tzt sein hiess minnes nger hiess gartenlaubenromantik prinz prinzessin hiess zugleich brutalit t schmerz ekel angst 9 Vgl Mehr steinzeit S 450 Mehr steinzeit S 170 81 Mehr steinzeit S 120 es wird immer jemand da sein der bereit ist dich zu t ten sei vorsichtig silvana vertraue niemandem Jeder der sich dir n hert ist ein potentieller qu ler ein m rder vergiss es nie silvana das vergessen k nnte dein tod sein 2 Mehr steinzeit S 95 483 Vgl Mehr steinzeit S 89 silvio schenkte mir seinen hut ehe er f r immer nach italien zur ckkehrte Ich war zehn jahre alt und f r einen kleinen augenblick gl cklich damals wurde ich silvio aus silvio wurde silvio weil silvio lachen konnte 454 wenn ich die augen schliesse bin ich zw lf jahre alt geborgen in der illusion f r schwester hanna maria ein junge zu sein silvio geliebt zu werden
385. rscheinen in den Bereich des Wissens berf hrt und so nicht zuletzt selbst zum Bestandteil eines neuen Wahrheitsdiskurses werden k nnen Im Gegensatz zu einem Erfahrungsbuch das aufgrund der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Strukturen und Darstellungsweisen entsubjektivierende Effekte zeitigen kann hat ein Wahrheits bzw Beweisbuch Anteil an identit ts bzw subjektbildenden Prozessen Die paradoxalen Effekte die mit einem solchen Wahr Sprechen verbunden sind wurden bereits in Kapitel II anhand der Selbstrepr sentation Jenischer in der Schweiz aufgezeigt Im Folgenden sollen auch Mehrs fr he literarische Texte steinzeit und das Licht der Frau auf diese Zusammenh nge hin befragt und der Prozess der Ausarbeitung entkriminalisierter und entpathologisierter Subjektpositionen nachgezeichnet werden VI 1 steinzeit in unserer sprache ist das herz eine sache es das herz die jenischen haben berhaupt kein wort f r herz sie nennen es soori wie sie auch die liebe gott und den penis soori nennen es widerstrebt mir das herz diesen kraftstrotzenden klumpen fleisch zu vers chlichen diese urmaschine zu verniedlichen immerhin war sie stark genug allen psychiatrischen eingriffen allen t dlichen bedrohungen zu trotzen mein herz ist eine frau identisch mit mir Der 1981 publizierte Text steinzeit auf dessen autobiographische Z ge im Nachwort hingewiesen wird ist Mehrs erste literarische Auseinanderse
386. rung zur Durchsetzung eigener Interessen notwendig sind Wie gezeigt existieren jedoch durchaus Gruppierungen die andere ebenso aus dem Minderheitenschutzrecht abgeleitete Merkmale als konstituierend hervorheben und bisher keine vergleichbare staatliche politische Unterst tzung gefunden haben wie die Radgenossenschaft die in ihrer Selbstrepr sentation dezidiert auf die vormals stigmatisierte fahrende Lebensweise zur ckgreift Subjektivierende Effekte des Wahrheitsdiskurses Subjektkonstitution und politische Handlungsspielr ume Weiteren Aufschluss ber die Ursache des besonderen Erfolgs der Radgenossenschaft kann eine Subjektkonzeption bieten wie sie Michel Foucault in seinen sp ten Schriften die neben Diskurs und Machtpraktiken vor allem subjektkonstituierende Selbstpraktiken in den Blick nehmen ausgearbeitet hat Nach dem Studium der Wahrheitsspiele in ihrem Verh ltnis zueinander am Beispiel einiger empirischer Wissenschaften im 17 und im 18 Jahrhundert und nach dem Studium der Wahrheitsmechanismen im Verh ltnis zu den Machtbeziehungen am Beispiel der Strafpraktiken schien sich mir eine andere Arbeit aufzudr ngen das Studium der Wahrheitsspiele im Verh ltnis seiner selber zu sich und der Konstitution seiner selber als Subjekt Anhand welcher Wahrheitsspiele gibt sich der Mensch sein eigenes Sein zu denken wenn er sich als Irren wahrnimmt wenn er sich als Kranken betrachtet wenn er sich als
387. s dass die bestehenden Machtbeziehungen notwendig sind oder dass Macht innerhalb der Gesellschaft ein unabwendbares Schicksal darstellt sondern dass es eine st ndige politische Aufgabe bleibt die Machtbeziehungen und den Agonismus zwischen ihnen und der intransitiven Freiheit zu analysieren herauszuarbeiten und in Frage zu stellen ja dass dies sogar die eigentliche politische Aufgabe jeglicher sozialen Existenz darstellt 356 Foucault Michel Der Gebrauch der L ste In Axel Honneth Martin Saar Hgg Michel Foucault Die Hauptwerke Frankfurt 2008 S 1159f 357 Vgl hierzu v a Foucaults Ausf hrungen zu Subjekt und Macht im gleichnamigen Beitrag in Dits et Ecrits Schriften IV S 269 293 358 damit seien hier individuelle oder kollektive Subjekte gemeint die jeweils ber mehrere Verhaltens Reaktions und Handlungsm glichkeiten verf gen Wo die Bedingungen des Handelns vollst ndig determiniert sind kann es keine Machtbeziehungen geben Sklaverei ist keine Machtbeziehung wenn der Mensch in Eisen geschlagen ist dann handelt es sich um ein Verh ltnis physischen Zwangs sie ist es nur dann wenn er sich bewegen und letztlich auch entfliehen kann Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 287 39 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 289 86 Macht Kritik Genealogie und Kritische Ontologie des Selbst Die Analyse und Infragestellung von Machtbeziehungen sowie das Aufzeigen ihrer Nicht Notwendigkeit b
388. s Vorurteils Frankfurt New York 1996 S 46 86 K hler Z lch Ines Die Geschichte der Kreuzn gel Version und Gegenversion berlegungen zu Roma Varianten In Chesnutt Michael Hg Telling Reality Folklore Studies in Memory of Bengt Holbek Kopenhagen Turku 1993 S 219 232 230 Kr ber Hans L und Klaus P Dahle Hgg Sexualstraftaten und Gewaltdelinquenz Heidelberg 1998 Kronfeld Arthur Asozialit t In A Elster und H Lingemann Hgg Handw rterbuch der Kriminologie Berlin und Leipzig 1933 Bd I S 55 Landry Donna und Gerald Mac Lean Hgg The Spivak Reader London 1996 Laugsch Helga Der Matriarchats Diskurs in der Zweiten Deutschen Frauenbewegung Die Wider Rede von der anderen Gesellschaft und vom anderen Geschlecht M nchen 1995 Leimgruber Walter Thomas Maier und Roger Sablonier Das Hilfswerk f r die Kinder der Landstrasse Bern 1998 Lutz Helma und Norbert Wienning Hgg Unterschiedlich verschieden Differenz in der Erziehungswissenschaft Opladen 2001 Leygraf Norbert Wirksamkeit des psychiatrischen Ma regelvollzugs In Kr ber Hans L und Klaus P Dahle Hgg Sexualstraftaten und Gewaltdelinguenz Heidelberg 1998 S 175 184 Lombroso Cesare Der Verbrecher in anthropologischer rztlicher und juristischer Beziehung Hamburg 1887 L ders Jenny Ambivalente Selbstpraktiken Eine Foucault sche Perspektive auf Bildungsporzesse in Weblogs Bielefeld 2007
389. s auch von der Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende als entscheidendendes Gruppenmerkmal hervorgehobene fahrende bzw nomadisierende Lebensweise wird jedoch seitens anderer Interessenvertretungen zunehmend kritisiert und auch der Status der Radgenossenschaft als Dachverband steht inzwischen aus Sicht anderer Gruppierungen in Frage In einer Stellungnahme vom Juli 2005 des Vereins Schinagel zum Vorentwurf des Berichtes des Bundesrates ber die Situation der Fahrenden in der Schweiz hei t es etwa Seit Jahrzehnten gilt die Radgenossenschaft der Landstrasse als einzige offizielle Ansprechpartnerin sobald Bund Kantone und auch die Stiftung Zukunft Schweizer Fahrende eine Vernehmlassung starten Projekte lancieren oder Gelder verteilen Unserer Meinung nach ist dieser monopolistische Vertretungsanspruch l ngst nicht mehr gerechtfertigt Die Radgenossenschaft hat immer weniger Mitglieder im Vorstand sitzen praktisch nur noch Leute die mit dem Pr sidenten verwandt sind oder ihm sehr nahe stehen Diese Organisation vertritt l ngst nicht mehr die Interessen aller Jenischen Fahrenden hat aber nach wie vor die alleinige Berechtigung dazu Der Vorstand des im Februar 2003 gegr ndeten ausdr cklich transnational ausgerichteten Vereins Sch ft qwant schloss sich dieser Argumentation in seiner eigenen Stellungnahme zum Vorentwurf weitgehend an und kritisierte dar ber hinaus auch die Verwendung des Begriffs Fahrende der den Bed
390. s ihrer Kontingenz fehlen jedoch zahlreiche der in Kapitel IV herausgearbeiteten Elemente eines Erfahrungsbuches 6 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 895 650 Saar Genealogie als Kritik S 308 Die totale theoretische Entnaturalisierung wie sie die k hle nominalistische Geste vollzieht w re n mlich f r die einen die Normalen Ausl ser einer Krise f r die anderen die Anormalen eine Befreiung denn f r Letztere w rde der Grund der Zuschreibung sie w rden eine vermeintlich nat rlich Norm verfehlen entfallen f r jene w re der Grund ihres Privilegs der Normalit t als durchsichtige Parteilichkeit entlarvt Die genealogische Geste ist darin parteiisch dass sie eine Wahrheit zu denken gibt die das eingespielte Wahrheitsspiel oder die Gewissheit der Mehrheit oder der dominanten oder hegemonialen Teile der Gesellschaft destabilisiert 157 Wenngleich der Erz hlstrang um die Protagonistin Rosa hnlich gro en Raum einnimmt wie derjenige um Zeus bleibt ihre Rolle als Thetis auf das Entleibungsprojekt Zeus bezogen auch wenn sie sich scheinbar durch die T tung Zeus aus der Rolle des Opfers bzw der friedlichen Frau zu befreien vermag was jedoch wie gezeigt anders als im Falle Zeus zum einen wiederum lediglich als Umsetzung einer M nnerphantasie dargestellt ist und zum anderen zu keiner nennenswerten Ver nderung ihrer eigentlichen Lage f hrt
391. sagt bleiben muss Sogar ein Neugeborenes kann sich der Allmacht Gottes entziehen denkt das Kind dem Herzen Jesu der das unbesudelte Fleisch erbarmungslos zu sich holt Durch die Tannenbretter hindurch sieht Daskind das Kind Will weinen Sp rt die r tselhafte W rme des Ungl cks Ragt mit seinen Antennen f rs Tote in die Friedhofsnacht mit nichts als einer Sehnsucht bekleidet Doch auch der Weg in den Tod bleibt dem Kind verwehrt Vergeblich st rzt es sich von der Kirchenmauer schl gt sich den Kopf daran wund rammt sich Tannenzapfen in den K rper und kaut giftige Eibenzweige 706 Mehr Daskind S 127f 707 Mehr Daskind S 156 108 Mehr Daskind S 149ff 7 Mehr Daskind S 157 710 Mehr Daskind S 90 7 Mehr Daskind S 42f 712 Mehr Daskind S 169ff 172 Eine realistische Lekt re muss zu dem Ergebnis kommen dass das T ten und die Aggressionen des Kindes eine unausweichliche Folge einer sich unendlich fortsetzenden Kette von Gewalt und Gegengewalt sind aus der es keinen Ausweg zu geben scheint zumal die illusionsbildende realistische Vermittlung des Geschehens nicht durch metafiktionale Kommentare der Erz hlinstanz oder andere illusionsdurchbrechende Verfahren gest rt wird Die zunehmende Gewaltt tigkeit der Protagonistin l sst sich so durchaus als realistische und plausible Folge eigener Gewalterfahrung lesen als zugeschriebene Eigenschaften die sich in Form einer sich selbst erf
392. schen Diskurse n Institutionen architekturale n Einrichtungen reglementierende n Entscheidungen Gesetze n administrative n Ma nahmen wissenschaftliche n Aussagen philosophische n moralische n oder philanthropische n Lehrs tze n Die Untersuchung der subjektkonstituierenden Selbstpraktiken schlie lich der sich Foucault in seinem Projekt Sexualit t und Wahrheit widmet verkn pft die Frage nach dem subjektivierenden Effekt von Wissens und Machtformationen mit der Frage welche 31 Foucault Michel Dits et Ecrits Schriften I 1954 1969 Hg v Daniel Derfert und Fran ois Ewald unter Mitarbeit von Jacques Larange Frankfurt Main 2001 S 867 2 Foucault Dits et Ecrits Schriften I S 1029 353 Foucault Michel Dispositive der Macht Berlin 1978 S 51 34 Foucault Dispositive der Macht S 52 355 Foucault Dispositive der Macht S 119 85 Selbsttechniken im Zuge von Subjektivierungsprozessen zum Tragen kommen So hei t es einleitend im 2 Band von Sexualit t und Wahrheit Der Gebrauch der L ste Jetzt schien es n tig eine dritte Verschiebung vorzunehmen um das zu analysieren was als das Subjekt bezeichnet wird es sollte untersucht werden welches die Formen und Modalit ten des Verh ltnisses zu sich sind durch die sich das Individuum als Subjekt konstituiert und erkennt Nach dem Studium der Wahrheitsspiele in ihrem Verh ltnis zueinander am Beispiel einiger empirischer Wissens
393. schen wie auch des getarnten Schwachsinns auf das Waltisb hl mit Blick auf die Jenischen mehrfach affirmativ verweist erlaubte in dieser Hinsicht jedoch eine eher zweifelhafte gutachterliche Praxis wie bereits mehrfach ausgef hrt Der zweite Teil von Waltisb hls Dissertation befasst sich mit aktuellen Formen der Nichtse haftigkeit und widmet den Landfahrern Jenischen ein eigenes Kapitel Ebenso wie bereits J rger beginnt Waltisb hl seine Ausf hrungen mit der Beobachtung dass Rationalisierungstendenzen und polizeiliche berwachung zu einem Verschwinden der Landfahrer gef hrt h tten Rein u erlich gesehen w rden wir sagen Sie sind se haft geworden 8 Dennoch sei das Vagantenblut nicht zur Ruhe gekommen sondern habe vielmehr allen Widrigkeiten zum Trotz immer wieder durchbrechen k nnen Wohl haben die ver nderten Verh ltnisse des modernen Lebens ung nstig auf die Kultur der Jennischen gewirkt doch schon mancher Sturm ist ber das V lklein gedonnert oft war es niedergeschmettert und anscheinend ausgerottet bis es pl tzlich wieder zum Vorschein kam wie das Unkraut im Garten nachdem es gej tet wieder hervorsprie t und sich zahllos und schnell vermehrt H v m Waltisb hl nimmt hier seine eingangs formulierten Thesen zum kulturellen Wert der sesshaften im Gegensatz zur nomadischen Lebensweise wieder auf und entfaltet mit dem hortikulturellen Vergleich vom sich rasch v
394. schnell n herte sich die Spinne dem Insekt Der gr ndschillernde Chitinpanzer verschwand unter der Verpuppung Das summen wurde leiser Verstummte Mich beachtete niemand hnlich wie der Dachboden von dem der Junge st rzt und der gleichzeitig der Schauplatz des Liebesspiels der beiden M dchen war auf Anna als T terin verweist ist es in der oben zitierten Passage der indirekte Vergleich des toten M dchens mit einer ins Spinnennetz gegangenen Fliege Die N he zur T tungspraxis der Karnivoren l sst auch hier an Anna denken ebenso wie der an anderer Stelle erw hnte m rderische Sp herblick der Zigeunerin der ber 157 M dchenk pfe hinweg sein Ziel findet und auf diese Weise so wird zumindest suggeriert auch den Leuchter in Bewegung gesetzt haben k nnte Es finden sich aber auch Hinweise darauf dass sich Anna als T terin lediglich imaginiert Anna begann das tote M dchen in Gedanken zu verlegen mal dahin mal 785 dorthin Sie erfand andere Schaupl tze vom Tod verzauberte Orte Und auch im gedanklichen Zwiegespr ch mit Gertrud l sst sie offen was den Fall des Kronleuchters letztendlich verursacht hat nicht zuletzt um Gertrud einmal mehr ber die Kraft der impertinenten Zigeuneraugen im Unklaren zu lassen sie mit der Geschichte zu 786 erschrecken und sie wiederum mit ihren eigenen Vorstellungen ber die Verschlagenheit von Zigeunern zu konfront
395. schwer in die Zweige ber dem Abgrund f llt Mehr Daskind S 25 6 Mehr Daskind S 26 692 Mehr Daskind S 130 63 Mehr Daskind S 26 64 Mehr Daskind S 77 169 Sucht mit der W nschelrute nach dem Lebenssaft des Buben Will Labung Endlich Und mehr Die Folgen der vom Kind ausge bten Gegen Gewalt sind ebenso verheerend wie die gegen das Kind gerichtete Der Ambachbube wird wahnsinnig die Familie zunehmend isoliert und letztlich in den finanziellen Ruin getrieben weil das Geschehen einmal mehr im Licht des d rflichen Aberglaubens gedeutet wird Mit langen Blicken betrachtete das Dorf den abgelegenen Hof wo die M chlerin noch immer ihr Unwesen zu treiben schien Die mu te es gewesen sein Dem kurzen Triumphgef hl des Kindes folgt Verzweiflung Schleicht sich Daskind in die Kammer unterm Dach von einer pl tzlichen Verzweiflung erfa t vergr bt Daskind den Kopf im Kissen reibt sich am Bettzeug die blutigen H nde sauber Das eigene T ten so zeigt auch die Begegnung des Kindes mit dem im Dorf zur Schau gestellten Wal f hrt lediglich in eine unendliche Folge von Gewalt und Gegengewalt In den Augen des Wals sieht Daskind die Augen seiner Widersacher und in deren Augen wiederum die Augen der Widersacher hinter diesen Widersachern Jahrmillionen zur ck und immer der lachende T ter hinter dem lachenden T ter hinter dem T ter Ein Schachteltraum bindet Daskind an den toten Wa
396. sehr angewiesen war gleichzeitig h tte sie ihren sohn der t dlichen verstrickung in macht und ohnmacht auf radikalste weise entzogen Deutlich wird an diesen Ausf hrungen dass die tats chliche Ermordung des Kindes keinen gangbaren Ausweg darstellen kann Denn zwar w re das Kind der t dlichen verstrickung in macht und ohnmacht entzogen f r die Mutter selbst w re die Verstrickung durch die tats chliche Erf llung kriminalisierender und pathologisierender Zuschreibungen hingegen unwiderruflich und unaufl sbar geworden 505 Vgl hierzu Kapitel II 5 Siegfried Kinder der Landstrasse S 13 Vgl auch Kapitel II gt 07 Mehr steinzeit S 154 S 184 508 Mehr steinzeit S 19 50 Mehr Kinder der Landstrasse S 38 125 Die Matriarchatsforschung vor allem aber die von ihr als gewaltfrei entworfene matristische Gesellschaftsordnung des minoischen Kreta scheint hingegen in Das Licht der Frau nicht zuletzt durch die R ckf hrung der jenischen Kultur auf diese Gesellschaftsordnung eine entpathologisierende Umdeutung einer derart pathologisierten Weiblichkeit zu erlauben die sich dar ber hinaus als einer m nnlichen gewaltbestimmten Gesellschaftsordnung berlegen darstellten l sst Die Matriarchatsforschung und die arch ologische und ethnologische Forschung zu matrilinearen matrifokalen und matristischen Gesellschaftsformen der sich vor allem seit 510 immer dem Erscheinen von Bachofe
397. sen eine f r die Schweiz charakteristische Regelung Grundlage zur Einweisung ist nicht deliktisches Verhalten sondern der gesellschaftswidrige Zustand des Landstreichers selbst Er soll aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden weil er m glicherweise zum ausgesprochenen Delinquenten 176 werden kann H v m Damit ist Lombrosos Forderung nach einer pr ventiven Inhaftierung bzw Sicherungsverwahrung potentiell gesellschaftsgef hrdender Menschen in geltendes Recht umgesetzt Zwar beruft sich Waltisb hl darauf nicht untersuchen zu wollen ob die administrative Internierung im Hinblick auf den Schutz der pers nlichen Freiheitsrechte anh ngig sei Er gibt jedoch zu bedenken dass die fehlende M glichkeit einer Verteidigung wie sie ein Strafverfahren bieten w rde eine 178 Ungerechtigkeit darstellt An diesem Sachverhalt habe sich auch durch die Neuregelung des Tatbestandes im Strafgesetzbuch von 1940 41 kaum etwas ge ndert denn lediglich zwei Kantone h tten die Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt durch einen Richter vorgeschrieben in den brigen Kantonen sei man weitgehend bei den administrativen Verwahrungsma nahmen geblieben Wie Waltisb hl weiter ausf hrt erlaubt die Schweizerische Gesetzgebung nicht nur die administrative Zwangsversorgung bisher nicht straff llig gewordener Nichtsesshafter sondern auch deren Entm ndigung aufgrund moralischer Minderwertigkeit was Waltisb hl e
398. senloser Brandstifter aufgezeigten gesellschaftsgef hrdenden charakterlichen bzw moralischen Defekte umfassen dabei vor allem einen Mangel an Gewissen und Schuld bzw Unrechtsbewusstsein das mit fehlender Empathie und genereller Gef hlsarmut einhergeht Die konstruierten psychischen St rungsbilder moralischer Schwachsinn getarnter Schwachsinn asoziale Psychopathie die mit der fahrenden Lebensweise in direkten Zusammenhang gebracht wurden bildeten sowohl die Grundlage f r die Forderung nach Entm ndigung und Sicherungsverwahrung auf unbestimmte Zeit Waltisb hl Siegfried als auch nach Sterilisationen Waltisb hl Ritter Eine Favorisierung des Umwelt Modells Fontana Siegfried f hrte jedoch keineswegs zu einer v lligen Ablehnung der Erblichkeitstheorie die vielmehr immer dann ins Feld gef hrt 284 Doebeli Hilft uns die angewandte Psychologie S 2 285 SA Vagantit t und Schwachsinn In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 42 1958 S 1 2 hier S 1 286 D P Psychohygiene als Grundlage der Jugendhilfe In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 43 1959 S 3 4 hier S 3 62 wurde wenn ein Umerziehungsversuch nicht den gew nschten Erfolg zeitigte Fontana Siegfried Wenngleich die Wissenschaftlichkeit und der Wahrheitsgehalt der besprochenen Abhandlungen im Zuge der Aufarbeitung der Zwangsassimilierungspraktiken des
399. ser hier sind Insassinnen und Insassen tats chlich gleich unabh ngig von der Frage ob ihnen die Herkunft Seide oder Sacktuch bereithielt Das gemeinsam bewohnte Asyl zwingt das sich ausserhalb solcher Anstaltsmauern blicherweise Widersprechende gleichsam zum Kuss Zum anderen stellt das der Irrenanstalt eigene Ordnungsprinzip das neben 570 Reinigungsritualen weitere ritualisierte Abl ufe wie Essenszeiten Tischordnung und Lichterl schen umfasst die der Anstaltsleiter erl utert als handle es sich um das Kredo 571 eines Irren gesellschaftliche Ordnungs und Wissenssysteme gleicherma en aus und in Frage In der psychiatrischen Klinik Narrenwald die haupts chlich moralisch schwachsinnige Patienten aus Vagantensippen beherbergt begegnen sich die beiden Protagonisten Rosa Zwiebelbuch die nach der T tung ihres Kindes eingewiesen wird und der Dichter Zweierlei der sich selbst in die Klinik eingewiesen hat um sich seines Beh j 2 irdischen Leibes zu entledigen Der Roman beginnt mit dem Eintreffen des neuen Patienten Zweierlei sp ter von einem Mitpatienten Zeus genannt gibt dann eine rund zwanzig Jahre umfassende R ckschau und endet mit der T tung Zeus durch Rosa Zwiebelbuch die in ihm den Mann erkennt der sie Jahre zuvor im Atelier ihres Arbeitgebers des Glasaugenmachers Adolf Stauch vergewaltigt und geschw ngert hatte Einige Zeit nach
400. sind dass die Fremdzuschreibungen unmittelbar auf ihre Selbstausarbeitung wirken wird mehrfach deutlich Habe ich Zigeunerschlampe gesagt Eine alte Angewohnheit Ich h rte das Wort so oft dass mir keine andere Bezeichnung f r 767 Da Franziska kaum etwas ber ihre mich einf llt Ich stecke mit in diesem Wort tats chliche Herkunft wei bildet neben der Litanei der Nonnen zu ihrer j dischen Schuld und Urs nde ein Zeitungsartikel den man ihr zusammengefaltet unter den Teller geschoben hat und dessen Inhalt sie sofort zur Ausgestaltung ihres Opfernarrativs bernimmt die Basis f r die Konstruktion ihrer j dischen Identit t In diesem Sinne sind Anna und Franziska tats chlich einem h heren Willen unterworfen werden ihre Schritte ebenso wie die interpretatorischen Schritte des Lesers oder die der Ameise in die Fangarme der Karnivore in der Eingangspassage unausweichlich von leblosen Gebilden und zwar von Diskursen gelenkt Dies bedeutet jedoch keineswegs dass das Konzept einer biologischen bzw psychosozialen Determiniertheit wie es Lombroso J rger Fontana et al postulierten nun 765 Mehr Brandzauber S 76 f 766 Mehr Brandzauber S 170f 767 Mehr Brandzauber S 129 768 Vgl z B Mehr Brandzauber S 46 7 Mehr Brandzauber S 160 770 Mehr Brandzauber S 69 187 schlicht vom Konzept einer diskursiven Determiniertheit menschlichen Handelns Denke
401. skapismus der die Unzufriedenheit ber ein von Beziehungslosigkeit gepr gtes Leben soweit in Schach zu halten vermag dass kein ernsthafter Widerstand gegen die als unbefriedigend empfundene eigene Situation aufkommt Vgl Mehr Daskind S 7 11 560 Mehr Licht S 85 134 Wenn ich Dir sage dass die beiden Frauen keine dramatische Pointe ergeben aus denen dramatische B cher zu leben haben t nt dies arrogant entspricht aber meinen Gef hlen Der Gedanke dass ich die ich eigentlich Chronistin eines rituellen Ereignisses sein wollte jener tieferen Verquickung von Stier und Frau selbst zur dramatischen Pointe dieses Buches werden k nnte mag l cherlich erscheinen entsprich jedoch ebenso meinen Gef hlen Die Arbeit wird zu einem Suchen nach m e i n e m Stier wenn Du so willst und die Dramatik besteht darin dass ich den lebenden Stier suche in einer Umgebung die nur den toten Stier will H i O Die beiden Stierk mpferinnen geben vor allem deshalb keine dramatische Pointe ab weil es bei ihnen zu keiner Anagnorisis kommt Anna und Tencha weigern sich ihren Irrtum zu erkennen Tencha f hrt einen Hungerstreik durch um auf die Benachteiligung der Stierk mpferinnen aufmerksam zu machen was als frivole r Zynismus H i O gewertet wird Anna droht das Ende ihrer Karriere als Stierk mpferin aus finanziellen Gr nden sollte ihr Geliebter Jos sie nicht weiter unterst tzen womit durch usseren Zwang
402. sozialisierungsf hig und als weiterhin gef hrlich f r die Gesellschaft auswiesen 1978 wurde Deubelbei nach vollst ndiger Verb ung seiner 25 j hrigen Haftstrafe entlassen und entgegen der ung nstigen Legalprognose der Gutachter nicht r ckf llig Auch zu frauenpolitischen Themen bezieht Mehr seit Beginn ihrer publizistischen Arbeit in zahlreichen Artikeln Stellung seit Mitte der 1980er Jahre weitet sich die Kritik an patriarchalen Gesellschaftsstrukturen dabei zunehmend auch auf Organisationsformen jenischer Interessenvertretung und insbesondere der Radgenossenschaft aus und das Augenmerk in einem Artikel von 1990 richtet sich nun auf die doppelte Last der jenischen Frauen und lie zwei ihrer Gedichtb nde ins Romanes bersetzen Nachrichten aus dem Exil 1998 und Widerwelten 1998 Vgl Eulberg Interview S 23 34 In den vierziger Jahren waren in Bellechasse ungef hr zwanzig Jenische der Sippe Xenos Alle administrativ versorgt Administrativ versorgt wird in der Schweiz nur die Unterschicht ob sie nun trinkt im Freien campiert vagiert uneheliche Kinder geb rt oder ungern arbeitet Neuerdings werden auch Drogens chtige administrativ versorgt wenn Schlafkuren und Valium nichts mehr n tzen Mehr R ckblitze S 16f 335 Ernst Deubelbeiss und Uwe Sch rmann hatten 1951 versucht eine Z rcher Bank auszurauben und in der Folge den Bankier Dankwart ermordet Die Tat stie auf gro es Medieninteress
403. spsychologin gibs zu eine wie du ist nur stolz auf ihren Kopf bildet sich wer wei was ein aber beim Sterben fehlt die Courage zittert wie Laub und geizt und wehrt sich umsonst und du hast umsonst in mir herumgestochert keine Malik gefunden ausgestochert ist jetzt f r dich gilt in allen Schuhen ist Ruh nun bin ich an der Reihe 808 Knecht Cesare Lombrosos Theorie S 111 80 Vgl hierzu die allgemeinen diagnostischen Kriterien einer Pers nlichkeitsst rung nach DSM IV l Ein berdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht IV Das Muster ist stabil und lang andauernd und sein Beginn ist zumindest bis in die Adoleszenz oder ins fr he Erwachsenenalter zur ckzuverfolgen Zit n Sa Henning und Sabine Herpertz Hgg Psychotherapie von Pers nlichkeitsst rungen Beitr ge zu einem schulen bergreifenden Vorgehen Stuttgart 1999 S 2 199 rein mit der Scherbe und raus mit dem Blut muss ein bisschen fester zulangen wenn du erlaubst der stumpfen Scherbe wegen Der fiktionalisierende Effekt der letztlich als rein imaginiert zu lesenden Lebensbeichte in Brandzauber wird im nachfolgenden Roman auf den ersten Blick zugunsten eines dokumentierten Gest ndnisses einer tats chlich Angeklagten aufgegeben De facto ist der Dialog zwischen Kari Selb und der Gerichtspsychologin jedoch ebenso einseitig wie die Gedankenbeichte
404. ss der unmittelbare Effekt einer entsubjektivierenden Praxis bzw eines Erfahrungsbuches wie gezeigt eine An sthesie bzw L hmung ist die die bisherige zwischenmenschliche Interaktion erst einmal verunm glicht da diese auf einem etablierten Wissen beruht das die Intelligibilit t im Sinne Butlers von Subjektpositionen sichert was auf diesen Zustand der L hmung folgt ist ungewiss Zwar f hrt sich ein Mensch durch Kritik bzw Entsubjektivierung die eigene Freiheit vor Augen und wird wenn auch begrenzt in die Lage versetzt sich bestimmter Machtwirkungen und aus bungen zu entziehen gleichzeitig bedeutet Entsubjektivierung jedoch auch Verlust von Intelligibilit t Zu fragen bliebe auch in welchem Umfang eine solche Praxis der Entsubjektivierung von einzelnen berhaupt zu leisten ist Sie scheint vielmehr tats chlich weitgehend dem Intellektuellen vorbehalten und dies ist nach Foucault wiederum jemand der dazu in der an s 2a Lage ist sich permanent f hig zu machen sich von sich selbst loszul sen der sie dann in Form von Erfahrungsb chern auch anderen zug nglich machen kann Nicht zuletzt aus dieser berlegung heraus erscheint das Medium Schrift als m glicher Multiplikator von entsubjektivierender Erfahrung unumg nglich wenngleich zu pr fen w re ob nicht auch andere Medien in ihrer je eigenen Spezifik wie etwa der Film hnliche Effekte zeitigen k nnten 37 Saar Genealogie
405. ss die Zeit Wunden heilt und heredit r also von der Verwundbarkeit meiner Vorfahren belastet da schon diese allen Grund hatten sich vor solchen Werturteilen und deren Konsequenzen zu f rchten H v m Ar 484 Mehr steinzeit S 141 485 Mehr Mariella Von M usen und Menschen Vortrag an der psychiatrischen Klinik St Urban LU 19 Dezember 1996 In Prodolliet Simone Hrsg Blickwechsel Die multikulturelle Schweiz an der Schwelle zum 21 Jahrhundert Luzern 1998 S 155 119 Der Effekt der Therapie ist die Konstituierung einer entkriminalisierten bzw entpathologisierten jenischen weiblichen und letztendlich auch schriftstellerischen Subjektposition die ihr kreatives Potential aus der Leidenserfahrung sch pft das 486 _ dieser Schreiben ist integraler Bestandteil von Stettbachers Konzept Subjektivierungsprozess l sst sich anhand von steinzeit nachvollziehen Anders als in ihrem Theaterst ck Kinder der Landstrasse ging es Mehr nach eigener Aussage in steinzeit weniger um eine Aufkl rung ber die Praktiken des Hilfswerkes und um die Darstellung eines Kollektivschicksals als um die Rekonstruktion der eigenen traumatischen Erlebnisse und die damit verbundene Identit tsproblematik Steinzeit habe ich f r mich selbst geschrieben Der Gedanke dass man solche Sachen sagen und zeigen muss damit es einer sp teren Generation von Fahrenden nicht mehr geschieht kam mir damals noch nicht Der Akt des Schreibens
406. stie die Geschlechtsidentit t imitiert offenbart sie implizit die Imitationsstruktur der Geschlechtsidentit t als solcher wie auch ihre Kontingenz H i 0 Zwar ist Butler zuzustimmen dass diese parodistischen Praktiken die Imitationsstruktur der Geschlechtsidentit t offen legen k nnen ber die jeweils individuelle Art der Selbstproblematisierung die mit der Vorgabe nach wie vor eine intelligible wenn auch keine heterosexuelle Geschlechtsidentit t entwickeln zu m ssen verbunden ist und laut Butler besteht die Notwendigkeit einer solchen Identit tsarbeit l sst sich damit jedoch kaum Aufschluss gewinnen 374 Foucault Was ist Kritik S 26 37 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 33 376 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 33 91 Diesen Akt der schreibenden Re Inszenierung bezeichnet Foucault unter anderem als Zum Ereignis Machen evenementalisation bei dem es darum geht die Zusammenh nge die Zusammentreffen Unterst tzungen Blockaden Kraftspiele Strategien usw wiederzufinden die zu einem bestimmten Zeitpunkt dasjenige formierten das anschlie end als Evidenz Universalit t oder Notwendigkeit fungieren sollte Nimmt man die Dinge in dieser Weise dann gelangt man zu einer Art kausaler Demultiplikation Die kausale Demultiplikation besteht darin das Ereignis den vielf ltigen Prozessen entsprechend zu analysieren die es konstituieren Das Prinzip der kausalen Demultiplikat
407. stikpuppen mit bl den Gesichtern kindischen R cken Rosalippen lieblichdumm Abbild der zu vergewaltigenden Frau Und es sind diese Frauen die vom Licht der Frau in der Arena reden und von der Glorie dieser Frau die das Tier der G ttin t tet Sie reden von der Mondin und vom weiblichen Prinzip und vergessen dass es kein weibliches Prinzip geben kann das sinnloses Zerst ren gutheisst Auch die wissende die Dinge lenkende Greisin s o existiert nur hypothetisch Nehmen wir an pe als literarische Figur in Gestalt einer androgynen kindlichen Greisin eines weibliche n Mephisto mit einem Unterton von Ironie in der Stimme wie er Menschen eigen ist die sehr viel wissen und deshalb sehr viel leiden Der Alten dem weiblichen Diogenes als Verk rperung des Lebens in seiner ganzen Ambivalenz und unausweichlichen Verbundenheit mit dem Tod kommt in einem imaginierten Gespr ch mit Anna die Aufgabe zu die Stierk mpferin von ihrem 542 Lebensirrtum dem T ten das nicht das ihre ist und das seine eigentliche Ursache in einer Kleinm dchengeschichte in der romantischen aber substanzlosen Liebe zum 52 Vgl u a folgenden Gedichtanfang septembermond mond wenn der toro in der erde scharrt mond des durchsichtigen hornes mond des sterbenden heros mond der wurzeln der sonnwendblume mond der dunklen g nge zur dreigesichtigen Mehr Licht S 118 533 G ttner Abdenro
408. t da diese Offenbarung der letzten Minute und doch von langer Hand geplant nunmehr die unabweisbare und zweideutige Schwelle darstellt die in das Werk einf hrt indem sie es abschlie t treibt sie mit uns ganz offensichtlich ihr Spiel 52 http www mariellamehr com Oberlin angeklagt htm 10 Oktober 2009 Letzter Zugriff 25 10 2010 833 Eine solche Lesart wie sie etwa Iacovino verfolgt muss jedoch wie auch Gabi R th argumentiert die poetologische Dimension des Textes verfehlen Vgl R th Gabi Die Elemente und der Tod Literarische Deutungsverschiebungen in der Moderne Hagen 2008 S 155 Fu note 457 hnlich wie bei O Leary liefert auch bei R th das dualistische Diskursmodell des fr hen Foucault die theoretische Basis der Analyse das neben der Literatur auch dem Wahnsinn als ungeordnetem Sprechen per se ein subversives Potential zubilligte R th sieht daher in Foucaults berzeugung dass sich die Komplexit t des Wahns nicht diskursiv ergr nden lasse dass sich die je eigene Bild Sprache sic des Wahnsinns einem Zugang widersetze den thematischen Kern von Mehrs Roman R th Die Elemente und der Tod S 162 Dass es sich bei Mehrs Angeklagt gerade nicht um die Darstellung eines Wahns handelt wird zu zeigen sein 206 Indem sie uns einen Schl ssel bietet der das Spiel leer laufen l sst gibt sie uns ein zweites R tsel auf Denn auch Mehrs Text selbst legt keinesfalls
409. t Das w re der Schmerz auf dem Grund eines jeden Auges und h tte Adolf Stauch diesem Schmerz Ausdruck verliehen es w re die Rettung gewesen 63 Mehr Zeus S 87 6 amp 4 Mehr Zeus S 64 Auch diese Uniform hat einen Bezug zu Zeus der noch als Zweierlei r tselhafte Nachrichten in den Briefkasten der russischen Botschaft wirft so dass man gewitzte Spione hinter den Notizen vermutete die sich mit verschl sselten Drohungen erdreisteten russische Staatsb rger im Au endienst zu erpressen woraufhin der Regierung eine Protestnote mit der Forderung nach Leibw chtern gesandt wird deren Uniform die weiblichen Insassen der Flurer Anstalt Narrenwald zu n hen die Ehre hatten Mehr Zeus S 60 635 Mehr Zeus S 236 636 Mehr Zeus S 236 6 amp 7 Mehr Zeus S 194 6 amp 8 Mehr Zeus S 97 6 Mehr Zeus S 97 153 Als Ursache f r Stauchs Verfehlen des Schmerzes werden Leerstellen in seiner pers nlichen Biographie nahe gelegt Folgen einer Kriegsverletzung und eigener Gewalterfahrung an die er sich nicht zu erinnern die er nicht zu sehen vermag zu der sein Ged chtnis jedoch ber die Anfertigung der Augenprothesen stets Zugang sucht Stauchs Amnesie scheint nicht zuletzt der Unvereinbarkeit bedr ckender realer Gewalterfahrungen mit sthetisierenden Gewaltphantasien in Form der antiken Mythen geschuldet die ihm einem zweifelhaften da hypokritischen humanistischen Bildungsideal
410. t werden als Motivation f r den Beruf der Stierk mpferin nicht gelten gelassen Wenn du dein Buch schreibst Tencha schrie es beinahe dann schreib bitte auch dass die Kartelle den schlechtesten Matador jeder guten mujer torera vorziehen damit die spanische Kirche im Dorf bleibt Schreib auch dass meine Schwester Mari Cruz wegen eines Unfalls in der Arena seit Wochen schwerverletzt zuhause liegt da sich die Spit ler in Madrid weigerten ihren verletzten Backenknochen und das zerschmetterte Knie zusammenzuflicken Und schreib von den weiblichen Kritikern Torerokritikerinnen Journalistinnen wie Marivi Romero die uns dauernd in den R cken f llt Die Sympathie gilt weniger Tencha die Tiere liebend gerne sterben sieht am liebsten de durch ihre eigene Han H i O als Anna die unter anderen Umst nden eine 555 wunderbare spanische Hausfrau H 1 O geworden w re Beiden wird letztendlich abgesprochen wirklich zu leben In Annas und Tenchas Leben ereignet sich nichts au er dem gro en Warten Sie f hlen vom Lebbaren immer nur den kleinen Teil der ihnen in ihren Abgrenzungen zumutbar erscheint ertr glich und gut verdaulich H i 0 552 So hei t es von der Alten Mari Jose in der Mehr gerne die wissende die Dinge lenkende Greisin sehen w rde Leider ist sie seit Tagen betrunken An ein Gespr ch mit ihr ist nicht zu denken Sie bezahlt einen
411. t der Phantasie einer m nnerverschlingenden femme fatale einer zerst rerischen da emotional unbeteiligten Carmen Im Treibhaus nehme ich ihn mir vor warte bis er vom Duft der Karnivorenbl ten bet ubt zu hecheln beginnt und mache mich dann ber ihn her Ich sauge ihn aus presse ihm den Lebenssaft aus dem Fleisch Er ist meine Beute meine Troph e Am Ende liegt kraftloses Gebein auf mir unverdauliche Teile die der Zersetzung durch meine Sekrete widerstehen Ich will nicht dass er mich betrachtet ich verlagere meine Gier in das harte Pulsieren meiner Kelchw nde Schon gleitet nein f llt er in die Tiefe wird von meinen Schleimdr sen verpuppt ein gut 750 Mehr Brandzauber S 14 BI Mehr Brandzauber S 14 72 Wobei anzumerken ist dass der Text selbst diese M dchenliebschaft durchaus in Szene setzt und so den Leser gewollt oder ungewollt ebenso in die Position eines mitwissenden Komplizen bringt wie es die Lekt re von Annas Lebensbeichte tut 753 Mehr Brandzauber S 23 183 verschn rtes Paket Schon greifen die Sperrborsten ineinander beginnen die Verdauungssekrete ihr Werk Eine authentische Identit t Annas l sst sich hinter all diesen Selbststilisierungen nicht ausmachen zur ckgeworfen werden lediglich die Vorstellungen des Betrachters bzw diskursive Zuschreibungen Es sind neben den Parallelen zwischen der Biographie der Autorin und dem Werdegang der Protagonistin Anna
412. t eines Insektes war oft nicht auf die Sekunde genau bestimmbar Um die Todeszeit wenigstens ann hernd genau eintragen zu k nnen musste Anna ihr Ohr an den Blattschlauch legen und dem verzweifelten Summen und Brummen dem Zappeln und Zirpen dem m hlich leiser werdenden Sirren in den Eingeweiden der J gerin lauschen Doch Anna wusste nie mit Sicherheit ob mit den letzten Ger uschen der gefangenen Insekten der Todeskampf wirklich zu Ende ging und das Tier starb So f gt Anna den ungenauen Sterbedaten Fragezeichen bei rgerlich zwar aber sie verabscheut L gen An die M glichkeit zu l gen nur zu denken hat man ihr fr hzeitig ausgepr gelt Verb rgt die von der bergeordneten Erz hlinstanz attestierte Abscheu gegen ber L gen zum einen die absolute Zuverl ssigkeit der Ich Erz hlerin Anna wird diese Abscheu zugleich als extreme Folge einer erzieherischen Ma nahme zur Sanktionierung der angeblichen notorischen L genhaftigkeit von Zigeunern bzw Jenischen ausgewiesen Ist Annas Bericht ber die von ihr kaltbl tig und lustvoll ver bten Morde frei erfunden scheint sich das Diktum von der zigeunerischen L genhaftigkeit und dem Hang zum Fabulieren zu bewahrheiten Und Andeutungen dass den Ausf hrungen Annas nur bedingt Glauben geschenkt werden kann dass die Identit t der eigentlich erz hlenden Instanz schwer zu greifen und ihr Erz hlen unzuverl ssig ist finden sich reichlich Annas Wohnung Ei
413. t qwant im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Berichtes des Bundesrats ber die Situation der Fahrenden in der Schweiz http home balcab ch venanz nobel qwant VernehmlassungBerichtBundesrat051101 html Letzter Zugriff 20 05 2010 Venanz Nobel Administrator der Homepage und Vorstandsmitglied des Vereins Sch ft qwant hatte sich zun chst in der Radgenossenschaft engagiert und 1985 gemeinsam mit Clemente Graff die Arbeit als deren Sekret r Scharotl Redakteur und Pressesprecher bernommen Vgl Huonker Die ersten sieben Jahre 320 Stellungnahme des Vereins Sch ft gwant im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Berichtes des Bundesrats ber die Situation der Fahrenden in der Schweiz 73 Entsprechend forderte der Verein die Beh rden auf die betroffenen Gruppen Jenische Sinti Roma einzeln zu benennen und auf Sammelbegriffe zu verzichten In seiner Stellungnahme vom 8 Dezember 2006 zum Berichtsentwurf der Schweiz zur Umsetzung des Rahmen bereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten hinsichtlich der Fahrenden wandte sich Sch ft qwant zudem gegen eine Stigmatisierung ausl ndischer Fahrender Wie weiter oben moniert behindert der Antagonismus sesshafte Bev lkerung und Fahrende eine antidiskriminatorische ffentlichkeitsarbeit zu Gunsten der Jenischen Sinti und Roma Problematisch ist in diesem Abschnitt des Berichts insbesondere das fehlende Verst ndnis der sesshaften B
414. t und Daskind daraufhin Reue empfindet Das weint jetzt Daskind Hat einen neuen Schmerz gefunden Trotz des neuen Schmerzes und der in dieser Passage angedeuteten Erkenntnis dass die Aus bung von Gegengewalt ihrerseits ein unlebbares Sein zur Folge haben muss bietet sich dem Kind keine lebbare Alternative Weder die Unterwerfung unter die subjektivierenden Bedingungen noch Selbstverletzung und Freitod mit dem Daskind zumindest seinen K rper der Gewaltanwendung zu entziehen hofft k nnen einen Ausweg bieten Das T ten der Amseln das brutale Qu len eines Jungen der Daskind zusammen 694 mit anderen unter Anleitung des Pensionisten vergewaltigt hat bringt ihm nur kurzzeitig Erleichterung Daskind holt aus l sst die kurze aus Sp lketten gebastelte Peitsche durch die Luft sausen Auf dem wei en Bubenbauch entsteht ein rotes Muster Die ovalen Kettenglieder rei en die Haut auf lecken am Fleisch streichen mit einem schleifenden Ger usch fast z rtlich ber die Schenkel ber den winzigen schlaffen Pfahl Der Bub bettelt mit schlierigen Augen mit Tieraugen mit Wildaugen Beuteaugen Opferaugen um Gnade Aber J gerkind l sst nicht von ihm Hat sich seit langem vom W nschen getrennt Schl gt weiter zu Mit dieser kalten Wut 6 Mehr Daskind S 25 Daskind greift nach dem R cken des Mannes vor ihm der auf den Sto nicht gefa t auf dem nassen Waldschlick ausgleitet stolpert und
415. t von Jacques Larange Frankfurt Main 2005 Foucault Michel Die Heterotopien Der utopische K rper Zwei Radiovortr ge Frankfurt Main 2005 228 Foucault Michel Dits et Ecrits Schriften I 1954 1969 Hg v Daniel Derfert und Frangois Ewald unter Mitarbeit von Jacques Larange Frankfurt Main 2001 Foucault Michel Was ist Kritik Berlin 1992 Foucault Michel Die Ordnung des Diskurses Frankfurt Main 1991 Foucault Funktionen der Literatur In Erdmann Eva Rainer Forst Axel Honneth Hgg Ethos der Moderne Foucaults Kritik der Aufkl rung Frankfurt New York 1990 Foucault Michel Raymond Roussel Frankfurt Main 1989 Foucault Michel Schriften zur Literatur Frankfurt Main 1988 Foucault Michel Gerard Raulet Um welchen Preis sagt die Vernunft die Wahrheit Ein Gespr ch In Spuren Zeitschrift f r Kunst und Gesellschaft 1 1983 S 22 26 Foucault Michel Dispositive der Macht Berlin 1978 Foucault Michel Hrsg Der Fall Riviere Materialien zum Verh ltnis von Psychiatrie und Strafjustiz Frankfurt M 1975 Foucault Michel Distance Aspect Origine In Critique 11 1963 S 939 940 Frank Susi K et al Hgg Integration und Explosion Perspektiven auf die Kultursemiotik Jurij Lotmans Bielefeld 2010 im Druck Fr hlich Monica Literarische Strategien der Entsubjektivierung Das Verschwinden des Subjekts als Provokation des Lesers in Christoph Ransmayrs Erz hlwerk W rzburg 2001 Galle Sara
416. t zu werden scheint mag darin liegen dass der Text in seiner Darstellung der Erinnerungsmechanismen traumatischer Kindheits Erlebnisse das literarisch umsetzt was die Traumaforschung verst rkt selbst erst seit den 1980er Jahren als Hypothesen zu den psychischen Auswirkungen fr hkindlicher extremer Traumata und den Funktionsweisen der Erinnerung an traumatische Erlebnisse formuliert 429 Dazu z hlen etwa Identit tsdissoziation Depersonalisation bzw Detachment und Konversions und Somatisierungssymptome sowie das berfallartige Wiedererleben der 3 Christine Mergozzi etwa fasst Mehrs Text aufgrund der engen Bez ge zur Biographie der Autorin als autobiographical novel auf Mergozzi Literary Aurality S 112 und f hrt m gliche Gr nde daf r an warum Mehr ihren Text nicht als Autobiographie ver ffentlicht hatte Mehr may have had doubts as to the accuracy of her memory and ruthlessiy honest as she is may not have dared to fully trust her past perceptions 424 Vgl etwa die dreib ndige Autobiographie von Peter Paul Moser Entrissen und Entwurzelt Thusis 2000 Die Ewigkeit beginnt im September Thusis 2000 Rassendiskriminierung und Verfolgung w hrend einer ganzen Generation Thusis 2002 5 Mehr steinzeit S 73 426 So wurde das klinische St rungsbild Posttraumatische Belastungsst rung erst 1980 als eigene St rungskategorie in das international gebr uchliche Statistische und Diag
417. t zum einen auf den vor Gericht verhandelten Fall einer unmotiviert und aus Lust mordenden Frau was gegen ber Brandzauber eine noch deutlichere Akzentuierung des faktischen Aspektes erkennen und den Text in einem gewissen Umfang als Kommentierung dieses realen Falles lesbar macht wobei auch hier den Paratexten eine entscheidende Funktion zukommt Besonders das dem Roman vorangestellte Motto kann geradezu als Rechtfertigung weiblicher Mordlust verstanden werden Weibliches T ten ist ein Schritt aus der weiblichen Sprachlosigkeit Es hei t nichts anderes als Ich spreche Jetzt spreche ich Paradox daran scheint zun chst dass im Falle Mehrs der Roman offensichtlich ohne jede Gewaltanwendung den Schritt aus einer Sprachlosigkeit zu leisten vermag der in Bezug auf Kari Selb nur in Form des T tens f r m glich erkl rt wird Zum anderen bringt Mehr bei ffentlichen Lesungen wiederum gezielt ihre eigene Biographie ins Spiel wenn es beispielweise in einer 2005 am Oberlin College U S A gegebenen Einf hrung in den Roman hei t Diese Berichte ber Caroline H l sten in der Autorin eine Reihe von Fragen aus e Was sind die Voraussetzungen die ein solches Gewaltpotential erzeugen und ausl sen k nnen e H tte ich w re mein Leben anders verlaufen gleiches sic oder hnliches sic tun k nnen 30 Schwarzenegger Christian Einfache Fragen einfache Antworten Ein Fall f r den Experten das Fernsehen und
418. tauchten gibt Rudolf Waltisb hl in seiner 1944 erschienenen Dissertation Die Bek mpfung des Landstreicher und Landfahrertums in der Schweiz wobei mit Landfahrern ausdr cklich Jennische gemeint sind Waltisb hl geht davon aus dass zu dieser Gruppe deshalb kein oder nur wenig statistisches Material existiert weil sie Einrichtungen der Nichtsesshaftenf rsorge aufgrund der polizeilichen Pr senz dort eher meiden w rde um nicht die beh rdliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken Die Jennischen bes en vielmehr ein eigenes Netzwerk das ihnen im Notfall Unterkunft und Schutz biete sodass die Namen Jennischer in den Listen der F rsorgeeinrichtungen nicht auftauchten Unter den vielen Hunderten von Namen welche uns bei der Durchsicht der schwarzen Tafeln der Naturalverpflegung begegneten kam es nur einmal vor dass ein 0 Dass diese verd chtigerr Name auftauchte d h der Name eines Jennischen Beobachtung den immer wieder gemachten Vorwurf des Missbrauchs von F rsorgeeinrichtungen entkr ftet ist dabei nur einer von zahlreichen Widerspr chen Die verd chtigen Namen d rfte Waltisb hl den einschl gigen Publikationen entnommen sowie von Alfred Siegfried erfahren haben der in Waltisb hls Dissertation im Rahmen der Danksagung f r wertvolle Anregungen und wohlwollende Unterst tzung gew rdigt wird Erste Hinweise nach welchen Familiennamen Siegfried selbst bei seiner Suche
419. tdessen eine st rkere Ausrichtung der Forschung auf m gliche therapeutische Ans tze Dennoch spielen diese Fragen in der Diagnostik und wie bereits gezeigt im Kontext der forensischen Psychiatrie vor allem hinsichtlich der Gef hrlichkeitsprognosen weiterhin eine zentrale Rolle Die Verquickung von sozialer Devianz und pathologischer St rung scheint folglich ebenso wenig berwunden wie die damit verbundenen moralisch ethischen anthropologischen und ideologischen Implikationen Wie sehr nicht zuletzt das Stigmatisierungsproblem generell die Konzeption der Pers nlichkeitsst rungen begleitet und welcher Popularit t sich die damit verbundenen Erkl rungsmodelle erfreuen gibt Fiedler zu bedenken Sehr zum Nachdenken gebracht haben mich in diesem Zusammenhang zahlreiche Telefonanrufe Briefe und direkte Kontaktnahmen von Lesern die die Pers nlichkeitsst rungen offensichtlich aus sehr pers nlichen und privaten Gr nden gelesen haben Nachdenklich gemacht hat mich u a ihre Dankbarkeit f r das Buch das ihnen offensichtlich endlich eine M glichkeit an die Hand gegeben hat ihren Ehepartner oder andere Angeh rigen zu verstehen Ich bin mir bis heute nicht sicher ob diese Dankbarkeit g nstig oder ung nstig zu werten ist Denn fast spiegelbildlich teilten mir einige sehr wenige andere Personen offen ihren Unmut und rger dar ber mit dass sie seit sich ihre Angeh rigen mit 848 SaB Psychopathie S 3
420. teinschleuder als er die Familie aufsucht und den Kenels androht die tats chliche Herkunft des Kindes zu enth llen sollten sie es nicht wieder ins Heim zur ck bringen um den Dorffrieden wiederherzustellen Die der eigenen Gewaltaus bung vorausgehenden wiederholten Versuche des Kindes sich den an es gerichteten Zuschreibungen zu unterwerfen und seine Unschuld und Normalit t zu beweisen offenbaren das ganze Ausma der Nicht Lebbarkeit einer solchen Unterwerfung Die Selbstausarbeitung als schuldiges wortw rtliches Teufelskind erscheint so als einziger Ausweg aus diesem Dilemma Das Althussersche Konzept der Interpellation demzufolge das Subjekt in dem Moment inauguriert wird in dem es sich auf einen Ruf des Gesetzes hin umwendet sich durch seine Antwort Hier bin ich einen impliziten Schuldvorwurf zu eigen macht und somit die Begriffe akzeptiert mit denen es angerufen wurde erweitert Butler in Psyche der Macht um den Aspekt des leidenschaftlichen Verhaftetseins und bietet mit dieser Wendung eine zus tzliche Antwort auf die Frage warum sich das Subjekt berhaupt zur anrufenden Stimme umwendet Folgt man Butler so liegt der Grund f r das Nichtanzweifeln der Autorit t der anrufenden Stimme nicht nur in dem Versprechen von Identit t das mit der schuldzuweisenden Anrufung verbunden ist Die ersten subjektivierenden Interpellationen ereignen sich vielmehr im Kontext des _ex
421. ten Irrsinn als Waffe sei die schrecklichste aller denkbaren Waffen das letzte Mittel 618 Denn der Irsinn der Geisteskranken in Narrenwald sich als Individuum zu erhalten ist reine Imitation bzw Performanz der zugeschriebenen Symptome und somit eine widerst ndige Praxis die den Psychiatern den eigentlichen Zugang zu ihren Patienten verwehrt und sie stattdessen mit den Produkten ihrer eigenen Phantasie besch ftigt Untergebene welcher Systeme auch immer bed rfen spezieller Schutzvorrichtungen ganz im Gegensatz zur Macht die sich allenthalben frei entfaltet Im brigen berliess man die Herren ihren gescheiten Gr beleien liess sie gewisserma en am eigenen Double ben das man hervorkehrte und mit Gestik und Sprache versah die dann gewissenhaft analysiert und katalogisiert wurden Wissenschaftlich Mit immer gr sseren Aktenbergen gewann die eigenen Person an innerer Autonomie Nur Frischlinge lassen sich in die Karten schauen Zeus lie e sich wie gezeigt mit Christina von Braun als Ausdruck eines solchen projektiven Denkens und menschlicher m nnlicher Allmachtsphantasien verstehen als Idee der Unsterblichkeit die in dieser Form erst mit einer Verschriftlichung des Mythos eintritt und ad infinitum im Medium Schrift fortbesteht Es sei denn der Abstraktionsprozess w rde r ckg ngig gemacht die Idee materialisiere sich erneut und verlie e den Bereich der Abstraktion bzw Schriftlichkeit und damit auch der
422. tes of shift in both individual and collective identities and in cultural memory By considering a performance that renames the protagonists of the novels as family less my hope ist to open another identifying discursive space Challenging the memories and identities of the communities that name the family less with injurious speech acts as Mehr and Ebner Eschenbach have done and which I continue in this paper performs a possible loosening of the hegemonic story of alterity for the family less and considers an intersubjective perspective which allows the family less character and perhaps the reader agency to redefine identity both individual and shared Baer Power Relations S 10 Wenngleich Baer dahingehend zuzustimmen ist dass das Schweigen der Protagonistin zu einem powerful performative act to counter the authority of the injurious speech that she has withstood througout the novel Baer Power Relations S 10 wird bersieht Baers analytischer Zugriff unter dem Aspekt der Familienlosigkeit jedoch dass zahlreiche Identit ts Konflikte der Protagonistin gerade nicht daraus entstehen dass sie familienlos ist bzw dass die Eltern are unable or not permitted to raise their children Baer Power Relations S 5 sondern in der Verleugnung der Elternschaft des Vaters und der Mutter aus Angst vor gesellschaftlicher Exklusion liegen 653 Mehr Daskind S 5 654 Mehr Daskind S 185 160 leidende Christus am
423. tet keinen dauerhaften Schutz denn zwar verweigert es die Antwort auf die Anrufungen und damit auch das Schuldanerkenntnis aber die Worte entfalten im stummen Kind dennoch ihre Wirkung Da Daskind keine Vorstellung von der Schande der Schuld erlangt die es anerkennen soll 6 Mehr Daskind S 96 670 Mehr Daskind S 105 67 Mehr Daskind S 89 ff 164 und die ihm durch Nachweis der eigenen Unschuld in der Kommunikation mit anderen eine Identit t verleihen k nnte findet auch keine Subjektivierung statt So bleibt dem Kind nur ein eigenes wenn auch nur imagin res Anwenden der Worte selbst um etwas ber ihre Wirkungsweisen zu erfahren die sich Daskind nicht erkl ren kann Beim brutalen Qu len eines Jungen aus dem Dorf erprobt Daskind so nicht nur den Effekt der sonst auf es selbst ausge bten k rperlichen und sexuellen Gewalt sondern auch die der wenngleich unausgesprochen bleibenden Worte Hohnworte im Schritt beim Hinausschleichen Hohnworte die ber den Buben herfallen ihm die Ohren zerrei en bis er nicht mehr unterscheiden kann zwischen Schrei und Schrei dem stummen Schrei der J gerin und dem eigenen durch Tuch und Knebel gehemmten Durch die eigene Anwendung der Gewalt und der Worte erf hrt Daskind zwar etwas ber ihre Wirkmechanismen Erleichterung stellt sich hingegen nicht ein Schleicht sich Daskind in die Kammer unterm Dach von einer pl tzlichen Verzweiflung erfasst vergr
424. tettbacher empfohlenen Konzept zu arbeiten und es half mir etwas Ordnung in das durch die Basis d i die einleitende Therapiephase entstandene Chaos zu bringen Ich berschrieb damals hunderte von Seiten schrieb fast jeden Morgen Das Schreiben half mir meine Autonomie zu erhalten Damit verminderte sich die Angst und ich lernte besser mit meinen nun aufgebrochenen Gef hlen zu leben Erst mit der Zeit merkte ich dass es nicht gen gen kann die Traumen der Vergangenheit zu erleben um sich von deren Folgen auf Dauer und nicht nur f r den n chsten Tag zu befreien Miller Das Psycho Gesch ft S 62f 487 Mehr steinzeit S 188 488 Mehr steinzeit S 9 89 Mehr steinzeit S 16 120 ich stelle mich vor den spiegel in brunos bauch d i der Therapieraum aber da ist ein fremdes jungengesicht klein trotzig schmal aus dem jungengesicht wird eine grausame japanische maske Ich sp re dass ich nicht hier bin die gegenst nde verlieren ihre bedeutung t ren toilette badewanne sie scheinen alle losgel st von ihren funktionen zu existieren Neben der Hoffnung auf eine Rekonstruktion der traumatischen Erlebnisse und der berwindung der daraus resultierenden Auto und Fremdaggressionen tritt so auch der Wunsch nach einer weiblichen Geschlechtsidentit t ebenso wie nach einer positiven q4 Umdeutung der als asozial und gesellschaftsgef hrden stigmatisierten jenischen Herkunft Symbol f r den Verlust
425. tfallen diese F lle k nnte eine hier drinnen sagen st nde ihr der Sinn berhaupt noch nach Spa Im Zuge der biographischen Anamnese gibt Kari eine Vielzahl von lehrbuchm igen Hinweisen auf das Vorliegen einer antisozialen Pers nlichkeitsst rung vgl DSM II R neben ihren Ausf hrungen zu den bereits aktenkundigen Brandstiftungen und sp teren Morden berichtet sie stets unter der f r die Diagnosestellung relevanten Angabe ihres jeweiligen Alters ausf hrlich und freim tig von gequ lten bzw get teten Hunden und Katzen von ihrer Gef hlsarmut bzw Empathielosigkeit ihrem mangelnden Rechts bzw Unrechtsbewusstsein sowie vom fehlenden Schulabschluss aufgrund 860 ungen gender Leistungen und unentschuldigter Absenzen und bezeichnet sich selbst gar als Monster Den geordneten famili ren Verh ltnissen der Caroline H in denen Konflikte laut Gutachten nicht ausgetragen wurden steht Karis alkohol und gewaltgepr gte Familie 353 Fiedler Pers nlichkeitsst rungen S XV 54 Mehr Angeklagt S 103 55 Mehr Angeklagt S 107 856 Zwei dieser zeitlichen Markierungen sind der zw lfte und dreizehnte Geburtstag die mit dem Erscheinen Maliks vgl Mehr Angeklagt S 17 und der ersten Brandstiftung vgl Mehr Angeklagt S 21f verkn pft werden 857 Mehr Angeklagt S 15 S 42 8 Mehr Angeklagt S 13 S 55 59 Mehr Angeklagt S 20 860 Mehr Angeklagt
426. th Heide Die tanzende G ttin S 290 Vgl vor allem auch G ttner Abendroth Heide Die G ttin und ihr Heros M nchen 1980 passim 54 Mehr Licht S 14 535 Mehr Licht S 55 5 Mehr Licht S 14 57 Mehr Licht S 24 58 Mehr Licht S 14 59 Mehr Licht S 72 540 Mehr Licht S 41ff Mehr Licht S 41 542 Mehr Licht S 75 131 543 falschen Mann hat abzubringen ihr Schweigen zu brechen und stattdessen eine lebensbejahende Haltung einzunehmen es la vida mujer meines ist bald zuende 545 verpasse das deine nicht Eine berzeugungsarbeit die Mehr trotz drastischer Ma nahmen selbst nicht gelingen will Wir schauten das riesige Toroherz das noch zu donnern schien halluzinierten Trommelschl ge Naturgewalten den Herzschlag der Erde ich nahm Annas Hand f hrte sie zu dem noch warmen Klumpen Fleisch der jetzt fast schutzlos auf den Fliesen lag das Herz des Toros Ich bohrte ihre Hand zur Faust geballt in dieses warme Fleisch damit sie wissen w rde f r immer wissen w rde wie es sich anf hlt das Herz des Toros Es ist vor allem auch Annas F higkeit zu tanzen dass selbst die br vsten sic Engel unkeusch geworden w ren wenn es sie g be die wiederum an Ausf hrungen G ttner Abendroths erinnernd zu der berzeugung f hren dass Anna keine Stierk mpferin aus echter Leidenschaft keine echte T terin ist sondern
427. tierte Kriminalisierung und Pathologisierung der nicht sesshaften Lebensweise als hoch effektiver Unterwerfungsmechanismus der eine entsprechende Selbstausarbeitung in Gang setzt vielmehr l sst sich zeigen dass die am Wahrheitsdiskurs orientierten jenischen Subjektpositionen und der Versuch einen neuen Typ Rationalit t des Jenischseins gegen ber dem bisher g ltigen zu behaupten zu einer Perpetuierung der damit verbundenen Ausschlussprozesse und zu neuen Grenzziehungen gegen ber Anderen 89 Foucault Michel Gerard Raulet Um welchen Preis sagt die Vernunft die Wahrheit Ein Gespr ch In Spuren Zeitschrift f r Kunst und Gesellschaft 1 1983 S 22 26 hier S 26 0 So entschuldigte sich etwa Rudolf Waltisb hl f r seine Dissertation die dem Zeitgeist geschuldet gewesen sei 220 f hrt Ein Effekt der mittlerweile von anderen Interessenvertretungen deutlich wahrgenommen und kritisiert wird Dennoch scheint vor allem im Kontext politischer Repr sentation diejenige kollektive Subjektposition den gr ten Erfolg im Machtbeziehungsfeld zu zeitigen die nicht nur mit einer Selbst Ethnisierung und Homogenisierung auf entsprechende Ma gaben im Minderheitenschutzrecht reagiert sondern die dar ber hinaus auf die im Wahrheitsdiskurs dominierende Leitdifferenz nicht sesshaft bei der Selbstausarbeitung am eindeutigsten Bezug nimmt und damit den gr ten Grad an Intelligibilit t und damit zumindest pol
428. tionen der Literatur S 229 102 ihn als das eigentlich oder zumindest ebenso Fiktive und damit als unwahr entlarvt womit zugleich die an den Wahrheitsdiskurs gekoppelten Unterwerfungsmechanismen die eine subjektivierende Selbstausarbeitung in Gang setzen aufgel st werden In einem solchen Fall soll daher auch bei einem Roman von einem entsubjektivierenden Erfahrungsbuch gesprochen werden k nnen Wer spricht Hinsichtlich der Texte Mehrs bzw ihres entsubjektivierenden Wirkungspotentials kommt der Frage nach der Autorfunktion eine entscheidende Bedeutung zu Wie Spoerhase in Anlehnung an Foucault ausf hrt l sst sich die Autorfunktion als ebenso restriktive wie konstruktive Diskursfunktion beschreiben die auf dreierlei Weise in Erscheinung tritt indem sie l die Koh renz eines Werkes garantiere 2 durch Selbstexplikation die Bedeutungsintention des Textes offen lege oder wenigstens eine den Text strukturierende Bedeutungsintention verb rge und 3 den Text in einem biographischen Kontext 46 Die Autorfunktion ist dabei nicht nur auf der Rezeptionsseite wirksam einbette sondern bestimmt auch die Position des empirischen Textproduzenten Aber ich denke dass das Individuum das sich daranmacht einen Text zu schreiben aus dem vielleicht ein Werk wird die Funktion des Autors in Anspruch nimmt Was es schreibt und was es nicht schreibt was es entwirft und sei es nur eine fl chtige
429. tionen der Matriarchatsforschung 530 Mehr Licht S 36f 51 In steinzeit hatte Mehr noch ein weitaus st rker christlich gepr gtes Opferbild verwendet elektroschock die kr nung der ver r ckten dornenkrone im haar die kreuzigung beginnt Mehr steinzeit S 164 In Zeus oder der Zwillingston sowie in Brandzauber greift Mehr das Kreuzigungsbild und die Opferung Jesu dann erneut auf Vgl Kapitel VI 1 und VII 1 130 hin wie sie etwa von G ttner Abendroth formuliert werden So scheint die Reise nach Spanien nicht zuletzt eine Suche nach Verk rperungen des dreifachen G ttinnenbildes der weiblichen Dreifaltigkeit des jungen k mpferischen M dchens der m tterlichen 533 Frau und der wissenden die Dinge lenkenden Greisin zu sein ohne jedoch entsprechenden Frauen wirklich zu begegnen Die an die Reise gestellten Erwartungen und die anfangs heroisch gepr gte Vorstellung von der starken unabh ngigen Frau in der 534 Arena mit Amazonenwildheit und Mut die Mehr jedoch selbst problematisiert Bin ich diesen Wertungen von Mut und Kraft und Heldentum bereits erlegen werden entt uscht Denn das Athletenm dchen Anna hat die Seele eines traurigen 537 Clowns die Stierk mpferinnen sind in den Augen Mehrs nichts weiter als sentimentale kleine M dchen So lebe ich mit Frauen die glauben t ten zu d rfen aber auf ihren Betten sitzen Pla
430. tsdiskurs seinen Wahrheitsanspruch einb en wenn ihm wortgetreu Gestalt verliehen wird Die Verfahren einer klassischen Beweisf hrung wie etwa explizite Verweise auf Texte Quellen Autorit ten die Foucault anwendet um die historische Verifizierbarkeit und damit den akademischen Wahrheitsanspruch seiner eigenen Ausf hrungen zu sichern bzw 91 Foucault Trombadori S 1588 222 um auf diese Weise den Wahrheitsdiskurs mit der ihm eigenen Wahrheits Rhetorik zu unterwandern fehlen bei Mehr weitgehend bzw finden sich fast ausschlie lich in Form gelegentlicher intertextueller Verweise und Andeutungen Die Bezugnahmen auf den Wahrheitsdiskurs d h auf die akademische Wissensproduktion zu Jenischen sind insofern nur indirekt Elemente des Wahrheitsdiskurses wie etwa die angebliche kriminelle und pathologische Disposition Jenischer werden in Mehrs Erfahrungsb chern auf subtilere Art ins Spiel gebracht Zum einen werden einzelne Figuren die als 893 Sympathietr ger fungieren mit diesem Wissen ausgestattet Zum anderen wird es in Form krimineller asozialer Protagonistinnen personifiziert Gest tzt wird die Plausibilit t dieser Personifikationen und Handlungsverl ufe unter anderem durch Verfahren narrativer 894 Ilusionsbildung Zum einen ist es die Umsetzung der Wissens Best nde des Wahrheitsdiskurses hinsichtlich zigeunerischer und asozialer Verhaltensweisen in Form
431. tsmerkmale kann ber den Versuch einer Erkl rung der tiologie des St rungsbildes hinaus nicht in der Entwicklung eines Therapiekonzeptes liegen sondern 845 Zit n Fiedler Pers nlichkeitsst rungen S 213f 846 Vol Fiedler Pers nlichkeitsst rungen S 216f 47 Was Sa wiederum positiv als berwindung ideologische r Einseitigkeiten wertet SaB Psychopathie S 28 211 nur in einem kriminalpr ventiven Zugriff auf die Risikogruppe was wiederum eine Stigmatisierung der entsprechenden Personen mit sich bringt Aber auch psychosoziale Erkl rungsmodelle welche die Ursache einer antisozialen Pers nlichkeitsentwicklung in gest rte n emotionale n Beziehungen 848 A hr x gt suchen werden zu einer hnlich Familienverh ltnisse n und Milieubedingungen unausweichlichen und stigmatisierenden Diagnose wenn sie mit der Annahme einhergehen dass emotionale und p dagogische Vernachl ssigung in fr her Kindheit generelle St rungen der sozialen und emotionalen Belastungsf higkeit mit sich bringen die in problematischen Situationen immer wieder zum R ckfall f hren Aufgrund der Heterogenit t der Erkl rungsmodelle und Befunde kommt Fiedler mit Amelang zu dem Schluss dass sich die Fragen wie gro der jeweilige Anteil von Erb und Umwelteinfl ssen auf eine sp tere Dissozialit tsentwicklung ist oder ob sie additiv oder interaktiv wirken nicht beantworten lassen und fordert stat
432. tte geforscht bewertet aktualisiert versehen mit den Privilegien der in kantonale Anstalten eingebundenen Wissenschaftler Mehr Zeus S 32 Auch die Schwester f r Alles Karoline Presskopf verdankt ihre Einstellung in der Klinik dieser Art von Seilschaften dem Umstand dass ihr Mann Gerichtsmediziner einen offensichtlichen Behandlungsfehler der beiden Anstaltsleiter verschweigt und sich der Pflichtenkollision von Berufsethos und kollegialer Loyalit t durch Selbstmord zu entzieht 588 Mehr Zeus S 32 58 Mehr Zeus S 79 5 Mehr Zeus S 78 51 Mehr Zeus S 78 Zur Dimension dieser Ma nahmen in der tats chlichen psychiatrischen Praxis in der Schweiz vgl Huonker Moralisch Defekt 142 Schwachsinn der Patienten geradezu festschreiben und so letztlich selbst Beweischarakter 592 erhalten Auch die Aktenf hrung ist ebenso wie die Publikationen durch eine willk rliche Auswahl und Bewertung von Informationen ber die Patienten gekennzeichnet sie erscheint weniger als Instrument zur Dokumentation von psychiatrischer Diagnose und Behandlung was eine Kontrolle durch Dritte erm glichen w rde sondern die Krankenbl tter werden fl chtig und unvollst ndig ausgef llt die Bezeichnungen der verwendeten Psychopharmaka sind unleserlich geschrieben und Zusammenh nge werden erkl rterma en vereinfacht dargestellt Oft m sse man ja allzu verworrene Eintr ge nachtr glich l
433. tten Geb ck Schokolade Ich ging weiterhin zur Schule k mmerte mich um meine Schulaufgaben um den Haushalt ich kochte ich besorgte die W sche ich schaute bei meiner Mutter vorbei wenn die Schlafzimmert r einen Spaltbreit offen stand Mit diesen Ausf hrungen suggeriert Kari als Ursache f r die Entwicklung ihrer antisozialen Verhaltensweisen zun chst psychosoziale Faktoren wie den Erziehungsstil und Alkoholmissbrauch ihrer Eltern Im weiteren Verlauf des Gespr chs kommen die Aspekte eigene Gewalterfahrung Kari tr gt ein k nstliches Gebiss weil der Vater ihr im 865 Suff die Z hne ausgeschlagen hat und Traumatisierung durch sexuellen Missbrauch auf den von Beginn an ber Hinweise auf die Bedeutung der Mansarde angespielt wird hinzu Mit der Figur des Vaters und dem ihm angelasteten aber erst am Ende des Gespr chs ber Andeutungen hinausgehend formulierten sexuellen Missbrauch ist entgegen Karis einerseits vehementer Betonung der eigentlichen Unmotiviertheit ihrer Taten die Konstruktion eines Tatmotivs verbunden das schlie lich auch zum Anlass f r die T tung der Gerichtspsychologin selbst wird die roten Schuhe die nicht zuf llig auf das 862 Mehr Angeklagt S 12 63 Mehr Angeklagt S 16 64 Mehr Angeklagt S 17f 865 Mehr Angeklagt S 92 866 Mehr Angeklagt S 135 214 gleichnamige M rchen Hans Christian Andersens verweisen und sich trotz de
434. tten dabei einen guten Orientierungssinn und seien stets auf der Suche nach kleinen Gesch ften Oft schw nzten sie die Schule oder k men zu sp t seien gro e L gner und mimische Verstellungsk nstler st ndig geleitet von Einf llen des Augenblicks und stets auf der Suche nach Lustgewinn und Lustsicherung Ihr Denken kreise stets um ihr eigenes Ich Selbsteinsch tzung und Selbsterkenntnis gingen ihnen v llig ab zu steter 132 und geregelter Arbeit seien sie aus Mangel an Ehrgeiz unf hig Auch falle es ihnen schwer sich geistig l nger mit einer bestimmten Frage zu besch ftigen sich geistig zu 133 134 sammeln Mit beachtenswerter Zungenfertigkeit gelinge es ihnen aber zun chst ber ihre Wissensl cken und andere Verlegenheiten hinwegzut uschen Mit erethisch Debilen vgl Kronfeld lie en sich die getarnt Schwachsinnigen jedoch nicht vergleichen Zusammenfassend beschreibt Ritter das Krankheitsbild folgenderma en Wenn wir noch einmal kurz das bisher Beobachtete zusammenfassen so sehen wir eine Gruppe Kinder vor uns die eine nur beschr nkte Entwicklungsf higkeit zeigen die aber dadurch dass sie sich in ihre m Lebensbereich gut auskennen sowie durch gewisse Selbst ndigkeit und Verschlagenheit und besonders auch durch eine gel ufige Zunge ber die Tatsache ihres nachweisbaren Schwachsinns hinwegzut uschen verm gen Diesen Schwachsinn der die Maske der Schlau
435. tter Sie verehrter Leser als Vater gehabt h tte statt das Vagantenvolk in den W ldern Dass ein Gro teil der Erziehungsschwierigkeiten von der Kindswegnahme herr hrte offenbart unfreiwillig das zitierte Aktenmaterial Immer wieder greift das Hilfswerk in seinem Publikationsorgan auch mehr oder weniger aktuelle Themen und Fragestellungen aus der Psychologie auf um der eigenen Arbeit einen wissenschaftlich fundierten Anstrich und Aktualit t zu verleihen So erl utert Peter Doebeli in der 41 Ausgabe der Mitteilungen u a die Anwendungsm glichkeiten des Rorschach Tests zur Erfassung der Pers nlichkeit und Intelligenz der jenischen Pflegekinder sowie ihres Gef hls und Triebleben s Wie diese Rorschach Tests interpretiert wurden l sst sich bei Waltisb hl nachlesen Doebelis Fazit lautet Bei den Kindern der Landstrasse hat sich auf Grund der Untersuchungen ein erheblicher Prozentsatz von Schwachbegabten ergeben welche nur in der Spezialklasse oder in der 238 Z W Jugendjahre S 1 2 Z W Jugendjahre S 2 80 Z W Jugendjahre S 3 BI Z W Jugendjahre S 4 282 Doebeli Peter Hilft uns die angewandte Psychologie In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 41 1957 S 1 2 hier S 1 283 Vgl oben S 44 61 Heimschule entsprechend gef rdert werden k nnen Die folgende Nummer der Mitteilungen befasste sich daraufhin eingehender mit dem Thema Vagantit
436. tter entfernten Eierst cke Blindd rme oder Gallenblasen in Abfalleimern verschwinden lie en Organe die mit wenigen Ausnahmen mit einer Dosis Medizin wieder in Schwung zu bringen gewesen w ren Mit dieser Wendung sind zwei weitere Effekte verbunden Zum einen erscheinen die Morde Karis kaum weniger brutal gef hlskalt und menschenverachtend als die angeblich medizinisch notwendigen Eingriffe an den forensischen Patienten der einzige Unterschied scheint in der strafrechtlichen Verfolgung im einen Fall mit der ber die psychiatrische Diagnose und den psychiatrischen Ma regelvollzug gleichzeitig die Beschaffung von neuem Material f r weitere Eingriffe und die M glichkeit einer wissenschaftlichen Profilierung in Form eines Kn llers verbunden sind und der vollkommenen Straffreiheit im Fall der behandelnden rzte und Psychiater zu liegen Zum anderen wird wenn auch indirekt die bereits in Zeus oder der Zwillingston aufgeworfene Frage nach einem m glichen Zusammenhang von Nationalsozialismus und Psycho Pathologie erneut gestellt Denn ohne Zweifel sind die nationalsozialistischen Verbrechen in ihrer Monstrosit t Gef hlsk lte und Amoralit t ohne Beispiel dennoch haben sie kaum Anlass zu Forschungsprojekten gegeben die ernsthaft der Frage nachgehen w rden ob ihnen eine m gliche charakterliche pers nliche Disposition zugrunde lag die gro en Teilen einer ganzen Bev lkerungsgruppe zu eigen war und die dar
437. tuels et morales de l espece humaine et des causes qui produisent ces varietes maladives Paris 1857 Moser Peter Paul Rassendiskriminierung und Verfolgung w hrend einer ganzen Generation Thusis 2002 Moser Peter Paul Die Ewigkeit beginnt im September Thusis 2000 Moser Peter Paul Entrissen und Entwurzelt Thusis 2000 New Mitya Hg Switzerland unwrapped Exposing the Myths London New York 1997 Nedopil Norbert Prognosen in der Forensischen Psychiatrie Ein Handbuch f r die Praxis Lengerich 2005 N nning Ansgar Mapping the Field of Hybrid New Genres in the Contemporary Novel A Critique of Lars Ole Sauerberg Fact into Fiction and a Survey of Other Recent Approaches to the Relationship between Fact and Fiction In Orbis Litterarum 48 1993 S 281 305 Nussbaumer Jeanette Die Kellerkinder von Nivagl Die Geschichte einer Jugend Basel Berlin 1995 O Leary Timothy Foucault and Fiction The Experience Book London New York 2009 Paulys Realencyclop die der classischen Altertumswissenschaft Zweite Reihe Elfter Halbband Stuttgart 1968 Pender Malcolm Emancipation through Writing Mariella Mehr and steinzeit In Chamley Jo und Malcolm Pender Hgg Intellectual Emancipation Swiss Women and Education Bern 2001 S 81 99 Peter Jean Pierre und Jeanne Favret Das Tier der Wahnsinnige der Tod In Michel Foucault Hg Der Fall Riviere Materialien zum Verh ltnis von Psychiat
438. tung erfahren Fordham identifiziert im Zuge ihrer Analyse die Angst vor dem Anderen als entscheidenden Motor einer sich stetig fortsetzenden Kette der Gewalt Fear plays a key role in the continuation of violence because as we fear identifying with the victim we close off the possibility for empathy which could lead to the recognition of the life long consequences of violence which in turn l3 Die besondere Leistung der Mehrschen Texte sieht could lead to social change Fordham in der Darstellung der Opferperspektive die den Leser zur Identifikation mit diesem und gleichzeitig zu einer Reflexion der eigenen Mitt terschaft bei gesellschaftlichen Exklusionsprozessen zwinge Identifying with the victim and hearing their pain forces one to look at one s own role in the social forces that bring about such violence If one acknowledges that the 8 Baer Ursula Violent Naming Power Relations and Cultural Identities in Representations of Family less Children in Mariella Mehr s Daskind and Marie von Ebner Eschenbach s Das Gemeindekind In Crossroads Vol IIV 2 2009 S 5 11 Bell Michele Ricci Lyrical Redefinitions of Heimat in Mariella Mehr s Nachrichten aus dem Exil and Widerwelten In The German Quarterly 83 2 S 189 211 2010 10 Caduff Corina Die verlorene Herkunft in den Texten von Jenischen In Dies Hg Figuren des Fremden in der Schweizer Literatur Z rich 1997 S 175 191 Finnan Carmel F
439. turieren wird die Wesens hnlichkeit Annas mit fleischfressenden 729 Pflanzen Mit dieser Selbststilisierung ist neben einer Naturalisierung ihrer Mordlust auch der Hinweis auf ihre Schuldlosigkeit an den Taten verbunden denn handeln die Karnivoren gem ihrer Natur so macht Anna dies f r sich ebenfalls geltend wenn sie sich r ckblickend im Vergleich ihres Lebens Mordens mit demjenigen der fleischfressenden Pflanzen als nur scheinbar Handelnde und von einem h here n Wille n beeinflusst empfindet Eine deterministische Sicht der jedoch kaum zu folgen ist zu abwegig und unzul ssig erscheint der Vergleich der moralisch ethischen Kompetenz einer Karnivore mit derjenigen eines mordenden Menschen Dennoch ruft die Perspektive des hilflos ausgelieferten Ameisenopfers die der Leser in der einleitenden Passage teilt unwillk rlich Abscheu gegen ber der perfide und hinterh ltig erscheinenden Fangtechnik hervor zumal wie im weiteren Verlauf betont wird die Pflanzen ohne jede Notwendigkeit und aus reiner Lust t ten eine Ablehnung die nicht auf Anna zu bertragen nahezu unm glich ist ist sie doch angesichts der verschiedenen Tode mit Heiterkeit erf llt vermittelt ihr die Betrachtung der allzeit bereiten Fallen das Gef hl der Geborgenheit und sieht sie in der Gier nach einer nicht ben tigten Nahrung ihre eigentliche Verwandtschaft zu den fleischfressenden Pflanzen Karnivore
440. tzung mit den Erfahrungen aus ihrer Zeit als M ndel des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstra e I n weit ber 422 hundert von einander isolierten Leidensszenen die sich durch eine bilderreiche expressiv assoziative Sprache h ufige Ana und Prolepsen sowie nahezu durchg ngige 1 Mehr Mariella steinzeit Bern 1981 S 22 42 Caduff Corina Wut ist Angst Ein Portr t der Schriftstellerin Mariella Mehr Neue Z rcher Zeitung 19 20 November 1994 106 Kleinschreibung auszeichnen werden die traumatischen Erlebnisse der Protagonistin wie etwa Vergewaltigungen Misshandlungen Elektroschock und Insulintherapien vom fr hesten Baby und Kleinkindalter an in aller Drastik geschildert Trotz der stark literarisierenden Komponenten steht bei der Rezeption der autobiographische Aspekt nach wie vor bei weitem im Vordergrund und der Text wurde nahezu ausschlie lich als Dokument einer traumatischen Kindheit gelesen obwohl abgesehen von den paratextuellen Angaben zur Biographie der Autorin auf Authentifizierungsstrategien etwa Fotomaterial wie sie andere autobiographische Texte verwenden weitgehend verzichtet wird Bilderbuch der Gewalt Trauma Dissoziation Fragmentierung Narration Ein Grund daf r dass der referentielle autobiographische Aspekt von steinzeit so sehr in den Vordergrund tritt und selbst durch das stark verfremdende Schreib bzw Erz hlverfahren nicht gest r
441. u stellen Dass die Sterilisation einem z gellosen Ausleben der sexuellen Triebhaftigkeit der Jenischen die Waltisb hl an mehreren Stellen hervorgehoben hatte Vorschub leisten k nnte gibt er zu bedenken wertet sie jedoch als nicht gravierend da ohnehin bei den AT i a 216 a Landfahrern in dieser Beziehung keine Verschlimmerung der Zust nde zu erwarten sei Haupts chlich sei daf r Sorge zu tragen dass jenische Erbanlagen nicht in die gesunden Teile der Bev lkerung verschleppt werden 2B Waltisb hl Bek mpfung S 157 214 Waltisb hl Bek mpfung S 158 215 Waltisb hl Bek mpfung S 159 216 Waltisb hl Bek mpfung S 160 217 Waltisb hl Bek mpfung S 160 48 II 4 Benedict Fontana Nomadentum und Sesshaftigkeit als psychologische und psychopathologische Verhaltensradikale Psychisches Erbgut oder Umweltspr gung 1968 Benedict Fontana setzt in seiner 1968 erschienenen Dissertation den Gedanken Waltisb hls um das umfangreiche Aktenmaterial das vom Hilfswerk f r die Kinder der Landstrasse 218 worden zusammengetragen und Fontana dankenswerter Weise zur Verf gung gestellt war unter erbbiologischen und psychosozialen Gesichtspunkten zu betrachten Die nur knapp 30 Seiten umfassende Doktorarbeit im Literaturverzeichnis sind gerade 16 Titel aufgef hrt darunter Schriften J rgers Ritters und Waltisb hls geht dabei nach dem gleichen Prinzip vor wie die Vo
442. u stellen In dieser Arbeit beabsichtigen wir nicht vollst ndige psychiatrische Sippengeschichten im Sinne Joergers und Ritters wiederzugeben obwohl wir uns bewusst sind dass die Vererbung die Hauptrolle in der Degeneration dieser Pers nlichkeiten spielt Es ist dies die Aufgabe des Erbforschers und Eugenikers das ganze in unserem Lande bekannte Material systematisch durchzuarbeiten Gerade f r die Erbgesundheitslehre wird es einmal interessant sein das Kindermaterial des Hilfswerkes in 30 40 Jahren als Grundlage f r weitere Beobachtungen und Erfahrungen zu verwerten Es kann dann mit Bestimmtheit gesagt werden ob die Milieutherapie einen Sinn gehabt hat oder ob man mit anderen Mitteln vorgehen muss Uns stellt sich hier lediglich die Aufgabe die psychischen Bedingungen darzustellen unter welchen diese Kinder ins Leben treten und es wird sich zeigen dass diese armen Gesch pfe schon anlagebedingt eine schwere Benachteiligung gegen ber normalen Kindern aufweisen Die Lebensl ufe die Waltisb hl anf hrt unterscheiden sich kaum von denjenigen Ritters oder J rgers und beschr nken sich auf die Aufz hlung negativer Charaktereigenschaften diverser Delikte sowie der Ergebnisse psychiatrischer Begutachtungen Die Beliebigkeit der Interpretation psychologischer Testergebnisse zeigt sich an Waltisb hls Ausf hrungen zu August X der vom Zuchthaus wegen seines psychisch verd chtigen Verhaltens in eine Irrenanstalt berf hrt wurd
443. u verstecken das sich gewaltt tig an Kindern austobt weil es am eigentlichen Ziel abprallt an der K lte einer Frau die jedes Begehren abt ten mu Dieses Dorf macht jede Tods nde m glich Und Kari ist einer vom Dorf Trotz der als zutiefst unrecht empfundenen Behandlung die ihm von den D rflern aber auch von seinen Pflegeeltern zuteil wird unternimmt Daskind immer wieder Versuche sich zu unterwerfen gef llig zu sein seine Unschuld zumindest in Taten zu beweisen und alles daran zu setzen um sich des Teuflischen in ihm an dessen Existenz zu glauben es schlie lich selbst bereit ist zu entledigen Geduldig b rstet es dreimal w chentlich das blonde Engelshaar eines Nachbarkindes in der Hoffnung etwas von der Normalit t der Existenz der Keller Marie k nne an ihm haften bleiben aber n ie hatte das Gold des 702 Haars Spuren hinterlassen Bei einer Wallfahrt zur Schwarzen Madonna ennet dem Berg die Kenels auf Druck der D rfler unternehmen um den Teufel loszuwerden a versetzt sich Daskind in einen tranceartigen Zustand und versucht sich tats chlich der Madonna und ihrer Gnade zu berantworten sich im L cheln der Madonna 704 einzurichten Das Gl cksgef hl das dieses imaginierte Anerkanntsein hervorruft schl gt jedoch augenblicklich ins Gegenteil um als sich das Kind von seinen alptraumartigen Erinnerungen eingeholt auch von der Madonna
444. ubjektkonstitution selbst Saar Genealogie und Subjektivit t S 172 31 Saar Genealogie und Subjektivit t S 171 32 Foucault Trombadori S 1592 95 Das kritische Potential einer entsubjektivierenden bung bzw eines Erfahrungsbuches misst sich folglich nicht zuletzt an der Reaktion die ausgel st wird Wenngleich also Erfahrungsb cher zun chst notwendigerweise von der Frage nach individuellen Selbst Problematisierungen und Unterwerfungsweisen her ihren Ausgang nehmen die in einer entsubjektivierenden bung schreibend re inszeniert werden zeichnen sie sich gleichzeitig dadurch aus dass die damit verbundene entsubjektivierende Erfahrung auch intersubjektiv nachvollziehbar ist Dies wird m glich weil es in einem Erfahrungsbuch nicht darum geht pers nliche Erfahrungen ins Wissen zu bertragen denn das w re gerade die Operation eines Wahrheits bzw Beweisbuches Das Verh ltnis zur Erfahrung mu im Buch eine Transformation gestatten eine Metamorphose die nicht einfach meine ist sondern die einen gewissen Wert gewisse Eigenheiten hat die anderen zug nglich sind so dass diese Erfahrung auch von anderen gemacht werden kann schlie lich mu diese Erfahrung bis zu einem gewissen Grade mit einer kollektiven Praxis mit einer Denkweise verkn pft sein Der Effekt des Erfahrungsbuches l sst sich als L hmung bzw Blockade beschreiben die um mit Martin Saar zu sprechen daher r hrt dass sowo
445. uchung damit jedoch nicht im eigentlichen Sinne eine entunterwerfende Selbst Praktik sondern vielmehr in einem sehr materiellen Sinn das Verschwinden von Figuren in literarischen Texten Thomas Bernhards Frost 1963 steht meines Wissens am Beginn einer Reihe von deutschsprachigen Romanen und Erz hlungen in denen das Verschwinden einer Person mehr ist als ein spannungerzeugender Kunstgriff aus dem Krimi Genre Es scheint vielmehr als n hmen die Autoren die Rede vom Verschwinden des Subjekts w rtlich und sorgten nun mit poetischen Mitteln f r dessen literarische Inszenierung S 12 Wichtige Impulse verdankt die vorliegende Arbeit hingegen der erziehungswissenschaftlichen Foucault Rezeption vor allem der innovativen Untersuchung von Jenny L ders Ambivalente Selbstpraktiken Eine Foucault sche Perspektive auf Bildungsprozesse in Weblogs Bielefeld 2007 die zwar andere Schwerpunkte setzt und auch zu anderen Ergebnissen kommt deren Erkenntnisinteresse jedoch ebenso von der Frage nach m glichen entsubjektivierenden Selbstpraktiken geleitet ist 38 Saar Martin Genealogie als Kritik Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault Frankfurt am Main New York 2007 Vgl N nning Ansgar Mapping the Field of Hybrid New Genres in the Contemporary Novel A Critique of Lars Ole Sauerberg Fact into Fiction and a Survey of Other Recent Approaches to the Relationship between Fact and Fiction In Orbis L
446. und damit die M glichkeit einer realistischen und psychologisierenden Lekt re der Ausf hrungen Karis Fragt der Leser nach den Ursachen f r ihre Taten teilt er notgedrungen die Position der Gerichtspsychologin die anhand von Karis Erz hlung ja ihrerseits die Voraussetzungen die ein solches Gewaltpotential ausl sen k nnen sucht Zus tzlich erleichtert wird die Besetzung dieser Position durch die fehlende Figurencharakterisierung der Gerichtspsychologin und den dialogisch angelegten Monolog Karis der ber die Anrede Du auch als direkte Leseransprache fungieren kann Die zweite und vor allem die dritte Frage Wie h tte mein Leben verlaufen m ssen dass ich Caroline H geworden w re f hrt direkt zum Wahrheitsdiskurs ber Jenische Denn die Antwort die der Roman auf diese Frage bereit zu halten scheint lautet Um eine gef hlsarme brutale Serienm rderin und brandstifterin zu werden bedarf es eines unsteten eklatant vernachl ssigenden gewaltbereiten alkoholabh ngigen und promisken famili ren Umfeldes im Kindes und Jugendalter Womit in etwa die Positionen und Argumente wumrissen sind die dem Hilfswerk f r die Kinder der Landstra e als Rechtfertigung f r Kindswegnahmen dienten Den diversen Paratexten zu Angeklagt kann so ein hnlicher Effekt zugeschrieben werden wie Foucault ihn f r den autobiographischen Bericht Raymond Roussels zu den Leitlinien seines literarischen Schaffens konstatiert ha
447. und die Wiedergewinnung dieser Identit t ist das Herz das den Text leitmotivisch strukturiert und zum Gegenstand der Betrachtung der eigenen Viktimisierung wird ich stehe vor einem einfachen altar aus hellem marmor auf dem altar pocht ein schwarzes moderndes herz Ist im Kontext der Kindheitserinnerungen zun chst von den zerfressene n konturen des Herzens in 492 denen das schwarze gel chter haust vom vor Bitterkeit gekr mmten und zwischen 493 K rper und Haut gerinnenden also nicht funktionsf higen Herzen die Rede formuliert die erwachsene Silvana den Wunsch nach einem Herzen das sich nie mehr auf schmerzen 494 reimen w rde Die Rekonstruktion der Erinnerung und die Auseinandersetzung damit erscheint hingegen als Durchbrechen der Sprach und Kommunikationslosigkeit wie auch als Wiedergewinnung eines lebendigen pochenden lebenserhaltenden Herzens einw rts vermodern worte zerreisst sich die qual an stacheldrahtz unen ein pochendes herz beginnt den lichtlosen mund zu f llen Die Neuerlangung der Sprache wiederum ist nicht zuletzt mit einem Perspektivwechsel verbunden den die zunehmende Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft und Kultur wie etwa der eigentlichen Muttersprache dem Jenischen er ffnet in unserer sprache ist das herz eine sache es das herz die jenischen haben berhaupt kein wort f r herz sie nennen es soori wie sie auch die lieb
448. unftsfamilie vor allem nach der Mutter zum Ausdruck gebracht werde nichts als 193 geschickte T uschung Die Versuche der Sippen die ihnen weggenommen Kinder 186 Waltisb hl Bek mpfung S 106 187 Waltisb hl Bek mpfung S 106 18 Waltisb hl Bek mpfung S 107 19 Waltisb hl Bek mpfung S 107 0 Waltisb hl Bek mpfung S 108 9I Waltisb hl Bek mpfung S 110 12 Waltisb hl Bek mpfung S 111 193 Waltisb hl Bek mpfung S 112 42 zur ck zu bekommen wertet Waltisb hl als Ausdruck von Sippenstolz und Stammesehre jedoch keineswegs von elterlicher Liebe Das daran anschlie ende Kapitel widmet sich der Kriminalit t unter Ber cksichtigung der Straflisten von 100 J ennischen z 0 ZahlderVer Zahl der T ter Jo wrl liuneen T tungsdelikte 7 1 9 7 K rperverletzung 58 14 6 178 Diebstahl 75 18 9 353 Betrug 45 11 4 232 Unterschlagung 37 9 3 91 Hehlerei 9 2 3 12 Sachbesch digung 20 5 1 31 Raub 7 1 9 7 Erpressung 4 1 1 6 Notzucht 3 0 8 3 Sch ndung 3 0 8 4 Sodomie 5 1 4 5 ffentliche unz chtige Handlungen 3 0 9 7 Unz Drohung 0 4 Hausfriedensbruch 14 3 6 17 MFG 10 2 6 12 Milit rstrafrecht 17 4 4 23 391 100 1118 196 Nicht alle Punkte werden von Waltisb hl eingehender kommentiert Zur hohen Zahl der K rperverletzungen merkt er ausdr cklich an dass es sich hierbei nicht um gemeingef hrliche Taten handele sondern vor allem um
449. ungen die sich in Selbstformen Mustern von Selbstverh ltnissen und Selbstverst ndnissen verk rpern Ent Normalisierung und Ent Subjektivierung Foucaults Konzept einer kritischen Ontologie des Selbst hat dabei wom glich weitreichendere Implikationen als etwa Judith Butlers oder Homi K Bhabhas Konzeptualisierungen von Performativit t und Mimikry als einer m glichen subversiven Praxis die sich an Foucaults berlegungen anlehnen Denn sowohl Butlers Performativit ts als auch Bhabhas Mimikry Konzept setzen an der sowohl intentionalen als auch nicht intentionalen Wiederholung von Norm bzw Normalit t an einer Re Inszenierung die sowohl einen identit tskonstituierenden als auch einen normalit tsaufl senden Effekt zeitigen kann Entnormalisierend insofern als Norm im Zuge ihrer wiederholenden Inszenierung als kulturelles gesellschaftliches Konstrukt und gerade nicht als pr kulturell oder pr diskursiv existierend entlarvt werden kann Die Einsicht in die kulturell und diskursive Gemachtheit einer Norm bzw bestimmter Abweichungsszenarien allein setzt dabei jedoch nicht zwangsweise deren subjektivierende Effekte au er Kraft denn die Selbstausarbeitung kann dennoch wenn auch adversativ auf vorgegebene Normen bezogen bleiben und zum Beispiel in den Versuch m nden eine darauf bezogene Gegenposition zu entwickeln Wo Butler und Bhabha in den Re Inszenierungen die
450. ungen positioniert und selbst f hrt Wie schon gezeigt lassen sich verschiedene Formen des Selbstbezugs bzw der Selbstproblematisierung denken Legt man diese berlegungen Foucaults zugrunde ergibt sich der besondere Erfolg einer Selbstausarbeitung als nichtsesshaft hinsichtlich der politischen Anerkennung als Minderheit aus der Wechselbeziehung zwischen Macht und Subjektivit t bzw dem produktiven Charakter von Macht Denn ein Subjekt wird im Moment seiner Unterwerfung unter formierende Bedingungen bzw Diskurse gleichzeitig handlungsm chtig indem das Subjekt die es unterwerfenden Bedingungen annimmt sich entsprechend ausarbeitet und somit intelligibel wird bzw bleibt schafft es berhaupt erst die Voraussetzungen f r Machtbeziehungen denn es muss im Gegenzug als handelndes Subjekt anerkannt werden was es ihm wiederum erm glicht im Rahmen von Machtbeziehungen auf das Handeln anderer Subjekte Einfluss zu nehmen Wenn man Machtaus bung als ein auf Handeln gerichtetes Handeln definiert wenn man sie als Regierung von Menschen durch andere Menschen im weitesten Sinne des Wortes beschreibt dann schlie t man darin ein wichtiges Element ein n mlich das der Freiheit Macht kann nur ber freie Subjekte ausge bt werden insofern sie frei sind und damit seien hier individuelle oder kollektive Subjekte gemeint die jeweils ber mehrere Verhaltens Reaktions oder Handlungsm glichkeiten verf gen Wo die Bedingung
451. urloses Volk Berichte ber Zigeuner und Selbstzeugnisse von Sinti und Roma Seeheim 2006 Vgl hierzu Kapitel II U a 1981 den Literaturpreis des Kantons Z rich f r steinzeit 1983 den Literaturpreis der Stadt Bern f r In diesem Traum schlendert ein roter Findling 1996 den Preis der Schillerstiftung f r Daskind 2002 Buchpreise des Kantons und der Stadt Bern f r Angeklagt Vgl hierzu auch die Homepage der Autorin unter http www mariellamehr com literaturpreise htm Letzter Zugriff 06 01 2009 7 F r die Schweiz sind in diesem Zusammenhang vor allem die entsprechenden Artikel im Feuilleton der Neuen Z rcher Zeitung zu nennen wo z B Corina Caduffs Besprechungen von steinzeit 19 20 November 1994 sowie von Zeus oder der Zwillingston 6 August 2006 oder Sybille Birrers Rezension zu Angeklagt 6 Juni 2002 erschienen sowie die Wochenzeitung WoZ f r die Mehr selbst diverse Artikel verfasste und in der u a eine Rezension von Fredi Lerch zu Angeklagt erschien vgl die Ausgabe 19 2002 verf gbar unter http www woz ch artikel inhalt 2002 nr19 Kultur 10914 html letzter Zugriff 28 06 2005 In Deutschland publizierte u a Die Zeit Beitr ge zu Mariella Mehr B rer Barbara Schweizer Ordnung http www zeit de 1999 05 Schweizer Ordnung letzter Zugriff 06 01 2009 Doebler Katharina Silberherz stirbt http www zeit de 1996 05 Silberherz_stirbt letzter Zugriff 11 09 2010 Deutschlandfunk und Deutschlandradio
452. ussagen und daher nur auf diesen Autor bezogen verstanden und bewertet werden Masschelein Jan Je viens de voir je viens d entendre Erfahrungen im Niemandsland In Ricken Norbert und Markus Rieger Laderich Hgg Michel Foucault P dagogische Lekt ren Wiesbaden 2004 S 95 115 hier S 106 1 Vgl hierzu Galle Sara und Thomas Maier Von Menschen und Akten Die Aktion Kinder der Landstrasse der Stiftung Pro Juventute Z rich 2009 S 95 ff Als Hauptargument gegen die Arbeit der Organisation f hrte Caprez u a diejenigen kinderpsychologischen Theorien an die das Hilfswerk in seiner ffentlichkeitsarbeit stets selbst zu relativieren und zu entkr ften gesucht hatte zudem kann nach bereinstimmender Ansicht der Kinderpsychologie die radikale Trennung von Mutter und Kind im fr hen Kindesalter zu schwersten 65 Etwa zeitgleich mit der Aufl sung des Hilfswerkes bildeten sich erste Interessenvertretungen denen im Laufe der Jahre weitere folgten die zum einen die Aufarbeitung der f rsorgerischen Ma nahmen Akteneinsicht und Wiedergutmachung forderten zum anderen die Wiederfindung und Pflege der kulturellen Identit t als Anliegen formulierten Die wohl inzwischen einflussreichste da im Rahmen politischer Entscheidungsprozesse bevorzugt konsultierte dieser Organisationen ist die 1975 gegr ndete und seit 1985 vom Bund subventionierte Radgenossenschaft der Landstrasse zu deren Gr ndungsmitgliedern au
453. utachten jedoch das Rahmen bereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten R SNM das selbst keine Konkretisierung des Begriffs der nationalen Minderheit enth lt seitens der Schweiz jedoch bei der Ratifizierung 1998 durch folgende auslegende Erkl rung erg nzt wurde Als nationale Minderheit im Sinne des vorliegenden Rahmen bereinkommens gelten in der Schweiz diejenigen Gruppen von Personen die zahlenm ssig kleiner als der Rest der Bev lkerung des Landes oder eines Kantons sind deren Angeh rige die Schweizer Staatsb rgerschaft besitzen alte solide und dauerhafte Bindungen zur Schweiz unterhalten und vom Willen getragen sind gemeinsam zu bewahren was ihre Identit t ausmacht insbesondere ihre Kultur ihre Traditionen ihre Religion oder ihre Sprache Mit dieser Erkl rung trat vor allem der Aspekt der Staatsangeh rigkeit in den Vordergrund der Anspr che an die Schweiz seitens ausl ndischer Fahrender welche sich auf die gleiche zu sch tzende Kultur Tradition Religion und Sprache berufen konnten ausschloss Deutliche Probleme bereitete bei der Begutachtung die Definition der ma geblichen Gruppenmerkmale der zu sch tzenden Minderheit In bereinstimmung mit der Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende bernahm das Gutachten nach Diskussion und Verwerfung der Termini Zigeuner Roma Jenische den Begriff der Fahrenden als Bezeichnung f r diejenigen Bev
454. utung bestimmt wird und eine nachgeordnete gewaltsame Ordnung herstellende diskursive Ebene Die monistische Konzeption kennt nur Ba 411 noch die diskursive Ebene Lie sich Literatur im dualistischen Diskursmodell der pr diskursiven Ebene zuordnen auf der sie ebenso wie der Wahnsinn als ungeordnetes unvern nftiges Sprechen verortet wurde das von einer diskursiven Rationalit t gewaltsam unterworfen werden musste erscheint sie im monistischen Modell als in gleicher Weise von diskursiven Ordnungssystemen strukturiert wie jede andere Form des Sprechens Das monistische Konzept verfolgte daher nun nicht mehr eine Strategie der Freilegung der Aussagen in ihrem pr dsikursiven Zustand sondern die Strategie einer Rekonstruktion der Logik 2 Foucaults Interesse an Literatur geriet aussagenkonstitutiver diskursiver Ordnungen durch diese Verschiebung jedoch keineswegs vollends aus dem Blick sondern richtete sich nun vielmehr auf die Frage nach den Funktionen der als literarisch markierten Diskurspositionen innerhalb des diskursiven Ordnungssystems ohne dieser Fragestellung jedoch in einer eigenen Untersuchung weiter nachzugehen Man hat nie wirklich analysiert wie aus der Masse von Dingen die gesagt werden aus dem Ensemble der tats chlich gehaltenen Diskurse eine gewisse Anzahl dieser Diskurse der literarische Diskurs der philosophische Diskurs eine Sakralisierung erfahr
455. verh ltnisse konnte jedoch der Wirklichkeit des Landfahrertums nie gerecht werden Es ging weitere 75 Jahre bis endlich 1925 das Hilfswerk f r die Kinder der Landstra e durch die Pro Juventute ins Leben gerufen wurde welches den m hseligen und beschwerlichen Kampf zur Se haftmachung dieser Leute wieder aufnahm Ein weiteres Problem bei der Umsetzung der entsprechenden Gesetze bzw beim Vorgehen gegen Landfahrer und andere Vaganten sieht Waltisb hl in der Rolle der Polizei Zwar sei die Landstreicherei als Delikt in die Strafgesetzgebung eingegangen in den meisten F llen werde die Polizei jedoch nur administrativ t tig der Vagant w rde nicht als tats chlicher Delinquent bewertet sondern lediglich als ein Mensch welcher die ffentliche Ordnung st rt So w rden zahlreiche Vaganten von der Polizei nach einem kurzen Arrest einfach wieder laufen gelassen ohne sie an die zust ndige Beh rde zur Ausf llung cc 175 einer Strafe weiter zu geben 7 Waltisb hl Bek mpfung S 20f 1 Waltisb hl Bek mpfung S 24 3 Waltisb hl Bek mpfung S 23 174 Waltisb hl Bek mpfung S 58f 15 Waltisb hl Bek mpfung S 59 39 Auch der administrativen Internierung widmet Waltisb hl einigen Raum und sieht in der Zwangsversorgung von Liederlichen und Arbeitsscheuen die es erlaubt m ssigg ngerische und nichtsesshafte Elemente ohne Haftbefehl in eine Zwangsarbeitsanstalt einzuwei
456. verminderte Zurechnungsf higkeit als zentrales Problem der Entw rfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch Drei ig Vorlesungen ber die sogenannten geistig Minderwertigen im geltenden und k nftigen Recht im Strafvollzuge und in der Irrenanstalt Berlin 1927 Wilmanns Karl Zur Psychopathologie des Landstreichers Leipzig 1906 Wolf Werner sthetische Illusion und Illusionsdurchbrechung in der Erz hlkunst Theorie und Geschichte mit Schwerpunkt auf englischem illusionsst rendem Erz hlen T bingen 1993 Wottreng Willi Deubelbeiss und Co Wie ein Gangsterduo die Schweiz in Schrecken versetzte Z rich 2007 Z W Jugendjahre eines M rders In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 36 1952 S 1 4 234 Internetquellen Birrer Sibylle Die Logik des T tens In Neue Z rcher Zeitung Online 6 Juni 2002 http www nzz ch 2002 06 06 fe page article86816 html Letzter Zugriff 6 Juni 2002 Boos Susan Frauen die t ten In WoZ Online 20 12 2001 http www woz ch archiv old 01 51 7373 html Letzter Zugriff 08 12 2010 Botschaft ber einen Rahmenkredit an die Stiftung Zukunft f r Schweizer Fahrende f r die Jahre 2007 2011 06 030 10 M rz 2006 S 3052 http www bak admin ch themen sprachen_und kulturelle _minderheiten 00507 00511 ind ex html Letzter Zugriff 19 05 2010 B rer Barbara Schweizer Ordnung Die Zeit 5 1999 http www zeit de 1999 05 Schweizer Ordnung Letzter Zug
457. walt ist auch die meine Ich erlebe sie auf zwei Ebenen auf der Ebene meiner Arbeit aber auch auf der Ebene meiner sechsunddreissigj hrigen Erfahrung die sich in erster Linie als Erfahrung best tigt wissen will und Korrekturen verst ndlicherweise schwer zul sst Dieses Buch zu schreiben heisst nichts anderes als im Blickpunkt der Frage nach der Legitimation von Gewalt und ritualisierter Gewalt sich einen weitern Schritt an das eigene Selbst heranzutasten Einen Schritt weiter in Richtung Freiheit H i O Dem Drang zu t ten den eigenen Aggressionen ein Ventil zu geben wie er noch in steinzeit formuliert worden war ich will nicht t ten ich habe eine amsel get tet D steht in Das Licht der Frau der Wunsch gegen ber Leben zu erhalten und zu bewahren der kleine Schwalbenfindling starb letzte Nacht obwohl ich ihn mit M cken und Fliegen durchzuf ttern versuchte H tte ich ihn sofort t ten sollen Starb er vor Seiner Zeit oder zu Seiner Zeit H i O Auf diese Frage scheint es nicht zuletzt aufgrund der Beschr nktheit der menschlichen Perspektive und Erkenntnisf higkeit keine Antwort zu geben denn selbst wohlmeinende lebenserhaltende Absichten k nnen sich aus Unwissenheit ins Gegenteil verkehren wie eine weitere Passage verdeutlicht Jetzt 518 Mehr Licht S 84 9 Mehr Licht S 12 520 Mehr Licht S 76f 52 Mehr steinzeit S 24 522 Mehr Licht S 53 128 endlich ist die Schild
458. was ich sage ist f r mich ein sehr schwieriges ja sogar das zentrale Problem Auf diese Frage habe ich bisher niemals geantwortet Gleichzeitig benutze ich jedoch ganz klassische Methoden die Beweisf hrung oder zumindest das was in historischen Zusammenh ngen als Beweis gelten darf Verweise auf Texte Quellen Autorit ten und die Herstellung von Bez gen zwischen Ideen und Tatsachen Schemata die ein Verst ndnis erm glichen oder Erkl rungstypen Die Verwendung einer solchen Wahrheits Rhetorik zeigt dass auch die Kritik selbst keinen Ort au erhalb des Macht Wahrheits bzw Macht Wissens Gef ges einnehmen kann sie muss sich vielmehr strategisch innerhalb dieses Feldes positionieren denn d er Herrschaft einer Wahrheit entkommt man nicht indem man ein Spiel spielt das dem Spiel der Wahrheit vollst ndig fremd ist sondern indem man das Wahrheitsspiel anders spielt indem man ein anderes Spiel eine andere Partie oder mit anderen Tr mpfen spielt Die Anlehnung an die Methoden wissenschaftlicher Beweisf hrung im Kontext von Wahrheitsdiskursen erscheint somit als entscheidende Voraussetzung um den gew nschten Effekt des Erfahrungsbuches zu realisieren 4 Foucault Dispositive der Macht S 53 1 Foucault Dispositive der Macht S 52 42 Foucault Trombadori S 1588 403 Foucault Dits et Ecrits Schriften IV S 895 99 Damit man vermittelt ber dieses Buch eine solche entsubjekt
459. weifel gezogen Die Tatsachenberichte die dem novellistischen Pflegefamilien Idyll folgen bilden einen entsprechenden Kontrast und zeichnen ein drastisches Bild der Verwahrlosung bei den leiblichen Eltern Bot sich die Gelegenheit machte sich das Hilfswerk in seiner ffentlichkeitsarbeit besonders spektakul re F lle zunutze um die Notwendigkeit der eigenen Arbeit zu unterstreichen so etwa in der 36 Ausgabe der Mitteilungen vom Oktober 1952 die vollst ndig den Jugendjahre n eines M rders gewidmet ist Eigentliches Ziel der Ausf hrungen ist die Rechtfertigung der Versetzung der drei Kinder des T ters in eine erzieherisch g nstige Umgebung bzw eine Durchf hrung von Kindswegnahmen in m glichst jungen Jahren Der Artikel des dem Hilfswerk erkl rterma en nahestehenden Journalisten mit dem K rzel W Z besteht neben einigen kurzen Bemerkungen zur angeborenen Belastung und de m stets wiederkehrenden Einflu seiner vagierenden Sippenglieder haupts chlich aus PP Siegfried Zehn Jahre F rsorgearbeit S 13 74 Vgl Galle Maier Menschen und Akten S 18 P Siegfried Zehn Jahre F rsorgearbeit S 5 76 Vgl den Beitrag Die Wunde der Trennung in den Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 40 1956 S 4 77 Z W Jugendjahre eines M rders In Mitteilungen des Hilfswerkes f r die Kinder der Landstrasse 36 1952 S 1 4 hier S 1 60 Dokumenten bzw
460. weite von Anlage und Umweltfaktoren heranzieht Das aus Gerichtsakten rekonstruierte Schicksal der 1844 im Zuchthaus gestorbenen Kindsm rderin Olga die ihr zweites unehelich geborenes Kind nach der Geburt in einem See ertr nkt sieht J rger als von den ung nstigen famili ren Bedingungen roher trinkender Vater vorbestimmt und misst ihm gar poetische Qualit ten zu Die Erw hnung des mehrj hrigen Aufenthaltes im Schwabenland der einen besseren Lebensweg h tte bedeuten k nnen dient dazu den tats chlichen Verlauf der Ereignisse als umso tragischer erscheinen zu lassen Die zweite Kindsm rderin Lisa hingegen ist f r J rger der Inbegriff des Zero schen Frauentypus obwohl sie neben Olga den einzigen Fall von Kindsmord repr sentiert Ein psychiatrisches Gutachten welches fast ausschlie lich auf Grund pers nlicher Expertise bei d rftigem anamnestischen Beweismaterial abgefasst ist f hrt J rger ausf hrlich an weil es auch f r manche andere romantische Jungfrau des Geschlechts gelten k nnte Da sich der Kindsmord 1895 ereignete und die T terin daraufhin in einer psychiatrischen Klinik beobachtet und begutachtet wurde k nnte J rger durchaus selbst der Verfasser des entsprechenden Gutachtens sein was nicht zuletzt die Erw hnung der pers nliche n Expertise nahe legt Explizit gibt J rger sich nicht als Gutachter zu erkennen stimmt mit dessen Fazit jedoch v llig berein Die absolut
461. y Aurality S 152 115 yer r cktheit geerbt zu haben und diese ihrerseits weitervererben zu m ssen zeigt sich im Erinnerungsbild der Geburt des eigenen Sohnes Christoph mit einem lauten schrecklichen schrei stosse ich etwas schwarzes hartkantiges blutverschmiertes aus mir 47l Je gr er jedoch die Angst vor dem m glicherweise heraus es ist mein eigener sarg ererbten Wahnsinn ist desto gr er wird das Bed rfnis durch ein erfolgreiches Durchlaufen der Therapie den Gegenbeweis zu f hren und zu einer entpathologisierten Subjektposition zu gelangen Wie du geboren wurdest so wirst du leben Konrad Stettbachers Prim rtherapie und das Versprechen eines gel uterten Selbst Wie aus dem Nachwort hervorgeht entstand der Text aus Tagebuchnotizen die Mehr im 3 Bei dieser Therapie handelte es sich um die von J Rahmen einer Therapie anfertigte Konrad Stettbacher entwickelte Form der Prim r bzw Regressionstherapie die nicht zuletzt durch Mehrs Text gr ere Bekanntheit erlangte 1981 wurde Alice Miller auf steinzeit aufmerksam nahm erst Kontakt zu Mariella Mehr und schlie lich zu ihrem Therapeuten auf und verfasste 1990 das Vorwort zu Stettbachers Wenn Leiden einen Sinn haben soll der Darlegung seines Therapiekonzepts In Millers Du sollst nicht merken das auch ein Zitat aus steinzeit enth lt hei t es ber Mehrs Text Der 32j hrigen Frau wird es m glich ein kaum fa
462. ychiatrische Familiengeschichten S 9 Das Gesicht des Ke lers war immer schwarz gewaschen hat er sich fast nie und da er in der Regel dabei alt wurde erbrachte er den Beweis da der Dreck ges nder ist als die beste Wasserkur 87 Grellmann Versuch S 93 S 76 Alles ist ein gemeinschaftlicher Platz in dessen Mitte das Feuer brennt das ihnen zum Kochen der Speisen und zur Erw rmung dient In dieser letztern Absicht liegen Vater und Mutter und Kinder die erstern halb die letztern ganz nackt um dasselbe herum J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 20 S 10 Zucht und Sittlichkeit waren ihnen von jeher etwas schwierige Begriffe die selbstverst ndlich da schwer aufkommen konnten wo Verheiratete halb und ganz Erwachsene beiderlei Geschlechts Kinder und Hunde die gleichen Schlafst tten teilten 88 Grellmann Versuch S 115 S 125 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 4 89 Grellmann Versuch S 80 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 4 J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 11 l J rger Psychiatrische Familiengeschichten S 11 22 In einem zentralen Punkt weicht J rger jedoch entscheidend von Grellmann ab Hie es bei diesem Kindsmord komme bei Zigeunerinnen nicht vor f hrt J rger gleich zwei F lle ausf hrlich an die ihm zum einen als Nachweis der besonderen Monstrosit t der Frauen dienen und die er zudem zur weiteren Illustration der jeweiligen Trag
463. ypsies Liverpool 2004 Schmidt Degenhard Tobias Robert Ritter 1901 1951 Zu Leben und Werk des NS Zigeunerforschers T bingen 2008 Schwarzenegger Christian Einfache Fragen einfache Antworten Ein Fall f r den Experten das Fernsehen und die Verwahrung In Bundesamt f r Justiz Fachbereich Straf und Ma nahmenvollzug Hg Info Bulletin 1 2009 Siegfried Alfred Kinder der Landstrasse Ein Versuch zur Sesshaftlmachung von Kindern des fahrenden Volkes Z rich 1964 Siegfried Alfred Kinder der Landstrasse Zehn Jahre F rsorgearbeit unter dem fahrenden Volk Z rich 1936 Solms Wilhelm Kulturloses Volk Berichte ber Zigeuner und Selbstzeugnisse von Sinti und Roma Seeheim 2006 Spivak Gayatari Chakravorty Suzana Milevska Resistance that cannot be recognized as such In Grzinic Mariana und Rosa Reitsamer Hgg New Feminism Worlds of Feminism Queer an d Networking Conditions Wien 2008 Spivak Gayatar Chakravorty Subaltern studies Deconstructing historiography In Landry Donna und Gerald Mac Lean Hgg The Spivak Reader London 1996 Spoerhase Carlos Autorschaft und Interpretation Methodische Grundlagen einer philologischen Hermeneutik Berlin New York 2007 233 Stettbacher J Konrad Wenn Leiden einen Sinn haben soll Die heilende Begegnung mit der eigenen Geschichte Hamburg 1990 Studer Patrick und Sabine Egger Hgg From the Margins to the Centre Irish Pers
464. zialen Verhaltensweisen Sa Psychopathie S 27 209 Vernachl ssigung psychopathologischer Gesichtspunkte vorwiegend durch einen Katalog dissozialer Verhaltensweisen definiert wird Das St rungsbild antisoziale Pers nlichkeit umfasste jedoch nach DSM III auch noch Ende der 1980er Jahre nicht nur strafrechtlich ahndbare Verhaltensweisen wie Diebstahl Betrug K rperverletzung u dergl sondern dar ber hinaus Kriterien wie Arbeitsunwillen Nicht Sesshaftigkeit unsteten Lebenswandel Promiskuit t Mangel an vorausschauendem Planen sowie die Vernachl ssigung famili rer elterlicher Pflichten die einen engen Zusammenhang mit Diskursen zur zigeunerischen Asozialit t 844 erkennen lassen Diagnostische Kriterien antisoziale Pers nlichkeitsst rung gem DSM III R 1989 A Derzeitiges Alter mindestens 18 Jahre B Anzeichen einer St rung des Sozialverhaltens schon vor Vollendung des 15 Lebensjahres Mindestens drei der folgenden Kriterien m ssen erf llt sein Der Betroffene 1 hat oft die Schule geschw nzt 2 lief mindestens zweimal ber Nacht von zu Hause fort w hrend er noch bei den Eltern oder Pflegeeltern wohnte oder nur einmal ohne R ckkehr 3 zettelte h ufig Schl gereien an 4 benutzte in mehr als einer Schl gerei eine Waffe 5 zwang eine andere Person zu sexuellem Kontakt 6 qu lte Tiere 7 qu lte andere Personen 8 zerst rte vors tzlich fremdes
465. zuallererst in Gang zu setzen einem nichtsesshaften Jenischen bzw Fahrenden sein eigenes Sein zu denken zu geben also ber Gewissenspr fung Selbstvergewisserung u dergl das eigene Jenisch bzw Nichtsesshaftsein auf kriminelle pathologische Elemente hin zu berpr fen es in expliziter Akzeptanz von Rechts und Verhaltensnormen usw zu entkriminalisieren zu entpathologisieren und damit zu normalisieren und sich gleichzeitig als nicht sesshaftes jenisches Subjekt auszuarbeiten unter Zugewinn entsprechender politischer Handlungsspielr ume die sich im Vergleich zu anderen Selbstausarbeitungen aus der besonderen Intelligibilit t ergeben die ihrerseits aus dem R ckbezug auf hegemoniale diskursive Differenzzuschreibungen herr hrt Die mit dieser Subjektivation einhergehenden neuen Exklusions und Stigmatisierungsprozesse wurden bereits beschrieben W hrend Mariella Mehr sich im Rahmen ihrer publizistischen und literarischen T tigkeit zun chst ma geblich an der Konstruktion eines jenischen und sp ter weiblichen Kollektivsubjektes beteiligte zeugen ihre sp teren Texte von einer zunehmenden Sensibilisierung f r die aufgezeigten Zusammenh nge und Ausschlussprozesse im Kontext politischer Interessenvertretung und kollektiver Selbst Repr sentation sowie von der 77 Suche nach literarischen Schreib und Erz hlverfahren diesen Dilemmata und Paradoxien zu entkommen In den Blick geraten dabei zunehmend die subjektko
466. zugunsten des Entwurfs einer gewaltfreien Weiblichkeit in den Hintergrund Der Nachweis dieser als essentiell weiblich angesehenen Gewaltfreiheit der anhand der Pervertierung eines matriarchalen Rituals des unblutigen minoischen Stierkampfes gef hrt werden soll und zeitgen ssische Stierk mpferinnen vor dieser Folie als H hepunkt einer solchen Perversion entwirft gelingt jedoch insofern nicht als sich die Stierk mpferinnen nicht von ihrem Irrtum berzeugen lassen und sie in ihrer Eigenschaft als weibliche Gewaltt terinnen als Irritation des Gewaltfreiheitspostulats fortwirken Auch dieser Text Mehrs l sst sich als Versuch der Konstruktion einer entkriminalisierten und entpathologisierten weiblichen 221 Subjektposition lesen die jedoch wiederum stark auf den Wahrheitsdiskurs bezogen bleibt auch bzw gerade im Zuge des Versuchs ihn zu widerlegen weshalb auch in diesem Fall von einem Wahrheitsbuch bzw einer subjektivierenden Selbst Ausarbeitung gesprochen wurde Vgl Kapitel V Auffallend ist dass die fr hen Texte Mehrs im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen auf deutlich mehr Resonanz gesto en sind als die Texte der so genannten Gewalt Trilogie die zumindest auf den ersten Blick Positionen des Wahrheitsdiskurses zu aff rmieren scheinen indem sie Protagonistinnen entwerfen die mit allen im Wahrheitsdiskurs kolportierten Eigenschaften asozialer moralisch schwachsinniger Psy
467. zw Wahrheitsb chern unterscheidet die ihrerseits darauf abzielen und zwar gerade in Abgrenzung zu einem bestehenden Wahrheitsdiskurs wahre bzw wissenschaftliche Wirklichkeitsaussagen zu treffen ist in ihrer Wirkung bzw in ihrem Wirkungspotential zu suchen Der Haupteffekt des Schreib und Lekt reprozesses eines Erfahrungsbuches sein transformierendes Moment zeigt sich nach Foucault an der Unm glichkeit zu den Dingen zu den anderen das gleiche Verh ltnis zu unterhalten wie vor der Lekt re er f hrt als konkretes Beispiel Reaktionen auf berwachen und Strafen an Als das Buch herauskam haben verschiedene Leser besonders Aufsichtsbeamte Sozialarbeiter und so weiter dieses sonderbare Urteil abgegeben Es ist l hmend es mag ja richtige Beobachtungen enthalten aber es hat gewi auch Grenzen weil es uns blockiert weil es uns daran hindert in unserer T tigkeit weiterzumachen Ich antworte dass genau diese Reaktion beweist dass die Arbeit erfolgreich war dass sie so funktioniert hat wie ich es vorhatte Genau das bezeichnet f r mich ein Erfahrungs Buch im Gegensatz zu einem Wahrheits Buch oder einem Beweis Buch 39 Saar Genealogie und Subjektivit t S 172 3 Die sich Saar zufolge einem Tiefenkonstruktivismus verschreiben nach dem so nicht nur berzeugungen Selbstverst ndnisse und Handlungsm glichkeiten aufkl rbar sind sondern der materiale oder ontologische Proze der S

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